I Am Legend
- Regie:
- Francis Lawrence
- Jahr:
- 2007
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- USA
1 Review(s)
13.01.2008 | 07:02Egal ob als "Bad Boy", "Man in Black" oder "Date Doktor", Will Smith lockt sie alle ins Kino. Mal ausgenommen von Johnny Depp ("Ed Wood", "Fluch der Karibik", "Sweeney Todd"), dessen Wandlungsfähigkeit bisher jeden verblüfft hat, ist der "Prinz von Bel Air" Hollywoods erfolgreichstes Zugpferd und Garant für volle Kinosäle. Denn Will Smith überzeugt nicht nur als sympathischer Sitcom-Liebling ("The Fresh Prince of Bel Air") und waschechter Blockbuster-Hero ("I, Robot", "Independence Day"), auch privat zeigt sich der gebürtige Amerikaner von seiner besten Seite, obgleich die meisten seiner weiblichen Fans wohl aufgrund seines muskulösen Körperbaus und attraktiven Aussehens ein Kinoticket lösen. Doch Smith ist keineswegs ein Hollywood-Beau, dessen optische Vorzüge für seine steile Karriere verantwortlich zeichnen, sondern ein vielschichtiger Charakterdarsteller, der nicht nur seiner Golden-Globe- und Oscar-Nominierungen wegen ein ernst zu nehmender Schauspieler ist. Davon dürfen sich deutsche Kritiker ab dem 10. Januar gerne überzeugen. Denn dann zieht Will Smith als einziger überlebender Mensch in Francis Lawrences ("Constantine") postapokalyptischem Endzeitthriller "I Am Legend" durch die verlassenen Straßen New Yorks.
Die Krankheit Krebs scheint besiegt. In einer TV-Show berichtet eine Wissenschaftlerin (Emma Thompson) über die Entwicklung ihres wirkungsvollen Heilmittels. Dass das Wundermittel einen tödlichen, um nicht zu sagen vernichtenden Nebeneffekt besitzt, ist bis dato unbekannt. Der Virus macht sich breit und löst eine weltweite Pandemie aus. Die Menschheit bekommt das Virus nicht mehr in den Griff, der Großteil der Weltbevölkerung verreckt elendig an den Folgen der Infizierung, der Rest mutiert zu animalischen Bestien, die in der Nacht auf Beutejagd gehen. Nur der Wissenschaftler Robert Neville (Will Smith) ist aus unbekannten Gründen immun gegen das Virus und lebt einsam und isoliert als einziger ihm bekannter Mensch in der Weltmetropole New York. Sein einziger Gefährte ist die Schäferhündin Samantha, mit der er tagsüber durch die Ruinen des verlassenen New Yorks streift, um Essensvorräte und Überlebende ausfindig zu machen. Doch selbst mit seiner auf allen Radiosendern laufenden Botschaft findet sich kein Gleichgesinnter, der das tödliche Virus und die Infizierten bisher unbeschadet überlebt hat. Nachts dagegen verschanzt sich Robert in seinem umgebauten Apartment-Sicherheitstrakt, die Fenster und Türen von Stahl umschlossen, um sich vor den bluthungrigen Mutanten zu schützen, und arbeitet in seinem Laborkeller an einem Impfstoff gegen das Killervirus. Obgleich Robert während seiner städtischen Streifzüge immer ein offenes und vorsichtiges Auge besitzt, begeht er eines Tages einen fatalen Fehler, der ihn das Leben und den vermeintlich existierenden Überlebenden den notwendigen Immunstoff kosten kann.
Der ehemalige Videoclip-Ästhet und "Constantine"-Regisseur Francis Lawrence ist bisweilen nicht der einzige Filmemacher, der sich an Richard Mathesons kultige Horror-Science-Fiction Novelle "I Am Legend" (1954) wagt. Bereits zehn Jahre nach Release des literarischen Genre-Klassikers folgt die erste von drei Romanverfilmungen "The Last Man on Earth" (1964) mit dem großen Vincent Price in der Hauptrolle. Es dauert keine sieben Jahre und Mathesons Kultstoff wird ein zweites Mal ("The Omega Man", 1971) für die angesagten Lichtspielhäuser inszeniert, diesmal mit Ben-Hur-Darsteller Charlton Heston als Robert Neville. In beiden Fällen beteiligte sich der Romanautor Richard Matheson vehement an den Drehbuchfassungen, die Mathesons Konzept aufgreifen, aber auch einige Veränderungen vornehmen. So mutieren nicht wenige Menschen in der Romanvorlage aufgrund einer weltweiten Seuche zu Vampiren. Während in der 54er-Version aus Menschen Zombies werden, ist es in "The Omega Man" eine biologische Waffe, welche die Menschen mutieren lässt. Im Endeffekt bleibt das entscheidende Fundament, nämlich die Isolation und Psyche Robert Nevilles in den Mittelpunkt zu rücken, unangetastet.
