Dracula und seine Bräute
- Regie:
- Terence Fisher
- Jahr:
- 1960
- Genre:
- Horror
- Land:
- Großbritannien
- Originaltitel:
- The Brides of Dracula
1 Review(s)
21.09.2007 | 09:52Vampirklassiker mit Kruzifix, Holzpflock und Weihwasser
Transsylvanien, Ende des 19. Jahrhunderts: Im Keller eines alten Schlosses entdeckt die junge Lehrerin Marianne Danielle einen Baron, der gefangen gehalten wird. Sie befreit ihn - ohne zu wissen, dass er ein gefürchteter Vampir ist. Mit Kruzifix, Holzpflock und Weihwasser bewaffnet macht sich Dr. Van Helsing (Peter Cushing) auf die Jagd nach dem Untoten.
Filminfos
O-Titel: The Brides of Dracula (GB 1960)
Dt. Vertrieb: Koch Media (24. August 2007)
FSK: ab 12
Länge: ca. 82 Min.
Regisseur: Terence Fisher
Drehbuch: Edward Percy, Jimmy Sangster, Peter Bryan
Musik: Malcolm Williamson
Darsteller: Peter Cushing, Yvonne Monlaur, David Peel, Freda Jackson, Henry Oscar, Martita Hunt, Miles Malleson, u. a.
Handlung
Dr. Van Helsing (Cushing), Dozent für Metaphysik an der Universität Leiden, findet mitten im Wald eine bewusstlose junge Frau und lädt sie mit Hilfe seines Assistenten Karl in seine Kutsche. Als sie wieder zu sich kommt, erzählt sie ihm, was ihr widerfahren ist. Je mehr er hört, desto mehr will er wissen, und zwar ganz genau. Das hört sich nach einem Fall an, der ihn direkt angeht.
Marianne Danielle (Monlaur) kommt aus Paris und will ins transsylvanische Städtchen Badstein, um dort eine Stelle als Lehrerin an einem Mädchenpensionat anzutreten. Doch an einem Gasthof fuhr ihr Kutscher plötzlich ohne sie davon und ließ sie sitzen. (Der Kutscher wurde bestochen.) Zum Glück traf wenig später eine vornehme Dame ein, die sich als Baronin Meinster vorstellte und sie auf ihr Schloss einlud. Froh, eine angenehme Bleibe für die Nacht gefunden zu haben (der Gasthof sah nicht wirklich vertrauenerweckend aus), verbrachte Marianne einen Abend und eine Nacht auf Schloss Meinster.
Wie erstaunt war sie, als sie einen jungen Mann auf einem Balkon sah, von dem man ihr nichts gesagt hatte! Und als sie ihn nach dem Abendessen auf dem Balkongeländer balancieren sah, musste sie einfach ihm. Er stellte sich als der Sohn der Baronin vor. Zu Mariannes Entsetzen trug der schmucke Baron eine Fußkette. Auf sein Flehen hin besorgte sie den Schlüssel aus dem Schreibtisch der Baronin und öffnete die vermaledeite Fessel. Schließlich ist er der wahre Besitzer dieses Landes, nicht wahr? Und die Haushälterin Greta freute sich ebenfalls, ihren Zögling wieder frei zu sehen. Aber als die Schreie begannen, sei sie geflohen.
Im Gasthof, wo Marianne die Baronin kennenlernte, machen Van Helsing und Marianne Station, bevor sie nach Badstein weiterreist. Der Pfarrer Steppak hat nach dem Dozenten gerufen, denn es hat einen Todesfall im Dorf gegeben. Doch Steppak ist nicht da, und Van Helsing hat Zeit, ein junges Mädchen zu besichtigen. Es liegt sehr tot und bleich in einem offenen Sarg mitten in der Gaststube. Interessiert bemerkt der Fachmann die zwei Bisswunden an ihrem Hals. Nachdem er Marianne im Badsteiner Mädchenpensionat abgeliefert hat, spricht er ein ernstes Wörtchen mit dem ebenfalls zurückgekehrten Steppak. Hier treibe sich offenbar ein Vampir herum!
