Lady Vengeance (Special Edition)
- Regie:
- Park Chan-wook
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Chinjeolhan geumjassi
2 Review(s)
29.11.2007 | 22:00Bis zu seinem konfliktbeladenen Actionthriller "Joint Security Area" (2000) galt der südkoreanische Regisseur Park Chan-Wook für die amerikanische und europäische Filmgemeinschaft als absoluter Geheimtipp. Mit seinem preisgekrönten und vom Publikum begeistert aufgenommenen Rache-Thriller "Oldboy" stieg Chan-Wook nicht nur in die erste Liga wegweisender Filmemacher auf, er zog die Aufmerksamkeit der Szene auf sich und traf mit dem letzten Teil seiner Rache-Trilogie, die mit "Sympathy for Mr. Vengeance" ihren Anfang nimmt, voll ins Schwarze. Ohne Rücksicht auf Verluste schildert Park Chan-Wook in "Lady Vengeance" ein weiteres von Rache erfülltes Schicksal. Ein Schicksal, das diesmal das Leben einer jungen Frau bestimmt. Zwar ist "Lady Vengeance" in seiner Ausführung nicht ganz so brutal wie sein Vorgänger, für zarte Gemüter ist er trotzdem nur bedingt empfehlenswert.
Wer meinen könnte, das Thema Rache sei nach "Sympathy for Mr. Vengeance" und "Oldboy" kaum noch ausbaufähig, hat garantiert noch keinen Blick auf Park Chan-Wooks grandioses und poetisches Finale "Lady Vengeance" gewagt. Wie auch seine Vorgänger steht ein verzweifelter und schicksalsgeprägter Charakter im Mittelpunkt der Geschichte. Diesmal muss sich jedoch nicht ein Mann, sondern eine Frau, eine junge noch dazu, den brutalen Begebenheiten ihres Lebens stellen. Es handelt sich um die mit 18 Jahren ungewollt schwangere Lee Geum-ja, die ein Jahr später für ganze 13 Jahre ins Gefängnis gehen muss. Ihr wird zu Last getragen, einen fünf jährigen Jungen gewalttätig ermordet zu haben. So nimmt der Hauptcharakter zum ersten Mal in Chan-Wooks Rache-Trilogie nicht die Opfer Rolle ein, sondern muss sich vorerst dem Publikum als Täter präsentieren. Dass die Geschichte um Lee Geum-ja weitaus verstrickter und ausbaufähiger ist, schwebt unmittelbar in den Köpfen des Zuschauers. Der raffinierten Erzähltechnik Chan-Wooks, die zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit einer unglaublichen Leichtigkeit hin und her springt, ist es zu verdanken, die Geschehnisse stets aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
Park Chan-Wook bleibt auch bei "Lady Vengeance" seinem Motto treu und photographiert obszöne Brutalitäten in konsequent harten und direkten Bildern. Ob Kopfschüsse, spritzendes Blut oder sonstiges Gräuel, alles ist ohne Zensur zu sehen, ästhetisiert es die Gewalt nicht, sondern zeigt es jede einzelne Empfindung von Schmerz. Park Chan-Wook zum Thema Gewaltverherrlichung: “In einem Actionstreifen Marke Hollywood sterben Hunderte oder Tausende von Menschen ohne dass die Kamera nah an ein Gesicht rangeht, um Schmerz und Tod einer Person zu zeigen. Das liegt auch an der Wahl der Waffen. Hollywood setzt Maschinengewehre und Raketen ein, die asiatische Tradition dagegen bevorzugt Fäuste und Messer. Dabei kann der Killer nicht auf Distanz zum Opfer bleiben, und das Gleiche gilt für die Kamera. Erst dadurch ist es möglich, Schmerz zu schildern - und die ganzen Widersprüche der Gewalt, denn nicht jeder ist imstande, den anderen mit einem Messer zu durchbohren. Und genau das ist meine Ästhetik: Ich analysiere jeden einzelne Empfindung von Schmerz. Aber absurderweise gelten meine Filme deshalb als grausam.”
Was Chan-Wooks künstlerisches und inszenatorisches Können die Krone aufsetzt, sind die visuellen Spielereien, die nicht nur unglaublich perfekt und gut getimed wirken, sondern auch eine metaphorische Funktion besitzen. So nimmt die Farbgebung gen Ende unnatürliche Kontraste ein, Farben verschwinden und werden letztendlich gegen ein vorherrschendes Schwarz-Weiß ersetzt. Somit drückt die Visualisierung der Atmosphäre nicht nur ihren Stempel auf, sie zieht den Zuschauer auch Minute für Minute stärker in seinen Bann. Die klassischen Orchesterstücke, die auch in ähnlichem Klang in "Oldboy" vertreten sind, ziehen dem Zuschauer endgültig den Boden unter den Füßen weg.
