LIVE - The Turn
Mehr über Live
- Genre:
- Rock
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Think Loud(H'art)
- Release:
- 28.10.2014
- Siren's Call
- Don't Run To Wait
- Natural Born Killers
- 6310 Rodgerton Dr.
- By Design
- the Way Around Is Through
- Need Tonight
- The Strength To Hold On
- We Open The Door
- He Could Teach The Devil Tricks
- Till You Came Around
Ein Leben ohne Ed?!
Ich muss gestehen, dass "The Turn" für mich sehr unerwartet kommt. Ich hatte zwar am Rande mitbekommen, dass die Band ohne ihren alten Sänger Ed Kowalczyk in der neuen Welt auf Tour war, aber die Nachricht über Arbeiten an einem neuen Silberling sind mir wohl entgangen. Natürlich stellt sich die bange Frage, wie und ob LIVE ohne die charismatische Stimme von Ed überhaupt funktionieren kann. Bevor ich diese Frage versuche zu beantworten, gibt es erstmal ein paar Fakten: Der neuen Frontmann hört auf den Namen Chris Shinn und hat vorher bei den mir unbekannten UNIFIED THEORY gesungen. Die Instrumentalfraktion besteht (wieder) aus Chad Taylor, Patrick Dahlheimer und Chad Gracey, die in der Zwischenzeit mit zwei CANDLEBOX-Leuten unter dem Namen THE GRACIOUS FEW ein tolles Album veröffentlicht haben. Da kann so viel nicht schief gehen, obwohl ja Mister Kowalczyk nicht ganz unerheblich am Songwriting beteiligt war.
Legt man "The Turn" auf, so fallen beim Opener 'Siren's Call' gleich zwei Dinge auf: Der Sound des Albums ist voluminös, fast wuchtig, ohne überladen zu klingen. Ich werde unwillkürlich an das Klangbild der letzte tollen QUEENSRYCHE "The Promised Land" erinnert. Außerdem hört man sofort, dass Chris in der gleichen Stimmlage, wie sein Vorgänger agiert und man erkennt sofort, welche Band hier musiziert. Der Song an sich klingt atmosphärisch dicht in den Strophen und explodiert quasi im kurzen Chorus. Ein exzellenter Albumöffner, der sofort Appetit auf mehr macht.
Im weiteren Verlauf stellt sich dann schnell heraus, dass LIVE im Jahre 2014 sich eher an ihrer Anfangsphase orientieren und weniger am recht gradlinigen Rock der Neuzeit. Dabei setzt man heuer allerdings mehr auf leicht verschachtelte Songstrukturen, denn auf Hauruck-Rock. Erwartet also weder ein 'I Alone', noch ein 'The Beauty Of Gray' . Die schon auf früheren Alben immer wieder durchschimmernden Punk-Tendenzen – man erinnere sich an 'Stage' – gibt es auf "The Turn" ebenfalls zu hören. So brodelt es permanent rhythmisch und man hört eine gleichmäßig hohe Oberflächenspannung, die sich auf den Hören überträgt. Dynamische Musik.
Das vorab als Single veröffentlichte 'The Way Around Is Through' geht hierbei verhältnismäßig schnell ins Ohr. Eine feine Uptempo-Nummer, die herrlich mit der Laut/Leise-Dynamik spielt. Obendrein beweist Chris Shinn, dass er auch herrlich flüstern kann. Die oben bereits erwähnte Punk-Attitüde kommt dann im ruppigen 'Don't Run To Wait' am besten hervor. Hier hört man allerdings auch einen deutlichen gesanglichen Unterschied. Wäre Ed im Chorus wahrscheinlich mit beiden Lungenflügeln am Mikrophon kleben geblieben, streichelt Chris Shinn genau ín diesen Momenten das Aufnahmegerät.
Ganz famos ist obendrein das leicht psychedelische 'By Design' mit seinem versetzten Rhythmus. Eine Nummer, die sich hinten raus immer mehr steigert und zu einem heimtückischen Ohrwurm mutiert. Außerdem schmeichelt der abschließende Akustikseufzler 'Till You Came Around' ganz wunderschön meine Sinne.
Da verschmerzt man auch ein paar Songs, die nur gut sind. So finde ich 'We Open The Door' oder 'He Could Teach The Devil Tricks' etwas arg schlicht. Da würde ich mir irgendeinen Spannungsbogen, etwas Abwechslung oder eine kleine Überraschung zum Ende hin wünschen. So höre ich hier leider nur Hausmannskost mit einem sehr guten Sänger. Dieser wertet allerdings (fast) alles auf. (Da musst du beim Albumhöhepunkt 'We Open The Door' aber noch einmal sehr genau hinhören, Kollege. Denn der Song bietet alles, was du forderst. - PK)
Bleibt unterm Strich ein sehr gutes Album, welches sich auch der skeptische LIVE-Fan auf jeden Fall genauer anhören sollte. Ich freue mich auf weitere Scheiben in dieser Zusammensetzung. (Ich auch! - PK)
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Holger Andrae