Todesverächter, Der
- Regie:
- Leslie Fenton
- Jahr:
- 1948
- Genre:
- Western
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- Whispering Smith
1 Review(s)
25.09.2007 | 04:17Showdown in Nebraska: Faustrecht oder Gesetz
Nebraska-Territorium 1890: Der draufgängerische Detektiv Luke Smith (Alan Ladd) jagt als Sicherheitsbeauftragter einer Eisenbahngesellschaft eine Bande von Bankräubern. Als sein bester Freund Murray (Robert Preston) von der Gesellschaft gefeuert wird, schlägt sich dieser auf die Seite der Banditen. Luke muss sich zwischen Freundschaft und Pflichterfüllung entscheiden.
Filminfos
O-Titel: Whispering Smith (USA 1948)
Dt. Vertrieb: Koch Media (3. August 2007)
FSK: ab 12
Länge: ca. 85 Min.
Regisseur: Leslie Fenton
Drehbuch: Frank Butler, Frank H. Spearman, Karl Kamb
Musik: Adolph Deutsch
Darsteller: Alan Ladd ("Mein großer Freund Shane"), Brenda Marshall, Donald Crisp, Fay Holden, Frank Faylen, John Eldredge, Murvyn Vye, Robert Preston, Ward Wood, William Demarest u. a.
Handlung
Nebraska-Territorium 1890: Es steht nicht zum Besten mit der Sicherheit auf Bahn und Feld, als Bahnpolizist Luke "Whispering" Smith (Alan Ladd) sich der Stadt nähert, zu der man ihn gerufen hat. Kaum hat er, aus Chicago kommend, die Rockies überwunden, wird er von Banditen beschossen. Kaum hat er sie vertrieben und den nächsten Zug erwischt, wird auch dieser überfallen.
An Bord ist sein alter Freund Murray Sinclair (Robert Preston), den er fünf Jahre nicht gesehen hat, aber mit vereinten Kräften gelingt es ihnen, die Banditen der Barton-Brüder in die Flucht zu schlagen. Sinclair hat einen untergeordneten Managerjob bei der Nebraska-Pacific Railroad, bewirtschaftet aber auch eine Ranch. Smith fragt sich, wie er sich die Ranch mit seinem mickrigen Lohn leisten konnte.
Aber Smith wird verwundet - nur seine Mundharmonika hat die Kugel abgelenkt. In Sinclairs Haus kann er seine Verletzung auskurieren. Seine Pflege hat Marian, Sinclairs Frau (Brenda Marshall), übernommen. Smith war vor seinem Weggang nach Osten in sie verliebt, aber weil Smith ihr keinen Antrag machte, schnappte Sinclair sie ihm weg. Vor fünf Jahren schenkte Marian ihm die lebensrettende Harmonika - ein gutes Omen, wie sich zeigen soll. Denn Marian wird von ihrem Mann unterdrückt, ist immer noch kinderlos und sucht eine Alternative. Allerdings will sie erst gefragt werden, doch so begriffstutzig, wie manche Männer sind, kann das eben dauern.
Smith lehnt Sinclairs Angebot einer Partnerschaft bei der Ranchbewirtschaftung ab und begibt sich dahin, wohin er gerufen wurde, um für Ordnung zu sorgen. In der Stadt besucht er seine alten Zieheltern wieder, und von "Onkel" Bill (Demarest) und "Tante" Emmy (Holden) erfährt er die Neuigkeiten über die Stadt. Die Barton-Bande treibt sich immer noch herum und hat anscheinend etwas mit einem reichen Rancher namens Rebstock zu tun, doch als Smith seinen Freund Sinclair vor Rebstock warnt, winkt dieser ab: Er sei darauf angewiesen, sich mit Rebstock gutzustellen. Das ist kein gutes Vorzeichen.
In einem Hinterzimmer des Saloons trifft Rebstock (Crisp) insgeheim tatsächlich den letzten Überlebenden der Barton-Bande, der für ihn arbeitete. Er hetzt ihn gegen Smith auf, der schon im Anmarsch sei. Als Smith von Rebstock den Banditen fordert, warten auf ihn bereits zwei Leute: Barton selbst ist scharf auf den Mann, der seine zwei Brüder auf dem Gewissen hat, und Whitey Du Sang (= Der Weiße vom Blut), den weißhaarigen Killer, der stets an Rebstocks Seite zu finden ist. Allerdings lauert Whitey im Hinterhalt - nur für den Fall, dass Smith schneller ziehen sollte als Blake Barton ...
