Max und Moritz
- Regie:
- John Halas
- Jahr:
- 1977
- Genre:
- Trickfilm
- Land:
- Großbritannien
1 Review(s)
16.04.2007 | 11:40“Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich ...". Dieser Satz, einer der berühmtesten der deutschsprachigen Literatur, wird auch eine halbe Ewigkeit nach der Entstehung von Wilhelm Buschs Paradestück "Max und Moritz" noch immer sehr häufig bemüht, wobei den meisten gar nicht bewusst ist, woher er eigentlich stammt. Es ist aber nicht nur ein Satz, sondern die berüchtigte Überleitung zwischen den sieben Lausbubenstreichen der beiden Schabernack treibenden Gesellen, deren irrwitziges Treiben im Jahre 1977 auch vom britischen Trickfilmregisseur John Halas aufgegriffen wurde. Etliche Jahre nach der Erstveröffentlichung von Buschs Kinderbüchern hat Halas die beiden Knaben reaktiviert und ihre Streiche in das Konzept eines erzählten Zeichentrickfilms eingebunden.
Für den deutschen Markt hat einst Heinz Rühmann die Stimme des Sprechers übernommen, wobei er natürlich den Vorteil hat, dass er die gereimte Originalvorlage verwenden konnte. Der Transfer des klassischen Stücks in die Moderne ist dementsprechend auch sehr gut gelungen, wirkt vollkommen authentisch, kommt aber gleich noch einmal witziger daher als die bloße Buchvorlage, weil nun die Lausbubengeschichten in bewegten Bildern zum Leben erweckt werden.
Wichtig ist allerdings, dass die Animationen absolut perfekt sind. Die Bewegungen und auch die Mimik der beiden Hauptfiguren sind alleine schon witzig genug, um sich den dreiviertelstündigen Zeichentrickfilm anzuschauen. Wenn Max und Moritz zum Beispiel die Hühner der alten Witwe Bolte stehlen oder den Schneider mit gleich mehreren Listen überwinden, macht es einfach Spaß, in die Gesichter der Spitzbuben zu schauen, die unwiderruflich zum Mitlachen anregen. Aber auch die vielen inhaltlichen Details werden vom Animationsteam humorvoll und dennoch umfangreich eingefangen, so dass man im Bezug auf die graphische Bearbeitung der sieben Kurzgeschichten nur Positives berichten kann.
Davon einmal abgesehen, sind die Geschichten natürlich eh schon ein Garant für regelmäßige Lachmuskelbeanspruchung. Zwar ist Busch bei der Darstellung der Streiche streckenweise schon recht makaber vorgegangen und hat auch einige moralische Grenzen angekratzt, was gerade zur Entstehungszeit von "Max und Moritz" schon sehr gewagt war. Dass die beiden 'Musterknaben' zum Beispiel die arme Witwe Bolte um den Verstand bringen, ist teilweise schon heftig, zumal weder Max noch Moritz etwas annähernd Gutes im Schilde führen. Aber solche Szenen prägen eben den ganz speziellen Humor, den der verstorbene Erfolgsautor seinerzeit pflegte und mit dem er auch über die Landesgrenzen hinaus berühmt wurde. Insofern hatte John Halas bei der Trickfilm-Adaption im Grunde genommen auch leichtes Spiel, denn an der Vorlage konnte man eigentlich nichts mehr verbessern. Und dennoch ist es dem Regisseur gelungen, seine ganz spezielle, eigene Note in die einzelnen Episoden einzubringen, die in jeglicher Hinsicht auch eine sehr sympathische Ausstrahlung haben - ganz besonders eben in der Art und Weise, wie die Zeichnungen angeordnet sind. Mit Heinz Rühmann als Sprecher der deutschen Synchronisation hat man dazu noch einen echten Glücksgriff getätigt, denn das mittlerweile auch schon verstorbene deutsche Kino-Original macht sich die Texte aus der Feder Buschs von Beginn an zu Eigen und tritt bei ihrer Wiedergabe absolut souverän auf.
Viele positive Eindrücke ergeben schließlich ein begeistertes Resümee; ziemlich genau drei Dekaden nach der Entstehung dieses Zeichentrick-Episodenfilms feiern "Max und Moritz" ihr Debüt im digitalen Zeitalter und sind so witzig wie eh und je. Die beiden wohl bekanntesten Lausbuben der deutschen Literaturgeschichte sind zwischen all den modernen Animationsfilmen eine willkommene und nicht minder komische Alternative und können auch nach so langer Zeit noch immer bestehen. Eine bessere Voraussetzung für den DVD-Release der Adaption hätte man sich daher auch gar nicht denken können. Schön, dass dieses lange verborgene Kleinod der britischen Zeichentrickkunst jetzt für jedermann zugänglich ist!
- Redakteur:
- Björn Backes