Wildgänse kommen, Die
- Regie:
- Andrew McLaglan
- Jahr:
- 1978
- Genre:
- Kriegsfilm
- Land:
- USA
- Originaltitel:
- The Wild Geese
1 Review(s)
28.09.2007 | 16:36Trifft heutzutage eine Riege von Superstars während des Filmdrehs aufeinander, ist es das Normalste der Welt. Hollywood lebt von seinen aufgeblähten Produktionen und Millionenprojekten, schließlich aber auch von den Namen, die sich fast noch besser als der eigentliche Inhalt vermarkten lassen. Drei Dekaden zuvor glich ein solches Szenario hingegen der völligen Utopie. Doch ausgerechnet ein Kriegsfilm schaffte es einst, einige der populärsten Darsteller der damaligen Zeit gemeinsam vor die Linse zu bringen und einen der noch heute bekanntesten, mitunter auch besten Genre-Beiträge überhaupt abzudrehen. Mit dem famosen Titel “Die Wildgänse kommen“ landete Regisseur Andrew McLaglen somit seinen größten Erfolg, und auch wenn die thematische Brisanz, die den Film seinerzeit umgab, mittlerweile weitestgehend überholt scheint, so hat der Streifen nichts von seiner Klasse eingebüßt. Via e-m-s wird “Die Wildgänse kommen“ dieser Tage als Special Edition neu aufgelegt und mit massig Bonus-Material bestückt. In einer Doppel-DVD-Edition gibt’s neben dem Hauptfilm ganze drei Stunde zusätzlicher Menüs – spätestens jetzt also Grund genug, sich mit dem Thema zu befassen!
Story
Nach seinem Ruhestand als Söldner hält sich Colonel Faulkner mit einzelnen Auftragsjobs über Wasser. Eines Tages kommt es dabei zum Aufeinandertreffen mit dem berüchtigten Bankier Edward Matherson, der Faulkner damit beauftragt, den afrikanischen Diplomaten Limbani aus der fremdländischen Gefangenschaft zu befreien und somit einen politischen Staatsstreich zu inszenieren. Nach Abwägung aller Vor- und Nachteile stimmt der Colonel zu, fordert jedoch, dass man ausschließlich seinen Bedingungen nachkommt.
So rekrutiert er nach und nach seine mittlerweile gealterte Söldnertruppe ’Die Wildgänse’, ein 50 Mann starkes Corps, das nach Faulkners Ansicht noch immer bestens für den Job geeignet ist. Auch seine ehemals engsten Freunde Shawn Fynn und Rafer Janders will er mit ins Bott nehmen, was sich jedoch angesichts ihrer aktuellen Umstände als schwierig erweist. Fynn wird nach einigen zweifelhaften Geschäften von der Londoner Mafia gejagt, und Janders ist des Kriegsdienstes endgültig müde und will sich ganz und gar seinem Sohn widmen. Doch Faulkner gelingt es, seine Männer zu überzeugen und in Windeseile für den Auftrag zu drillen.
Doch schon vor Beginn der Abreise gibt es Komplikationen. Die Mission wird gleich zweifach vorverlegt und soll genau am Heiligen Abend starten. Auf afrikanischem Boden angekommen läuft alles wie geplant. Der Auftrag wird erfolgreich erfüllt und Limbani ohne Verluste auf eigenen Seiten gerettet. Als sie dann aber von ihren Auftraggebern im Stich gelassen werden, bricht für ’Die Wildgänse’ die Hölle los. Von Limbanis Häschern gejagt werden sie durch den ganzen Staat getrieben. Stunde für Stunde schrumpft ihre Truppe – und ebenso ihre Chance aufs Überleben.
Persönlicher Eindruck
Wie bereits einleitend erwähnt, sind Produktionen mit einer ganzen Heerschar Superstars heutzutage fast schon ein gewisses Trademark einer Hollywood-Produktion. Insofern wird wohl zunächst einmal nicht jeder begreifen, was es einst hieß, solch sturköpfige Charaktere wie Richard Harris, Richard Burton und Roger Moore vor eine Kamera zu bringen – und dazu noch den Deutschen Hardy Krüger, der damals als einer der aufsteigenden Sterne am Kinohimmel galt. Wie die Reportage im Bonus-Abschnitt nachhaltig belegt, ging es dementsprechend auch damals nicht zimperlich zu, schließlich nahmen die Starallüren am Set schon an den ersten Tagen überhand. Dennoch: Der Supergau funktionierte und machte “Die Wildgänse kommen“ zu einem unsterblichen Klassiker der Kriegsfilm-Geschichte.
Dabei kann man inhaltlich gar nicht mal von einem klassischen Kriegsfilm sprechen; zwar wird auch hier knallhart gekämpft und gnadenlos Blut vergossen, allerdings orientiert sich der Regisseur an keinem geschichtlich belegten Echtzeit-Szenario der Weltgeschichte, noch führt McLaglen sein Publikum an einen tatsächlichen Kriegsschauplatz. Die Wildgänse werden stattdessen ausführlich für eine Befreiungsmission gedrillt, die auf einen privaten Auftrag hin durchgeführt werden soll. Colonel Faulkner alias Genre-Ikone Richard Burton wird von einem korrupten Bankier in die Pflicht genommen und lässt sich widerstrebend, aber des guten Geldes willen auf einen anrüchigen Deal ein. Vom Erfolg der Mission zunächst überzeugt führt er mit viel Überzeugungskraft seine alte Truppe wieder zusammen und startet, unterstützt von seinen engsten Vertrauten Fynn (Roger Moore) und Janders (Richard Harris), seinen persönlichen Feldzug, der ihm jedoch später immer mehr entgleitet. Zu sehr vertraut er seinem schon zu Beginn zweifelhaften Finanzier und endet in der afrikanischen Hölle, aus der es scheinbar keinen Ausweg mehr gibt.
