Drive
- Regie:
- Tanaka, Hiroyuki
- Jahr:
- 2002
- Genre:
- Thriller
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Drive
1 Review(s)
21.11.2007 | 16:10Ich gebe es gerne zu: Ich bin bekennender Anhänger von Ausnahmeregisseur Hiroyuki Tanaka - in seinen Filmen auch 'SABU' genannt. Inzwischen sind ja einige seine Werke hier im Westen auf DVD erschienen. Bis auf die neuesten natürlich, aber da besteht ja noch Hoffnung, dass sich ein Label findet, das auch diese Filme dem westlichen Publikum näher bringen möchte. Nun zuerst aber noch etwas Fachwissen über den Regisseur Sabu (Hiroyuki Tanaka): Der Künstlername 'SABU' entstammt dem Namen einer Filmfigur, welche er einmal als Schauspieler verkörperte (ein Yakuza). SABU war vor seinen Regiedebüt 1996 bereits ab 1986 als Schauspieler tätig (spielte auch bei Miikes "Ichi The Killer" mit!), hat dann aber als Regisseur selbst das Heft in die Hand genommen und zusätzlich schreibt er für seine Filme auch meistens das Buch. Inzwischen hat SABU seinen eigenen Erzählstil gefunden, wobei seine Filmografie aber sehr kurz ausfällt (fast das Gegenstück zu Miike, der ja ca. drei Filme im Jahr dreht).
Filmografie:
1. "Dead Run" (2005)
2. "Hold Up Down" (2005)
3. "Hard Luck Hero" (2003)
4. "Drive" (2002) (Jetzt von I-On New Media erschienen)
5. "Blessing Bell" (2002 )(Bei Rapid Eye Movies erschienen)
6. "Monday" (1999) (Bei Rapid Eye Movies erschienen)
7. "Unlucky Monkey" (1998) (Von AFN bereits erschienen)
8. "Postman Blues" (1997) (Von AFN bereits erschienen)
9. "Wie eine Kugel im Lauf" (1996) (Von AFN bereits erschienen)
Bei fast allen seinen Werken steht ein sympatischer 'Held des Alltags' im Mittelpunkt, der durch seltsame Ereignisse aus seinem Trott gerät und mit seiner neuen Situation fertig werden muss. Auch so bei "Drive" ...
Die Handlung:
Am Anfang werden wir gleich mit der Hauptfigur des Films, dem Helden des Alltags, bekannt gemacht: Asakura. Asakura ist ein kleiner Angestellter, der bei einem Arzt sitzt und über dauernde Kopfschmerzen klagt. Der Arzt hat die Ursache dann auch sehr schnell lokalisiert: Es ist der Stress des Alltags, der Asakura diese Pein bereitet und die Schmerzen auslöst. Deshalb gibt der Arzt Asakura einen guten Rat mit auf den Weg: Wenn er sich wieder einmal gestresst fühlt, dann soll er einfach einmal einen Gang zurückschalten und die Sache ruhig angehen lassen.
So macht er es dann auch. Dumm nur, dass er auf seinem Nachhauseweg mit dem Auto von drei Bankräubern als Fluchtwagen herhalten soll. Doch so leicht lässt sich Asakura natürlich nicht aus der Bahn werfen. Er macht sich keinen Stress und befolgt in aller Ruhe alle Verkehrsregeln - eben so, wie es ihm der Arzt geraten hat. Kein Stress.
Auch sonst ist er nicht mehr aus der Ruhe zu bringen – er findet sogar langsam Gefallen daran, mit den Bankräubern gemeinsame Sache zu machen. Da kommt es ihm gerade recht, dass ein vierter Komplize der Bankräuber mit der Beute geflüchtet ist und Asakura sich nun zusammen mit den drei Verbrechern auf die Suche nach dem Flüchtigen machen kann ...
Kritik:
Auf der DVD-Hülle wird "Drive" als 'SABU's bester und reifster Film bezeichnet. Das stimmt aber meiner Meinung nach nicht. Ich fand "Postman Blues" noch ein wenig besser gemacht und die Handlung war auch 'gefälliger' anzusehen. Zudem bietet "Drive" auch keine nennenswerten Neuerungen und es findet auch keine nennenswerte Weiterentwicklung des Regisseurs statt.
Dagegen besinnt sich Hiroyuki Tanaka auf die Qualitäten, welche auch schon seine früheren Werke ausmachten. Die tragisch-komische Geschichte weiß durch ihre Vielschichtigkeit und die wirklich ungewöhnliche Handlung zu gefallen. Auch die Erzählweise ist für europäische Augen natürlich etwas Besonderes, kann aber ihren Fluss bzw. ihre Spannung leider nicht zu jeder Zeit des Films aufrechterhalten. Schuld an diesem Manko sind die in die Handlung integrierten Traumsequenzen, und auch die eine oder andere Szene wirkt völlig deplatziert, was den Zuschauer eher stört (Miike macht das ja ähnlich!).