Van Helsing legt sich auf dem Friedhof auf die Lauer. Als die Uhr Mitternacht schlägt, taucht ein halbverrücktes Weib auf und wühlt in dem frischen Grab des Dorfmädchens. Er weiß es nicht, aber es handelt sich um Greta. Schon bald beginnt sich die Erde zu heben ...
~ Unterdessen in Badstein ~
Baron Meinster bringt Mariannes Gepäck, das sie bekanntlich bei ihrer Flucht aus dem Schloss zurückgelassen hat. Sobald er sich als Pachtherr des Pensionatsbesitzers Herr Lang zu erkennen gegeben hat, hat er unbeschränkten Zugang zu den Räumlichkeiten - und den hübschen Mädchen. Er versichert Marianne erneut seiner Zuneigung, und da kürzlich seine bedauerliche Mutter verstorben sei (woran er nicht ganz unschuldig ist), wolle er sich mit Marianne verloben.
Die junge Dame hat nichts dagegen, obwohl ihre Mutter wohl einiges dazu zu sagen hätte. Aber die ist zum Glück nicht da. Dafür aber ihre Kollegin, die adrette Carla (im Original: Gina). Carla hat sich ebenfalls in den feschen Baron verguckt und hätte ihm wohl so einiges zu bieten. Durch das offene Fenster fliegt eine Fledermaus herein, die sich hinter Carlas Rücken in den Baron verwandelt. Carla dreht sich um und starrt in die blutunterlaufenen Augen des Mannes, die sie hypnotisieren - und sie zwingen, ihm ihren ungeschützten Hals darzubieten ...
Mein Eindruck
Bis zu dieser Stelle klingt alles recht harmlos. Das lag an massiver Zensur durch die britischen Behörden. Näheres lässt sich im Booklet nachlesen. Da ist der Zensur nach dem Skandal um "Peeping Tom / Augen der Angst" (1960, mit Karl-Heinz Böhm) eine lange Passage gewidmet. Da die beanstandeten Szenen entfernt und erst wieder in dieser remasterten und restaurierten Version eingefügt wurden, handelt es sich bei dieser DVD um ein Sammlerstück.
Zu den Thrillszenen gehören die Live-Pfählung der Baronin von Van Helsings Hand (bislang geschnitten), aber auch die Selbstheilung des vom Baron gebissenen Vampirjägers mit Hilfe eines rotglühenden Eisens und Weihwassers - die Wunde verschwindet "vor unseren Augen" (ein hübscher Trick von Makeupkünstler Ashton). Der Showdown in der alten Mühle führt zu einem Brand, der sich bald auf das ganze Gebäude ausdehnt.
Vor dem Ende jedoch schwingt sich Van Helsing auf einen Windmühlenflügel, der sich daraufhin zu neigen beginnt, und zwar so sehr, dass die vier Flügel in Kreuzform genau über dem Baron zu stehen kommen. Und wir wissen ja, wie allergisch die Untoten auf Kreuze aller Art reagieren. Diese Szene hat angeblich Tim Burton zu seinem Finale von "Sleepy Hollow" (1999) inspiriert. Das feurige Kreuz triumphiert im Dracula-Film, so wie die Kirche über das Böse siegt.
~ Die Darsteller ~
Peter Cushing steht hier am Anfang seiner Karriere als Frankenstein und Van Helsing. Kein Vergleich zu jenem ausgemergelten Todessternkommandanten in "Star Wars". Bemerkenswert ist, dass er hier noch nicht der zu allem entschlossene, todesverachtende und absolut unbesiegbare Vampirjäger ist. Vielmehr muss er sich erst mit seinen Ansichten durchsetzen, wird sogar von einem Arzt namens Dobler ausgelacht. Selbst der Pfarrer zweifelt an ihm. Und im finalen Fight wird er vom Baron niedergestreckt, gewürgt und gebissen. Darauf folgt die spektakuläre Selbstverbrennung mit glühendem Eisen, wie man sie allenfalls von gewissen Western kennt.
