With Full Force XXV - Ferropolis

05.07.2018 | 09:18

14.06.2018, Gräfenhainichen

25 Jahre With Full Force: Zum Jubiläum macht der einst selbsternannte "härteste Acker Deutschlands" seinem Namen alle Ehre und zerlegt die "Stadt aus Eisen".



Der Samstagmittag auf der Ferox Stage beginnt mit vollkommen verrücktem Thrashcore von MANOS. Unglaublich sind vor allem zwei Dinge: Erstens macht MANOS aus Querfurt das jetzt schon seit dem Jahr 1984! Zweitens fallen der Band immer noch neue Absurditäten ein. Die musikalische Darbietung ist auch heute wieder eng an die Ästhetik der Bühnenperformance angelehnt. Das Plektron wird zu 'Kranker Tannenbaum' mal schnell gegen eine etwa drei Meter hohe, abgestorbene Fichte ausgetauscht. Diese authentische Darbietung sorgt allerdings nachfolgend für einige technische Probleme, denn scheinbar sind Gitarren nur bedingt für diese Belastung ausgerichtet. Das notgedrungen länger eingebaute 'Drum N Bass'-Lied klingt dabei im Gegensatz zu 'Hol Mir Ne Bockwurst' sogar richtig groovy. Abschließend bleibt nur zu sagen: Kurzweilig, unterhaltsam und sympathisch wie jedes Mal!

Feinsten Hardcore serviert uns PRO-PAIN. Dagegen wirkt jedes Konterbier wie ein Detox-Gemüsesaft. Obwohl die Mr. Meskil aus New York schon unzählige Male auf dem Full Force zu sehen waren, ist jede Show der Amis ein erneuter Schlag in die Fresse. Bei 'Stand Tall' und 'Un-American' wird das Gaspedal bis zum Anschlag durchgetreten. Und obwohl auch hier die E-Seite Trumpf ist, wirkt das in keinem Moment langweilig. Ein geiler Sound und eine energiegeladene Performance runden einen extrem starken Gig ab. So bleibt nur zur hoffen, dass die Band den anschließenden Song 'Deathwish' doch bitte nicht wörtlich nimmt. PRO-PAIN bleibt uns hoffentlich noch viele weitere Jahre erhalten.

Für H2O ist das With Full Force die erste Station auf der bevorstehenden Tour. Obwohl der Hardbowl die "kleine" Bühne des Festivals ist, erwähnt Frontmann Toby direkt zu Beginn des Sets, dass ihm der Graben zwischen Band und Publikum gar nicht passt und er die Nähe zu den Leuten braucht. Gesagt, getan verbringt er beinah die komplette Show auf den Wellenbrechern und lässt sich bei den Songs lautstark von den ersten Reihen unterstützen. Die Setlist ist bunt gemischt und durch die kurze Dauer der einzelnen Hardcore-Punk Songs werden in der 45-minütigen Spielzeit jede Menge davon untergebracht. 'Everready', 'Sunday', '1995', 'Still Here,' '5 Years Plan' und zum Schluss natürlich 'What Happened?', um nur eine kleine Auswahl zu erwähnen.

SOULFLY passt natürlich perfekt zum Jubiläum. Als Stammgäste gehört die Gruppe um Frontmann Max Cavalera quasi zum "Best of Full Force", welches hier in den vergangenen 25 Jahren geboten wurde. Dem Opener 'Prophecy' folgten weitere Kracher aus den Anfangstagen der Brasilianer wie 'No Hope No Fear' und 'Bleed'. Natürlich gibt es mit 'Refuse / Resist' auch eine Homage an die SEPULTURA-Vergangenheit von Max. Dieser wird mittlerweile von seinem Sohn am Schlagzeug unterstützt, der damit in die Fußstapfen seines Onkels Igor tritt. Ein Medley aus 'Jump Da Fuck Up' und 'Eye For An Eye' schließt den sehr gelungenen Auftritt ab.

Nun füllen sich die Reihen vor der Ferrox Stage und man könnte meinen, es sind mehr Leute als bei den beiden vorherigen Headlinern zusammen da. PARKWAY DRIVE hat erst vor kurzem mit "Reverence" ein weiteres Album veröffentlicht, welches sich nochmal weiter vom klassischen Metalcore entfernt. Auch das Set konzentriert sich stark auf das neue Material. Aber alles von Anfang: Ein episches Intro mit verdunkelter Bühne und Knalleffekten lässt erahnen, was gleich passiert. Als Doppelpack-Opener werden mit 'Wishing Wells' und 'Prey' direkt zwei knallharte Tracks vom Neuwerk präsentiert. Ab dem ersten Takt stimmt einfach alles: Der Sound, die Kulisse, Performance und eine Crowd, die sichtlich auch die Band überwältigt. Bei 'Vice Grip' gibt es die Aufforderung zum kollektiven Crowdsurfing, bei 'Dedicated' und 'Karma' bricht der absolute Mosh- und Circlepit aus. Knapp anderthalb Stunden geht das Spektakel und zu keiner Sekunde kommt Stagnation oder Langeweile auf. Nach 'Wild Eyes' ist vorerst Schluss, doch nur kurze Zeit später wird mit 'Crushed' und 'Bottom Feeder' ein Zugabenpaket rausgehauen, wie es auf dem Full Force selten zu sehen und zu hören war. Auf den letzten Takt folgt noch ein passendes Feuerwerk, welches zugleich den Abschluss dieses genialen Auftritts und des Jubiläumsfestivals bestens untermalt.

