HENDRIX, JIMI - People, Hell & Angels
Mehr über Hendrix, Jimi
- Genre:
- Rock / Blues
- Label:
- Sony Music / Legacy
- Release:
- 01.03.2013
- Earth Blues
- Somewhere
- Hear My Train A Comin'
- Bleeding Heart
- Let Me Move You
- Izabella
- Easy Blues
- Crash Landing
- Inside Out
- Hey Gypsy Boy
- Mojo Man
- Villanova Junction Blues
Nachlassverwaltung neuer alter Songs des Gitarrenmagiers
Der Nachlass längst verstorbener berühmter und einflussreicher Musiker ist immer wieder Basis für erhitzte Gemüter, zeigen doch Plattenfirmen und Rechteinhaber, wenn es um Recycling des oft wenigen unveröffentlichten Materials geht, einen Ideenreichtum, bei dem Greenpeace an anderer Stelle vor Neid erblassen würde. Gerade die "alte Garde" der längste Verblichenen scheint ein nahezu unerschöpfliches Sammelsurium an Songs, Jams und Projekten zu haben, die im Laufe der Zeit immer wieder aufs Neue eine Zahl an Veröffentlichungen und Alben generiert, bei der so mancher lebende Künstler vor Neid nur erblasst. Bei Hendrix ist das zudem noch höchst verwirrend, gibt es doch eine Myriade an Sessions, die etwa nur auf Vinyl erhältlich sind oder ohne Zustimmung des Hendrix-Clans lieblos auf CD gepresst oder, schlimmer, mit neuen Spuren zsammengebastelt wurden. Seit 1994 die Hendrix-Familie die Rechte zurückerlangte ist das anders, seither werden die alten Sessions und Jams liebevoll zusammengestellt und restauriert. Ob die Veröffentlichung der immer gleichen Songs in immer neuen Takes aber letztlich spannend ist, soll im Folgenden festgestellt werden.
Doch der Reihe nach: Ende der 1960er Jahre stand JIMI HENDRIX einerseits am Höhepunkt seines Schaffens, hatte mit seiner JIMI HENDRIX EXPERIENCE gleich drei erfolgreiche Alben in zwei Jahren veröffentlicht, das Gitarrenspiel und die Rolle des Gitarristen maßgeblich geprägt und galt bereits zu Lebzeiten als absolutes Gitarrenwunder. Andererseits befand sich seine Karriere auch am Scheideweg: Er wollte weg von der eingeschlagenen Bahn, wollte sich befreien von jeglichen künstlerischen Fesseln und mit neuen Musikstilen und befreundeten Künstlern experimentieren anstatt sich in eine Richtung drängen zu lassen. Ein erster Schritt war 1969 die Auflösung der EXPERIENCE und die Gründung der BAND OF GYPSYS, mit der unter anderem der legendäre Woodstock-Auftritt absolviert wurde. Über das Jahr 1970 verteilt folgten schließlich neben Konzerten immer wieder spontane Aufnahmen mit wechselnder Besetzung in den eigens errichteten "Electric Lady Studios".
Auf eben jenen Sessions liegt das Hauptaugenmerk von "People, Hell & Angels", Songs also, die Hendrix für den eigentlich Nachfolger von "Electric Ladyland" geplant hatte, aber nie fertigstellen konnte. Fast alle hier vertretenen Songs kennt man bereits, unterscheiden sich aber teils stark in der Besetzung oder Instrumentierung. 'Earth Blues' etwa eröffnet das Album trocken und funky in bester Hendrix-Manier und kommt durch die hier vertretene Dreierbesetzung sehr viel reduzierter, als bisher gehört. Interessanter wird es dann bei 'Somewhere': mit Stephen Stills ungewohnt am Bass und Buddy Miles ist es erst die zweite Version, die von den Originalbändern von 1968 aus den Sessions der damaligen Freunde veröffentlicht wurde. Und gerade Stills bereichert diese Version neben den unglaublichen WahWah-durchtränkten Soli enorm. Songs wie 'Let Me Move You' und 'Mojo Man' überraschen dann mit dem Einsatz von Bläsern und vor allem ohne HENDRIX am Mikro, letzteres mehr Soul als Bluesrock und fast gänzlich ohne seine sonst typischen Trademarks. Als eigentlicher Gewinner in diesem Session- und Besetzungswirrwar mausert sich bereits jetzt das Booklet, das mit ausführlichen Details zu den jeweiligen Versionen inklusive Querverweis zu früheren Veröffentlichungen aufwartet, ohne dabei vor den verpönten Alan Douglas-Alben zurück zu schrecken. Absolut großartig!
Weniger großartig ist die Songauswahl an manchen Stellen. Da wäre etwa der 'Easy Blues', ein 5 minütiges Instrumental, welches zuvor unveröffentlicht war. Vielleicht zurecht, denn besonders spannend ist das nicht. Und auch die enthaltene Version von 'Izabella' kann mich nicht unbedingt begeistern. Vollkommen unverständlich bleibt, warum 'Villanova Junction Blues' nach gerade mal 1:45 min. ausgefadet wird - wo der Take doch laut Booklet aus einem 21 minütigen, spannenden Jam stammt und noch mehr als genug Zeit dafür auf der CD wäre. Zumindest auf dieser Ebene bleibt die Compilation daher etwas hinter den Erwartungen zurück.
Braucht man dieses Album also nun oder hat man nicht doch schon alles, wenn auch in anderer Form, schon daheim im Regal? Nun, diese Frage muss sich wie immer jeder selbst beantworten. Fest steht, dass hier sicher nichts maßgeblich Neues oder Unbekanntes zu Tage gefördert wurde, das aber in teils spannenden Versionen und in liebevoller Aufmachung. Daher: Für Sammler und Fans kann man ein klares "Ja!" aussprechen, aber auch alle anderen HENDRIX-Affinen finden einige Spannende Songs, von denen die meisten auch alleinstehend sehr gut funktionieren.
- Redakteur:
- Simon Volz