Ihm zur Seite stehen einige bekannte Gesichter, wovon das von Freda Jackson als Renfield-Epigonin Greta ("Geheimnisvolle Erbschaft", 1946, "Schatten einer Katze", "Das Grauen auf Schloss Witley", 1956), Martita Hunt (ebenfalls in David Leans "Geheimnisvolle Erbschaft") und David Peel als Baron Meinster (später nochmals in "Die unheimlichen Hände des Dr. Orlak" an der Seite von Christopher Lee) wohl die bekanntesten sind. David Peel ist ein eleganter, durch sein Charisma unwiderstehlicher Vampir. Wolfgang Kieling hat ihn angemessen synchronisiert.
Die zweite Riege von Gesichter, die für den Film ganz wesentlich sind, gehört den jungen Damen: den titelgebenden Bräuten. Dass Dracula gar nicht vorkommt, macht ja nichts. Alle Damen sind brünett: Yvonne Monlaur spielt Marianne Danielle, eine Unschuld, die es unbedingt zu retten gilt. Was man von Carla nicht gerade sagen kann, die von Andree Melly gespielt wird (im Booklet und in den Credits heißt ihre Rolle "Gina"). Das im Original namenlose Dorfmädchen, Meinsters erstes Opfer, wird in den Credits an letzter Stelle genannt. In der Synchronisation meine ich den Namen "Fina" gehört zu haben. Da sie keinen Piep zu sagen hat, ist ihre Rolle von geringer Bedeutung. Hauptsache, sie sieht im Nachthemd gut aus.
~ Offene Fragen und Rätsel ~
Der Zuschauer - zumal der deutschsprachige - mag sich fragen, wo denn dieses seltsame Transsylvanien liegt, wo man in der Puszta den Csardas tanzt und Tokajer trinkt. Oder wo eine Postkutsche regelmäßig von "Ingalstadt" (sic!) über "Abensberg" und "Regensburg" nach "Badstein" verkehrt. Offenbar haben die britischen Drehbuchautoren kurzerhand das rumänische Transsylvanien nach Ungarn verlegt und dieses, weil um 1900 noch österreichisch, mit deutschen bzw. deutsch klingenden Namen bepflastert.
Der Rätsel ist kein Ende in diesem einfallsreichen Streifen, dem zweiten "Dracula" von Hammer Films überhaupt (es kamen viele weitere). Warum, so mag sich der Laie fragen, steht in einer mit höchst brennbarem Stroh gefüllten Mühle eine offene Kohlenesse? Hier sollen ja wohl kaum Pferde beschlagen werden, oder? Und was soll dort überhaupt das Stroh, wenn es sich doch um eine Mühle handelt? Nun, die Mühle ist alt und folglich eine Art Rumpelkammer, was das Stroh erklären könnte.
Verblüffend ist es auch ein wenig, dass der Baron gegenüber Marianne behauptet, seine Mutter sei tot, wenn sie doch erst eine Vampirin ist. Sicher nur eine Art Notlüge, ein charmantes Geflunker. Pech, dass sie in der nächsten Szene wirklich zu Tode kommt, und zwar endgültig.
Die DVD
Technische Infos
Bildformate: 1,66:1 (Widescreen)
Tonformate: D in DD 2.0, Englisch in DD 2.0
Sprachen: D, Englisch
Untertitel: keine
Extras:
- 2 Original Kinotrailer
- 16-seitiges Booklet
- Bildergalerie mit seltenem Werbematerial
Mein Eindruck: die DVD
Wie schon erwähnt, handelt es sich um eine remasterte und restaurierte Fassung. Die Bildqualität ist überragend und makellos zu nennen, wenn man sie mit dem Filmmaterial jener Zeit vergleicht. Bildfehler konnte ich nicht feststellen, nur in den beiden Trailern des Bonusmaterials. Der Sound hängt von der Sprachfassung ab. Die englische Fassung erschien mir soundmäßig voller, die deutsche reicher an Obertönen, ein Charakteristikum damaliger Tontechnik bei der Synchronisation.
