ELECTRIC ORANGE - Krautrock From Hell
Mehr über Electric Orange
- Genre:
- Psychedelic Kraut Rock
- ∅-Note:
- 7.50
- Label:
- Sulatron Records / Cargo Records
- Release:
- 05.02.2010
- Bandwurm
- Sundos
- Chorg (Cpt. Gyrok's)
- Hers
- Kunstkopf
- Neuronomicon
- Wurmloch
Achtung, die Krauts kommen und haben fast 80 Minuten an psychedelischer Musique im Gepäck!
ELECTRIC ORANGE machen nicht nur Mucke, die ihre Wurzeln in den Sechzigern und Siebzigern hat, sie selbst sind auch schon seit fast zwei Dekaden mit ihrer Band am Start. Und doch: "angestaubt" klingt anders. Zeitlos und ohne Anbiederung an irgendwelche momentan angesagten Strömungen kommt er daher, der Psychedelic Kraut Rock der fünf Mannen aus Aachen, der sich Zeit lässt und mit einer eigenwilligen, charakteristischen Note ausgestattet ist. Das Album hat einen warmen, wabernden Klang, es sind viele Samples untergemischt und sogar einen "Erzähler" gibt es, der sich zu Beginn des Albums erst einmal fragt, mit welchen Worten er diese Aufnahme denn einleiten soll. Das "Gequatsche" mag der ein oder andere vielleicht überflüssig finden, es offenbart aber durchaus einen gewissen hintergründigen Witz, der mir sehr gefällt.
Dass der spacig-sphärisch-psychedelische Reigen sich sehr viel Zeit zur Entfaltung lässt, ist sicherlich zu erwarten gewesen. Ein Kritikpunkt in diesem Zusammenhang ist allerdings dennoch, dass es immer wieder längere Passagen gibt, in denen nicht allzu viel passiert. Das ist sicherlich genau so beabsichtigt, trotzdem sorgt es nicht gerade dafür, das Spannungslevel hochzuhalten. Der Opener 'Bandwurm' zum Beispiel plätschert doch recht unspektakulär vor sich hin, ähnliches gilt für Teile von 'Sundos' und 'Kunstkopf', die im Endeffekt ein Stück zu langatmig wirken und zu sehr die Wiederholungsschleife bemühen. Ja, "Krautrock From Hell" braucht ein bisschen, um in Gang zu kommen. Während 'Sundos' schon etwas spritziger als die Auftaktnummer ist, erscheint erst mit dem dritten Stück 'Chorg (Cpt. Gyrok's)' das erste richtige Highlight auf der Bildfläche. Bei dieser spacig angehauchten Nummer warten ELECTRIC ORANGE mit einer Hammond-Orgel auf, der dem Song ein gediegenes Siebziger-Flair verleiht und angenehm an ein paar Rockgrößen aus dieser Zeit erinnert. Schön verspielt gniedelt man sich hier durch zehn Minuten psychedelische Soundscapes und zeigt das erste Mal, was in dieser Band steckt. Eine Nummer wie 'Hers' offenbart schließlich (nach längerer und recht zäher Anlaufphase) eine muntere Dynamik, die das Stück gleich viel einprägsamer und griffiger erscheinen lässt und damit als deutlicher Gegenpol zu der eben verklungenen, ausladenden Klanglandschaft fungiert. Dieser Song ist auch der erste (und einzige) mit Gesang, die Vocals sind natürlich passenderweise auch harmonisch angelegt und kommen mir wie eine Mischung aus Michael Stipe von R.E.M. und Syd Barrett, dem Ur-Sänger von PINK FLOYD, vor. Ach herrje, da hab ich ja wieder was geschrieben...
'Kunstkopf' ist dann eigentlich nur ein kurzer, sechsminütiger Übergang, der selbst nicht wirklich markant rüberkommt und irgendwie durchrauscht. Regelrecht großartig hingegen ist der sich anschließende 25-minütige Longtrack 'Neuronomicon', der sich in sphärischen Harmonien ergeht und trotz seiner nahezu endlosen Wiederholungen als feines Klangwerk durchgeht. Gegen Ende des Stückes gibt es auch einen flotteren Teil, der sich richtig ins Hirn bohrt. Klasse! Hier erreicht man dann auch ein Maß an Eingängigkeit, welches Stücken wie 'Bandwurm' oder 'Kunstkopf' ein wenig fehlt. Wer sich mit der Stilrichtung grundsätzlich anfreunden kann, sollte sich schon allein wegen dem Schmuckstück 'Neuronomicon' die Platte zulegen.
Das finale 'Wurmloch' ist dann weitgehend nur Geräuschkulisse. Zugegeben, diese Soundcollagen sind zunächst auch recht interessant anzuhören, verlieren aber auf Dauer ihren Reiz und sind irgendwann tendenziell ein Fall für die Skip-Taste, da das Ganze doch ziemlich langatmig daherkommt. Manchmal gehen ELECTRIC ORANGE also ein bisschen zu ausufernd zu Werke, allerdings finden sich auf "Krautrock From Hell" etliche großartige Momente voller sich langsam entfaltender, atmosphärisch intonierter Genialität und entspannender psychedelischer Gelöstheit.
Anspieltipps: Chorg (Cpt. Gyrok's), Hers, Neuronomicon
- Note:
- 7.50
- Redakteur:
- Stephan Voigtländer