Natural City
- Regie:
- Min Byung-Chun
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Science-Fiction
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Natural City
1 Review(s)
07.06.2004 | 00:28Eine Stadt in Asien im Jahr 2080. Längst ist der technische Fortschritt soweit, dass Roboter gebaut werden, Cyborgs, die dem Menschen beinahe gleich sind - bis auf eine eingebaute Halbwertszeit von 3 Jahren.
Diese Ähnlichkeit bringt den Elite-Cop "R" (sprich: "Ro") in große Bedrängnis, denn er verliebt sich in den "Tanz-Cyborg" Ria. Die Maschine hat nur noch wenige Tage bis das Verfallsdatum erreicht ist und R unternimmt alles, um ihre Lebenszeit zu verlängern. Korruption, illegaler Handel mit den KI-Chips der Cyborgs und mehr sind ihm dafür nicht zu schmutzig. Selbstverständlich leidet seine Arbeit darunter, und als der abtrünnige Cyborg Cyper damit beginnt, in der Produktions- und Wiederverwertungsanlage für die Cyborgs nach Informationen zu suchen und schließlich der Prostituierten Cyon an den Kragen will, die auch R als "Behälter" für die "Seele" Rias benötigt, kommt es zum finalen Showdown.
Ich war dumm genug und habe mir vor dem Schreiben dieser Kritik einige der anderen Kritiken durchgelesen, die über den Film bereits verfasst wurden. Das führte dazu, dass ich an meiner eigenen Meinung über den Film zu zweifeln begann. Also habe ich mir den Film noch einmal angesehen und beschlossen, meinem eigenen Urteil zu vertrauen.
Niemand wird abstreiten können, dass "Blade Runner" zumindest eine "große Inspiration" für diesen Film war. Dass zwischen den beiden Filmen über 20 Jahre und Special-Effects-Monster wie die "Matrix"-Trilogie liegen, ist ebenfalls nicht von der Hand zu weisen.
Trotzdem ist "Natural City" kein simpler "Blade Runner"-Klon.
Wer ein Actionfeuerwerk erwartet, wird unweigerlich enttäuscht werden. Es gibt nur zwei, drei große Kampfszenen zwischen den Polizisten und den Cyborgs. Diesen muss man zugute halten, dass sie perfekter choreographiert sind, als jede Tanzeinlage einer zusammengecasteten Popgruppe es sein könnte, und auch, dass sie technisch perfekt in Szene gesetzt sind - mit Kameraschwenks und Zeitlupenaufnahmen wie etwa bei "Matrix".
Leider aber haben diese Kampfszenen auch alle ein einheitliches Muster: Die zahlenmäßig deutlich unterlegenen Cyborgs metzeln die Cops nieder wie Lämmer beim Schlachter, bis Supercop R samt Vorgesetztem und Freund Noma ins Geschehen eingreift.
Der Schwerpunkt des Films liegt aber ohnehin eindeutig in einem anderen Bereich, nämlich irgendwo zwischen dem Darstellen der endzeitlichen Atmosphäre und natürlich der Liebesgeschichte zwischen R und Ria einerseits und andererseits dem Höllentrip, den Cyon zu durchwandern hat.
Negativ muss man leider auch diesem Bereich anrechnen, dass die Charaktere zu grob gezeichnet werden, kaum in die Tiefe gegangen wird und daher das Identifikationspotential der Figuren eher gering ist.
Nichts desto weniger ist die erzählte Geschichte nett und unterhaltsam, und die Charaktere auf alle Fälle dreidimensional genug, um interessant zu sein.
Der Film hat im wesentlichen drei große Pluspunkte zu verbuchen. Zum einen die absolut eiskalte, endzeitliche Atmosphäre, die durch die konstant eingesetzten Blaufilter erzeugt wird, zum zweiten natürlich die gesamte Technik des Films, die dem ganzen zumindest größtenteils eine wunderbar futuristisch-post-apokalyptische Note verpasst.
Als bitterer Beigeschmack sei aber auch hier darauf hingewiesen, dass in einigen Szenen, etwa den Stadtfahrten, deutlich zu sehen ist, dass es sich nicht um eine Stadt am Ende, sondern am Anfang des 21. Jahrhunderts handelt.
Letzter, aber keineswegs geringster Pluspunkt ist der wirklich fantastische Soundtrack des Films, der in jeder Szene den Kern zu erfassen versteht. In den Actionsequenzen hart, schnell und elektronisch und in emotionaleren Passagen ruhig und sanft, auf Streichern und Klavieruntermalung aufgebaut.
Die DVD enthält lediglich den Film mit deutscher Tonspur (DD 5.1), ein nicht synchronisiertes oder wenigstens untertiteltes Making of, die obligatorische Kapitelauswahl und einige Trailer.
Actionfreaks sollten vielleicht lieber die Finger weglassen. Wer auf endzeitliche SciFi, (wenige) toll choreographierte Kampf- und Actionszenen und eine ordentliche Portion Emotionen steht, sollte aber durchaus einen Blick riskieren. Nicht nur für einen Film aus dem asiatischen Raum fand ich "Natural City" wirklich gut gelungen und allemal sehenswerter als vieles andere aus dem gleichen Genre, Kinoschlager wie die beiden "Matrix"-Sequels eingeschlossen.
- Redakteur:
- Sebastian Hirschmann