Godzilla - Tokyo SOS
- Regie:
- Tezuka, Masaaki
- Jahr:
- 2003
- Genre:
- Action
- Land:
- Japan
- Originaltitel:
- Gojira tai Mosura tai Mekagojira: Tôkyô S.O.S.
1 Review(s)
15.03.2007 | 11:03Freunde des Kultmonsters wissen längst, dass die Riesenechse nicht nur in ollen B-Schinken herumtobt, sondern dass es auch durchaus neuere Produktionen gibt. Diese veröffentlicht Splendid derzeit als so genannte "Millennium Edition" zum Preis von um die 15 Euro für eine Single-Disk. "Tokyo S.O.S." ist eines der aktuellsten Releases von September 2006, der Film selbst datiert auf 2003 zurück und ist (natürlich) ein authentisch japanischer Streifen, wie es sich für einen "echten" Godzilla gehört.
Zur Story
In ihrem Feriendomizil haben der junge Techniker Yoshito, sein Großvater und sein kleiner Neffe eine Erscheinung. Nein, sie haben weder zu viel Sake verköstigt, noch sonst irgendwelche illegalen Drogen eingeworfen. Obwohl man das meinen könnte. Zwei winzige Priesterinnen teleportieren sich auf den Wohnzimmertisch und teilen den mehr oder weniger staunenden Heimgesuchten (Opa kennt die Girlies noch von früher und ist deswegen weitaus weniger verdutzt), dass es nicht gut sei, dass der im letzten großen Fight arg beschädigte Cyborg-Godzilla (siehe "Godzilla vs. Mecha-Godzilla"), genannt "Kiriyu", mit Knochen des echten Godzilla restauriert werden soll. Die Knochen müssten dringend dem Meer übergeben werden. Die ulligen Mädels salbadern irgendetwas von Totenruhe und Zeitströmen und ähnlich wirres Zeug. Hochwichtig jedenfalls.
Sie bieten an, dass Riesenmotte Mothra den Menschen hilft, wenn Big G. mal wieder in Randalierlaune sein sollte - was er ob seiner fehlenden Knochen fraglos zu sein scheint. Sollten sich die Menschen nicht besinnen und Kiriyu - ihre einzige halbwegs wirksame Waffe - aufgeben, könne Mothra auch beleidigt sein und mit der fetten Panzerechse gemeinsam ein paar Großstädte platt machen, um der wirren Knochengeschichte ein bisschen mehr Nachdruck zu verleihen. Während Großpapa und der kleine Neffe sofort von der kruden Geschichte überzeugt sind, ist Yoshito eher wankelmütig. Das heißt, er versteht die Problematik schon und glaubt den beiden auch, doch ist er einer der führenden Wartungstechniker des gigantischen Blechheinis und hat eine besondere Beziehung zu seinem Killerbaby. Er ist dementsprechend hin und her gerissen, denn für ihn hat Kiriyu auch eine eigene Seele.
Selbstverfreilich schiebt der mutierte Saurier nach seiner Fast-Niederlage gegen sein künstliches Pendant 'nen dicken Hals auf die Menschen und macht sich mal wieder auf den Weg Richtung Japan. Die Japaner halten sich nach der übermittelten Warnung der Miniaturmädels auch erst einmal vornehm zurück, locken Godzilla nach Tokio in eine Pufferzone und lassen Tante Mothra das Kind schaukeln. Die wurde derweil von Yoshitos Neffen auf den Plan gerufen und kann den Schuppenknilch auch zunächst in Schach halten. Als sich das Blatt aber gegen den sympathischen Flattermann, Pardon, die sympathische Flatterfrau wendet, zieht der Verteidigungsminister die Notbremse. Um der fleißigen Motte beizustehen, lassen die Japaner den ferngesteuerten Kampfroboter noch einmal von der Kette. Der ist allerdings noch nicht vollständig funktionstüchtig und entwickelt zuweilen ein seltsames Eigenleben. Yoshimito hat es ja schon immer gesagt ...
