Untold Scandal
- Regie:
- Je-yong Lee
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Drama
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Scandal - Joseon Namnyeo Sangyeoljisa
1 Review(s)
25.05.2007 | 13:37Hintergrund
Choderlos de Laclos Roman „Les Liaisons Dangereuses“ („Gefährliche Liebschaften“) wurde 1999 auf Platz eins der wesentlichen Werke der französischen Literatur gewählt. Das 1782 veröffentlichte Buch besteht nur aus Briefen, die sich die Charaktere untereinander geschrieben haben. Im Kern geht es um eine Wette zwischen der Marquise Isabelle Merteuil und dem Vicomte Sébastien de Valmont. De Valmont soll die Braut von Merteuils früherem Geliebten noch vor der Hochzeitsnacht verführen. Als Belohnung lockt dem Vicomte eine Liebesnacht mit der Marquise.
Dieser Stoff wurde schon vielfach und in verschiedenen Formaten verfilmt. Die bekanntesten Versionen dürften Stephen Frears 1988-er Interpretation "Gefährliche Liebschaften" ("Dangerous Liaisons" mit John Malkovich, Glenn Close und Michelle Pfeiffer) und Roger Kubles 1999-er Pop-Version "Eiskalte Engel" (u.a. Sarah Michelle Gellar, Ryan Phillippe und Reese Witherspoon) sein. "Untold Scandal" erzählt die Geschichte auf ein Neues, verlagert sie dabei jedoch in das feudale Korea des 18. Jahrhunderts.
Handlung
Jo-won (Yong-jun Bae, koreanischer Soap-Star) ist der perfekte Verführer. Keine Frau kann seinem Charme widerstehen.Auf Grund dessen lässt er sich auf eine frivole Wette mit seiner Cousine Lady Cho ein. Er soll die zukünftige Konkubine ihres Gatten verführen und entjungfern. Als Belohnung steht eine Nacht mit ihr in Aussicht. Doch schon bald gerät eine andere ins Zentrum seiner Begierde, die junge Lady Sook (So-yeon Lee). Seit dem Tod ihres Gatten lebt die tugendhafte Katholikin enthaltsam. Ein gefundenes Fressen für den Playboy Jon-won ...
Kritik
Spätestens seit "Eiskalte Engel" ist die hier zu Grunde liegende Geschichte jedem Menschen mit TV und Kabelanschluss bekannt. Cineasten dürften auch die vorlagengetreue Adaption "Gefährliche Liebschaften" kennen, in der John Malkovich groß aufspielt. Während "Eiskalte Engel" die Vorlage in das New York der Neuzeit transportiert, spielt "Gefährliche Liebschaften" im 18. Jahrhundert. "Untold Scandal" geht einen ähnlich traditionellen Weg wie "Gefährliche Liebschaften", verlagert die Geschichte dabei jedoch in das feudale Korea der Chosun Dynastie.
Dass man hier keine handlungstechnischen Revolutionen erwarten kann, dürfte klar sein. Alles läuft so, wie man es bereits in den zahlreichen anderen Versionen gesehen hat. Der Reiz liegt woanders. Durch das ungewohnte Setting ergeben sich neue Situationen und Barrieren, die auf der koreanischen Adelsgesellschaft des 18. Jahrhunderts basieren. Alles ist einen Tick steifer als in Europa, gerade in Bezug auf die Kommunikation zwischen den Geschlechtern. Umso mehr drängt sich der Playboy Jo-won in den Mittelpunkt. Sein Handeln sticht noch mehr heraus, als das des klassischen Vicomte Sébastien de Valmont. Sein untugendhaftes und unmoralisches Verhalten, das sich nicht im Geringsten an die strengen Konventionen der damaligen Zeit hält, ist gleichsam faszinierend und schockierend. Seine fast schon spielerische Leichtigkeit der Verführung fasziniert, die daraus resultierende Akzeptanz in der Adelskaste schockiert. Den Gipfel bildet jedoch die zügellose Verführung der jungen Katholikin, die seit dem Tod ihres Gatten in Enthaltsamkeit lebt. Ohne Aussicht auf Erfolg entwickelt sich ein Schlagabtausch, der letzten Endes unweigerlich zum Ausgang der Geschichte führt.
