APEIRON BOUND - Multiplicity
Mehr über Apeiron Bound
- Genre:
- Progressive Metal / Avantgarde
- ∅-Note:
- 9.00
- Label:
- Layered Reality Productions
- Release:
- 26.08.2022
- Astral Projection
- Thought & Memory
- Eleutheromania
- Melancholic Zen
- My Sweet Stockholm
- Firmament
- Precocious Tribalism
- Emotive Servitude
- Absent Familiarity
- Chaotic Fervor
- Astral Reflection
- Era In Finem / Novis Initiis
Ein extremes Album: extrem vielschichtig - extrem virtuos - extrem fordernd.
Eine Band, die in ihrem Namen Bezug nimmt auf den Vorsokratiker Anaximander (610-546 v. Chr.), der den altgriechischen Begriff to apeiron, "das Unbegrenzte", prägte, wird kaum über Piratenschandtaten, Schwertergeklirr oder zünftige Trinkgelage singen. Stattdessen kommen psychologische und philosophische Themen auf diesem Debüt zur Sprache. Hand aufs Herz: Wem außer den Gräzisten unter euch war klar, dass mit 'Eleutheromania' ein obsessiver Drang nach Freiheit bezeichnet wird? Hier bewahrheitet sich wieder einmal: Metal bildet!
APEIRON BOUND aus Tampa, Florida fordert die Hörer mit einer für die meisten Metal-Fans wohl nicht ganz leicht verdaulichen Mixtur aus Progressive-, Symphonic- und Black Metal sowie Ambient zur Erweiterung des musikalischen Horizonts auf. Etwas so Triviales wie einen Refrain sucht man auf "Multiplicity" beinahe vergeblich. Das Ohr hat meist kaum Zeit, sich an einer melodischen Passage zu erfreuen, da fährt schon bald ein gnadenloses Break dazwischen und der Klargesang wird urplötzlich von einem bösartigen Fauchen abgelöst, das den Sendboten Mordors zur Ehre gereichen würde. Starke Kontraste in Tempo und Atmosphäre spielen bei APEIRON BOUND überhaupt eine große Rolle. Erst nach mehrmaligen Durchläufen klären sich die Strukturen, aus dem scheinbaren Chaos schälen sich Formen heraus und verdrehte Melodien beginnen sich langsam einzuprägen.
Die Gesangslinien sind bisweilen recht melodisch angelegt, jedoch wirken die Instrumente durch den Einsatz gegenläufiger Rhythmen wie eine Art Gegengewicht hierzu. Das hat etwas Dekonstruktivistisches. Der Sound der Band ist wegen seiner avantgardistischen Anlage ziemlich einzigartig, so dass Vergleiche nur sehr schwer zu ziehen sind. Ganz entfernt fühlt man sich manchmal an TOXIK erinnert.
Nach dem Intro 'Astral Project' ist der Opener 'Thought & Memory' tatsächlich der beste Einstieg, da dieser Song wohl der eingängigste von allen ist. 'Eleutheromania' steigert den Schwierigkeitsgrad, wartet aber mit wunderbaren Leads im Schlussteil auf, die auch John Petrucci (DREAM THEATER) nicht besser hinbekommen hätte. Selbst der Bass singt geradezu. Bei 'My Sweet Stockholm' erinnert der Klargesang von Michael Calza stellenweise an Alan Tecchio (HADES, NON-FICTION, WATCHTOWER). Der Song ist zwar einer der extremeren auf "Multiplicity", verfügt aber über kompositorische Klasse und hat eine fast filmische Wirkung. Möglicherweise hat die Band das Stück als Gravitationszentrum des Albums angelegt. Auch 'Firmament' hat seine erhabenen Momente, während 'Emotive Servitude' im Schlussteil vom Black Metal beeinflusst ist. 'Absent Familiarity' beginnt mit Breakbeats wie im Drum & Bass und - Wunder über Wunder - hier lässt sich im Anfangsteil erstmalig tatsächlich eine Art Refrain ausmachen.
Für ein romantisches Candle Light Dinner eignen sich die Songs von "Multiplicity" also nicht unbedingt und dürften wohl vorwiegend für Progressive-Metal-Fans von Interesse sein, die sich für Experimentelles begeistern können. Als Belohnung winken den Connaisseuren interessante Songstrukturen, eine Fülle an Ideen und ein ureigener Stil, der in der Rückschau vielleicht einmal als prägend für das Genre Progressive Metal angesehen werden wird.
- Note:
- 9.00
- Redakteur:
- Jens Wilkens