letzte Mohikaner, Der
- Regie:
- Mann, Michael
- Jahr:
- 1992
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The last of the Mohicans
1 Review(s)
19.12.2007 | 18:18Es gibt Filmtitel, die sind fast jedem geläufig, und nicht wenige haben sich gar zu allgemein gebräuchlichen, geflügelten Worten gemausert. "Der letzte Mohikaner" ist so einer. Nimmt man beispielsweise den letzten Mohrenkopp aus der Box, entfährt einem der Titel gelegentlich mit einem entschuldigenden Achselzucken, wenn jemand fragt, ob denn noch welche da wären. Bohrt man dann allerdings einmal genauer nach, so hat den dazugehörigen Film dann kaum jemand wirklich angeschaut. Schon im Kino lief er 1992 mehr schlecht als recht - umso erstaunlicher, dass er einer der sehr frühen DVD-Releases war. 2001 brachte Warner die Single-Disk auf den Markt, und bisher ist es auch bei dieser einen Version geblieben, deren mittlerweile doch seltener gewordenen Restbestände zumeist sogar unter fünf Euro auf dem Grabbeltisch verhökert werden.
Zur Story
1757. Der Kolonialkrieg um die Vorherrschaft in Amerika tobt nordwestlich des Hudson River. England versucht, seine dortigen Siedler gegen die Franzosen zu mobilisieren. Die hiesigen Militärs wollen ein Wehrpflicht-Regiment zu bilden, welches der Krone unterstellt und im nahen Fort stationiert werden soll - doch die freiheitsliebenden Neu-Bewohner des amerikanischen Kontinents sind zwar patriotisch, votieren jedoch eher für eine Art Heimwehr, die nur dann kämpft, wenn Haus und Hof akut bedroht sind. Die Franzosen bauen indes auf die breite Kooperation mit den örtlichen Stämmen der amerikanischen Ureinwohner. Insbesondere die Huronen und die Mohawks sind nicht gut auf die Rotröcke zu sprechen, wenngleich auch in deren Diensten viele indianische Scouts stehen. Nicht alle sind loyal, wie der undurchsichtige und verschlagene Hurone Magua beweist, der nichts Gutes im Schilde führt.
Den englischen Siedlern verbunden sind jedoch Cingachgook, sein Sohn Uncas sowie Nathaniel "Hawkeye" Poe - in Indianerkreisen wegen seiner Zielgenauigkeit mit der Flinte zuweilen auch "Longrifle" genannt. Hawkeye ist Wandler zwischen den Welten. Seine Eltern starben früh, weswegen er als Adoptivsohn bei den Mohikanern aufwuchs, trotzdem aber weiterhin die Schule der Weißen besuchte. Das Trio vereitelt durch Zufall einen von Magua gelegten Hinterhalt, bei dem die Töchter des nahen Fort-Kommandanten Monro offenbar das Ziel waren. Kurzerhand nehmen sich die drei der Überlebenden an und machen sich gemeinsam mit ihnen auf den Weg zum Fort. Doch dieses ist von den Franzosen belagert, schwer unter Beschuss und wird nicht mehr lange standhalten. Magua und die Seinen hängen ihnen zu allem Überfluss auch weiterhin im Nacken.
Eindrücke
Zu Beginn der 90er erlebte das Abenteuer-Genre eine Renaissance und viele Klassiker wurden entweder neu- oder zumindest wiederverfilmt. Man denke da u. a. etwa an "Robin Hood" mit Kevin Costner oder "Greystoke/Tarzan" mit Christopher Lambert. Nun wurde also auch noch der altehrwürdige Häuptling Cingachgook einer Frischzellenkur unterworfen. Man bemühte sich in sämtlichen Filmen plötzlich durch die Bank um eine realistischere, akkurate Darstellung der Figuren und Begebenheiten, das Bild der edlen, stets geschniegelten und gestriegelten Helden geriet ins Wanken. Der allgegenwärtige Used-Look ist mittlerweile etabliert. Schmutzig war und ist in. Auch bei der Gewaltdarstellung. Vorbei die unschuldigen Zeiten von Pistolengeknalle ohne Blut oder sichtbare Wunden. Manchem der heute Mitte- bis Enddreißiger ist vielleicht noch die kontroverse Diskussion in Bezug auf "Der letzte Mohikaner" im Sinn, welche seinerzeit aufflammte und den Film kurze Zeit in fast aller Munde brachte.
