Haus aus Sand und Nebel
- Regie:
- Vadim Perelman
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Drama
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- House of Sand and Fog
1 Review(s)
05.12.2007 | 16:35Die Handlung:
Die junge hübsche Hausbesitzerin Kathy Nicolo (Jennifer Connelly) ist von ihrem Ehemann verlassen worden und sie hatte es auch sonst in ihrem Leben bisher nicht leicht. Gerade einen harten Drogenentzug hinter sich, steht die Polizei vor ihrer Haustür und behauptet, sie hätte längere Zeit keine Steuern mehr bezahlt und morgen würde der Versteigerungstermin für ihr Haus anstehen. Da sie wegen des Entzuges schon länger keine Post mehr geöffnet hat, liegt das natürlich im Bereich des Möglichen.
Ein junger Polizist bleibt bei ihr und soll helfen, das Nötigste zu packen, um das Haus zu räumen. So überrumpelt, fügt sie sich in ihr Schicksal und zieht erst einmal in ein Motel. Nachdem am nächsten Tag tatsächlich die Versteigerung des Hauses stattgefunden hat, stellt sich heraus, dass der Steuerbehörde ein Fehler unterlaufen war und das Haus somit zu Unrecht unter den Hammer kam. Dummerweise, hat aber inzwischen Amir Behrani (Ben Kingsley), ein Exil-Iraner, das Haus zu einem "Spottpreis" ersteigert und ist auch sofort eingezogen. Dieser ehemalige hochrangige Colonel der iranischen Armee musste seine teuere Wohnung aufgeben, um seine Familie vor dem finanziellen Ruin zu retten. Guter Rat ist teuer, denn auch Amir kann ja nichts für den Fehler der Steuerbehörde.
Natürlich erhebt Kathy Nicolo, in die sich der Polizist inzwischen verliebt hat, sofort Anspruch auf das ihr rechtmäßig zustehende Haus, aber auch der Exil-Iraner erhebt Anspruch darauf, da er ja einen gültigen Kaufvertrag besitzt, und er sieht aus finanziellen Gründen keine Möglichkeit auszuziehen.
Das Schicksal nimmt seinen verheerenden Verlauf bis zum durch unglückliche Umstände verursachten Ende ...
Die Kritik:
Wow, was für eine Geschichte!
Das Spielfilmdebüt des russisch-kanadischen Regisseurs Vadim Perelman ist eine Literaturverfilmung des Bestsellers des US-amerikanischen Schriftstellers Andre Dubus III - einfach nur genial und so komplex, dabei hervorragend austariert.
Der ukrainische Regisseur Vadim Perelman liefert bei seinem Regiedebüt ein kleines, künstlerisch wertvolles Meisterwerk ab. Die langsame Erzählweise bietet genügend Raum, um die unterschiedlichen Charaktere kennen zu lernen, ihre Beweggründe zu verstehen und auch die kulturellen Unterschiede auszumachen. Dabei bedient sich Perelman einer einzigartigen Bildersprache. Die im Film eingestreuten, dokumentarisch wirkenden Kameraeinstellungen könnten glatt als optisch durchgestylte Kalenderblätter durchgehen und verbinden damit die einzelnen Handlungsstränge (Sichtweisen) zwischen Behrani und Kathy. Dadurch wirkt der Film wie aus einem Guss und ohne störende Unterbrechungen.
Die Geschichte wird abwechselnd aus den unterschiedlichen Blickwinkeln der Protagonisten erzählt, wobei die Schlüsselrolle den unterschiedlichen Kulturkreisen, aus denen sie stammen, zufällt. Auf der einen Seite die westliche Kultur mit ihren bekannten Wert- und Moralvorstellungen, auf der anderen Seite die arabische Kultur mit ihrer Ehre, der ihr heiligen Familie, Gastfreundschaft, aber auch ihren gesellschaftlichen Zwängen. Dabei vermeidet der Regisseur es zum Glück, eine Wertung abzugeben. Gerade diese neutrale Haltung ist heute wichtig, denn durch den Terrorismus wird heute sehr schnell die gesamte arabische Kultur zum Übel erklärt. Hier kann der Film vielleicht helfen, einen kleinen Einblick in die Sitten und Gebräuche der uns fremden Kultur zu erhaschen.
Der Regisseur versteht es zudem ausgezeichnet, eine ausgewogene Balance zwischen den beiden verfeindeten Parteien herzustellen, so dass von einem Außenstehenden wirklich keinem die Schuld an diesem Unglück gegeben werden kann. Ben Kingsley spielt derart überzeugend und intensiv, dass er für diese Rolle einen Oscar verdient hätte. Allein Jennifer Conelly habe ich die Rolle trotz ihres routinierten Spiels nicht abnehmen wollen. So gut und frisch sieht keine drogenabhängige Alkoholikerin nach ihrem Entzug aus (... für diese Rolle hätte sich optisch vielleicht Kate Moss besser angeboten ...).
Beim Score unterstützt der Regisseur die ruhige Atmosphäre mit passenden sphärischen Klängen von James Horner. Vor allem Streicher dominieren bei diesen ruhigen Musikstücken, auch wenn Horner einige alte eigene Themen wieder aufgreift.
Zur DVD:
Über die Qualität der DVD kann ich nur Positives berichten. Wie bei fast allen aktuellen Veröffentlichungen großer Labels, verfügt auch diese DVD über ein sehr gutes Bild. Der Ton kommt klar und sauber aus allen Kanälen, wobei man natürlich bei diesem ruhigen Film kein Effektgewitter erwarten kann. Der sphärische Score verteilt sich aber angenehm im Raum.
Das Bonusmaterial:
- Hinter den Kulissen
- Interviews mit Cast & Crew
- Casting
- Vadim Perelman - Ein Profil
- Cast & Crew Infos
- Bildergalerie
- 6 Trailer
- Audiokommentar mit Vadim Perelman, Ben Kingsley und Andre Dubus III (Englisch ohne deutsche Untertitel)
Die Länge des Bonusmaterials beträgt ca. 72 Minuten.
Fazit:
Ein wertvoller und ruhiger Film, den ich jedem nur empfehlen kann, der sich für realistisch und gut erzählte Geschichten begeistert. Ben Kingsley ist einer der besten Schauspieler unserer Zeit, und es macht einfach Spaß, seine hohe Kunst zu beobachten. Filmfreunde sollten sich von der flachen, aber zum Schluss doch noch ansteigenden Spannungskurve nicht abschrecken lassen – es kommt zu keinem Zeitpunkt Langeweile auf und die Handlung ist auch zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Ein kleines Meisterwerk mit ruhigen Bildern ist hier entstanden.
- Redakteur:
- Detlev Ross