Lee Yeong-ae, die zum ersten Mal in Park Chan- Wooks "Joint Security Area" in Erscheinung trat, liefert eine sehr emotionale, sehr glaubwürdige Charakterdarstellung ab. Dank des mimenlosen Spiels in Combo mit Yeong-aes wunderschönen Äußeren ist man sich als Zuschauer unschlüssig, wie viel Vertrauen man in die unscheinbare Lee Geum-ja setzen soll. Ein ambivalenter, undurchschaubarer Charakter, der nicht nur seine Mitmenschen mit dem Engelsgleichen Blick zu manipulieren versucht, um ihren lang erdachten Plan in die Tat umzusetzen. Lee Yeong-ae trägt den Film auf Händen.
Fazit:
Park Chan-Wooks Rache-Trilogie hätte mit "Lady Vengeance" keinen würdigeren Abschluss finden können. Ein emotionales Meisterwerk, das mit all seinen visuellen Spielereien und der tief gezeichneten Protagonistin von Anfang zu überzeugen weiß, Chan-Wooks unverkennbare Handschrift trägt und auch sonst einer der besten Filme dieses Jahrzehnts darstellt. Punkt.
- Redakteur:
- A. C.
Hintergrund
Der Name Park Chan-wook dürfte nicht nur asiaphilen Cineasten ein Begriff sein. Blieb sein erster Hit in Korea, "Joint Security Area", in westlichen Breitengraden ein Geheimtipp, machten ihn seine folgenden drei Filme zu einem preisgekrönten Kultregisseur.
Chan-wook genießt diesen Ruhm in erster Linie durch seine Manga-Adaption "Oldboy". 2004 unter Vorsitz Quentin Tarantinos mit dem 'Großen Jurypreis' in Cannes ausgezeichnet, schlug "Oldboy" ein wie eine Bombe. Der optisch brillante, grandios erzählte und perfekt gespielte Film thematisiert die Rache eines Mannes, der 15 Jahre eingesperrt war. Ihm werden fünf Tage gegeben, um die Umstände seiner Gefangenschaft zu klären.
"Oldboy" wird von vielen als Kernstück Park Chan-wooks sog. 'Rache-Trilogie' angesehen. Ihm ging jedoch ein überaus eindringlicher Rachefilm voraus: der 2002-er "Sympathy for Mr. Vengeance". Dieser vielschichtige Rachefilm thematisiert den zentralen Rachegedanken auf eine völlig andere Weise und schlägt auch kinematografisch eine komplett andere Richtung ein. Wo "Oldboy" durch seine künstlerischen Bilder und einen atmosphärischen Score zu faszinieren weiß, offenbart "Sympathy for Mr. Vengeance" ein ungeschöntes, förmlich nacktes Racheerlebnis. Kühle, regelrecht scharfe Bilder illustrieren den Rachefeldzug zweier Männer, die alles verloren haben.
Der hier vorliegende, die Rache-Trilogie abschließende Teil "Sympathy for Lady Vengeance", oder auch kurz "Lady Vengeance", rückt erstmals die intelligente Rache einer Frau in den Mittelpunkt.
Handlung
Dreizehn Jahre saß Lee Geum-ja im Gefängnis. Sie soll im zarten Alter von 19 Jahren einen erst fünfjährigen Jungen entführt und anschließend kaltblütig ermordet haben. Von den Medien und ganz Korea verachtet, tritt sie wortlos ihre Haftstrafe an. Im Gefängnis gibt sich die junge Geum-ja als hilfsbereiter Mensch, von ihren Mitinsassinnen wird sie nur der 'gutherzige Engel' genannt. Wie konnte solch ein liebenswürdiger Mensch nur so eine grausame Tat vollbringen?
Die Antwort auf diese Frage findet sich nach ihrer Entlassung. Der gutherzige Engel wird zu einem gnadenlosen und intriganten Racheengel, der nur eins will: denjenigen finden, dem sie die 13-jährige Haft zu verdanken hat. Doch wer, oder was ist Geum-ja wirklich? Ein Racheengel der Gewalt, oder ein gutherziger Mensch auf Vergeltungssuche?
Kritik
Poesie und Gewalt; oder: eine Frau will Rache!
Rachefilme gibt es wie Sand am Meer. Ganz gleich ob Western, Comic, westlich oder asiatisch - meist sucht ein Mann Vergeltung; bleihaltige Argumente helfen ihm bei dieser Suche. Park Chan-wooks Rache-Trilogie geht da andere Wege. Sowohl "Sympathy for Mr. Vengeance", als auch "Oldboy" rückten die Rache verschiedener Männer in den Mittelpunkt, zeigten diese aber wesentlich kreativer und ausgefeilter. Das simple 'Raum betreten, alle erschießen und anschließend Fragen stellen'-Muster griff hier zu keiner Zeit. Kluge Geschichten verdrängten den Großteil der Kanonenkugeln. Dies ändert sich auch bei "Lady Vengeance" nicht. Anders als in den Vorgängern, spielt hier jedoch eine Frau die Rolle des Racheengels.
