NIGHTWISH: Interview mit Tuomas Holopainen

01.01.1970 | 01:00

Vor ihrem Auftritt im Z7 in Pratteln (Schweiz) hatte ich die Möglichkeit, mit Tuomas von NIGHTWISH ein wenig zu plaudern. Im Tourbus, in welchem übrigens penibel auf Sauberkeit geachtet wird (Schuhe aus...), nahm das Gespräch dann seinen Lauf.

Kathy:
In ein paar Stunden müsst ihr wieder auf die Bühne. Habt ihr eigentlich immer noch Lampenfieber?

Tuomas:
Ja, ich persönlich bin immer ein wenig nervös, das werde ich wohl nie abschütteln können. Kurz vor der Show ist es am schlimmsten. Aber ich denke, wir haben schon so viele Gigs gemacht, dass sich nun eine Art Routine einstellt, was ganz gut ist. Doch ein gewisser Grad an Lampenfieber ist immer da.

Kathy:
Hast du eine Art Ritual, um dich dann zu beruhigen, wie z.B beten oder vielleicht auch einfach nur ein bisschen fernsehen?

Tuomas:
(lacht) Jeder von uns hat sein eigenes Ritual. Ich selbst mag es, alleine an einem ruhigen Ort zu sein und nochmals den Set geistig durchzugehen...

Kathy:
...um sicherzustellen, dass du keine Fehler machst?

Tuomas:
Genau. Ich mag es eben, für mich zu sein. Tarja beispielsweise wärmt sich bis zur letzten Minute auf, und die anderen spielen auf ihren Instrumenten rum, um warm zu werden. Also nichts Abergläubisches (lacht).

Kathy:
Was hälst du von SINERGY und ETERNAL TEARS OF SORROW, euren Vorgruppen? Magst du ihre Musik?

Tuomas:
Ja, ich mag ihre Musik sehr gerne, ich denke, wir sind ein großartiges Package. In jeder Band gibt es ein Mädel, das ist also eine Art "Finnish-Girlpower-Tour" (grinst).

Kathy:
Also sind die anderen beiden auch finnische Bands (war mir entfallen, Anm. d. Verf.)?

Tuomas:
Ja, das sind sie. Eigentlich ist die Sängerin von SINERGY keine Finnin, aber die restlichen Leute schon.

Kathy:
Dann müsstet ihr euch ja fast wie daheim fühlen, wenn alle um euch rum auch Finnisch reden.

Tuomas:
Ja, das stimmt. Und wir kannten uns alle auch schon vor der Tour, alles ist ziemlich easy.

Kathy:
Ich habe gehört, dass ihr während der Show Samples und Playback verwendet. Stimmt das?

Tuomas:
Ja, das ist richtig. Ich hoffe wirklich, dass die Leute das verstehen werden, denn auf den Platten verwenden wir viel Chöre, Effekte, männliche Stimmen und so Sachen, da gibt es keine Möglichkeit, diese Songs ohne Samples/Playback zu spielen. Wir können es uns nicht leisten, einen Chor oder einen Flötenspieler mit auf die Bühne zu bringen.

Kathy:
Ich denke mal, der Platz auf der Bühne wäre dafür auch ein bisschen zu klein.

Tuomas:
Richtig. Wir verwenden so wenig Samples wie möglich, aber speziell für die Songs des neuen Albums "Wishmaster" brauchen wir die Effekte.

Kathy:
Welches Konzert der Tour war bisher das beste, was meinst du?

Tuomas:
Frankreich war sehr überraschend, da wir vorher noch nie in diesem Land gewesen waren. Das Publikum dort war so hektisch, es war wie in Südamerika. Wirklich wild. Ich denke, in Paris war bisher das beste Konzert, sehr guter Ort zum spielen, alles ist echt gut gelaufen.

Kathy:
Habt ihr dort in einem größeren Club gespielt?

Tuomas:
Ja, er war ziemlich groß, etwa 1500 Leute haben reingepasst. Etwa die selbe Größe wie das Z7.

Kathy:
Ich hörte, dass ihr eine ziemlich horrormäßige Show in einem Club in Barcelona hattet und dass Tarja fast zusammengeklappt ist, weil es da drin so heiss war.

