FLESHCRAWL: Interview mit Sven Gross

01.01.1970 | 01:00

FLESHCRAWL, die Speerspitze des deutschen Death Metal, schlägt wieder zu! Härter, schneller, lauter ... diese Adjektive treffen auch nach über zwölf Jahren und sieben Alben im Großen und Ganzen den Nagel auf den Kopf, wenn man über den Sound der schwäbischen Schweden spricht. Allerdings hat man mittlerweile den bandeigenen Stil derart verfeinert und weiterentwickelt, dass die drei genannten Umschreibungen schon fast wieder als profane Unterstellung gelten könnten... Bester Beweis hierfür ist der aktuelle Longplayer "Made Of Flesh". Genau über jenen, die bevorstehende Tour mit SIX FEET UNDER (die mittlerweile schon wieder Vergangenheit ist) und vieles mehr durfte ich mit dem stets gut gelaunten Brüllwürfel der Band, Sven, unterhalten. Auf geht's ...

Oliver:
Gott zum Gruße, Herr Gross. Alles klar bei euch?

Sven:
Haha, von mir aus auch der. Trotzdem Danke der Nachfrage, bei uns soweit alles im grünen Bereich.

Oliver:
Seid ihr wirklich so evil, wie uns die ganzen Pressepics auf der Promo suggerieren wollen? Euer Bassist Tobias kommt für mich live wesentlich relaxter und cooler rüber als auf den Pics. Sorry, aber das brannte mir wirklich auf den Nägeln.

Sven:
Nein, ich denke nicht, oder sind alle Bands so evil wie auf ihren Bildern?
Death Metal lebt in unseren Augen von Klischees. Unsere Texte triefen ja nur so davon und ich renn auch nicht den ganzen Tag mit dem Hackebeil durch die Gegend und such mir was zum Schlachten. (Bist du dir da sicher? - Anm. d. Verf.) Außerdem bist du ja schon in den Genuss gekommen, mit uns einige Gerstenkaltschalen zu leeren und ich glaube nicht, dass dabei Traurigkeit aufkam!? (Kein Kommentar! - Anm. d. Verf.)

Oliver:
Vor kurzem kam in der Politik die Diskussion auf, dass der Begriff "Made in Germany" abgeschafft werden soll, was eigentlich immer für Qualität stand. Über die Jahre hinweg hat sich "Made of Flesh(crawl)" (wobei "by" richtiger wäre) gleichfalls zu einem Qualitätsbegriff gemausert, was eindeutig mit der neuen Scheibe seinen Höhepunkt fand. Wie siehst du das neue Album im Vergleich zu den Vorgängern und wie sind die Reaktionen bis dato auf die Scheibe ausgefallen?

Sven:
Ich denke FLESHCRAWL steht für brutalen Death Metal und von diesem eingeschlagenen Weg weicht auch "Made Of Flesh" nicht ab. Wobei einem das neueste Werk immer am besten gefällt, sonst hätten wir es nicht veröffentlicht. Ich glaube, "Made Of Flesh" ist unser abwechslungsreichstes Album. Wir haben dieses Mal einige Groovemonster am Start, jedoch mit ‘Damned In Fire‘ auch den schnellsten Song unserer Karriere aufgenommen.

Oliver:
Wenn ich mir das Review meines Powermetal-Kollegen so durchlese, gab’s bei uns eher eine mittelprächtige Kritik. Wie lebt es sich damit, vor allem mit dem Minuspunkt am Schluss, wo euch Gleichförmigkeit in den Songs vorgeworfen wird? Auch die "Empfehlung" dürfte euch ein Dorn im Auge sein... kann ich mir zumindest vorstellen.

Sven:
Ehrlich gesagt hab ich das Review deines Kollegen schon lange abgehakt. Der Vorwurf der Gleichförmigkeit ist ein Witz. Mit "Made Of Flesh" haben wir das abwechslungsreifste Album bis dato rausgehauen. Hört der überhaupt Death Metal? (Tut er und zwar sehr gerne! – Anm. d. betr. Kolläschn)
Wenn jemand seinem Stil treu bleibt, wird ihm Stagnation vorgeworfen?
Wenn sich jemand ein FLESHCRAWL-Album kauft, will er brutalen Death Metal und soll ihn auch bekommen.

