ILLUMINATE - Zwei Seelen
Mehr über Illuminate
- Genre:
- Gothic
- Label:
- Gallery Records/Nuclear Blast
- Release:
- 29.09.2006
- Geist aus der Vergangenheit
- Wer lieben will...
- Tote Gärten
- Es brennt die Welt
- bevor du gehst
- Man sagt...
- Kein Hauch vom Leben
- Siehst du mich in dir?
- Zwei Seelen
Wie der Titel schon sagt, dieses Album besitzt tatsächlich zwei grundverschiedene Seelen, die aber beide parallel in der Musik von ILLUMINATE zur Geltung kommen. Johannes Berthold, seines Zeichens Kopf des Karlsruher Gothic-Projekts, hat sich auf dem neuen Album nämlich klanglich in ganz neue Welten hineingewagt, wobei die markanteste Neuerung ganz klar der viel organischere Sound ist. Und das macht sich auch gleich von Beginn an bemerkbar, sei es durch die verstärkten Einsätze der Sechssaitigen oder eben durch die stimmigeren Schlagzeugsounds, die der maschinellen Alternative, das wird man schnell zugestehen müssen, in Sachen Atmosphäre deutlich überlegen sind.
Die gesamte epische Stimmung von "Zwei Seelen" beruht auf diesem produktionstechnischen Fortschritt; ILLUMINATE nutzen zwar weiterhin die Mittel der Technik in den feinen Synthesizer-Einsätzen, nähern sich aber partiell überraschend dicht der Rockmusik an, was besonders in 'Wer lieben will ...' und dem bizarren 'Kein Hauch vom Leben' revolutionär erscheint. Andererseits hat sich Berthold nicht mit einem Mal die Butter vom Brot nehmen lassen und führt stilistisch auch weiterhin die grundlegende Marschrichtung fort. Verträumte, teils traurige Melodien in Songs wie dem langsamen 'Es brennt die Welt' oder dem bezaubernden 'Bevor du gehst' sind wohlbekannte Trademarks, verpackt in ein lebhafteres Klanggewand. Aber auch der auf einer traumwandlerischen Woge getragene Titelsong und das opulente Bombast-Epos 'Geist aus der Vergangenheit' sind prinzipiell sehr typische ILLUMINATE-Stücke, lediglich inszeniert in einem vergleichsweise rockigen Rahmen.
Doch noch einmal zurück zu den "Zwei Seelen", die diesem Album innewohnen; keine Frage, das Album ist ein in sich geschlossenes, homogenes Gesamtkunstwerk, doch es vereint dabei zwei kontrastierende Eigenschaften, die sich in den sehr unterschiedlichen Stimmungen der jeweiligen Songs widerspiegelt. Überfällt einen das relativ harte 'Wer lieben will ...' nämlich noch mit fordernden, ja fast schon martialischen Rhythmen, bekommt man in den nachfolgenden Balladen eher den Eindruck, als würde die Band hier die Antithese zu derartigen Nummern erstellen. Sanft und zerbrechlich klingen ILLUMINATE plötzlich, oder bringen wir es auf den Punkt: Es ist fast schon kitschige Popmusik, aber eben mit faszinierenden Texten und wunderschönen Melodien. Und da passen Sachen wie 'Man sagt ...' oder 'Kein Hauch vom Leben' erstmal nicht ins Bild. Oder doch?
Nun, die große Kunst auf "Zwei Seelen" besteht darin, die beiden sphärischen Gegensätze zu einem Ganzen zusammenzustricken, und diese Aufgabe hat die süddeutsche Gruppierung ohne größere Schwierigkeiten lösen können. Schön dabei ist, dass die Scheibe zwischen den verschiedenen Emotionen auch noch zahlreiche potenzielle Hitsingles parat hält, von denen 'Geist aus der Vergangenheit' trotz all seiner pathetischen Ausstrahlung schon jetzt als Favorit für die Spitze der DAT-Charts gilt. Kompakter kann man üppig dargebotene Gothic/Pop-Musik nicht in Szene setzen.
Auf jeden Fall wird "Zwei Seelen" unter Fans des Trios wieder Begeisterung auslösen, spätestens wenn die ersten Frauenstimmen sich in die Musik der Düster-Barden einmischen. Es mag sicherlich ein gewisser Kitsch-Anteil vorhanden sein, aber ehrlich gesagt hat mich ein solcher selten so wenig gestört wie auf diesem Meisterwerk. Respekt, meine Herren!
Anspieltipps: Gott aus der Vergangenheit, Es brennt die Welt, Zwei Seelen
- Redakteur:
- Björn Backes