PLACEBO - Placebo
Mehr über Placebo
- Genre:
- Rock
- Label:
- Caroline
- Release:
- 17.07.1996
- Come Home
- Teenage Angst
- Bionic
- 36 Degrees
- Hang On To Your IQ
- Nancy Boy
- I Know
- Bruise Pristine
- Lady Of The Flowers
- Swallow
PLACEBO.
"Placebo".
Das Debüt.
Ein Sound, so spröde wie Glas.
Gitarren, so toxisch und flüchtig wie Quecksilberdampf.
Abgemagerte Songtorsos, auf deren dünner Haut andere Rockbands allenfalls ihre Zigarrettenstummel ausdrücken würden.
PLACEBO stoßen sie rauf auf die Bühne, nackt und verloren, und da müssen sie dann sehen, wie sie klarkommen.
Songfrühchen: Blau angelaufen, nach Luft schnappend, zitternd, bebend - fragen nicht, sondern singen ihre Angst und ihren Zorn heraus, mit dieser dünnen Kopfstimme Brian Molkos.
Aber zunächst: Drahtige Gitarrenklänge, nahezu ertränkt in repetitiver Monotonie.
There you are, now entertain us. Zynismus pur. 'Come Home'.
Nur nicht locker lassen. 'Teenage Angst'.
Ergeben in die Gnadenlosigkeit ihres Daseins. 'Bionic'.
Ausgekühlt bis zum Gehtnichtmehr. '36 Degrees.'
Arroganz als Überlebensstrategie. 'Hang On To Your IQ'.
Just another 'Nancy Boy'?
Nein.
Wo andere Alben >Emo< sind, wird auf "Placebo" ohne mit der Wimper zu zucken gelitten.
»Shine the headlights straight into my eyes.
Like the roadkill, I'm paralysed.«
Die unvermeidliche Leichtigkeit der Einsamkeit.
»Since I was born I started to decay.
Now nothing ever ever goes my way.«
Dazu ein guter Rhythmus, und murrelos davontrippende Gitarren.
So sind nur PLACEBO. Beautiful Freaks. Man muss sie einfach mögen.
Der Wahnsinn hat Methode auf "Placebo".
Herrliche Melodien, im Prinzip. Aber eben versteckt und begraben unter Junk.
Ein Understatement großer Gefühle.
'I know' - kurzes Innehalten und ein wenig Reflektion auf dem Weg in die Selbstzerstörung.
(Das Stück ist mit seinem balladesken Akustikgitarrenarrangement das Ausnahmestück auf diesem Album. Ein unerbittlicher Regenrhythmus, ein dezent wummerndes Didgeridoo und orgelartige E-Gitarrenklänge verlaufen in pastellenen Klangfarben über eindringlich flehendem Gesang.)
'Bruise Pristine' - ein tighter harter Rocker, Loserhymne mit Ellenbogenmentalität.
(Da sind sie wieder: die glasklaren, gesplitterten Gitarrenklänge, wie gefrorene Tränen, in breiigem Basssound und hallendem Schlagzeugspiel.)
'Lady Of The Flowers' bildet gefühlsmäßig fast schon einen Querschnitt des gesamten Albums, obgleich es als Ballade zu den eher ruhigeren Stücken zählt und auch vom musikalischen Stil her aus den übrigen Stücken herausragt.
Der Song scheint träge in angerosteten Drahtseilen zu hängen, regenüberströmt im kalten Wind pendelnd und einsam vor sich hin blutend. Gitarren ohne Lebensfreude spielen eine trübe, verlorene Melodie vor sich hin, während der Bass sich in ruhigen hoffnungslosen Wiederholungen ergeht.
Sänger Molko tut das, was seine Stimme am besten kann - er leidet. Doch bei aller Trauer ziehen die Gitarren doch auch immer wieder an, waschen förmlich über den schleppenden Rhythmus des Stückes hinweg und nehmen so einen Teil des Schmerzes mit sich fort.
Die typische PLACEBO-Ambivalenz.
'Swallow' ist dann allerdings nicht mehr als ein ziemlich verstörendes hangover Outro im David-Lynch-Stil.
Insgesamt lässt sich sagen:
Auf "Placebo" findet man eine sehr gelungene Mischung aus einfachen Melodien und verspielten Arrangements, dreckiger Direktheit und stilvollem Glamour. Es finden sich balladeske Songs einträchtig neben eher punkigeren Stücken, und dabei ist es unverkennbar stets verdammt gute Rockmusik mit der unverwechselbaren PLACEBO-Note. Die ziemlich abgründigen Texte sind es wert, mal genauer hinzuhören.
Das Album dürfte so auf die Rock- und die Gothic- Hörerschaft wohl gleichermaßen seinen Effekt haben.
Anspieltipps: 36 Degrees, I Know, Bruise Pristine, Lady Of The Flowers.
- Redakteur:
- Eike Schmitz