Oliver:
Ich persönlich stimme dem Review meines Kollegen, wie ich zu Anfang schon angedeutet habe, überhaupt nicht zu. Für mich ist "Made Of Flesh" mit Abstand das beste FLESHCRAWL-Album, mit dem ihr die Release-Konkurrenz HYPOCRISY, DEICIDE, MONSTORSITY, CANNIBAL CORPSE etc. im Februar / März ganz klar hinter euch lasst. Was ist das Geheimnis der Songs und des Songwritings auf "Made Of Flesh"? Warum sind die Songs so (geil) geworden, wie sie im Endeffekt auf der CD stehen?

Sven:
Geheimnisse gibt es nicht. "Made Of Flesh" ist mittlerweile unser siebtes Album und wir lernen immer noch dazu. Wir wollten ein brutales Album aufnehmen, alles Weitere hat sich während des Songwritings entwickelt. Ebenso haben wir einen neuen Gitarristen am Start, der sicherlich auch frischen Wind in die Sache gebracht hat.

Oliver:
Für "Made Of Flesh" habt ihr für eure Verhältnisse eine ziemlich "aufwändige" Vorproduktion gefahren. Inwieweit konnte man danach schon ahnen, was die Scheibe im Endeffekt für ein Hammer wird? Die Zusatzarbeit hat sich in jedem Fall gelohnt, oder?

Sven:
Diese Art des Arbeitens hat sich vollkommen ausgezahlt. Durch die Vorproduktion hatten wir die Möglichkeit die Songs in Dauerrotation zu testen, wobei einem immer wieder Details auffielen, die im Studio dann anders eingespielt wurden oder Vocallines, die versetzt wurden etc. Dadurch gingen wir super vorbereitet ins Studio.

Oliver:
Musikalisch würde ich "Made Of Flesh" als gemäßigter einstufen als diverse Vorgänger. Zwar wie eh und je brutal – keine Frage – dennoch abwechslungsreicher, mehr Tempoverschleppungen, melodiöser. Ich bin sogar versucht, den Begriff "kommerziell verwertbar" zu verwenden, auch wenn euch das evtl. nicht gefällt. Der Begriff "kommerziell" ist in eurem Metier eher eine Art Schimpfwort, oder wie stehst du dazu?

Sven:
Haha, kommerzieller Death Metal!!!
Wart mal kurz, ich bekomm gerade meinen dritten Porsche geliefert.
Aber im Ernst, ich denke "Made Of Flesh" ist einfach abwechslungsreicher ausgefallen.
Brutalität oder Heavyness erreicht man nicht nur durch ständiges Geprügel, sondern auch durch Grooveparts. Ich glaube, wir haben mit "Made Of Flesh" die nötige Mischung gefunden.

Oliver:
Noch eine Frage zum Songwriting. Wie hat sich dieses im Vergleich zu vergangenen Zeiten (noch mit Stefan) geändert? Worin siehst du die Unterschiede der Beiden - rein vom Songwriting-Aspekt her?

Sven:
Geändert hat sich am Songwritingprozess gar nicht so viel. Wir arbeiten immer noch die Songs gemeinsam im Proberaum aus. Wobei halt Stefan nicht mehr dabei ist, sondern nun Olli.
Das haben wir auch früher so gehalten, jeder bringt seine Songideen mit.

Oliver:
Kannst du vielleicht ein paar Worte zum Cover der neuen Scheibe verlieren? Wer zeichnet sich dafür verantwortlich? In jedem Fall mal wieder mehr als gelungen, wie auch schon in der Vergangenheit!

Sven:
Für unsere letzten drei Cover (was viele nicht wissen, auch das "Descend Into The Absurd"-Cover stammt von ihm), zeichnet sich ein Künstler aus unserer Gegend, Uwe Jarling, verantwortlich.
Er hat alle unsere Erwartungen erfüllt. Wir haben ihm dieses Mal nur den Albumtitel als Vorlage gegeben, für "As Blood Rains..." und "Soulskinner" hatten wir schon konkrete Vorstellungen.
Bei "Made Of Flesh" hatte Uwe freie Hand und schon die Entwürfe haben uns überzeugt.

Oliver:
Hast du nicht Angst, dass euch so langsam für die nächste Scheibe die Songtitel mit "Blood" und "Flesh" ausgehen? Hier ein paar Vorschläge meinerseits: ‘Bloodstorm‘, ‘Dirty Sanchez‘,‘...Of Blood And Flesh‘, ‘Bloodsters‘, ‘Fleshsters‘ ... Ist was für euch dabei?

Sven:
Haha, du wirst lachen, ‘Bloodstorm‘ stand schon mal für einen Song auf der "Bloodred Massacre" zur Debatte. Blut und Fleisch regiert die Welt!
Übrigens, ‘Dirty Sanchez‘ ist schon ein Songtitel von ZEKE!

