Hwal - Der Bogen
- Regie:
- Kim Ki-duk
- Jahr:
- 2005
- Genre:
- Drama
- Land:
- Südkorea
- Originaltitel:
- Hwal
1 Review(s)
22.04.2007 | 14:58Hintergrund
Kim Ki-duk ist wohl der umstrittenste Filmemacher Koreas. Im Kontrast zum koreanischen Ideal hat Ki-duk keine abgeschlossene Ausbildung. Er brach die Schule ab und ging nach Frankreich, um sich dort als Straßenkünstler zu versuchen. Über diesen eigenen, künstlerischen Weg fand er seinen Zugang zum Filmgeschäft. Während seine philosophischen, förmlich metaphysischen Independentfilme im Ausland mit Preisen geehrt werden (u.a. einen Silbernen Bären der Berlinale 2004 für "Samaria"), kommen sie in seiner Heimat nicht richtig an. Im Gegensatz zu seinen berühmten Kollegen Park Chan-wook ("Oldboy", "Sympathy For Lady Vengeance") und Kim Jee-woon ("A Tale Of Two Sisters") ist Kim Ki-Duk auf Koreas Straßen ein Unbekannter. Durch seine Kritik an Bong Joon-hos Blockbuster "The Host" avancierte er zum 'Bad Guy' des Landes. Durch die jahrelangen Misserfolge und die medial groß angelegte Schmähkampagne entschloss sich Ki-duk, seine Filme ausschließlich im Ausland zu veröffentlichen.
Handlung
Mitten im Meer schwimmt ein Boot. Auf ihm leben ein alter Mann und ein 16-jähriges Mädchen. Er fand die Kleine vor zehn Jahren und zog sie seitdem mit dem Ziel auf, sie an ihrem 17. Geburtstag zu heiraten. In dieser Zeit hat das Mädchen das Boot nie verlassen. Immer wieder werden die beiden von Fischern besucht, die sich vom Boot aus den großen Fang erhoffen. Unter ihnen ist eines Tages auch ein junger Student, der das Interesse des Mädchens weckt. Erstmals empfindet es aufrichtige Gefühle für einen Außenstehenden, was das Gleichgewicht auf dem Boot massiv aus den Fugen geraten lässt. Ein Tod bringender Bogen scheint das letzte Mittel des alten Mannes zu sein, seine Pläne doch noch durchzusetzen ...
Kritik
"Hwal - Der Bogen" ist von der ersten Minute an ein typischer, fast klassischer Kim Ki-duk. Ruhig und bildgewaltig erzählt er in schönen Bildern und mit langsamem Tempo eine tiefgründige Geschichte über das Leben und die Liebe. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die beiden gegensätzlichen Pole, der alte Mann und das junge Mädchen. Ihre eigenartige Beziehung wird dem Zuschauer durch die Kommentare der Fischer näher gebracht, ohne dabei zu tief zu gehen. Es geht weniger um das WARUM, als viel mehr um das WIE und die tiefer gehende Bedeutung dessen.
Wie bei Ki-duks Filmen üblich, gestalten sich die 85 Filmminuten sehr dialogarm. Tatsächlich sprechen die Protagonisten während des Films kein einziges Wort miteinander - außer Geflüster, Seufzer und Lachen hört man keinen Laut von ihnen. Auf diese Weise wirken die Bilder deutlich intensiver. Jedes Detail, jede Bildkomposition scheint eine eigene, wichtige Bedeutung zu haben. Durch diesen Umstand rückt das Schauspiel der Darsteller natürlich sehr stark in den Vordergrund. Glücklicherweise meistern sie die schwierige Aufgabe, ihre Charaktere ohne Worte mit Leben zu füllen, überaus gut. Die Feinheiten ihrer Gestik und Mimik, im Verbund mit den wunderschönen Bildern Kim Ki-duks, sprechen eine eindeutige und sehr aussagekräftige Sprache.
Unterstützung findet diese im traumhaften und verträumten Score von Eun-il Kang. Auf Grund der fehlenden Dialoge hat dieser reichlich Platz, sich auszubreiten und auf den Zuschauer zu wirken. Das daraus resultierende Gesamtwerk besitzt eine ungeheure Ausdruckskraft, die viele Zuschauer bewegen dürfte.
