Haus am Meer, Das - Il Mare
- Regie:
- Lee Hyun-Seung
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- Korea
1 Review(s)
02.11.2007 | 11:09Story
Kurz vor Anbruch des neuen Jahrtausends zieht die junge Synchronsprecherin Eun-Ju Kim aus einem einsamen Strandhaus namens ’Il Mare’ aus. In weiser Voraussicht, dass ihr Nachmieter ihr einen wichtigen Brief, den sie seit Tagen erwartet, nachsendet, hinterlässt sie eine Botschaft im abgelegenen Briefkasten des Hauses.
Tatsächlich erhält Eun-Ju kurz darauf Antwort von einem jungen Ingenieur, jedoch ist seine Nachricht auf das Jahr 1997 datiert. Das junge Mädchen fühlt sich nicht ernst genommen und reagiert recht unwirsch auf diesen merkwürdigen Brief, vergisst den Absender aber so schnell nicht.
Als Sung-Hyun Han schließlich immer mehr Nachrichten aus der Vergangenheit schickt, glaubt auch sie plötzlich, dass der Briefkasten eine Art Zeitloch ist, das es ermöglicht, dass die beiden über diese zeitliche Distanz kommunizieren. Immer vertrauter und persönlicher wird ihr Austausch, und tatsächlich gelingt es Sung-Hyun, seine neue Bekanntschaft im Jahre 1998 gleich mehrmals an einer Bahnstation zu beobachten und ihr Dinge nachzuschicken, die sie einst verlegt hatte.
Doch Eun-Ju fühlt sich nach wie vor sehr stark zu ihrem ehemaligen Partner hingezogen, der sie vor geraumer Zeit verlassen hatte. Für Sung-Hyun bricht bei dieser Erkenntnis eine Welt zusammen; zum ersten Mal überhaupt fühlte er sich geborgen und verstanden. Nichts würde er lieber tun, als Eun-Ju in der Zukunft zu treffen und ihr seine Liebe zu gestehen. Doch als die beiden sich zum ersten Mal in der Jetztzeit sehen wollen, bleibt der junge Ingenieur fern. Irgendetwas ist in der Zeitschleife geschehen, und scheinbar hängt es mit dem enttäuschenden Liebesgeständnis von Eun-Ju zusammen ...
Persönlicher Eindruck
2006 feierte Sandra Bullock an der Seite von “Matrix“-Superstar Keanu Reeves nach einer ewig währenden Durststrecke endlich ein würdiges Hollywood-Comeback im Liebes-Melodram “Das Haus am See“. Die rührende Geschichte wurde alsbald zum Kassenschlager und gilt nicht zu Unrecht als einer der besten Genre-Beiträge der letzten Jahre.
Was jedoch nur den wenigsten bewusst ist: Im Original stammt der Film nicht aus Amerikas Filmschmiede, sondern aus dem asiatischen Kino, genauer gesagt aus Korea. Dort erschuf Regisseur Lee Hyun-Seung nur wenige Monate zuvor, basierend auf der Buchvorlage “Il Mare“, eine faszinierende Liebesgeschichte, die nicht nur wegen ihrer authentisch wirkenden, übersinnlichen Elemente wahrhaftig einzigartig ist. “Das Haus am Meer“ wird nun - eine ganze Weile nach dem Erfolg des Remakes - auch hierzulande publik gemacht, wobei der Erfolg der wohl bekannteren Version unzweifelhaft ausschlaggebend für diesen Release war. Allerdings braucht die Originalverfilmung sich hinter der kitschigeren Nachahmung keinesfalls zu verstecken. Ganz im Gegenteil: Im Cinema Asia erstrahlt die Handlung in noch schöneren Farben!
Rein inhaltlich ist “Das Haus am Meer“ einfach nur wunderschön. Die Geschichte eines Pärchens, das lediglich durch einen Briefkasten miteinander verbunden ist, den Kontakt jedoch in zwei verschiedenen Ären erlebt, ist nicht nur interessant konzipiert, sondern auch fantastisch inszeniert. Über eine unüberbrückbare Distanz stellen sich die beiden einander vor und finden nach ersten Berührungsängsten angesichts der unglaublichen Umstände immer mehr Vertrauen zueinander. Besonders Sung-Hyun ist schon nach kurzer Zeit bereit, seiner neuen Bekanntschaft das Herz auszuschütten, wohingegen Eun-Ju noch vorsichtig abtastet, ob sie nicht erneut vor einer riesigen Enttäuschung steht. Sie ringt noch sehr stark mit dem Verlust ihres Freundes, der der Beziehung seine Ausbildung zum professionellen Synchronsprecher vorgezogen und Eun-Ju alleine zurückgelassen hat. Unterdessen muss Sung-Hyun den Tod seines Vaters verkraften und öffnet seiner Brieffreundschaft immer mehr Facetten seines Herzens, was ihm mit ebenso persönlichen Notizen Eun-Jus gedankt wird. Dies führt so weit, dass er ihr in der Vergangenheit nachreist, um ein verlorenes Tonband wieder aufzuspüren und nur einen kurzen Blick auf die Person zu erhaschen, die ihn erst zwei Jahre später über diese außerordentliche Form wahrnimmt.