Ansonsten wird man von gewohnten Zutaten (zumindest für 'SABU'-Kenner) verwöhnt - einem sympathischen Helden des Alltags, wobei der Zuschauer jede Menge Spass hat, bei dessem Martyrium zuzusehen. Alles vermischt mit viel schwarzem Humor und einer gehörigen Portion Dramatik. Ganz nebenbei werden dem Zuschauer dann auch wieder wichtige Lebensweisheiten förmlich mit dem Holzhammer serviert (In diesem Fall am besten bei einem japanischen Punkkonzert), wobei die grundverschiedenen Charaktere dazu perfekt passend ausgewählt wurden.
Ein wichtiger Punkt bei 'SABU's Filmen ist auch immer die außergewöhnliche Technik. Hier wurde zwar die Qualität wieder sehr hoch gehalten, aber ich habe die sensationellen Kamerafahrten von "Postman Blues" etwas vermisst. Trotzdem wurde die Szenerie eindrucksvoll und mit schnellen Schnitten dynamisch auf die Leinwand gebannt. Wieder toll gemacht! Aber halt dieses Mal nicht besonders spektakulär.
Bei der Filmmusik möchte ich ausdrücklich auf das japanische Punkrockkonzert hinweisen – Klasse!
Alles in allem also wieder ein guter 'SABU', der aber wesentlich japanischer und dadurch schwerer konsumierbar daherkommt als die bislang in Deutschland veröffentlichten Werke des Meisters. Daher kann ich den Film nicht unbedingt jedem ans Herz legen. Am besten mal als Leih-DVD Probegucken und dann erst kaufen ... Mir hat der Film gefallen - 'SABU' eben!
Die DVD:
Die DVD von I-On New Media zu bewerten, fällt nicht ganz leicht, weil ich ja nicht weiß, welches Ausgangsmaterial den Leuten von der Technik des Labels zur Verfügung stand. Zumindest optisch macht sie aufgrund des Pappschubers schon einmal eine gute Figur (Bis auf das etwas missratene Covermotiv - fällt aber wohl wie immer unter Geschmacksache).
Also kann ich objektiv nur über das schreiben, was ich gesehen habe. Beim Bild bedeutet dies, dass es stark grieselig ist und auch unscharfe Kanten zeigt. Aufgrund des hohen Kontrasts werden zudem in dunklen Bildteilen die Details verschluckt. Das hört sich jetzt alles aber schlimmer an, als es ist. Insgesamt ist das Bild nämlich für eine Asiaproduktion ganz gut gelungen.
Beim Ton verhält sich die Sache ähnlich (Deutsch in Dolby Digital 5.1 und Japanisch in Dolby Digital 2.0 Stereo): brauchbar, aber weit weg vom Standard. Zum Glück gibt es auf dieser Disk auch den O-Ton zu hören, obwohl ich die deutsche Synchro ganz gelungen finde. Trotzdem würde ich den O-Ton vorziehen, obwohl der nur in Stereo vorliegt.
Die Extras sind sehr übersichtlich und nicht besonders spektakulär:
- Making Of
- Interviews
- 3 Trailer
- Filmpremiere
- Trailershow zu weiteren Titeln von I-On (teilw. sehr interessant!)
Fazit:
Wieder einmal ein toller Film von 'SABU' mit den für ihn typischen Zutaten. Ein Held des Alltags, der durch allerlei widrige Umstände zum Äußersten gebracht wird. Dazu eine gehörige Portion Humor und tolle Kameraarbeit – fertig ist der neue Film von 'SABU'. Gewürzt wird die ganze Sache dann noch mit vielen Lebensweisheiten, die einem förmlich um die Ohren gehauen werden. Trotzdem will ich den Film nicht uneingeschränkt loben. Mir fehlte es etwas an Innovation und zudem war die Handlung durch die Traumsequenzen etwas zu holprig aufgebaut. Eben ein eher typisch japanischer Film, schwerer verdaulich, bei dem es nicht ohne Gehirneinsatz geht. Dagegen war "Postman Blues" eine homogene Geschichte, die auch für westliche Zuseher keine Probleme macht. Deshalb Vorsicht! Nur für Japan-Kenner uneingeschränkt zu empfehlen. Alle anderen erst einmal ausleihen - oder man versucht es erst einmal mit "Postman Blues"!
- Redakteur:
- Detlev Ross