Eindrücke
Es stellt sich ja immer die Frage, ob ein Godzilla-Film tatsächlich eine nachvollziehbare Handlung hat oder ob das zusammengeschusterte Gespinst nicht nur als Mittel zum Zweck dient, allerlei Spielzeugmodelle und Stadtkulissen in kleine Brösel zu verwandeln. Die Antwort lautet: teils teils. Eine Handlung gibt es hier sehr wohl und sie ist nicht mal so uninteressant, wie sie bei vielen anderen Godzillas ausfällt. So richtig nachvollziehbar und logisch ist aber auch sie nicht. Gerade das Fantasy-Element der Mini-Priesterinnen ist ulkiger als so mancher Godzilla-Plot der Vergangenheit. Und natürlich gehen wieder allerhand Kulissen und Plastikpanzer zu Bruch bzw. in Rauch auf, das ist man dem Zuschauer schuldig, denn schließlich entspricht das seiner Erwartungshaltung.
Tricktechnisch gesehen wäre insbesondere mit CGI sicherlich viel mehr machbar gewesen, das hängt aber immer auch vom Budget ab. Da Honda sehr auffällig offenbar viele Yen für fast schon peinliches Product Placement bezahlt hat, verwundert die Magerkost doch. Die Überblendungen mit Blue- bzw. Greenscreen-Effekten sind leider zu oft überdeutlich sichtbar. Dabei ist das Production Design - speziell was den Blechkameraden angeht - gar nicht mal so übel. Das können sie, die Japaner, und darauf fahren sie auch voll ab. Gigantische Kampfmaschinen nämlich. Der mechanische Godzilla haut genau in diese Kerbe. Cooles Outfit, coole Waffensysteme mit Namen, die kein Schwein behalten kann oder will. Irgend so'n Mega-Hyper-Dingens-Töt-Kram halt. Muss man auch nicht wissen. Es kesselt, das zählt.
Japano-Trash hat auch immer seine kitschigen Seiten. Klar. Sonst wär's ja kein Trash. Der Kuschelfaktor bei Mothra ist noch höher, als er bei Schwabbelbauch-Echse Godzilla schon ist. Diesen Monstern verzeiht man jedes umgekickte Hochhaus und jeden gegrillten Soldaten sofort. Sie sind ja auch die unangefochtenen Stars in der Manege. Lustig, dass das Militär - trotz der in Jahrzehnten gereiften Erkenntnis, dass so ziemlich nix gegen das zerstörungsfreudige Urviech hilft - es immer noch mit wirkungslosen Mörsern, MGs, Raketen aller Art und dicken Lasern sowie anderem nutzlosen Klimbim beschießt. Und damit fast genauso viel Schäden in Feld, Wald und Flur anrichtet wie Godzilla selbst. Und speziell in urbaner Umgebung sieht man dann wieder ganz besonders deutlich, dass es sich bei den Gebäuden um Miniaturen handelt. Schön gemachte zwar, doch die Physik lässt sich eben nicht austricksen.
Die Idee, mehrere der Riesenviecher und ein künstliches Monster aufeinander loszulassen, ist nicht neu. Tatsächlich basiert die Geschichte auf ein paar Uralt-Klassikern aus der Godzilla-Reihe. Ganz klar natürlich in erster Linie "Gozilla vs. Mothra" aus den Sechzigern. Eine Hommage an das große Vorbild also. Nebenher ist "Tokyo S.O.S." aber auch eine lose Fortführung von "Godzilla vs. Mechagodzilla" (speziell des jüngsten Remakes von 2002). Man muss den bzw. die Vorgänger allerdings nicht unbedingt gesehen haben, um der Handlung folgen zu können, auch wenn stellenweise darauf Bezug genommen wird. Die näheren Umstände werden durch Flashbacks und ausschweifende Dialoge erklärt. Außerdem ist die Handlung bei Godzilla eh meist für die Echs' und demzufolge ziemlich wurscht. Hauptsache, es wird viel kaputt gekloppt.