Für Deutschland mit seinem naiv-verklärten Indianerbild à la Karl May waren Skalpierungen, in Körper dringende Projektile und Tomahawks damals offenbar ein mehr oder minder großer Kulturschock. Dabei wird weitaus weniger gezeigt, als man heute gewohnt ist. Die FSK 16 geht in Ordnung. Der "Lederstrumpf", welcher dem Film zur Vorlage diente, ist von der Grundstimmung her um einiges düsterer respektive ernster als die Winnetou-Serie, steht sie doch auf weitaus realeren Füßen, denn James Fenimore Cooper wusste, wovon er schrieb, im Gegensatz zu Karl May. Das harte und oft grausame Leben und Sterben dieser Zeit porträtiert der Film sehr eindrucksvoll in Abwechslung mit wirklich atemberaubend schönen Landschaftsbildern, gedreht übrigens an Originalschauplätzen. Untermalt wird das Spektakel von einem grandiosen, mitreißenden Score aus der gemeinschaftlichen Hand von Randy Edelmann und Trevor Jones.
Dass es hier nicht unbedingt ein richtiges Happy-End à la Hollywood gibt, muss man dem Werk ebenfalls hoch anrechnen. Produzent, Drehbuch-Mitautor und Regisseur Michael Mann (u. a. "Aviator" und "Ali") weiß, wie man spannend und zugleich melodramatisch inszeniert, ohne dass es gleich in Kitsch abdriftet oder lächerlich wirkt. Selbst die hintergründig schwelende Love-Story verursacht keinen fiesen Juckreiz beim Zuschauer. Seine Figuren sind auf den Punkt getroffen und werden vom Cast in beeindruckend glaubhafter Manier mit Leben erfüllt. Leider blieb den meisten davon der ganze große Erfolg verwehrt; wenngleich Daniel Day-Lewis und Madeleine Stowe heutzutage schon etwas bekanntere Gesichter der Großleinwand-Branche sind, haben etwa Vorzeige-Böse-Indianer Wes Studi ("Der mit dem Wolf tanzt") und Steven Waddington ("Tarzan und die verlorene Stadt") eher bescheidene Karriere in diversen TV-Serien gemacht.
DVD und Bonusmaterial:
Das Release hat schon einige Jahre auf dem Buckel, man erkennt das bereits unschwer an der damals als en vogue geltenden klappbaren Papp-Hülle. Dementsprechend schwindsüchtig nimmt sich auch das Bonusmaterial aus, denn zu dieser Zeit begann man gerade erst, das Medium DVD und seine Möglichkeiten auszuloten. Ein ungewöhnliches Feature ist es, den kompletten Film ausschließlich mit der Musik-Spur (ohne Dialoge und sonstige Geräusche) abspielen lassen zu können. Lohnenswert! Halbwegs Erfreuliches gibt es von der Bild- und Tonqualität zu berichten; eingedenk des Alters der DVD hat man sich bei der Portierung wirklich Mühe gegeben.
Fazit
Eine aufwändig kostümierte und produzierte Literaturverfilmung, welche den Namen auch wirklich verdient und ebenfalls das Zeug dazu hat, irgendwann einmal "Klassiker" genannt zu werden. Zwar entfernt sich die Leinwandversion ein wenig von der Cooper'schen Vorlage, doch die Essenz hat Michael Mann sehr richtig erkannt und auf Celluloid konserviert. Das moderne Pendant, die DVD, hatte leider das Pech der vergleichsweisen frühen Geburt, als das Medium noch nicht die Akzeptanz hatte und man ums Bonusmaterial nicht solche Schlachten führte wie heute. Dennoch ist das bemerkenswerte Feature, sich den Film nur vom Soundtrack untermalt anzuschauen, nicht nur ungewöhnlich, es hat auch was für sich. Insgesamt betrachtet ein Silberling, der in keiner Sammlung fehlen darf.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "The last of the Mohicans"
Nach James Fenimore Cooper
USA 1992
Genre: Action/Abenteuer/Western
Warner Home Entertainment 2001
Single Disk Edition, FSK 16
Lauflänge: ca. 108 Minuten
Bildformat: 16:9 (1 : 2.35 anamorph)
Sound: DD 5.1 (Englisch und Deutsch)
Bonusmaterial: Tonspur als Soundtrack, Trailer
Regie: Michael Mann
Adaption: Balderston, Perez, Moore, Mann
Produktion: Michael Mann, Hunt Lowry, James G. Robinson
Musik: Randy Edelmann und Trevor Jones
Darsteller u. a.: Daniel Day-Lewis (Nathaniel "Hawkeye" Poe), Madeleine Stowe (Cora Monro), Russell Means (Cingachgook), Eric Schweig (Uncas), Steven Waddington (Maj. Heyward), Wes Studi (Magua)
- Redakteur:
- Jürgen Pern