Doch hinter "Hwal - Der Bogen" verbergen sich mehr als nur schöne Bilder und tolle Musik. Die gesamte Handlung ist eine Metapher für das Leben und die Liebe, welche mit einer philosophischen und metaphysischen Symbolik durchzogen ist, die sich dem Zuschauer nicht direkt erschließt. Viele Einstellungen drücken weit mehr aus, als es den Anschein hat. Eifersucht, die Laster der Liebe und das Loslassen einer alten Beziehung werden gekonnt, da subtil, in Szene gesetzt.
Der Titel gebende Bogen fungiert sowohl als Symbol der Liebe des alten Mannes, als auch als Zeichen seiner Macht dem Mädchen gegenüber. Er ist Waffe, Musikinstrument und Glaskugel (zur Zukunftsvoraussage) zugleich, wodurch sich sehr eindeutige und weitreichende Aussagen über die zu Grunde liegende Metapher machen lassen.
Wie so oft bei Kim Ki-duk, spielt sein Film an einem abgeschiedenen, isolierten Schauplatz, der den Darstellern nur eine minimale Bühne bietet. Man verliert sich und das Hauptaugenmerk nicht in pompös ausgestatteten Kulissen oder in langen Kamerafahrten über endlose Landschaften. Außer dem Meer, seinen Darstellern und dem Boot braucht Ki-duk nicht mehr, um seine Geschichte zu erzählen. Das gerät nach gewohntem Schema und brilliert in seiner Simplizität. Es gibt nicht viele Regisseure, die derart konsequent und überzeugend eine Geschichte ohne Worte erzählen können! Leider hat man das alles schon so oder so ähnlich bei Kim Ki-duk gesehen, weshalb sich für Kenner seiner Filme wenig Neues bietet. Das Setting kennt man so ähnlich bereits aus "Seom - Die Insel" und auch viele Symbole und Metaphern hat man in seinen früheren Werken schon gesehen. Ferner zerstören die letzten zehn Minuten das zuvor sorgfältig aufgebaute Bild. Sie fügen sich nicht so richtig ins Gesamtkonzept ein und wirken daher wie ein aufgesetzter Fremdkörper. Bei diesem Punkt sollte aber jeder für sich selbst entscheiden.
Die DVD
Das Bild (1,85:1) ist insgesamt recht ordentlich. Dies ist in erster Linie den kräftigen Farben zu verdanken. Die Schärfe ist ganz gut, was jedoch vornehmlich auf die Detailschärfe zutrifft. Das leichte Hintergrundrauschen und der zu steil ausgefallene Kontrast wirken sich jedoch recht negativ auf den Gesamteindruck aus. Gerade in den dunklen Szenen säuft das Bild stark ab.
Beim Ton (Deutsch, Koreanisch DD2.0) darf man bei einem Kim Ki-duk-Film nicht viel erwarten. Da hier nicht nur mit Effekten, sondern sogar mit Dialogen gegeizt wird, reicht der Stereoton vollkommen aus. Die wenigen Dialoge sind gut verständlich und die Musik tritt sauber aus den Boxen. Die Synchro ist gelungen, zur Originalfassung lassen sich gute deutsche Untertitel optional zuschalten.
Neben dem Kinotrailer und einer Trailershow ist ein gut 40-minütiges, sehr informatives und recht unterhaltsames Making Of enthalten. Neben einigen Interviews bekommt man auch einen guten Blick Behind the Scenes. Sehenswert!
Fazit
"Hwal - Der Bogen" ist ein typischer Kim Ki-duk: ruhig, metaphorisch und bildgewaltig. Ohne viele Worte zu verlieren, transportiert er seine Botschaft gekonnt in schönen Bildern, die von einem guten Cast gefüllt werden. Auch die Musik weiß zu gefallen, was in den vielen ruhigen Momenten von besonderer Bedeutung ist. Leider bietet der Film gegenüber seinen Vorgängern wenig Neues, weshalb Kenner des Regisseurs das eine oder andere Déjà-vu erleben dürften. Dennoch ist "Hwal - Der Bogen" ein wunderschöner, symbolischer Film, der Arthousefans unbedingt zu empfehlen ist. Doch auch Zuschauer mit einer Affinität für ruhige, anspruchsvolle Filme sollten hier einen Blick riskieren. Die breite Masse bleibt außen vor!
- Redakteur:
- Martin Przegendza