Zoo Army - Berlin

20.12.2006 | 11:05

14.12.2006, Silver Wings

Erst zehn nach acht und die Hütte rockt schon? Nicht nur diese für Hauptstadt-Verhältnisse ungewöhnlich frühe Zeit für eine derart gute Stimmung irritiert mich bei meinem Eintreffen im Silver Wings. Auch dass die Typen auf der Bühne allesamt in ZOO ARMY T-Shirts stecken, lässt mich fast befürchten, sogar schon die Vorband ABSOLUTE verpasst zu haben. Zum Glück handelt es sich jedoch um eben jene, deren Mitglieder nicht nur große Fans der Zoo-Armee zu sein scheinen, sondern bereits eine beachtliche eigene Anhängerschaft im Schlepptau haben. Das zu ca. 90 Prozent weibliche und ziemlich junge Publikum zeigt sich jedenfalls erstaunlich textsicher und feiert den stellenweise an Mitt-90er-Crossover-Größen wie RAGE AGAINST THE MACHINE oder H-BLOCKX erinnernden Sound der Frankfurter gebührend ab - auch wenn Kollege Peter nicht ganz zu unrecht anmerkt, dass die Jungs mit ihrem Stil ca. 10 Jahre zu spät kommen. Egal, rocken tut das ganze, und dank einiger moderner Effekte und Samples hier und da auch erfrischend unantiquiert und eigenständig.

Während drei Viertel der Formation eher unauffällig seinen Job erledigt, erweist sich Sänger Toby Breitenbach als vielseitig und bedient nebenbei lässig Gitarre oder Keyboard, was aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse auf der Bühne für stetige Umbauaktionen sorgt. Nach 45 nicht nur deswegen kurzweiligen Minuten dürfte der sich Vierer noch etliche weitere Fans erspielt haben - die Mädels spammen ihnen jedenfalls schon das Gästebuch voll, dass Toby ja soooo süß ist und soooo tolle Augen hat. Wer ABSOLUTE lieber hören als sehen möchte, kann auf der Homepage übrigens in satte 13 Tracks reinhören. Die erste Platte soll im Frühjahr erscheinen.
[Elke Huber]

Um exakt halb zehn betreten dann ZOO ARMY die kleine Bühne im zwar spärlich gefüllten, aber extrem gut gelaunten Silver Wings. Gil Ofarim wird dabei von den ersten Tönen des Openers 'Tell Me Something' von den meist jungen und nicht ganz so oft sehr attraktiven Damen in den ersten Reihen laut bejubelt, ja es wird sogar Teeniestar-like gekreischt. Da schimmert die ungeliebte Bravo-Vergangenheit doch immer noch durch. Dabei überzeugt die Zoo-Armee doch vor allem musikalisch. Der alternative Rock hat schon in digitaler Form deutlich mehr Punch als das Gros der Genrekollegen, kommt aber live noch mal einen ganzen Zacken härter durch die Boxen und darf sich so ab sofort das Genre "Alternative Metal" ans Revers heften. Besonders deutlich wird dies bei Nummern wie 'Change' oder 'Never', die mit metallischen Riffs und gar Doublebassgedonner verblüffen. Elke ist hingegen eher davon verblüfft, dass ein Sonnyboy wie Gil mit einer derart kräftigen Röhre ausgestattet ist, die so gar nicht zum adretten Äußeren des Sängers passen will. Dazu kommen immer mal wieder etwas kehlige Backings von Gitarrist Tal, die so den Härtegrad noch etwas erhöhen. Und so kommt es, dass die Mädels in den ersten Reihen nach dem ersten Song nicht mehr nur Gil anhimmeln, sondern springen, hüpfen, singen und headbangen als gäbe es kein Morgen. Und als Gil das Publikum auffordert sich hinzusetzen, gehorchen die ersten Reihe ausnahmslos, nur um beim nächsten Riff aufzuspringen und eine Art Circle-Pit zu starten. Krass, wie sehr die Mädels hier abgehen.

Gil gibt sich zwischen den vielen Dankesreden – Berlin ist der letzte Gig der Tour, und so werden ABSOLUTE, Crew, Band und Fans mit vielen, freundlichen Worten bedacht - als souveräner Frontmann, der vor allem dadurch sympathisch wirkt, dass er mehr als einmal sehr glaubhaft deutlich macht, dass es ihm nur um die Musik geht. Immerhin geht er nach seiner Zeit als Bravo-Titelheld den deutlich steinigsten Weg, spielt leidenschaftlich die Musik, die er spielen will, und geht zurück in die Clubs, um vor vielleicht 100 Nasen zu spielen. So sagt er 'Save Me' als "unsere nächste Single, auch wenn wir auf Plattenverkäufe scheißen" an und bedankt sich bei "all den Radiostationen und Fernsehsendern, die uns nicht spielen, weil ich eine Vergangenheit habe und ihnen die Musik dazu nicht passt". Und auch, dass 'I'm Alive' als einziger, härterer Song und erste Single vom aktuellen Album "507" nicht gespielt wird, dürfte ein ausgestreckter Mittelfinger in Richtung Business sein. Keine Frage, mit dem Kapitel "Bravo" hat Gil Ofarim abgeschlossen.

Und vielleicht wird genau diese Glaubwürdigkeit eines Tages der Schlüssel zum Erfolg. Songs wie 'Selfish Box', 'Take Me Away', 'Like I Do', 'Change' oder 'Never' haben nämlich trotz aller Härte einen deutlichen Hit-Appeal, der sich in lauthals mitgesungenen Refrains mehr als eindrucksvoll zeigt. Dazu kommt die unbändige Energie, mit der ZOO ARMY hier zu Werke gehen und knapp 90 Minuten Vollgas geben, obwohl sie erst ein Album auf dem Markt haben. Verschnaufpausen gibt es keine, denn die beiden Akustikballaden 'Feel' und 'Fading' finden keinen Platz auf der Setlist. Dies sind dann zusammen mit 'I'm Alive' die einzigen Songs, die von der Special Edition von "507" nicht gespielt werden, dazu kommen stattdessen noch drei weitere, mir leider unbekannte Songs, die die Fans in den ersten Reihen aber schon laut bejubeln und noch lauter mitsingen.

Nach den beiden Zugaben 'Left Or Right' und 'Shadowland' (O-Ton Gil: "zum Abschluss noch mal richtig was auf die Fresse") ist der schweißtreibende Abend dann endgültig beendet. Ganz klar: der nächste Zoo, in den ihr geht, sollte harte Rockmusik spielen. Für Genrefans definitiv ein Muss.

Redakteur:
Peter Kubaschk

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