Shanghai Knights
- Regie:
- David Dobkin
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Abenteuer
- Land:
- USA / Großbritannien / Tschechische Republik
- Originaltitel:
- Shanghai Knights
1 Review(s)
14.09.2007 | 17:57Jackie Chan ist seit langem als Meister des überwiegend unblutigen Actionkinos bekannt. In den Achtzigern und Neunzigern produzierte er eine ganze Reihe an Filmen, die von slapstickartiger Action in spektakulären Kampfszenen geprägt waren: Klamaukig, rasant und voller atemberaubend Stunts prügelte er sich als Hauptdarsteller, Stuntkoordinator und vor allem als sein eigener Stuntman durch eine waghalsige Choreografie nach der anderen.
In "Shanghai Knights", der Fortsetzung von "Shang-High Noon" ,findet sich nun ein Genremix aus traditioneller Kung-Fu-Komödie, Abenteuerfilm und Buddy-Komödie: Der chinesische Auswanderer Chon Wang (gespielt von Jackie Chan) hat es im wilden Westen bis zum Sheriff gebracht. Sein ehemaliger Weggefährte Roy O'Bannon (gespielt von Owen Wilson), ein selbsterklärter Westernheld (der unter Pseudonym seine "eigenen Abenteuer" in wild ausgeschmückter Form als Groschenhefte veröffentlicht), Weiberheld, Tunichtgut, Lebemann und -künstler, hat es nicht ganz so weit gebracht: Er verdient sich seinen Lebensunterhalt in erster Linie als Kellner und Gigolo in der Ostküstenmetropole New York City.
Als Chons ihm entfremdeter Vater, ein Siegelhüter des chinesischen Kaisers, in China ermordet und das kaiserliche Siegel vom korrupten britischen Lord Rathbone gestohlen wird, der Ambitionen auf den britischen Thron hat, will Chon Rache nehmen. Freilich weiß er zunächst nicht, wer und was hinter dem Mord an seinem Vater steckt, aber er wird es herausfinden, und Roy soll ihm dabei helfen. Diesem wird es aufgrund einer pikanten Geschichte mit den beiden Töchtern des New Yorker Bürgermeisters ohnehin zu heiß im großen Apfel, und so stürzt er sich bereitwillig ins nächste Abenteuer.
Eine erste Spur führt die beiden nach Britannien, wo Chons Schwester Lin wegen eines Attentatversuchs auf den Mörder ihres Vaters im Knast sitzt. Zwar können die beiden Yankees das Vertrauen des Scotland Yard Inspektors Artie gewinnen, doch dessen Hände sind aufgrund seines Amtes und der einflussreichen Stellung Lord Rathbones gebunden.
Die überragende Kämpferin Lin entkommt dennoch, und auf der nun folgenden wirren Jagd nach dem Siegel und dem korrupten Lord, welcher als zehnter in der Reihe der Thronfolge bei einer von ihm zu Ehren des 50. Jubiläums der Inthronisation Königin Victorias gegebenen Feier deren Ermordung sowie die sämtlicher konkurrierender Thronerben geplant hat, hat Schwester Lin mehrmals Gelegenheit, als dea ex machina das Chaotenduo Chon und Roy aus allerlei brenzligen Situationen herauszuhauen - und vice versa.
Obendrein gibt es die obligatorische Liebe mit Hindernissen zwischen Lin und Roy sowie die mindestens ebenso obligatorischen Frozzeleien zwischen Roy und Chon. Und zu allem Überfluss ist auch noch der clever-smarte Londoner Straßenjunge und Waisenknabe (allerdings nicht im sprichwörtlichen Sinne) Charlie hinter dem mit einem fetten Klunker versehenen kaiserlichen Siegel her - sowie der auf der anderen Seite der in diesem Film recht eindeutig verlaufenden Linie zwischen Gut und Böse und am anderen Extrem der sozialen Hierarchie angesiedelte illegitime Bruder des chinesischen Kaisers.
Dieser illegitime Bruder, Wu Chao, soll mit seinen Schergen, im Gegenzug für die Übergabe des Siegels durch Lord Rathbone an ihn, den Mord am britischen Hochadel durchführen. Vom Siegel erhofft Wu Chao sich die symbolische Macht, die er benötigt, um für einen Putsch gegen seinen Bruder genügend chinesische Honoratioren und deren militärische Macht hinter sich zu vereinen.
Was wie ein völlig abstruser Plot klingt, ist von den Filmmachern auch durchaus als solcher gedacht und im fertigen Produkt auch ebenso abstrus und konfus umgesetzt worden. Die Handlung bringt allerlei Wendungen mit sich, schlägt mehrere Haken, und verläuft rasant genug, um durch ständiges Auf- und wieder Abtauchen der Hauptfiguren und zahlreiche Kabbeleien und Verwicklungen der Helden in brenzlige Situationen für halbwegs konstante Unterhaltung zu sorgen.