Tuomas:
Oh ja, das stimmt. Bisher dachte ich immer, dass Finnen wissen, wie man eine Sauna macht, aber da war es viel schlimmer. Das war die heisseste Show, die wir je gespielt haben. Auf der Bühne waren es um die 50 Grad und total feucht, wir mussten richtig kämpfen, um nicht ohnmächtig zu werden. Du versuchst, richtig zu spielen, aber alles ist nass, das Keyboard und so. Du kannst nicht die richtigen Noten spielen, weil es schwierig ist, noch die Augen offenzuhalten. Es war die ganze Zeit wie in einer Twilight Zone. Aber das Publikum war wieder großartig.

Kathy:
Und ihr habt die Show ja durchgestanden.

Tuomas:
(lacht) Nach dem letzten Song dachte ich: Yes! Es kann gar nicht mehr schlimmer werden.

Kathy:
Mögt ihr eigentlich Touren oder zieht ihr Studioarbeit vor?

Tuomas:
Weißt du, ich glaube das kann man nicht richtig vergleichen, denn beides macht Spaß. Nach einer langen Tour ist es schön, wieder ins Studio zu gehen und umgekehrt.

Kathy:
Studioarbeit ist ja auch mal was anderes, als immer im Tourbus zu sitzen und rumzufahren.

Tuomas:
Ja. (lacht) Ich könnte dieses Tourleben niemals ein Jahr oder so aushalten wie große Band wie METALLICA oder die ROLLING STONES, die für zwei Jahre oder so auf Tour sind.

Kathy:
Das würdest du nie tun?

Tuomas:
Nein, ich glaube, das könnte ich gar nicht. Fünf Wochen sind genug.

Kathy:
Kriegst du manchmal auch Heimweh?

Tuomas:
Eigentlich nicht, ist ja nur eine recht kurze Zeit. Die anderen vielleicht, wegen Familie, Beziehung oder so, aber ich nicht.

Kathy:
Und was sind eure Pläne für die Zeit nach der Tour? Werdet ihr gleich wieder an die Arbeit gehen oder erstmal Urlaub machen?

Tuomas:
Wir werden für eine Woche nach Kanada gehen, wir haben zwei Shows in Montreal. Im Dezember ist dann erstmal nichts zu tun, aber im Januar geht die Arbeit wieder los. Wir werden eine DVD machen und dann eine neue CD.

Kathy:
Wart ihr denn schonmal in Kanada?

Tuomas:
Nein, noch nie, das ist das erste Mal.

Kathy:
Seit ihr schon aufgeregt?

Tuomas:
Sehr, denn wir dachten, dass wir gar keinen Erfolg in Kanada haben würden. Doch dann haben sie uns gefragt, ob wir kommen würden, und die erste Show ist mit 1800 Leuten schon ausverkauft. Das ist schön.

Kathy:
Mittlerweile gehört ihr zu den bekanntesten und beliebtesten Bands in der Metal-Szene. Fühlt ihr euch schon irgendwie wie Stars?

Tuomas:
Weißt du, ich denke in diesem Business hat man sich wie ein Star zu fühlen, auch, wenn man sich innen drin nicht wirklich wie einer fühlt. Ich glaube, dass dieses Rockstar-Business nicht natürlich für uns ist. Das ist nichts, was wir unser ganzes Leben lang schon immer machen wollten. Alles ist so schnell und so plötzlich passiert, wir sind irgendwie da reingewachsen.

Kathy:
Ihr habt nie geglaubt, so großen Erfolg zu haben?

Tuomas:
Nein, nie. Es ist einfach passiert (lacht). Verbunden mit harter Arbeit natürlich.

Kathy:
Werdet ihr auch mal eine Live-Platte oder ein Live-Video veröffentlichen?

Tuomas:
Ja, die angesprochene DVD. Darauf wird ein Live-Konzert zu sehen sein, welches wir in Finnland gespielt haben. Mit Live-Sound, vielen Effekten, Pyroshow usw.

Kathy:
Wird die DVD europaweit veröffentlicht werden?

Tuomas:
Ich glaube ja. Aber in einer sehr limitierten Auflage.

Kathy:
Mich würde interessieren, wie ihr das diesjährige Wave-Gotik-Treffen in Leipzig empfunden habt, da es dort ja ziemlich chaotisch zuging.

