TUNE - Identity
Mehr über Tune
- Genre:
- (Post) Rock / Alternative Rock / Progressive Rock
- ∅-Note:
- 10.00
- Label:
- Dust On The Tracks Records
- Release:
- 07.11.2014
- On (Intro)
- Live To Work To Live
- Disposable
- Change
- Trendy Girl
- Deafening
- Crackpot
- Suggestions
- Sheeple
- Off (Outro)
Just perfect.
Wenn man "Identity" lauscht, fällt es einem schwer zu glauben, dass dies erst das zweite Album der polnischen Rocker ist. Sehr souverän eingespielt, erinnert es ein wenig an NICK CAVE oder THE CURE. Ruhig und besonnen singt sich Kuba Krupski in mein Herz. Die Stimme ist der Wahnsinn. Ohne aufdringlich zu sein, hat er einfach alle Stimmmlagen drauf: Tief, kreischig, volltönig, sehr clean, gefühlvoll und doch kräftig.
Sehr sympathisch erinnert 'Live To Work To Live' an die großartige Ära Ende der 90er, in welcher Soundtracks für Gothic-Filme wie z. B. "The Crow" entstanden. Hier braucht sich "Identity" nicht zu verstecken. Das Szenario wirkt düster und melancholisch und lädt zum Träumen an einem regnerischen Tag ein. Auch in 'Disposable' lasse ich mich gerne weiter hinein in diese Stimmung entführen. TUNE versucht nicht mit plötzlichen überraschenden Momenten den Zuhörer zu fesseln. Das geht ganz allein durch die Beständigkeit des Sängers.
Die anderen Instrumente sind eher dezent, leicht unterstützend und halten kurz bevor die Stimme anschwillt inne, um den dramatischen und flehentlichen Gesangseinlagen die nötige Bühne zu bieten. Die bodenständige Produktion unterstreicht die Authentizität der Warschauer, da ein mit Bombast und Kitsch angereichertes Album nur unglaubwürdig und unpassend klingen würde.
Live stelle ich mir das Ensemble überragend vor. Nicht in einem riesigen Fußballstadion, nein eher klein, gemütlich und überfüllt. Da könnte man sich so richtig gehen lassen. Auch wenn das Timbre aller Lieder ähnlich ruhig klingt, so sind die Songs doch sehr schön auseinander zu halten und für sich ein Kunstwerk. Ich habe keine Schwierigkeiten auch noch Stunden später die Songs an ihrer jeweiligen markanten Art zu erkennen und das über die gesamte Länge des Albums. Bei 'Change' gefallen mir insbesondere die leisen und dezenten Klaviertöne, die sehr harmonisch die Stimmung des Liedes unterstützen, bis es dann plötzlich aufhört. 'Trendy Girl' ist dann ein wenig dynamischer, ohne aus der Reihe zu fallen oder störend zu wirken. Und nun habe ich stimmlich gesehen Robert Smith (THE CURE) vor meinem inneren Auge. Ich denke, dass hier ein junger und würdiger Nachfolger gefunden wurde. Richtiggehend unheimlich. Aber eben auch unheimlich gut. Die leicht überkippende, verzweifelte und kreischende Stimme hat mir damals schon bei THE CUREs 'Lullaby' ein gruseliges Gefühl beschert. Und nun, zwei Jahrzehnte später, laufen mir bei TUNE die gleichen Schauer über den Rücken. Als die ersten Takte von 'Crackpot' vorbei sind, weiß ich nun auch, warum diese Band überall als "Rockband" beschrieben wird. Schlagzeug, Gitarre, Piano und Bass harmonieren so unglaublich gut zusammen, dass die Polen auf den Rockfestivals der 70er und 80er Jahre gar nicht aufgefallen wären.
Wieder langsamer und gefühlvoller geht es dann in 'Suggestions' zu. Diese unglaublich sexy Stimme ist perfekt, um mit dem oder der Liebsten die ganze Nacht zu kuscheln und "Identity" in Dauerschleife bis zum Morgengrauen laufen zu lassen.
'Sheeple' ist zum Abschluss eine richtige Ballade, bei der das Piano sehr in den Vordergrund gerückt ist. Abwechselnd zum Sänger, der seiner Stimme immer mehr einen Ausdruck von Dringlichkeit verleiht, ist nun ein Chor zu hören, der diesem unglaublichen Werk noch das Sahnehäubchen aufsetzt.
Wer braucht schon Kuschelrock 1 bis 77, wenn man stattdessen diese CD auflegen kann? Nun muss es nur noch Abend werden.
- Note:
- 10.00
- Redakteur:
- Yvonne Heines