Bei diesen Schlagworten dürften die meisten direkt an Uma Thurman in Quentin Tarantinos "Kill Bill" denken und einen Film erwarten, der eine Heroe, eine wilde Amazone mit markigen Sprüchen ins Zentrum stellt. Dem ist aber nicht so! Park Chan-wooks Racheengel vereint die Tugenden der ersten beiden Trilogie-Teile und kombiniert sie mit den Waffen einer Frau. Heraus kommt die bildhübsche, aber todbringende Geum-ja, die ihren Racheplan so klug durchführt, wie sie schön ist.
"Lady Vengeances" Unterschied im Vergleich zu den anderen Teilen der Rache-Trilogie erstreckt sich aber nicht nur auf das (für solch einen Film) außergewöhnliche Geschlecht des Protagonisten. "Lady Vengeance" unterscheidet sich in gleichem Maße von den ihr vorangegangenen Teilen, wie sich "Sympathy for Mr. Vengeance" von "Oldboy" unterscheidet. War "Oldboy" bizarr, verworren und unwirklich, gleichzeitig aber auch wunderbar bebildert, zeigte sich "Sympathy for Mr. Vengeance" eher kühl und rau, in gewisser Weise auch sperrig und minimalistisch. "Lady Vengeance" zeigt eine weitere Seite der Medaille, die dem weichen Geschlecht mehr als gerecht wird.
Stilistisch geht "Lady Vengeance" eher in Richtung "Oldboy" denn "Sympathy for Mr. Vengeance", weitet dabei jedoch die optische Brillanz noch ein gutes Stück aus und vermengt das Ganze mit einer cleveren, wendungsreichen und intriganten Geschichte.
Der Film beginnt an Geum-jas Entlassungstag und stellt den Zuschauer dabei schon vor mehrere Rätsel. Es bedarf vieler Rückblenden, um die Hintergründe der Charaktere sauber zu beleuchten. Aus dieser Ungewissheit ergibt sich dann auch das Interesse am Rachefeldzug der Protagonistin. Während in "Oldboy“ schon früh feststand, wer der Antagonist ist, und das Wie die zentrale Rolle spielte, stellen sich bei Geum-jas Rache ganz andere Fragen. Etappenweise werden dem Zuschauer ihre Pläne näher gebracht, zwischendrin widmet sich der Film ihrer Vergangenheit. Man fragt sich schnell, wie solch ein herzensguter Mensch nur so eine grausame Tat vollbringen kann. Doch hinter dieser Gutherzigkeit steckt weit mehr, als man es dem hübschen Äußeren der Protagonistin anzusehen vermag.
Die Klimax folgt im Vergleich zu den anderen Filmen auch wesentlich früher, was sich jedoch nicht negativ auf das Filmerlebnis niederschlägt. Vielmehr rückt die frühe Genugtuung aller Rachegedanken den zentralen Aspekt des Films im letzten Drittel verstärkt in den Vordergrund.
Wo "Sympathy for Mr. Vengeance" Rache aus Verfehlungen beschreibt und "Oldboy" mit einer Art doppelter Rache spielt, zeigt "Lady Vengeance" den inbrünstigen Racheplan einer Frau, der sich im Verlaufe der Zeit mehr und mehr in sich selbst verliert und abebbt, um am Ende bloß eine innere Leere aufzuzeigen. Diesen Umstand wollte Regisseur Park Chan-wook in seiner ursprünglich geplanten Filmfassung auch darstellen, musste den Plan jedoch auf Grund von Zeitmangel verwerfen. Chan-wook wollte dem Filmmaterial nach der ersten Filmhälfte nach und nach die Farbe nehmen, wodurch der Film am Ende komplett in Schwarzweiß erstrahlen würde. Das Ausblassen der Farbe sollte hierbei den Verlust der Rachegefühle illustrieren. Dieser 'Director's Cut' ist aber in der ebenfalls von e-m-s veröffentlichten '3 DVD Deluxe Edition' zu sehen.
Dieser interessante Ansatz einer Rachegeschichte stellt etwas völlig Neues dar und bildet einen gekonnten (und gewollten) Bruch zu den Vorgängern. "Lady Vengeance“ besticht jedoch nicht nur durch seine famose Geschichte; es ist vielmehr die geniale Inszenierung, die außergewöhnliche und bildschöne Kinematografie, die schiere bildliche Perfektion auf den Schirm zaubert. Jede Aufnahme gleicht einem Gemälde, jede Einstellung brilliert durch ihre Ausgefeiltheit. Von der traumhaften Introsequenz zur letzten Aufnahme präsentiert Park Chan-wook optische Perfektion in Reinform.