Tuomas:
Ja, es war wirklich chaotisch. Ich bin froh, dass wir am ersten Abend gespielt haben, denn danach waren sie bankrott oder so.

Kathy:
Ja, sie konnten die Künstler und die Security nicht mehr bezahlen.

Tuomas:
Ich finde, es war sehr schlecht organisiert. Ich habe auch gedacht, dass wir ein bisschen fehl am Platze sind, weil alles so gothic war, so düster.

Kathy:
Aber neben euch waren ja auch andere Metal-Bands da.

Tuomas:
Stimmt schon. Und die Menge scheint uns gemocht zu haben, die Show an sich war OK.

Kathy:
Leider habe ich eure Konzert dort verpasst, weil ich im Stau stand. Aber ein paar Leute haben mir von eurem Auftritt erzählt, und sie haben euch sehr gemocht.

Tuomas:
Schön (grinst).

Kathy:
Habt ihr auf dem Wave-Gotik-Treffen irgendwelche Bands getroffen, deren Musik ihr privat mögt?

Tuomas:
(überlegt) Eigentlich nicht. Nur LACRIMOSA, weil sie grade nach uns gespielt haben..., THEATRE OF TRAGEDY...

Kathy:
Die haben gar nicht gespielt.

Tuomas:
Stimmt, sie sind nicht aufgetreten. Sie kamen zum Hotel und mussten sofort wieder gehen.

Kathy:
Und wie war's am Wacken Open Air? Hat euch das besser gefallen?

Tuomas:
Ja, das war richtig cool, obwohl wir viele Beschwerden wegen dem Sound gehört haben. Aber das ist immer das gleiche Problem an Festivals. Das war die bisher größte Show, die wir gespielt haben, 14 000 Leute oder so. Es war auch alles wirklich gut organisiert.

Kathy:
Seit ihr Jungs eigentlich manchmal eifersüchtig, weil Tarja immer im Rampenlicht steht?

Tuomas:
Ich denke, das ist nur natürlich, wie "The Beauty and the four Beasts" (lacht). Klar ist sie das Schlüsselelement der Band und bekommt mehr Aufmerksamkeit deswegen. Kein Problem damit.

Kathy:
Klingt, als wärst du auch ganz froh, dass sie alle Augen auf sich zieht und du deine Ruhe hast.

Tuomas:
Ja, wahrscheinlich. Weißt du, persönlich finde ich, dass ich genug Aufmerksamkeit bekomme, weil ich sowas wie der Gründer der Band bin und die Songs schreibe. Ich bin echt zufrieden mit meinem Status in der Gruppe.

Kathy:
Kommt es manchmal eigentlich auch zu handfestem Streit innerhalb der Band?

Tuomas:
Ja klar. Wieder eine sehr natürliche Sache. Wenn du fünf Wochen im gleichen Bus hockst und immer die gleichen Gesichter siehst, bist du manchmal echt angepisst (lacht). Ja, wir streiten ziemlich viel.

Kathy:
Sag mal, gehen euch die ganzen Interviews, die ihr heutzutage geben müsst, nicht schon ziemlich auf den Keks?

Tuomas:
Noch nicht. Ich selbst genieße Interviews irgendwie. Sie beschäftigen dich, ich mag das. Besonders Telefon- oder Face-to-Face-Interviews. Ich hasse E-Mail-Interviews, das braucht so viel Zeit. Gerade erst hatte ich ein E-Mail-Interview aus den USA. Mit 87 Fragen..., ich brauchte etwa sieben Stunden, um alle zu beantworten.

Kathy:
Puh, klingt nach viel Arbeit.

Tuomas:
Yeah, das mache ich nie wieder (grinst).

Kathy:
OK, ich bin am Ende meiner Fragen, hast du noch ein paar abschließende Worte?

Tuomas:
Warum enden eigentlich alle Interviews mit dieser Frage? Ich hab nie irgendwas zu sagen (lacht). Es ist immer so nach dem Motto: Was soll ich bloß sagen? Und ich habe auch jetzt grade nichts im Kopf.

Kathy:
(grinst) Ist nunmal eine gute Frage für den Schluss.

Tuomas:
(grinst auch) Ich weiß. Es ist bloß immer schwer, da was zu sagen.

Kathy:
OK, vielen Dank für das Gespräch.

Redakteur:
Kathy Schütte

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