Mein Eindruck
Obwohl die Handlung ziemlich simpel klingt und einem B-Western der Nachkriegszeit gut ansteht, schafft es der Film doch, drei Handlungsthemen auf spannende und anrührende Weise zu verknüpfen. Da ist zunächst die vordergründige Polizeiaktion, die Luke Smith zweimal durchzuführen hat. Sein Job ist die eines jeden Helden: die Zivilisierung der wilden Grenzgebiete, wo nur das Faustrecht des Stärkeren gilt und es durch das Recht des Gesetzbuchs zu ersetzen. Und die Stärkeren, das glauben zunächst die Barton-Brüder zu sein und dann Rebstocks Räuberbande. Dieser Spannungsbogen setzt schon am Anfang mit dem ersten Schuss ein und endet erst, als der letzte Bandit tot ist - leider ist dies Smiths bester Freund Murray.
~ Versicherungsbetrug ~
Das zweite Motiv ist ein spezifisches kriminelles Element, das die Eisenbahn einbringt und der Film wohl dem Roman von Frank H. Spearman verdankt. Spearman kannte sich mit so was aus. Der Grund, warum Rebstock so hinter dem Inhalt der Züge her ist, ist einfach: Entgleist ein Zug, darf jeder das Bergungsgut beanspruchen und so die Versicherung betrügen. Das ist der wirtschaftliche Grund, warum sich Murray Sinclair so bei der Eisenbahn engagiert, und das Fundament seines Wohlstands. Denn was er birgt, verhökert er an den Hehler Rebstock. (Später sieht man ein "geborgenes" Brandyfass in Rebstocks Farmhaus.) Natürlich gibt es eine einfache Methode, für Nachschub an Bergungsgut zu sorgen: Man manipuliert die Weichen und lässt die Züge entgleisen. Das wiederum ruft Bahnpolizisten wie Luke Smith auf den Plan - und stellt ihn direkt gegen Sinclair & Co.
~ Das menschliche Drama ~
Der in menschlicher und emotionaler Hinsicht eigentlich interessante Handlungsstrang betrifft die Dreiecksgeschichte um Sinclair, Marian und "Smitty". Nachdem er Marian an seinen Freund verloren hatte, ritt Smith vor fünf Jahren (also 1885) in den Osten und lernte die Eisenbahnbarone kennen. Er weiß nun, welche Macht sie haben, und tritt entsprechend selbstsicher gegenüber Leuten wie Rebstock auf. Gleich in der zweiten Szene erfahren wir von Sinclair, dass Smith stets die Lohntransporte der Eisenbahn bewachte.
Nun kehrt er zurück und sogleich erkennen er und Marian, dass sie einander immer noch lieben. Sofort merkt auch Sinclair, was da läuft, und macht direkt eine anzügliche Bemerkung von wegen, dass Marian ihren Rock kürzer mache, um Smith ihre Beine zeigen zu können. Marian weist diese Unterstellung natürlich entrüstet zurück. Sinclair ist ein Heuchler, denn er selbst denkt in keiner Weise daran, seiner Frau treu zu sein, sondern betrügt sie vielmehr mit den leichten Mädels aus dem Saloon.
Als er sie mit dieser sittenlosen Gesellschaft konfrontiert, ist sie enorm gedemütigt, denn sie erscheint nun wie sein Spielzeug, das er mit Füßen tritt. Sie entschließt sich dazu, ihn zu verlassen, doch Smith bittet sie, ein letztes Mal auf Sinclair einzureden - zwecklos. Sie packt schon ihre Sachen, als das Schicksal eine Entscheidung zwischen den Männern herbeiführt, zwischen denen sie steht. Glücklicherweise überlebt der Mann, den sie von Anfang an gewollt hat.
~ Männer mit zwei Gesichtern ~
Sinclair mag zwar ein Schwein sein, wenn er Marian wie Dreck behandelt, aber er war nicht immer so. Erst wird Sinclair vom neuen Manager Mcleod gedemütigt, dann rausgeworfen - eine spannende Szene um die Lieferung eines simplen Telegramms. Er bricht mit Smitty, schließt sich den falschen Leuten an und verkauft Rebstock sogar seine Ranch. Doch mitgefangen, mitgehangen - Sinclair wird schließlich zur Rechenschaft gezogen.
Eine weitere spannende Szene beschließt den Film, als Sinclair auf seinen ehemaligen Freund und jetzigen Feind mit einer verborgenen Pistole anlegt. Das Fehlen von Schwarzweißzeichnung hinsichtlich Sinclair bewerte ich sehr positiv, denn es überrascht in einem solchen B-Western. Und dass Rebstock ebenfalls zwei Gesichter hat, verblüfft den Zuschauer immer wieder.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: Vollbild (1.33:1)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- Booklet (4 S.)
