KADDISFLY - Set Sail The Prairie
Mehr über Kaddisfly
- Genre:
- Art Rock
- Label:
- Hopeless/Soulfood
- Release:
- 13.04.2007
- Summer Solstice
- Campfire
- Waves
- Harbor
- Birds
- Clouds
- Empire
- Winter Solstice
- Snowflakes
- Via Rail
- Silk Road
- Mercury
- Clockwork
- Forest
Es gibt Musik, bei der ich sofort meine Koffer packen und mindestens an irgendeinen lauschigen brandenburgischen See, am Besten aber gleich ganz weit weg ans große blaue Meer fahren möchte. Musik, die mich hibbelig macht, mit Gute-Laune-Schüben versorgt und bei der mir auch das grauste Schmuddelwetter wenig anhaben kann. Ich schreibe zwar ungern aus den Pressetexten ab, aber die Herrschaften von KADDISFLY erwecken mit ihrem treffend als "poppigen, angeproggten modernen Artrock" beschriebenen Sound, "der Virtuosität mit wunderbaren Melodien und Stimmungen verbindet und ebenso auf Power wie auf filigrane Strukturen setzt" genau dieses schöne Urlaubsgefühl in mir. Und dazu passt der Titel "Set Sail The Prairie" doch wie die Faust auf's Auge!
In der Tat ist das Booklet wie ein Reisetagebuch gestaltet, dessen Route auf dem Land- und Seeweg einmal um die Erdkugel führt. Los geht es mit dem melancholischen Intro 'Summer Solstice' "irgendwo in der Wüste", bevor das Schiff mit 'Campfire' in Mexiko volle Fahrt aufnimmt. Das Stück verbindet fröhlich-poppige Strophen mit einem tollen hymnischen Refrain und einer sentimentalen Bridge - Unbeschwertheit, gepaart mit emotionaler Tiefe, verpackt eine spannende, aber nicht überfrachtete Struktur. Ein wenig lässiger (wir sind gerade auf Jamaica) geht es in dem mit Reggae-Anleihen versehenen 'Waves' zu, bei dem es auch richtig Spaß macht, die von Sänger Christopher James Ruff vertrackt intonierten Texte mitzulesen. Auch wenn ich normalerweise kein Fan der gerade im Artrock-Gerne häufig anzutreffenden "androgynen" Stimmen bin, so ist gerade sein in der Regel ziemlich hoher Gesang ein großes Plus! Weiter führt uns das etwas überdrehte 'Harbor' nach Trinidad & Tobago, und just in dem Moment, wo man den Amerikanern eine gewisse Eintönigkeit unterstellen mag, schieben sie mit 'Birds' eine schöne Ballade mit folkloristischen Farbtupfern dazwischen. Von diesem entspannten Zwischenstopp in Libreville führt die Reise erstaunlich stürmisch, bedingt durch die Hardcore-Schlagseite von 'Clouds', ohne Schiff weiter nach Jerusalem. Eine herrlich gegen den Takt-Strom schwimmende Gitarrenlinie prägt 'Empire' (Russland) und beendet den sommerlichen Teil des Albums.
Nachdenkliche Klänge ertönen mit 'Winter Solstice' in Norwegen. Das spannende 'Snowflake' kündet von einem dramatischen Zwischenstopp in Island, verbindet harte Riffs mit zarter Entrücktheit und großer Leidenschaft. Das mit einem parabelartigen Text versehenen 'Via Rail' (Kanada) experimentiert mit an PAIN OF SALVATIONs Daniel Gildenlöw erinnerndem Sprechgesang. 'Silk Road' bietet ein Auf und Ab der Gefühle in Indien. Eher unspektakulär verläuft mit 'Mercury' und 'Clockwork' die Doppel-Station in China - die Songs sind nicht schlecht, lassen jedoch Überraschungen vermissen. Doch das finale 'Forest' setzt in Russland einen abwechslungsreichen, wenn auch mit über elf Minuten ein wenig langatmigen Schlusspunkt
Der beste Beweis, dass KADDISFLY mit ihrem Zweitling nicht nur ein schönes Stück Musik, sondern auch ein gutes Konzeptalbum gelungen ist, liegt in der Tatsache, dass ich meine eingangs beschriebene Urlaubs-Visionen schon lange vor dem ersten Blick ins Booklet entwickelt habe. Billiger kann man eine Weltumfahrung eigentlich nicht buchen!
Anspieltipps: Campfire, Waves, Birds, Empire, Snowflakes
- Redakteur:
- Elke Huber