HEAVY HEAVY LOW LOW - Everything's Watched, Everyone's Watching
Mehr über Heavy Heavy Low Low
- Genre:
- Jazzrage
- Label:
- Ferret Music/ Soulfood
- Release:
- 24.11.2006
- This is Really Testing The Patience I've Never Had
- A, S, V, L, N
- Mall-Nutrition
- Are You Okay, Kiddo?
- I Forgot 2 And A Half Days
- Texas Chainsaw Mascer-Uh
- Kids, Kids, Kids
- Buddy, You're Makin' No Sense
- There's A Bat
- Eating The Porridge And Killing The Bears
- Party Girls
Es ist Sonntag Morgen gegen elf Uhr, meine Schildkröte Kinski glotzt mich an und schüttelt das Echsschädelchen. Warum? Ihr Herrchen pfeift sich gerade zum dritten Mal das aktuelle Albümchen, äh Albömbchen, von HEAVY HEAVY LOW LOW rein. Albümchen daher, weil hier gerade mal 22 Minuten Spielzeit geboten werden. Albömbchen deshalb, weil hier fünf bekloppte durchschnittlich Neunzehnjährige die Jazzcoreplatte "Everything Watching, Everyone's Watching" vorlegen. Und nach anfänglichem Verziehgesicht breitet sich wohlwollendes Lächeln auf meiner Visage aus. Vorweg: Die Musik der Kalifornier ist meines Erachtens modernste Tonkunst. Wertfrei benannt, bei all ihren Schwächen.
In Zeiten monströser Beschallung und Bebilderung machen dich Momente der Stille oder des GAR NICHTS fast irre. Wer am meisten darunter leidet? Logisch, der junge Mensch. Da braucht sich der alte Mensch nicht wundern, dass er diese Art von Musik nicht versteht. Es gibt nichts zu verstehen, es geht um Gefühle, die man im Gewühl der Verantwortlichkeiten längst verschütten lassen hat. Das Geschrei in 'Kids, Kids, Kids' ist wahrscheinlich ab einem gewissen Alter nicht mehr mit Sinn gefüllt. Gerade die nachwachsende Ami-Intellektellen-Garde lehnt die überwachte, gelenkte, harmoniesüchtige und locker konsumierbare Musikkultur ab. Disharmonie war hingegen schon immer das probat-rabiate Mittel, aus dem Zombietum auszutreten. Ich will da nur mal die verehrten SOILENT GREEN, DILLINGER ESCAPE PLAN aber auch die LIARS oder SONIC YOUTH nennen. Und rein in diese Liste packe ich HEAVY HEAVY LOW LOW. Zwar weiter hinten, aber sie sind dabei.
Es hat sich für jene Art von Ausdruck der Begriff "Weird Music" durchgesetzt. Naja, wer's mag. Visuell wird dir natürlich auch viel Energie und Zappel geboten – testet folgende Seite: http://www.pbase.com/pistolswing/heavy_low
Aufschlussreich, oder? In diesem Sinne ist Kürze vielleicht dann auch die Würze. Eine einstündige Beschallung stelle ich mir bei der Vielzahl der Breaks und Wechseln sowieso problematisch vor. Außerdem ist Sonntag. Ich habe mir mal erlaubt, in weitere Outputs und Kritiken hinein zu schauen. Da fallen laufend Begriffe wie Gefrickel, Free Jazz, Geknüppel oder Wahnsinn und Genie. Wollen wir mal nicht so hoch ansetzen. Wut, Direktheit, Krach, Freundschaft, Aufbegehren - das ist, was ich primär damit verbinde:
Wut: Bewiesen durch das teilweise halsstarrige und heisere Geschrei der beiden Shouter. Direktheit: Angedeutet durch die Songtitel, welche meist direkt einen Dialog eröffnen wollen. Krach: Bewiesen durch die Ablehnung klassischer Songstrukturen. Maximal zwei Minuten am Stück werden uns angetan, es gibt gehöriges Riffing auf die Hörner. Und es ist laut!
Freundschaft: Wer solche Stücke schreibt und zusammen einspielt, der mag sich.
Aufbegehren: HEAVY HEAVY LOW LOW sind schwer konsumierbar, und nur in zeitlich versetzten Häppchen zu sich zu nehmen.
Übrigens wird auch visuell ein eher abstoßendes Konzept durchgezogen. Ein klinisch reiner Abfluss, wahrscheinlich programmatisch das Motiv, grient uns da vom Cover aus an. Dreht man - konsequenterweise nach dem Zwanzigminutengewitter - das Release dann um ... nee, es ist Sonntagvormittag und ich liebe meinen Kinski. Und Hunger hab ich auch.
Anspieltipps: There's A Bat; Kids, Kids, Kids; This Is Really Testing The Patience I've Never Had
- Redakteur:
- Mathias Freiesleben