Die zwei Trailer unterscheiden sich nicht so sehr in den gezeigten Bildern als vielmehr in der Zutat. Trailer Nummer 1 wird von einer Voiceover-Stimme kommentiert, entsprechend reißerische Sätze - in Englisch - deklamiert. Trailer Nr. 2 tut im Grunde das Gleiche, allerdings stumm mit Hilfe von Zwischenüberschriften.
Wie stets bei den Klassikeditionen von Koch Media sollte der Zuschauer der Bildergalerie gebührende Aufmerksamkeit schenken. Hier findet er diesmal in einer Diaschau Filmplakate, Artwork, Szenenfotos, deutschsprachige Pressehefte, schwarzweiße Starfotos (eine teuflische "Greta", eine "Fina" in sexy Netzstrümpfen!) sowie Fotos von diversen gestellten Szenen, darunter auch Van Helsings Selbstheilung und ihn an der Windmühle. Natürlich taucht überall der Baron mit seinen Bräuten auf, um Männerphantasien anzuregen, denn der erotische Gehalt in Draculafilmen ist beträchtlich und lässt sich nicht leugnen. (Erst bei bei Polanski werden Vampire schwul.)
Das 16-seitige Booklet rundet das Bonusmaterial ab. Es ist gespickt mit Hintergrundinformationen, Fotos und einem Filmplakat als Rückseite.
Unterm Strich
Diese DVD ist die Nr. 01 der "Koch Media Hammer Edition" und als solche mit dem Faksimile eines Siegels aus blutrotem Wachs gekennzeichnet. (Nr. 02 ist "Der Fluch von Siniestro".) Dadurch dürfte schon klar sein, dass es sich um eine Sammlerausgabe handelt. Der mit einem Filmplakatmotiv bedruckte Schuber verstärkt den Eindruck einer sorgfältig angefertigten Sammleredition.
Mit "Dracula und seine Bräute" setzten die Hammer Studios den Erfolg ihres epochalen "Dracula"-Epos fort, aber diesmal ohne Christopher Lee und mit einer Menge Ärger seitens der Zensurbehörde. Wenn man sich heute die bescheidenen Spezialeffekte, die paar Tropfen Blut und die züchtig im Nachthemd gewandeten "Bräute" anschaut, dann kann man diese Aufregung überhaupt nicht mehr nachvollziehen.
Warum sollte ein durchs Herz getriebener Eichenpflock die Sittenwächter auf die Palme bringen, fragt sich der durch Zillionen TV-Meuchelmorde bereits abgestumpfte Zeitgenosse. Nun, damals gab es weder Farbfernsehen noch Horrorfilme zur besten Sendezeit. Horror in Farbe war nur in Kinos zu sehen - oder in verrufenen Hinterzimmern irgendwo in Soho.
Und warum sollte ein entblößter Frauenhals so erotisch sein? Nun, damals gab es weder Miniröcke noch Pornos fürs Handy. Es blieb der Phantasie jedes "Gentleman" überlassen, wo für ihn die Grenze der Erotik verlief - oder was ihm die Zensur diesbezüglich vorschrieb.
Wie auch immer: "Draculas Bräute" ist zwar solide inszenierter Hammer-Horror, reißt aber niemanden mehr vom Hocker. Liebhaber des Genres könnten aber durch diese Edition alte Schätze neu entdecken, mussten sie doch bislang in vielen Fällen mit verstümmelten Fassungen vorliebnehmen. Gleiches gilt für die Neuausgabe von "Der Fluch von Siniestro", Hammers einzigen Werwolfstreifen (der noch mehr Ärger mit der Zensur hatte).
- Redakteur:
- Michael Matzer