Die diesbezüglichen Szenen sind teilweise tragisch und komisch zugleich. So begegnen sich die beiden gleich mehrfach an der Bahnstation, ohne dass Eun-Ju ahnt, von welcher Bedeutung diese Aufeinandertreffen sind. Nur Sung-Hyun bricht es das Herz, als er mit ansehen muss, wie seine inzwischen Geliebte ihn stehen lässt, um ihren damaligen Liebhaber zu begrüßen.
Zwischendurch wirft die Geschichte immer mehr Mysterien auf; in manchen Passagen wollen Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr harmonieren, beispielsweise als die beiden eine Verabredung im Jahr 2000 vereinbaren, für die Sung-Hyun Feuer und Flamme ist, die er aber mit ein wenig Abstand später sausen lässt. Keinem will so recht klar werden, was hinter diesem Missverständnis steht – bis sich ihnen eines Tages eine furchtbare Wahrheit öffnet ...
Nach anderthalb Stunden dieses bezaubernden Melodrams muss man sich schließlich für keine vergossene Träne schämen. Lee Hyun-Seung hat die Buchvorlage wirklich mitreißend und emotional völlig ergreifend zum Leben erweckt und sie letztendlich in ein wunderschönes, modernes Märchen verwandelt. Selten zuvor ist mir persönlich eine Liebesgeschichte auf den Bildschirm gekommen, die zeitgleich derart spannend und stimmungsvoll ist wie “Das Haus am Meer“. Dies ist jedoch abseits vom fantastischen Inhalt der Erzählung in der tollen Arbeit der Filmcrew begründet. Die zeitverschobenen Bilder fließen butterweich ineinander und erschaffen jederzeit ein stimmiges, homogenes Gesamtbild. Weiterhin begünstigt die bezaubernde musikalische Untermalung die wohlige Atmosphäre des Streifens und geht Hand in Hand mit der wachsenden Dramaturgie, die einen regelrecht an den Bildschirm fesselt.
Aber zu guter Letzt sind es die erstklassigen Schauspieler, denen wohl das größte Lob gebührt. Zwei namhafte Hollywood-Persönlichkeiten wie Reeves und Bullock an die Wand zu spielen, ohne vorab einen Vergleich gehabt zu haben, zeugt von großer Klasse und Eleganz. Doch was Lee Jung-Jae und Jun Ji-Hyun hier vor der Kamera leisten, ist im wahrsten Sinne des Wortes atemberaubend und wohl der größte Anteil der Faszination, die von “Das Haus am Meer“ ausgeht.
Indes hat es der Film keinesfalls auf ein bestimmtes Publikum abgesehen; die märchenhafte Erzählung sollte jeden begeistern, der phantastische Inhalte und Emotionen liebt, zumal sie hier zweifellos genial in die Handlung integriert wurden. Und davon mal abgesehen wird hier einmal mehr der Beweis geliefert, dass asiatische Produktionen den westlichen Streifen mittlerweile durchaus Paroli bieten können bzw. sie, wie in diesem Fall, sogar im direkten Vergleich auszustechen vermögen – und das war ja gerade bei diesem Film im Hinblick auf die starke Neuverfilmung wohl kaum zu erwarten! Daher wäre alles andere als eine ganz klare Empfehlung letztendlich auch ein großer, beleidigender Frevel!
DVD-Aufarbeitung
Die audiovisuelle Aufarbeitung des digitalen Silberlings unterstreicht den positiven Gesamteindruck der DVD. Die gestochen scharfen Bilder bringen die wunderschöne Meerlandschaft erst richtig ins Licht, wohingegen die Surround-Anlage bei den herrlichen Musikbeiträgen ihre Qualitäten unter Beweis stellen kann. Hier ist wirklich alles im Reinen! Lediglich die Extras muss man bei “Das Haus am Meer“ mit der Lupe suchen. Abgesehen von acht Trailern zu anderen Splendid-Releases wird leider nichts geboten.
Fazit
Dieser grandiose Film bedarf abschließend kaum mehr großer Worte. Meines Erachtens ist “Das Haus am Meer“ hinsichtlich Inhalt und Inszenierung das schönste Stück asiatischen Kinos, das bisher über den heimischen Bildschirm flimmerte. Derart bildgewaltig und berauschend wie diese koreanische Produktion sind wahrhaftig nur die Prunkstücke des Genres – und zu diesen zählt “Das Haus am Meer“ in der ewigen Bestenliste noch vor dem ebenfalls überragenden “Das Haus am See“. Die Tatsache, dass man den Streifen daher gesehen haben muss, versteht sich ergo ganz wie von selbst!
- Redakteur:
- Björn Backes