Die Story schreitet indes nur langsam voran, worin einer der wenigen, aber wesentlichen Kritikpunkte besteht. Mehr als ein Drittel des Films ist den Vorbereitungen gewidmet, was zwar in Anbetracht des späteren Schicksals halbwegs verständlich scheint, den Film aber ein wenig von der eigentlichen Intention hinwegführt. Allerdings kommt hier der Humor der Beteiligten sehr gut zur Geltung und lockert den harten Inhalt bereits von dort an immer wieder auf. Besonders der Drill Inspector Sandy ist eine echte Wucht und hilft dem Zuschauer dabei, die recht lange Zeit vor der echten Action-Handlung kurzweilig zu überbrücken.
Was die späteren Handlungen im Kriegsgebiet betrifft, ändert sich das Setting dann vollständig. Mit brutalster Waffengewalt gehen sowohl die Söldner als auch die Guerilla-Kämpfer vor und machen besonders das Finale zu einem echten Gemetzel, das selbst für damalige Zeit ziemlich heftig inszeniert wurde. Die Freigabe ab 16 Jahren ist ob des vielen Bluts demnach auch völlig gerechtfertigt, sollte für einen Film dieser Spezies aber generell Standard sein. Für den Liebhaber dieses Genres wird in den abschließenden 70 Minuten jedoch allerhand geboten, wobei lediglich der radikale Schnitt dem Vergnügen immer wieder kurzzeitig einen Strick durch die Rechnung macht. Butterweiche Szenenwechsel sehen jedenfalls anders aus als in den rasanten Schwenks während der kriegerischen Auseinandersetzungen.
Ansonsten entwickelt sich “Die Wildgänse kommen“ auf Genre-spezifischem Terrain auf oberstem Niveau und untermauert eben gerade wegen der stark auftrumpfenden Hauptcharaktere, allen voran Burton und Harrir, die bis heute verweilende Ausnahmestellung des Films. Nur Roger Moore wirkt in seiner Rolle etwas deplatziert, was jedoch auch daran liegt, dass man versucht hat, seine Coolness als Agent 007 respektive Simon Templar auch auf seinen Part als Shawn Flynn zuzuschneiden – und ein Aufschneider und Frauenheld passt nun mal ganz und gar nicht in eine Befreiungsmission im Herzen Afrikas. Davon abgesehen sind die Schauspieler jedoch bestens aufgelegt und tragen allesamt einen großen Anteil zum Gelingen dieser fulminanten Produktion bei. Nach 130 Minuten voller rasanter Wendungen ist man sich schließlich gewiss, einen echten Kultstreifen gesehen zu haben – und dazu historische Momente beim Aufeinandertreffen der ganz großen Namen.
Aufarbeitung
Bei der Special Edition liegt natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Aufarbeitung der beiden Silberlinge, die im Übrigen ebenfalls sehr gelungen ist. Die Bildqualität ist für eine Produktion diesen Alters nahezu perfekt, wohingegen der Sound in der Stereo-Variante einige kleiner Rauscher enthält, die man aber gut verkraften kann. Viel wichtiger als dies ist jedoch das Zusatzmaterial, mit dem man hier wahrlich überschüttet wird. So gibt es eine ausführliche Dokumentation und Hommage namens ’The Last Of The Gentleman Producers’, die sich nicht nur mit dem Film auseinandersetzt, dazu die privaten Fehden, die während des Drehs ausgetragen wurden, in einem exklusiven Making Of, und zu guter Letzt das deutsche Making Of. Fanatiker und Fans werden indes mit der kompletten Super-8-Fassung belohnt und erhalten einen raren Radiobeitrag zum Film. Weitere Events für die Raritätenkiste sind schließlich die Dokumentation der Premiere zu einem wohltätigen Zweck und der Audio-Kommentar von Roger Moore und Produzent Euan Lloyd. Keine Frage, hier hat man keine Kosten und Mühen gescheut, um dem Publikum die Vollbedienung aus der Schatz- und Raritätenkiste zu bieten und dadurch bedingt auch jegliches wichtige Element näher zu analysieren. Genau so macht eine Special Edition auch Sinn und wird mit lobenden Worten angenommen.
Fazit
Ein Klassiker im neuen Gewand, das ist ein Prädikat, das bei Neuveröffentlichungen leider schon oft genug ins Gegenteil des erhofften, aufgewerteten Produkts umgeschlagen ist. Bei Andrew McLaglans legendärem Kriegsfilm “Die Wildgänse kommen“ hat sich die Restaurierung und Digitalisierung jedoch vollends gelohnt. Nie zuvor wurde das Material so gut in Szene gesetzt wie auf dieser DVD, und nie zuvor wurde dem Interessenten ein so tiefer Einblick hinter einen der wichtigsten Genrebeiträge aller Zeiten gewährt. Natürlich vermögen die härteren Gefechte in Zeiten, in denen regelrechte Kriegsmassaker wie in “Tränen der Sonne“ oder “Black Hawk Down“ aufgegriffen werden, heute nicht mehr zu schocken, aber seine Wirkung verfehlt dieser Streifen auch 30 Jahren danach nicht. Daher gibt’s zum Schluss auch das verdiente Prädikat ’unheimlich sehenswert’ für den Film und dazu ein großes Lob für die tolle 2-DVD-Box, die dem Klassiker einen mehr als würdigen Rahmen verschafft!
- Redakteur:
- Björn Backes