GRAVFERD - Demonized
Mehr über Gravferd
- Genre:
- Black Metal
- Label:
- Northern Silence / Twilight
- Release:
- 26.05.2006
- Jeg Fornekter Jesu' Ord
- Når Kristendom Er En Saga Blott
- Av Hedensk Blod
- De Tapte Sjelers Hevnere
- La Oss Slakte Guds Lam
- Third Eye Watchtower
- Nightplay
- Darkness Narcoticum
- Moonlit Eyes
- Burn
- The Savage Heart
- Wishing Hell
- The Last Infernal Dance
Als uns eine CD mit dem Bandnamen GRAVFERD ins Haus geflattert ist, da hat bei mir ganz leise ein Glöckchen geklingelt. Immerhin war ich bis Mitte der Neunziger ein beinharter Sammler norwegischen Black Metals und habe mir auch die teilweise obskursten Demos kommen lassen. Darunter war auch ein Tape mit handkopiertem Cover und der Nummer #182 von 300, das den klischeetriefenden Titel "Mjøllner I Kvitekrists Aasyn" trug. Obwohl ich dieses Tape damals im Jahre 1995 ganz gerne mochte, hab ich die Band wirklich komplett aus den Augen verloren, und erst als ich den Namen wieder las, war mir klar, dass es die Band wohl doch irgendwie zu mehr gebracht haben musste als zu selbigem Magnetband aus grauer Vorzeit. Rechnete ich zunächst noch mit einem neuen bzw. ersten Studioalbum, verriet der Blick aufs Cover sogleich, dass es sich bei "Demonized" um eine Demo-Sammlung handelt. Nach "Mjøllner..." haben die Norweger in den Jahren 1997-2000 nämlich noch ganze drei weitere Demobänder aufgenommen. Eben diese drei sind nun hier vertreten und bringen es zusammen auf eine doch recht stattliche Spielzeit von 71 Minuten.
Den Anfang macht das chronologisch zweite Demo "Av Hedensk Blod" von 1997, das wie das mir so wichtige Debütdemo noch komplett in norwegischer Sprache abgefasst ist. Allerdings hatten die Jungs mit Abominator einen neuen und absolut passenden Sänger gefunden. Soundmäßig hat sich die Band enorm verbessert, doch ansonsten verkörpert sie noch absolut authentisch das Flair der zweiten norwegischen Black-Metal-Welle. Das Material ist vom langen und dramatischen Opener 'Jeg Fornekter Jesu' Ord' an mystisch, mit epischen, ganz leicht folkloristischen Keyboard-Melodien angereichert. Die Gitarren surren eiskalt und der Gesang wechselt von heißerem Keifen hin zu rezitativem Klargesang. Musikalisch mögen ganz frühe DØDHEIMSGARD, ebenso frühe SATYRICON, das Debüt von RAGNARØK und KAMPFAR als Vergleiche dienen. Die fünf Stücke schlagen alle in eine ähnlich Kerbe, dies aber auf einem sehr hohen Niveau, so dass es nicht verwundern kann, dass die 400er-Auflage des Demos ruckzuck ausverkauft war. Gerade das Titelstück ist eine echte Black/Viking-Hymne.
Beim dritten Demo "Nightplay" (1998) haben die Jungs um die Bandleader Larsen (Gitarre & Synthesizer) und Abominator (Gesang) eine leichte Kurskorrektur vorgenommen. Die Texte sind mittlerweile auf Englisch, zu den Wurzeln im episch-folkigen Norse-Black-Metal gesellen sich einige alte SODOM-Vibes und eine noch etwas räudigere Produktion, außerdem wurden die Keyboards über Bord geworfen. Ein Stilbruch lässt sich GRAVFERD aber dennoch nicht vorhalten: Sie sind immer noch die selbe Band. Der Opener 'Third Eye Watchtower' illustriert diese strukturellen Modifikationen ganz ansehnlich, krankt allerdings wirklich ein wenig am Sound. Das ist beim Titelstück etwas besser gelöst, wobei das Demo insgesamt nicht wirklich gut aufgenommen ist, aber bei den beiden letzten Stücken 'Darkness Narcoticum' und dem recht anspruchsvoll strukturierten und absolut mitreißend komponierten 'Moonlit Eyes' noch deutlich an Qualität zulegt. Die Songs zeigen in jedem Fall Potential und eine charmante Ursprünglichkeit, die auch durch Abominators immer noch charakterstarken und vielseitigen Gesang unterstrichen wird.
Das letzte Kapitel dieser Zusammenstellung widmet sich dem für lange Zeit letzten Demo der Band: "The Savage Heart" aus dem Jahre 2000, das wegen der extrem geringen Auflage kaum jemand je zu hören bekam. Hier wurde der Thrash-Metal-Anteil noch mal ein gutes Stück hochgeschraubt. Die Kompositionen sind straighter, knackiger, hackender. Die Jungs fühlen sich auch im knochentrockenen Black/Thrash sehr wohl. Das atmosphärische Element ist abgesehen von einigen melodischen Gitarrenleads und Soli weitestgehend über Bord gegangen, was das Antlitz der Truppe dann doch einschneidend verändert hat. Obwohl mir der ursprüngliche Sound GRAVFERDs eigentlich besser gefällt, ist auch dieses Demo kompositorisch recht ansehnlich. Lediglich der Drumsound ist ein wenig misslungen. Das tut aber Stücken wie 'Burn', dem noch ein mal etwas klassischer ausgerichteten Titelstück, dem ausladenden und variablen 'Wishing Hell' mit seinen tollen Leads sowie dem sehr intensiv gesungenen und mit dramatischem Riffing gesegneten Rausschmeißer 'The Last Infernal Dance' allerdings keinen Abbruch.
So geht "Demonized" als Demo-Compilation und Werkschau einer weitestgehend übersehenen Band insgesamt durchaus in Ordnung. Denn trotz des unvermeidlich rumpeligen Demosounds, sind hier eine Menge cooler Stücke und Melodien am Start, die eben absolut authentisch das verkörpern, was uns damals in dieser Aufbruchzeit so sehr an der nordischen, kalten, rasenden und finstren Musik fasziniert hat. Eine Zeitreise mal nicht retro, sondern authentisch. Es ist zwar schade, dass das erste Demo nicht auch noch mit auf die CD gepasst hat, aber was will man machen...
Vom vertretenen Material ist aus meiner Sicht "Av Hedensk Blod" am stärksten, doch auch das spätere Material weiß streckenweise durchaus zu gefallen. Wenn ihr vorher mal reinhören wollt, dann könnt ihr das auf der Bandhomepage tun, die neben Hörproben von der hier besprochenen CD auch das komplette aktuelle Demo "Philosophize" (2006) zum kostenlosen Download bereit hält. Die vorliegende Scheibe ist nämlich mitnichten eine posthume Würdigung einer längst verblichenen Underground-Kapelle. Nein, GRAVFERD sind noch immer aktiv und werden später im Jahr auch endlich das längst überfällige Debütalbum "The One Great Curse" veröffentlichen, worauf ich mich in jedem Fall freue. Einstweilen werd ich die Zeit mit "Demonized" überbrücken, und wer von euch - wie ich - voll auf den norwegischen Black-Metal-Underground der Mittneunziger abfährt, ist herzlich eingeladen, es mir gleich zu tun.
Anspieltipps: Når Kristendom Er En Saga Blott, Av Hedensk Blod, Moonlit Eyes, Burn, Wishing Hell, The Last Infernal Dance
- Redakteur:
- Rüdiger Stehle