Auch wenn die abgedrehte Story wieder mal weder Oscar noch sonst was verdächtig ist, ist die Umsetzung diesmal subjektiv betrachtet nicht ganz so krude. Zwar turnen noch immer (zumindest hierzulande) vollkommen unbekannte Darsteller im Cast herum, doch das sonst so gern und ausgiebig zelebrierte Over-Acting japanischer Trash-Streifen fällt hier weniger negativ ins Auge. Gestik und Mimik sind nicht ganz so überzogen und auch die Dialoge kann man sich zum größten Teil anhören, ohne sofort aus den Ohren zu bluten. Dass die Geschichte irgendwie schräg und manchmal nicht ganz logisch ist, gehört ebenso zu einem Godzilla-Film wie der nicht sehr subtil erhobene Moralfinger und die sinnlose Zerstörung dutzender Modellgebäude und -panzer.
DVD und Bonusmaterial:
Der Überbegriff "Millennium Edition" ist leider nur marketingstrategisch inspiriert, einen wie auch immer gearteten Mehrwert bieten die so bezeichneten Silberlinge aus dem Hause Splendid nämlich nicht. Bonusmaterial ist bis auf Trailer zu anderen Releases faktisch nicht vorhanden, dafür sind Bild- und Tonqualität des Hauptfeatures im grünen Bereich. Wer's mag und die Sprache eventuell sogar versteht, kann sich das Monsterspektakel auch in japanischen O-Ton geben. Dort allerdings "nur" in DD 2.0, während die Synchro in 5.1 abgemischt ist.
Apropos: Die Übertragung ins Deutsche ist nicht so recht gelungen. Da wird u.a. aus dem mechanischen "Mekagojira/Mechagodzilla" in der Bildunterschrift plötzlich "MEGAgodzilla" und auch die Rufnamen der Abfangjäger zu Beginn wurden ziemlich vergeigt. "BLUE EINS" bzw. "BLUE ZWEI" klingt einfach nur scheußlich. Also entweder Blau Eins/Zwei oder Blue One/Two, aber bitte kein derart grausiger Denglisch-Mischmasch. Bemerkenswerterweise wurden im Gegenzug ganze Szenen mit U.S. Militär, wo englisch gesprochen wird, erst gar nicht übersetzt - weder verbal noch untertitelt.
Fazit
Wie alle Godzilla-Filme aus Japan polarisiert natürlich auch dieser wieder die Zuschauer. Die einen finden's kultig, die anderen schüttelt's allein beim Gedanken an die üblich trashige Machart und die platte Story. Entweder man mag die Riesenechse, oder eben nicht, dazwischen gibt es nichts. Gleichwohl dürfte man von einer 2003-er Produktion wenigstens etwas ausgefeiltere Tricks erwarten. Doch auch das ist Geschmackssache. Den Datenträger dagegen kann man schon griffiger bewerten, was auch recht leicht fällt. Außer den Film nichts von Interesse drauf, da verdient sich die hochtrabend "Millennium Edition" gelabelte DVD weiß der Saurier keine Fleißkärtchen. Godzillasüchtige Sparfüchse warten noch ein Weilchen, bis sich die DVDs so auf dem 5€-Ramsch-Level eingepegelt haben. Mehr wäre zu viel.
Die DVD-Daten auf einen Blick:
OT: "Gojira tai Mosura tai Mekagojira: Tôkyô S.O.S."
Toho Pictures Inc., Japan 2003
Genre: SciFi, Fantasy
Splendid 2006
Single-Disk "Millennium Edition", FSK 16
Lauflänge: ca. 95 Min
Bonus: Bis auf Trailer nicht vorhanden
Bildformat: 16:9 Widescreen (1:1,85)
Sound: DD 5.1 (Deutsch und Japanisch)
Regie: Masaaki Tezuka
Drehbuch: Masaaki Tezuka, Masahiro Yokotani
Produktion: Shogo Tomiyama
Musik: Michiru Oshima
Darsteller u.a.: Noboru Kaneko (Yoshito Chûjô), Hiroshi Koizumi (Dr. Shin'ichi Chûjô), Miho Yoshioko (Pilot Kisaragi), Akira Nakao (Premierminister Igarashi), Kôichi Ueda (General Dobashi), Masami Nagasawa und Chihiro Ôtsuka ("Shobijin"-Zwillings-Feen), Mitsuki Koga ("Kiriyu"-Operator Akiba) und Tsutomu Kitagawa als Gojira/Godzilla.
- Redakteur:
- Jürgen Pern