LAMB OF GOD - Ashes Of The Wake
Mehr über Lamb Of God
- Genre:
- NWOAHM
- Label:
- Sony Music
- Release:
- 31.08.2004
- Laid To Rest
- Hourglass
- Now You've Got Something To Die For
- The Faded Line
- Omerta
- Blood Of The Scribe
- One Gun
- Break You
- What I've Become
- Ashes Of The Wake
- Remorse Is For The Dead
Das Inferno ist verraucht, die Flammen sind erloschen, die Paläste zu Staub zerfallen ... aber das ist für LAMB OF GOD kein Grund, sich auf die faule Haut zu legen. "Ashes Of The Wake" ist der sehr passende Titel des letzten Werkes aus dem Hause der New-Wave-Of-American-Heavy-Metaller, das sich anschickt, die Schaumkrone dieser aus den USA immer stärker herüberschwappenden Welle zu werden.
Äußerlich lehnt sich das Album an seine Vorgänger "As The Palaces Burn" und "New American Gospel" an, jedoch in einer noch apokalyptischeren Atmosphäre. Goldschimmernde Phönixe vor grünem Grund im Sturzflug auf eine versklavte Bevölkerung, im Schnabel die Hülse einer Patrone – Bang! Innen setzt sich das Bild mit Ruinen fort (vielleicht die Paläste?) – Brandrauch, Flakgeschütze. Alle Zeichen also auf Sturm. Und wer den rot-goldenen Silberling dann ins Laufwerk packt, bekommt für die nächsten 45 Minuten den passenden Soundtrack gleich mit.
Schon beim Vorgängeralbum begeisterten mich bei LAMB OF GOD vor allem zwei Dinge: die wohl räudigsten Vocals seit COAL CHAMBER-Frontfreak Dez Fafara und die gottgleiche Zwillingsgitarrenarbeit der beiden Axtmänner Mark Morton und Willie Adler. Und die Band scheint genau zu wissen, wo ihre Stärken liegen. Denn an diesen Punkten wird wieder angesetzt. Und diesmal vielleicht noch konsequenter als früher. Vom Opener 'Laid To Rest' bis hin zum Rausschmeißer 'Remorse Is For The Dead' lassen sich LAMB OF GOD hier selbst absolut freien Lauf und rotzen ummantelt von der vielleicht besten Produktion der letzten Jahre dem Hörer all das vor die Füße, was in ihren Augen auf dieser Welt falsch läuft. Und das scheint einiges zu sein.
Dabei verstehen sie es wie kaum eine zweite Band, jegliche gesangslose Passage derart riffbetont anzusetzen, dass man sich kaum entscheiden kann, was eingängiger ist: Randy Blythes Hassattacken oder die Sahneriffs von Adler und Morton. Vor allem die Einstiegsriffs von 'Hourglass' und 'One Gun' gehen dermaßen ins Blut, dass man kaum anders kann als die Matte zu schwingen und jedem einzelnen Ton entgegenzufiebern. LAMB OF GOD präsentieren sich dabei abwechslungsreicher und spannender als je zuvor. Ebenfalls zu loben ist das hervorragende Drumming. Chris Adler und auch Bassist John Campbell tragen das Geballer konsequent treibend, zeitweilen sogar episch durch die Spielzeit und setzen gezielt Akzente, wann immer Riffing und Shouting es zulassen. 'Laid To Rest', 'The Faded Line' und 'Now You’ve Got Something To Die For' sind dabei erst einmal die tragenden Stücke der Platte, aber spätestens nach dem dritten oder vierten Durchlauf stechen 'Hourglass', 'Blood Of The Scribe', 'Omerta' und 'One Gun' als die wahren Perlen hervor.
Dass LAMB OF GOD trotz aller Brutalität verstehen, zu rocken und vor allem auch sehr variable und unterschiedliche Stücke zu schreiben, zeigt vor allem 'Omerta'. Hier wird das Tempo ein wenig herausgenommen, zugunsten eines breit angelegten und behäbig-gewaltigen Gewitters aus kehligem Shouting, sägender Gitarrenfront und spärlich-akzentuiertem Drumming. Dazu kommt noch das wie ein Eid von Randy Blythe gesprochene Intro über die Regeln der Ehre. Insgesamt wirkt die Platte sehr antipatriotisch – der beste Beweis hierfür ist 'One Gun'. Nach dem bereits erwähntem genialen Introriff drückt der Song dermaßen nach vorne, dass es das Herz nur so mithüpfen lässt. Über allem trägt Blythe eine Art Anti-Ode an die US-amerikanischen Scharfschützen vor. Zum Ausklang bekommt der Song noch ein dermaßen magisches Abschlussriff verpasst, dass man es am liebsten gleich nochmal hören will – und zwar immer und immer wieder.
Diese Effekte findet man auf "Ashes Of The Wake" öfters. Dabei gibt sich die Platte so variabel, dass sie auch nach mehrfachem Durchhören absolut nicht langweilig wird. Im Gegenteil – LAMB OF GOD haben das Album dermaßen gut mit Highspeed-Tracks ('Blood Of The Scribe', 'Hourglass', 'Remorse Is For The Dead'), Mid-Tempo-Hymnen ('Laid To Rest', 'One Gun', 'Break You') und stampfenden Großkampfmaschinen ('Omerta', 'The Faded Line') vollgepackt, dass man ständig neue Facetten an dieser Band entdeckt. Und genau das macht ein Album in meinen Augen reizvoll.
Das Sahnehäubchen auf dieser eh schon schmackhaften Torte ist der Titelsong: ein sechsminütiges Instrumental-Epos, bei dem sich das Duo Adler/Morton nicht nur vollkommen auslassen kann, sondern man mit Alex Skolnick (ehem. TESTAMENT & SAVATAGE) und Chris Poland (ehem. MEGADETH) auch gleich noch zwei verdammt hochwertige Gastgitarristen zum großen Spiel eingeladen hat. Netterweise teilt einem das mit allen Lyrics ausgestattete Booklet sogar mit, ab welcher Sekunde welcher der Axtfäller die Solo-Klampfe übernimmt. Und das ist gut so, den so lassen sich die unterschiedlichen Stile auch gleich zu ordnen. Vor allem Mr. Poland lässt hier richtig die Kuh fliegen. Einfach geil!
Was bleibt noch zu sagen? Das Jahr 2004 ist um, und noch immer streiten sich MNEMIC und LAMB OF GOD in meinem Kopf um den Titel "Album des Jahres". Wenn es um die pure Aggression, die bedingungslose musikalische Leidenschaft und den Sonderpreis "Räudigste Stimme des Jahrzehnts" geht, bekommen LAMB OF GOD allerdings den klaren Vortritt. "Ashes Of The Wake" bringt alles mit, was mich in dieser Band eine der richtig großen der nächsten Jahre sehen lässt: die technischen Fähigkeiten, alles, aber auch alles umzusetzen, was ihnen in den Sinn kommt; die richtige Portion "Leckt uns am Arsch"-Attitüde; das Händchen, ein Album perfekt (und ich meine perfekt) zu produzieren, und einen Vokalisten, der jeden seiner Zunft locker an die Wand spuckt. Szenenapplaus für dieses Meisterwerk!
Anspieltipps: One Gun, What I've Become, Hourglass, Ashes Of The Wake
- Redakteur:
- Dennis Hirth