RESIST THE TIDE - City Lights
Mehr über Resist The Tide
- Genre:
- Melodic Hardcore
- ∅-Note:
- 8.50
- Label:
- Eigenproduktion
- Release:
- 30.11.2012
- To A Heartless World
- Forgetmenot
- Labyrinth Head
- Swan Song
- City Lights
- Human
Viel mehr als ein kleines Lichtlein der Stadt.
Es gibt diese Momente im Leben, da glaubt man zu wissen, was einen erwartet: Ein Gefühl von Übelkeit durch Oettinger Pils, eine Niederlage seines Vereins gegen den FC Bayern München und der mehr oder weniger ausgeprägte Einheitsbrei einer neuen, jungen Hardcore-Band. In allen drei Fällen ist es umso schöner, wenn man sich täuscht. RESIST THE TIDE sind das Gegenbeispiel zu Letzterem.
Die Kölner geben mit der EP "City Lights" ein erstes Lebenszeichen von sich - und zwar eines, das sich hören lassen kann. Nach einem kurzen, feinen Intro gibt es fünf vollwertige Tracks auf die Lauscher. Und das erste, was auffällt, ist dieser wunderbare Sound: Auf der einen Seite absolut druckvoll und fett, auf der anderen aber mindestens genau so klar und differenziert. So darf moderner Hardcore ab jetzt bitte öfter klingen.
Und aus meiner Sicht ist dies der Musik von RESIST THE TIDE auch nur förderlich, da man auf diese Weise die vielen Details ihrer Lieder unmittelbar aufnehmen kann. Von der Grundausrichtung her gibt es melodischen Hardcore mit all den Zutaten, die fast auf jedem Song-Rezept zu finden sind - aber eben nicht nur diese. Und genau das ist der Grund, warum "City Lights" mir eine ganze Menge Freude bereitet. Brüll- und Sprechgesang (wobei für meinen Geschmack etwas zu viel geredet wird), Geknüppel, teilweise sehr metallische Gitarrenarbeit, atmosphärische Passagen mit angenehm leisen Tönen. Das hat man alles schon gehört, häufig aber nicht so überzeugend und homogen wie hier.
Bereits 'Forgetmenot' macht klar, dass die Band einiges auf dem Kasten hat, ist er doch ein sehr abwechslungsreicher und rhythmisch facettenreicher Song, bei dem vor allem die eingebauten Leads einiges hermachen. Dies kann man im folgenden 'Labyrinth' ebenfalls feststellen, auch wenn es hier etwas vertrackter zu Werke geht. Es gibt wieder einiges zu entdecken, wobei die einzelnen Aspekte aus meiner Sicht hier nicht immer optimal ineinandergreifen, weshalb der Song "nur" gut ist.
Das Herzstück dieser EP ist jedoch mit hundertprozentiger Sicherheit 'Swan Song'. Diese (Halb-) Ballade, die sich langsam aufbaut, viele kleine Melodien enthält und vor ergreifenden Momenten nur so überquillt, ist nicht gut. Sie ist auch nicht sehr gut. Sie ist überragend. Ich kann den Schwan vor mir sehen, ich will mit ihm ziehen, ich will mit ihm singen. Ein instrumental und gesanglich perfekt durchkomponiertes wie auch perfekt vorgetragenes Stück. Das können die Großen des Genres auch nicht besser. Wahnsinn!
Der Titeltrack ist sicherlich die eingängigste und typischste Nummer dieser EP, deswegen aber mitnichten schlecht. Im Gegenteil: 'City Lights' hat von den fünf Liedern sogar den größten Hymnencharakter. Die Strophen sind schon super, der Refrain jedoch vermittelt ein so unglaubliches Gefühl von Weite, dass es mir mit Blick auf den Titel nicht schwerfällt, mich auf ein Dach bei Nacht zu denken, von dem aus ich die ausufernde Stadt überblicke. 'Human' gibt einem ein letztes Mal gut auf die Glocke. Der härteste Song des Albums bündelt abschließend erneut alle Stärken.
Mit "City Lights" haben RESIST THE TIDE einen starken Einstand hingelegt und dabei gezeigt, wie Kleinigkeiten riesige Unterschiede machen können. Wer Interesse an nicht-alltäglichem melodischen Hardcore/Metalcore hat, der sollte sich dringend die (im Übrigen sehr liebevoll aufgemachte) Scheibe direkt bei den Jungs und dem Mädel besorgen. Denn hier wächst etwas Tolles heran!
- Note:
- 8.50
- Redakteur:
- Oliver Paßgang