TYPE 0 NEGATIVE - Life Is Killing Me
Mehr über Type 0 Negative
- Genre:
- Gothic Metal
- Label:
- Roadrunner Records
- Release:
- 16.06.2003
- Uncle Freddy Died?
- I Don't Wanna Be Me
- Life Is Killing Me
- Anesthesia
- The Dream Is Dead
- Todd's Ship Gods (Above All Things)
- (We Were) Electrocute
- Less Than Zero (<O)
- ...A Dish Better Served Coldly
- Loud And Queer
- I Like Goils
- How Could She?
- Nettie
- Angry Inch
- IYDKMIGTHTKY (Gimme That)
Bittere Ironie und unendliche Traurigkeit, lustvolle Sinnlichkeit und eine gewisse sarkastische Leichtigkeit - die Zutaten für ein TYPE O NEGATIVE-Album bleiben immer gleich - nur auf die Komposition kommt es an. Bei den letzten beiden Alben fielen diese etwas fad aus, besonders der 1999er Epos "World Coming Down" konnte nicht zünden. Doch vier Jahre später haben die vier Hünen aus Brooklyn die kreative Krise überwunden: "Life Is Killing Me" lässt die gesamte Düster-Dark-und-Finster-Konkurrenz wie einen schwarzen Karnevalsverein aussehen und ist der eigentliche Nachfolger des 1993er Über-Albums "Bloody Kisses".
Was ist passiert? TYPE O NEGATIVE haben sich auf die alten Stärken besonnen. Nicht überprogressives Gedudel wie auf "World Coming Down", was die Scheibe nicht wirklich stimmig machte. Nein, auf "Life Is Killing Me" regiert Geradlinigkeit. Die Songs gehen immer nach vorn los, haben wunderbare Hooklines und Refrains. Außerdem ist die Scheibe abwechslungsreich wie eine bunte Collage aus dunklen Rosen, Kaktusstacheln und Palmenwedeln: Stücke wie 'Angry Inch' knallen fast punkig aus den Boxen und besitzen die wunderbare Frechheit und augenzwinkernde Aggression von TYPE O NEGATIVE zu "Slow, Deep and Hard"-Zeiten. Daneben gibt es natürlich die typischen Midtempo-Riffmonster wie das überirdische 'The Dream Is Dead', das als tiefschwarze Dampfwalze alles mit ewig währender Finsternis erdrückt. Dazu singt, stöhnt und flucht Peter Steele mit einer stimmlichen Urgewalt, die schon fast ängstlich macht. Und sein Bassspiel ist sowieso über jeden Zweifel erhaben und auch auf "Life Is Killing Me" einzigartig, bizarr, nie vorhersehbar. Eins steht fest: TYPE O NEGATIVE haben sich neu erfunden, die Spielfreude darüber ist in jeder Sekunde des 73-Minuten-Meisterwerks spürbar.
Nur: Woher kommt dieser plötzliche Kreativitätsschub? Die inzwischen verarbeiteten persönlichen Probleme von Peter Steele, dessen Vater während der Aufnahmen von "World Coming Down" starb und dem das wuchtig-melancholisch-fröhliche Stück 'Todd's Ship Gods (Above All Things)' gewidmet ist? Oder doch nur einer von diesen genialischen Momenten, die manche Musiker ein ganzes Leben lang suchen? TYPE O NEGATIVE sind bei ihren Aufnahmen wohl kiloweise mit solchen Geistesblitzen überhäuft wurden... Etwa die verrückten Ideen in einem Song wie '(We Were) Electrocute', wo zum düsteren Grundgerüst Fanfaren aus bunten Synthie-Melodien gespielt werden. Oder den Titelsong 'Life Is Killing Me': Nach einem 30-Sekunden-Großstadt-Intro wabert er erst einmal herrlich doomy-groovy dahin, im Hintergrund noch mit brillant spacig-verzerrten Keyboardmelodien. Plötzlich wird es richtig ruhig und die Stimme von Mr. Steele setzt ultratief ein, gerade diese Stelle dürfte wieder einige Mädchenherzen beschleunigen. Es folgt die Explosion: "Life is killing meeeee" ist einer der göttlichsten Refrains der Bandgeschichte, ein Ohrwurm wie er wurmiger nicht sein kann. Dazu ist der Rest des Songs wunderbar flott und lässt mit seiner leichten und lockeren Art automatisch Gedanken an cooles Abhängen am Strand entstehen - ein echter Sommerhit eben. Wieder anders ist 'I Like Goils', ein Song, in dem Weinfan Peter seine Erfahrungen mit Männern vom anderen Ufer verarbeitet - wer sich als Sänger auszieht, muss eben auch mit den Konsequenzen leben... Gefrustet klingt 'I Like Goils' dennoch nicht, eher wie eine TYPE O-Punksong-Orgie voller Selbstironie und Lust am Leben, garniert mit herrlichen Keyboards im Hintergrund und einem fast überschäumenden Peter Steele, der wie ein Akrobat mit seiner Stimme spielt. Dazu passt auch die erste Singleveröffentlichung 'I Don't Wanna Be Me', eine ebenfalls beschwingtes, schnelles Stück mit göttlich verspielten Gitarrenharmonien, dass mit jeder Sekunde schneller und intensiver in die Gehörgänge schießt. Unglaublich: Diese Platte läuft seit Tagen und offenbart immer wieder kleine neue und überraschende Details, kein Song wird langweilig, alles klingt frisch und lebendig, der Sound ist ebenfalls schwer in Ordnung und transparent wie ein frisches Stück Glasscheibe. Deshalb: KAUFEN! Schon jetzt ist "Life Is Killing Me" ein heißer Anwärter auf das Album des Jahres. Punkt.
Anspieltipps: Life Is Killing Me, The Dream Is Dead, I Like Goils, I Don't Wanna Be Me
PS: Unter http://www.roadrunnerrecords.de gibt es die Stücke 'I Don't Wanna Be Me' und 'The Dream Is Dead' als MP3.
- Redakteur:
- Henri Kramer