Dennoch ist der Film längst nicht so spritzig geraten, wie er hätte sein können. Das liegt zu einem großen Teil am Timing, das die meisten Gags effektarm verpuffen lässt, aber auch am zwar nicht immer vorhersehbaren, aber konzeptuell doch recht ausgelutschten Handlungsverlauf. Der Film nimmt sich zwar nicht wirklich Ernst, schlägt allerdings auch keine nennenswerten Funken der Selbstironie. Dafür werden einige Klischees leicht augenzwinkernd durch den Kakao und über die Filmrolle gezogen - doch das hat man als halbwegs erfahrener Kinogänger & Fernsehzuschauer im Abenteuer- und Actionklamottengenre alles mehr oder weniger so ähnlich schon einmal gesehen.
Die Anspielungen auf historische, (pop)kulturelle, touristische und fiktionale Eigen- und Berühmtheiten Britanniens sind auch eher oberflächlicher und wenig pointierter Art, sodass man zwar über das Wiedererkennen hin und wieder kurz schmunzeln kann, aber sie eher am Rande zur Kenntnis und eben so hinnimmt, wie sie sich gerade präsentieren. Wirklich witzig ist das nicht, allenfalls nett. Zudem gibt es im diesen, das viktorianische England aufs Korn nehmenden Film so einige geschichtliche und faktische Unstimmigkeiten, was bei einer Actionkomödie dieses Niveaus allerdings kaum zu verwundern braucht.
Was die Actionszenen anbelangt, so sind diese durchaus familientauglich, rasant und unterhaltsam, allerdings längst nicht so spannend, spektakulär oder gar atemberaubend wie in manch älterem Jackie Chan - Vehikel. Der Mann ist freilich nicht mehr der jüngste, und da es bei ihm traditionell Ehrensache ist, sämtliche seine Rollen involvierenden Stunts selbst zu vollführen, und da er nahezu alles, was auch nur denkbar ist, inzwischen schon ausprobiert hat, ist das in Anbetracht des enormen Knochenbruchrisikos durchaus verständlich.
Natürlich gibt es auch hier wieder einige artistische Leistungen zu sehen, die auszuführen weitaus schwieriger sein dürfte, als es aussieht, und die nichtsdestotrotz als auch schon verdammt schwierig zu bewältigen aussehen. Dennoch hätte ich mir stellenweise etwas mehr Einfallsreichtum und Abwechslung gewünscht. Wirklich herausragend - jedenfalls gemessen an Chans bisherigen Kapriolen - ist eigentlich nur die (freilich wirklich charmante) Choreografie kurz nach der Ankunft der beiden Amis in London, in der sich Chon mittels Regenschirmen gegen eine Übermacht an Straßenräubern verteidigt: Hier bekommen wir eine ebenso ausgewogene wie perfekt inszeniertee Mischung aus Martial Arts, Slapstick und Reminiszenz an alte Hollywoodtanzfilme präsentiert - noch dazu in einer Kamera- und Schnitttechnik, die an den Prügelspaß klassischer Arcadegames erinnert; wunderbar leichtfüßig, stilvoll, und spritzig umgesetzt.
Der Rest des Films bietet zwar ebenso leichte Unterhaltung, kann in den vertretenen Genres allerdings nur noch einige Nuancen neu setzen, ihnen jedoch keine genuin neuen Facetten mehr abgewinnen. Zudem wirken die Wechsel zwischen den einzelnen, wild aneinander gereihten Einstellungen irgendwie beliebig, worüber auch die scheibenwischerartigen Blenden im Stil der späten Sechziger / frühen Siebziger nicht wirklich hinwegtäuschen können. Ansonsten ist der Film jedoch handwerklich solide inszeniert und gewinnt durch die etwas frecheren Charaktere (Charlie und Roy) und die kleinen Plänkeleien zwischen den Protagonisten (Chon & Roy) doch noch einen gewissen Charme.
Vor allem Owen Wilson (als besagter Roy) kann hier punkten, wenn auch nicht ganz an seine durchgeknallte und ähnlich profilneurotisch angelegte Paraderolle in "The Royal Tenenbaums" anknüpfen. Dort hätten sich die Macher von "Shanghai Knights" übrigens noch so einiges in Sachen 'pacing', ruhigere aber auch humorige Zwischentöne, sowie konturierterer Charakterzeichnung abschauen können. Letztlich kommt "Shanghai Knights" bei aller Albernheit und Actionerfülltheit nämlich doch etwas zahm rüber. Insofern passt Aidan Gillen als schön blasierter, allerdings auch etwas blass bleibender Lord Rathbone dann wieder ausgezeichnet in den insgesamt eher durchschnittlichen Film.
Wer es nicht gerade anspruchsvoll braucht, dafür aber auf klamaukige Action mit harmlos frechen Sprüchen in leicht übersättigten Farben vor bunten Kulissen steht, dürfte sich hier dennoch ausreichend unterhalten fühlen.
- Redakteur:
- Eike Schmitz