Diese Perfektion erstreckt sich aber nicht nur über die Optik. Auch die Akustik bietet Herausragendes! Der Score besteht zu großen Teilen aus Kompositionen Antonio Vivaldis und ergänzt die Bilder in einer nie zuvor gesehenen Art und Weise. Das entstehende audiovisuelle Konstrukt ist wohl das Beste, was je auf Celluloid gebannt wurde!
Im Kontext der viel genannten Trilogie stellt "Lady Vengeance" somit nicht nur aufgrund des Geschlechts der Protagonistin den weiblichen Teil dar. Mit seiner raffinierten, intriganten und cleveren Geschichte, der Anmut und der Schönheit der Bilder und dem grandiosen orchestralen Score ist "Lady Vengeance" das schöne Geschlecht des Rachefilms!
Die DVD
Das Bild (2,35:1) ist wirklich gut und übertrifft sogar das Original der koreanischen DVD! E-m-s hat sehr viel mit Schärfefiltern gearbeitet, die zu Teilen Doppelkonturen verursachen. Im direkten Vergleich mit der koreanischen RC3 überwiegt jedoch das Plus der gestiegenen Schärfe gegenüber dem Malus der Doppelkonturen. Die Farben sind überaus satt, der Kontrast knackig und der Schwarzwert tadellos. Das dezente Hintergrundrauschen ist nicht weiter störend, Artefakte oder ähnliche Bilddefekte sind nicht zu vernehmen. Alles in allem wird das Bild der optischen Wucht des Films mehr als gerecht.
Der Ton zeigt sich da ähnlich. Drei Spuren stehen zur Auswahl, je eine DD-5.1-Spur in deutscher und koreanischer Sprache und ein DTS-Track der erstgenannten. Diese DTS-Spur bietet jedoch kaum Vorteile gegenüber den Dolby-Pendants. Allgemein darf man von "Lady Vengeance" kein tonales Feuerwerk erwarten. Der Film ist eher dialoglastig, weshalb die Dialogverständlichkeit oberste Priorität hat; zum Glück ist diese zu jeder Zeit gegeben. Die Rears werden in erster Linie von dezenten Hintergrundgeräuschen angesteuert, des Öfteren breitet sich der grandiose Score über alle Lautsprecher aus. Genau in diesen Momenten läuft das tonale Geschehen zur Höchstform auf, was Besitzer mit potenter Hardware erfreuen dürfte.
Es sollte noch angemerkt werden, dass e-m-s hier eine wirklich sehr gute deutsche Synchronisation vorgelegt hat, die zur Referenz der Asia-Synchros gehören dürfte!
Die Extras können da nicht ganz mithalten. Das elf-minütige Making-of liefert kommentierte Behind-the-Scenes, ohne allzu sehr auf die Intentionen des Regisseurs einzugehen. Es folgen knapp 30 Minuten an Interviews mit den vier Hauptakteuren. Die gelieferten Hintergründe sind sehr interessant und stellen das Highlight der Bonus DVD dar. Aber auch die knapp 40 Minuten an Features zum Stil des Films sind sehr interessant. Hier wird der tollen Optik des Films Tribut gezollt. Die alternativen Szenen samt Audiokommentar sind ein nettes Extra, wenn sie auch nicht allzu viel Neues liefern. Weiterhin gibt es noch Promo-Material von der Pressekonferenz zu den Filmfestspielen in Venedig, TV Spots, den Originaltrailer, Bildergalerien und Texttafeln. Die Extras sind alles andere als schlecht, mehr Substanz wäre aber dennoch wünschenswert gewesen. Die ebenfalls von e-m-s erhältliche 'Limited Deluxe Edition' bietet keine weiteren Extras, beinhaltet jedoch die vom Regisseur ursprünglich intendierte 'fade to black and white'-Fassung und kommt zudem in einem schönen Digi daher.
Fazit
Besser hätte Park Chan-wook seine Rache-Trilogie nicht abschließen können. Tolle Story, super Darsteller, eine mehr als überzeugende 'Lady Vengeance' und eine perfekte Kinematografie machen "Lady Vengeance" zu einem absoluten Muss! Hielten viele eine Steigerung von "Oldboy" für unmöglich, liefert dieser Film eindrucksvoll den Beweis, dass Park Chan-wook seine Meisterwerke noch toppen kann.
Ein filmisches Gemälde aus Anmut und Poesie, Rache und Gewalt.
- Redakteur:
- Martin Przegendza