Bis dahin fasziniert "Untold Scandal" mit viel Erotik. Die spitzzüngigen Dialoge strotzen vor Doppeldeutigkeiten, bei den Annäherungen knistert die Luft und die (für eine koreanische Produktion sehr grafischen) anmutigen Sexszenen wirken wie gemalt. Das muntere Treiben wird ruhig und elegant dargestellt, ohne dabei in eine ungewollte, plakative Richtung abzudriften. Das liegt vor allem daran, dass das Wenigste dargestellt wird. Viele prickelnde Momente werden lediglich angedeutet und der Fantasie des Zuschauers überlassen.
Doch nicht nur die erotischen Darstellungen wissen zu gefallen. Generell zieht sich eine ausgezeichnete Kinematographie durch den Film, deren starke Bildsprache im Vergleich zu den westlichen Adaptionen einen starken Akzent setzt. Daraus resultiert eine bildliche Anmut, die das teils wilde Treiben relativiert und in den geschichtlichen Kontext rückt. Außerdem wissen die historisch akkurat nachgebildeten Roben und Kleider der Protagonisten zu gefallen. Ähnlich schöne Kostüme gab es seit Kitanos "Dolls" nicht mehr zu sehen!
Die Darsteller sind durch die Bank klasse, der Score ist zu jeder Zeit passend und die Visualisierung wie angesprochen wunderschön. Wo bleibt da noch Platz für ein paar negative Worte? Wenn man etwas negativ herausstellen will, dann lässt sich wohl lediglich das Pacing ansprechen. Der Film ist sehr langsam und ruhig inszeniert, was zur Mitte hin zu einigen lang gezogenen Passagen führt. Zehn Minuten Straffung wären sicherlich nicht verkehrt gewesen, wobei man so die Bildflut länger genießen kann. Hollywoodaffine Zuschauer dürften ferner ein Problem mit den Darstellern respektive ihrem Spiel haben.
Die DVD
Das Bild (1,85:1) ist leider suboptimal. Die Farben sind zu Teilen arg blass, die Schärfe ist sowohl im Detail-, als auch im Hintergrundbereich nicht besonders gut. Ferner ist das Bild recht unruhig. Rauschen und leichte Nachzieheffekte sind auszumachen. Insgesamt recht schade, da der Film von seinen tollen Bildern lebt.
Der Ton (Deutsch, Koreanisch DD5.1) ist genretypisch ruhiger ausgefallen. Da es sich hier um einen dialoglastigen Film handelt, verlagert sich das Geschehen auf die Front. Ab und an verirren sich ein paar Hintergrundgeräusche auf die hinteren Kanäle. Der Subwoofer bleibt während des Films praktisch still.
Die Extras glänzen leider durch Abwesenheit. Außer dem Originaltrailer befindet sich nichts auf der DVD. Dafür liefert e-m-s den Film in einem schönen und stabilen weißen Schuber, samt zweiseitigem Booklet mit einigen Hintergrundinformationen.
Fazit
„Asiens Antwort auf "Gefährliche Liebschaften" und "Eiskalte Engel"“, prangt auf der Hülle. Was normalerweise hoch gegriffen ist, trifft hier vollkommen zu. "Untold Scandal" verlagert die bekannte Geschichte um die Marquise Isabelle Merteuil und dem Vicomte Sébastien de Valmont gekonnt ins Korea des 18. Jahrhunderts und überrascht mit einer grandiosen Visualisierung. Der Film bleibt aber nicht nur in dieser Beziehung sehenswert. Die Erotik schwimmt in fast jeder Einstellung mit, über die gesamte Spieldauer knistert es. Zudem kommt auch der aus der Vorlage bekannte Zynismus nicht zu kurz. Wer die genannten Filme gesehen und gemocht hat, sollte sich unbedingt diese asiatische Version von Les Liaisons Dangereuses anschauen. Dieser Film könnte für einige der Einstieg in das asiatische Kino sein!
- Redakteur:
- Martin Przegendza