Oliver:
Ist ‘Flesh Bloody Flesh‘ vom Titel her eine Anlehnung an BLACK SABBATHs Song ‘Sabbath Bloody Sabbath‘ oder stand der Titel hier nicht Pate?

Sven:
Nein, bei ‘Flesh Bloody Flesh' siegte das Argument: Killer F’CRAWL-Songtitel.

Oliver:
Mit mittlerweile sieben Alben in der Hinterhand - wie schwer ist es da, sich eine passende Livesongliste zusammenzustellen? Dürfte nicht ganz so easy sein ...

Sven:
Das größte Problem ist, sich bandintern einig zu werden. Jeder in der Band hat auf allen Alben seine Favoriten und will sie natürlich auch live spielen. Also läuft alles demokratisch durch Abstimmen.
Wobei natürlich gerade die neuen Songs im Vordergrund stehen, um diese zu promoten.

Oliver:
Da sind wir dann auch schon beim Thema, Ende Februar steht eine Tour mit den Labelkollegen von SIX FEET UNDER und CRIMINAL an. Von den Daten her nicht gerade sehr ausgiebig, wenn man ein Album zu promoten hat. Wie seht ihr die Angelegenheit?

Sven:
Natürlich denken wir genauso, aber heutzutage ist eine kurze Tour besser als gar keine.
Gerne würden wir länger "on the road" sein, aber an der Organisation sind wir nicht beteiligt.
In der heutigen Zeit mit Festivals bis zu zwölf Bands, bei denen die ersten fünf täglich verheizt werden, können wir uns glücklich schätzen. Drei Bands sind ausreichend und jede Band hat eine annehmbare Spielzeit.

Oliver:
Ihr wart ja in der Vergangenheit (Juni 2001) schon einmal mit SFU unterwegs. Wie sind eure Erinnerungen an die vergangene Tour und was erwartet ihr euch von der kommenden?

Sven:
Die Erinnerungen sind sehr positiv. Die SIX FEET-Jungs waren sehr freundliche Zeitgenossen und es war mir eine Ehre, mit Terry Butler und Steve Swanson die Bühne zu teilen.
Auf die kommende Tour sind wir sehr gespannt, da wir zum ersten Mal "Made Of Flesh" live vorstellen. Es wird sicher wieder ein spaßige Angelegenheit!

Oliver:
Im Sommer steht für euch ein weiterer Abstecher zum Summer Breeze an. Kein weiteres Festival, das in diesem Jahr gerockt wird? Würde sich doch mehr als anbieten? Die besten Voraussetzungen sind jedenfalls vorhanden ...

Sven:
Natürlich würden wir gerne auf allen Festivals spielen, aber das liegt nicht in unserer Hand. Wir stehen noch mit einigen Festivals in Kontakt, aber die Entscheidung liegt bei den Veranstaltern.

Oliver:
Ein schlauer Kollege von mir hat mal den Spruch abgelassen "Musik ist kein Wettbewerb!". Wie stehst du zu dem Statement? Was hältst du von den ganzen Bandwettbewerben, die es so für junge Bands gibt? Wenn Musik kein Wettbewerb ist, was ist sie dann?

Sven:
Weiser Knabe. Ich denke Wettbewerb findet unter vielen Bands statt, was traurig genug ist. Musik ist immer eine Sache des Herzens und vor allem Geschmacksache. Was mir nicht gefällt, muss ja nicht schlecht sein, trifft nur nicht meinen Geschmack. Von den ganzen Bandwettbewerben halte ich nichts, Qualität wird sich immer durchsetzen und die Spreu vom Weizen trennen.
Früher gab es auch keinen Wettbewerb, das Zauberwort hieß "gemeinsam".

Oliver:
Okay, bevor ich dir noch ein Loch in den Bauch frage, komme ich zum Schluss. Was steht für euch zwischen der Tour und dem Summer Breeze noch an? Gibt es eventuell noch eine weitere Tour für "Made Of Flesh"?

Sven:
Wir werden die Zeit für Wochenendgigs sowie kleinen Festivals nutzen. Was weitere Touren für "Made Of Flesh" betrifft, da ist noch alles offen. We´ll see ...

Oliver:
Alles klar. Dann viel Glück für die Tour und viel Erfolg für die neue Scheibe. Die letzten Worte gehören wie üblich dem Befragten ... los geht’s!

Sven:
Danke dir für deine Wünsche und das interessante Interview. Unseren Fans möchte ich für den jahrelangen Support danken – we'll see you on tour ... stay brutal!!!

Sven und FLESHCRAWL

Redakteur:
Oliver Kast

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