- Originaltrailer (1 Min.)
- Bildergalerie
Mein Eindruck: die DVD
Die digital remasterte Fassung bietet prächtige Farben und scharfe Kontraste. Angesichts des hohen Alters des Materials - es stammt von 1948 - ist der Zustand ausgezeichnet zu nennen. Für den Cineasten wäre interessant gewesen, von welcher Kopie hier gezogen wurde. (Zum Vergleich: Es ist bekannt, dass die Restaurierung von Hitchcocks "Vertigo" rund eine Million Dollar kostete.) Immer wieder auffallend: wie die Konturen von Brenda Marshalls markantem Gesicht sanft hervorgehoben werden, als seien sie vom Licht modelliert - wunderbar. Der Sound liegt in Dolby Digital 2.0 vor und liefert guten Sound, aber Stereoeffekte fehlen natürlich.
~ Bonusmaterial ~
Der Originaltrailer von Paramount betont die Actionszenen, verschweigt aber nicht, dass zwei Männer die gleiche Frau wollen - ausreichend Stoff für Abenteuer und Romanze.
Weitaus interessanter ist die Bildergalerie. Neben Filmplakaten und Filmszenen in Farbe und Schwarzweiß sind hier diverse gestellte Standfotos zu sehen, die im Film nicht vorkommen. Informativer sind da schon das deutsche Presseheft, ein Programmheft des Studios Paramount sowie diverse Werbevorschläge. Goldig, wie naiv hier noch der wilde Wilde Westen glorifiziert wurde, so als ob Karl May die reine Wahrheit geschrieben hätte (dabei war May nie im Westen, sondern nur im Orient).
Ebenfalls sehr interessant ist der kurze Artikel von Hank Schraudolph im vierseitigen Booklet. Der Autor versucht hier eine Ehrenrettung des in der Synchronisation sprachlich allzu sanft auftretenden Alan Ladd, doch das Original enthüllt, dass Ladd eine raue Aussprache mit einer tiefen männlichen Stimme hatte.
Sehr interessant ist auch die Info, dass der Film auf einem Roman von Frank H. Spearman beruht, der eine Vorliebe für Eisenbahngeschichten hatte und sich mit den Gegebenheiten vor Ort auskannte. Schraudolph verliert noch eine Menge Worte über Ladd, Marshall und Preston. Ladd entwickelte 1953 ein Alkoholproblem, Marshall wurde die Frau von Hollywoodstar William Holden (verwandt mit Fay "Emmy" Holden?), und Robert Preston schaffte es 1982 immerhin zu einer OSCAR-Nominierung für "Victor/Victoria". Zuletzt würdigt der Autor die kleinen Finessen, die der englische Regisseur Leslie Fenton anwendet.
Unterm Strich
Mir sind nur wenige gute Farbwestern aus der Zeit vor 1950 bekannt. Fords "Stagecoach" und "Rio Grande" wurden in Schwarzweiß gedreht. Aber die restaurierte Fassung von "Der Todesverächter" (ein putzig unbeholfener deutscher Titel) besticht durch prachtvolle Farben, die besonders in der Introsequenz zur Geltung kommen. Auch die Kameraarbeit ist, wenn man genau hinschaut, sehr durchdacht.
Der Western vereint drei bis vier Themen und verknüpft sie geschickt auf dramatische Weise, bis die Action im letzten Viertel voll zur Geltung kommt und das Schicksal der weiblichen Hauptfigur, die zwischen zwei Männern steht, entschieden wird. Diese zwei Männer entwickeln sich konträr zueinander. Aus den einstigen Freunden werden Todfeinde, denn der eine vertritt das Recht des Gesetzbuchs, der andere aber das Faustrecht des Banditen und Zugräubers. Auch wenn die Realität nicht immer so war, so siegt doch in Hollywoodstreifen stets die Seite des Gesetzes. Auf diese Weise wird nämlich sichergestellt, dass nur der "Gute" am Schluss das Mädel bekommt.
Die DVD hat mir sehr gut gefallen, und das Bonusmaterial bietet dem Sammler, für den die Western-Edition bei Koch Media gedacht ist, eine ganze Menge Informationen sowie Bildmaterial. Das Booklet weist beispielsweise auf der Vorder- und Rückseite sehr gut reproduzierte gestellte Szenen aus dem Film auf. Die Bildergalerie enthält eine Reihe von Programmheften und Fotos. Nur das Fehlen von Untertiteln bildet einen Wermutstropfen in der ansonsten sehr zufriedenstellenden Produktion.
- Redakteur:
- Michael Matzer