Das Drehbuch zur aktuellen "I Am Legend"-Verfilmung macht ebenso seine Veränderungen. Zum einen spielt die horrorlastige Sci-Fi-Geschichte nicht im damals zukünftigen Los Angeles (die Handlung in der 1954 erschienenen Novelle spielt zwanzig Jahre später, von 1976 bis 1979), sondern in New York City zwischen 2009 und 2012. Die Ursache für das rigorose Aussterben der Menschheit ist nicht auf eine weltweite Seuche oder einen mit Biowaffen getriebenen Allerweltskampf um Ressourcen und territoriale Interessen zurückzuführen, sondern auf ein Killervirus, das eigentlich als Heilmittel gegen die Krankheit Krebs herhalten soll. Somit erhält die 2008er-Verfilmung eine aktuelle und zeitgemäße Rahmenhandlung und wird dank der beiden Drehbuchautoren Mark Protosevich, der über zehn Jahre an diesem Projekt gearbeitet, und Akiva Goldsman, welcher der endgültigen Drehbuchfassung den letzten Schliff verpasst hat, ins neue Jahrtausend transportiert. Die beiden haben ihre Sache sichtlich gut gemacht, rücken sie die Vereinsamung und Isolation Robert Nevilles doch in den Fokus und geben der Ein-Mann-Armee den gewissen Tiefgang. Denn "I Am Legend" ist keineswegs nur Horror-Science-Fiction-Kost, sondern ebenso eine ernst zu nehmende Charakterstudie, die mit der emotionalen und mimisch glaubwürdigen Darstellung Will Smith' ihren Höhepunkt erreicht.
So atmosphärisch dicht und spannend "I Am Legend" in der ersten Filmhälfte ist, so glatt ist er in der zweiten. Natürlich, eine Geschichte muss sich entwickeln, und das ist Protosevich und Goldsman auch nicht anzukreiden, schließlich meinen sie es wohlwollend gut. Doch der Tiefgang, der die Figur des Robert Neville so stimmig zeichnet, verliert sich mit der neuen Storyline im "glatten" Hollywoodkino ohne spürbare Ecken und Kanten. Die Intention der Storyentwicklung ist sicherlich eine gute, die Umsetzung dagegen weitaus weniger. Die beiden Schreiberlinge hätten weiter ausholen müssen, hätten sich mehr Zeit lassen sollen. Nichtsdestotrotz bietet das Drehbuch einen gelungenen Genre-Mix der besonderen Art, der ebenso Drama wie Sci-Fi-Actioner ist und auch mal die Lachmuskeln bedient.
Optisch hinterlässt die Visualisierung einen zwiespältigen Eindruck. Das verfallene, geradezu stillstehende und verlassene New York, das mit aufbrechenden Straßen und auswuchernden Pflanzen, mit verweilenden und nutzlosen Militärfahrzeugen und unübersehbaren Rückständen der Katastrophe aufwartet, fängt die Endzeitstimmung einmal anders, einmal nicht so düster und gleichzeitig trotzdem wirkungsvoll auf. Bereits die ersten fünf Minuten, in denen Will Smith mit Schäferhündin Sam in einem brandneuen Ford Mustang GT einer Antilopen-Herde quer durch die verlassenen Ruinen der City hinterherjagt, sind atemberaubend, bildgewaltig und eines der vielen optischen Highlights des Films. Aus dem unglaublichen Aufwand, ganze Avenues und Sehenswürdigkeiten abzusperren, hat Francis Lawrence mehr als Kapital geschlagen. Dieser opulenten Optik steht leider eines im Wege: die CGI-generierten Mutierten, die nicht wirklich in das authentische Bild passen wollen. Dafür sehen die transparent schimmernden Bestien zu künstlich, zu unecht aus.
Mit Will Smith' schauspielerischen Fähigkeiten wächst und fällt die Qualität des Films. Denn Smith ist auf sich alleine gestellt, muss ohne Worte kommunizieren und kann die Gefühle seines Charakters nur durch seine Mimik wiedergeben. Und das gelingt dem hoch gehandelten Sci-Fi-Held bravourös. Er zeigt Robert Nevilles unterschiedliche Facetten glaubwürdig und feinfühlig auf. Lacht er, lacht man mit ihm, weint er, fühlt man sich ihm verbunden. Will Smith: "Der Ansatz war ganz anders, weil ich alles durch meine Mimik ausdrücken muss. Es ist unglaublich anspruchsvoll zu kommunizieren, wenn ich dabei keine Worte verwenden darf. Für mich besteht das Wesen des Schauspielerberufs gerade darin, einen Weg zu finden, ohne Wort zu kommunizieren. Wenn man sich einfach mal längere Zeit in Schweigen hüllt, entdeckt man eine ganz neue Welt in dieser Figur - und in sich selbst. Das ist ein faszinierendes Forschungsgebiet - künstlerisch wie psychologisch." Eine überragende Schauspielleistung gibt der wehrte Herr Smith zum Besten.
Fazit:
Die dritte und vorerst letzte Romanverfilmung des Genre-Klassikers "I Am Legend" kann sich sehen lassen. Der vermeintliche Horror-Science-Fiction-Mix ist vielschichtiger, als auf den ersten Blick zu erwarten war, und präsentiert eine nicht unwahrscheinliche Zukunftsvision, die zwar nicht so düster, dafür ebenso wirkungsvoll in Szene gesetzt wurde. Mit Schwächen in der Storyentwicklung und leichten, aber zu verkraftenden Defiziten in den Special Effects bleibt ein atmosphärisch dichter, bildgewaltiger Genre-Mix, der ebenso Charakterstudie wie Endzeitthriller ist, mit einem herausragenden Will Smith als vereinsamter Wissenschaftler und Hoffnungsträger Robert Neville.
http://wwws.warnerbros.de/iamlegend/
- Redakteur:
- A. C.