Eigentlich sind die BEATSTAKES mittlerweile auf den großen Bühnen zu Hause und haben sich eine Fanschar aus den verschiedensten Musikstilen aufgebaut. In dieser Nacht geht es allerdings wieder "Back To The Roots" und auf der kleinen Hardbowl-Stage werden 45 Minuten lang mit voller Power ausschließlich Songs der ersten Alben zum Besten gegeben. Auch wenn man schon drei Festivaltage in den Knochen hat, gibt es noch jede Menge nimmersatte Energiebündel, die jetzt nochmal alles geben. Gute-Laune-Pogo, bengalische Feuer und eine Band, die ebenfalls vor Energie strotzt, sorgen dafür, dass es bei Songs wie 'Demons Galore', 'Hand In Hand' und 'Let Me In' kein Halten mehr gibt.

Kaum zu glauben, aber diese Jahr klappt endlich es mit der Cello Metal-Show. Aufgrund der heftigen Unwetter fiel der Auftritt von APOCALYPTICA 2017 sprichwörtlich ins Wasser und die vier finnischen Ausnahmekünstler konnten nicht auftreten. Offensichtlich nimmt man diesen Umstand mit Humor, denn Eicca begrüßt die Menge mit den Worten "Second time here, first time playing". Und schon geht’s mit 'Enter Sandman' los. Die Jungs sind wahrhaft Meister auf vielen Ebenen. Die Art und Weise, wie man ein Cello über die Bühne wirbeln kann, beeindruckt dabei ein ums andere Mal. Musikalisch wird die außergewöhnliche Klasse mit dem epischen 'For Whom The Bell Tolls' und der unfassbar schnellen Version von 'Battery' bestätigt. Das Publikum ist ungeachtet der späten Stunde vollauf begeistert von der überragenden Performance. Jetzt muss allerdings ein schwerer Wermutstropfen verdaut werden, denn der Auftritt der APOCALYTICA und damit auch das With Full Force neigen sich dem Ende entgegen. Ohne eine Zugabe will man die Finnen dann auch nicht von der Bühne lassen und so wird zu Abschluss 'Nothing Else Matters' gespielt. Kein anderes Lied wäre besser geeignet, um der ausgelassenen Jubiläumsparty ein würdiges Ende zu bereiten. Und so schleppen sich viele erschöpft von wilden Nächten, etwas wehmütig, aber auch überglücklich zu ihren Zelten.

25 Jahre With Full Force! Den Umzug vom geliebten Acker war im vergangenen Jahr doch recht schwer zu verdauen und einige Startschwierigkeiten auf dem neuen Gelände wurden dadurch wahrscheinlich besonders auffällig. Vieles hat man aber diese Jahr bereits in beeindruckender Weise verbessert: Ein bockstarkes Line-Up mit teils denkwürdigen Auftritten (BODY COUNT, APOCALYPTICA, PARWAY DRIVE); die Partyarea konnte wieder ausgelassene und schlaflose Nächte garantieren; der Shuttlebetrieb hat ohne größere Wartezeiten funktioniert; die sanitären Einrichtungen waren in tadellosem Zustand und die Security freundlich und hilfsbereit. Insgesamt bleibt das einzige Manko, dass dem eigenen Eindruck nach recht wenig Besucher da waren. Offiziell kamen 17.000. Ehrlich gesagt sind die fehlenden Wartezeiten am Bierstand zwar positiv aufgefallen – fraglich ist aber auch, ob die Resonanz und Kalkulation auf lange Sicht ausreichen, um die Zukunft des Festivals zu sichern. Man hofft das Beste, ist aber nach stellenweise gähnender Leere vor der Metal Hammer Stage etwas skeptisch. Vielleicht doch zurück zum vorigen Konzept mit zwei Bühnen? In diesem Sinne sei schon mal die Werbetrommel gerührt: Es war eine phantastische Zeit und somit bleibt die Hoffnung auf weitere Jahre einer unvergesslichen Party mit einer einzigartigen Community. Also sehen wir uns nächsten Jahr in Ferropolis!

Redakteur:
Carsten Praeg

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