CATHEDRAL - The Guessing Game
Auch im Soundcheck: Soundcheck 03/2010
Mehr über Cathedral
- Genre:
- Doom Metal
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Nuclear Blast/Warner
- Release:
- 26.03.2010
- Immaculate Misconception
- Funeral Of Dreams
- Painting In The Dark
- Death Of An Anarchist
- The Guessing Game
- Edwige's Eyes
- Cats, Incense, Candles & Wine
- One Dimensional People
- The Casket Chasers
- La Noche Del Buque Maldito
- The Running Man
- Requiem For The Voiceless
- Journey Into Jade
Was für ein Trip: Vom freien Sex der Sechziger in die Depression des neuen Jahrtausends.
Obwohl sie nicht als die langsamsten unter den Doomern gelten, haben sich die britischen Urgesteine ganze fünf Jahre Zeit gelassen. Jetzt steht das neueste Werk in den Läden und freut sich, dass es "The Guessing Game" heißen darf. Nun bin ich weder für Doom noch für CATHEDRAL der ausgewiesene Experte, doch gerade deshalb freue ich mich ungemein, das Werk dieser Verrückten in einer psychedelischen Séance besprechen zu dürfen.
Eingeleitet wird das Album mit stöhnenden Frauen, stampfenden Rhythmen, und einer zweistimmigen Hammond-Orgel. Ha, es geht weit zurück in der Rock-Geschichte: Die späten Sechziger sind der Beginn der musikalischen Transzendenz, die CATHEDRAL mit ihrem 2010er vollführen. Die Mischung aus dicken Riffs und spacigen Breaks in 'Funeral Of Dreams' mit einer vorsichtigen Sitar im Hintergrund schickt den Hörer in die wild-zuckenden, entblößten Zeiten des freien Sex unter dem Peace-Zeichen zurück.
Man kann es sich wirklich verdammt gut vorstellen, wie die Jungs um Lee Dorrian im benebelnden Joint-Rausch mit Produzent Warren Riker (DOWN, CROWBAR) im Studio saßen, umgeben von an den wichtigen Stellen behaarten Mädchen, die sich wild in Trance tanzen, nur um dann zwischen Gitarre und Schlagzeug in einer wilden Stil-Orgie zu verschmelzen. Sei es die rothaarige Schottin, die den Punk mit reinbringt, die Blonde mit dem Pony, die Perlenkette zwischen den dicken Brüsten, die die psychedelischen Melodielinien eines Ian Anderson in Form einer putzigen Pille in den Rachen der hungrigen Musiker spickt oder die mystische Schwarzhaarige mit dem PENTAGRAM-Patch auf ihrer zerschlissenen Lederjacke mit vereinzelt baumelnden Fransen: Wir dürfen den Göttern der Siebziger dafür danken, dass sich diese Musen bereitwillig in die Höhlen des Aufnahmestudios begeben haben und sich frank und frei von den Musikern küssen ließen.
Im Prinzip stellen CATHEDRAL ihr wohl melodischstes Album vor. Ob es effektiv Doom ist, was die Briten vorlegen, sei einmal dahin gestellt. 'Death Of An Anarchist' mit seinem abgeklärten, todsicheren Hoppel-Part im Höhepunkt des Songs, darf durchaus als Hinweis darauf verstanden werden, dass die Band schlicht Heavy Metal spielt. Doch bevor der ein oder andere nun erzürnt seinen halb angerauchten Joint in die Ecke wirft und seine Doom-Höhle verlässt: Natürlich haben CATHEDRAL ihre Wurzeln nicht vergessen. Sei es 'The Running Man', ein Song über den gleichnamigen Film, der nicht nur deutliche Anleihen an genau diese Zeiten hat, sondern eine ordentlich bösartige Atmosphäre fährt, die so gar nicht zu den Hippie-Gedanken der Blumenkinder passen mag. Es wird immer noch tief und fett gegroovt.
Fazit: Die Band bietet auf "The Guessing Game" unheimlich viel. Die träumerische Atmosphäre ihrer Frühwerke in Kombination mit gar großartigen Gitarren und der Freude daran, sich nicht in irgendwelche Schubladen stecken zu lassen, und dem Mut, sich auch einfach mal in psychedelischen Eskapaden verlieren zu wollen, schaffen ein Album, das ich mit meiner jungfräulichen CATHEDRAL-Erfahrung gerne empfehlen möchte. Mir macht das unheimlich viel Spaß und mit einer Spielzeit von knapp über 100 Minuten ist die Reise auch lang genug, um nackt, zitternd und mit verfilzten Haaren im Arm obiger Schönheiten aufzuwachen und keine Ahnung mehr zu haben, was der letzte Trip mit sich gebracht hat... nur um herauszufinden, dass man das Katzenfutter im Überschwang mit der Katze füttern wollte. Neben sich Kerzen. Im Mondschein.
Anspieltipps: The Guessing Game (als Einstimmung), Edwige's Eyes, The Running Man
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Julian Rohrer