With Full Force - Roitzschjora

05.08.2014 | 12:39

04.07.2014,

Zum 21. Mal Deutschlands härtester Acker: Das With Full Force mit MOTÖRHEAD-Rückkehr und wüstenähnlichem Klima.

Sonntag Mittag und es ist noch heißer! Aufgrund des bevorstehenden Programms wird mir zeitweise schon etwas übel, denn heute gibt es noch verdammt viele Pflichttermine vor der Hauptbühne ("ob es wohl eher am Braustolz-Bier liegt, ist bis jetzt noch nicht völlig klar").

Es stimmt: Noch heißer geht es nicht! Das dachte man sich, wenn man die letzten drei Tage in dieser Mad-Max-Kulisse verbracht hat. Aber der Sonntag sollte uns und wohl auch allen anderen Besuchern nochmal alles abverlangen. Daher kämpfe ich mich erst gegen Nachmittag durch die Staubwüste zur Mainstage. Auf dieser präsentieren sich heute erstmals die New Yorker Hardcore-Helden MADBALL, nachdem diese in den letzten Jahren bereits regelmäßig das "Hard Bowl"-Zelt zum platzen gebracht hatten. Mit neuem Album ''Hardcore Lives'' wird direkt bewiesen, dass dieser Titel Programm ist. Es werden Hits aus allen Epochen der Band dargeboten und für einen kleinen Smalltalk mit dem Publikum ist sich Frontmann Freddy auch nicht zu schade, um aus dem Moshpit nochmal alles rauszuholen. Die Songs und das Auftreten der Band kommen so unverbraucht und frisch rüber, dass man kaum glauben kann, dass die Jungs schon seit über 20 Jahren am Start sind. Was zu dem auffällt, ist die soundtechnische Entwicklung, die die Band über die letzten Jahre hinweg gemacht hat. Sowohl auf den neuesten Platten als auch live kommen sie wesentlich metallischer aus den Boxen gefeuert als noch zu ihren Anfangszeiten. Und so bedienen sie mit ihrem Mix aus schnellen Riffs und groovigem Gebolze auch die Kopfnicker in den hinteren Reihen.

Schnell ein kaltes Bier für die staubige Kehle geholt, denn viel Zeit zum Verschnaufen bleibt nicht. Schon als nächstes betritt SEPULTURA die Bühne. Die Band beginnt ihr Set mit Stücken der  neueren Alben, weshalb auf Seiten des Publikums noch eine gewisse Zurückhaltung herrscht. Das soll nicht heißen, dass das Material nicht gut ist, aber wenn die Metaller-Meute bei dieser legendären Band vor die Bühne pilgert, wartet man auf Songs aus den "guten, alten Zeiten". Mit 'Propaganda' steigt daher das Stimmungsbarometer prompt nach oben und wird bei weiteren Highlights wie 'Territory', 'Arise' und 'Refuse Resist' so schnell auch nicht mehr nach unten fallen. Beim MOTÖRHEAD-Klassiker 'Orgasmatron' gibt sich sogar Phil Campell höchstpersönlich als Gastmusiker die Ehre, um das Publikum schon mal auf den Headliner einzustimmen. Das Set beenden Sepultura wie gewohnt mit 'Roots Bloody Roots'.
[Tobi Schneider]

BEHEMOTH war live schon immer beeindruckend, aber inzwischen sind die polnischen Dämonen teuflisch gut. Und das in allen Bereichen! Eine faszinierende Eruption von Aggressivität, die keine andere Band so tight auf die Bühne bringt und das wirklich diabolische Gesamtbild überzeugen auf kompletter Linie. Viel aktuelles Material vom "Satanist"-Album gibt es heute zu hören. Ist aber auch eine geile Scheibe, wie 'Ora Pro Nubis Lucifer' und der Titeltrack unterstreichen. Die detailverliebte Bühnenshow samt Requisiten wirkt dabei im Gegensatz zu anderen Bands zu keiner Zeit übertrieben, sondern betont einfach nur den unheimlichen, tiefschwarzen Grundtenor der Songs. 'Christians To The Lions' würde sicherlich dem einen oder anderen Katholikentag-Besucher das Blut in den Adern gefrieren lassen. Verdammt ist das böse, verdammt ist das gemein. Ein extrem starker Auftritt.  
[Chris Gaum]

Nun ist es soweit: Alle stehen gespannt vor der Mainstage und erwarten MOTÖRHEAD. Es ist ja nicht so, dass man die Herren Kilmister, Campell und Dee zum ersten Mal zu Gesicht bekommt, aber eben vielleicht zum letzten Mal! Der Auftritt auf dem With Full Force ist einer der ersten nach Lemmys gesundheitlichen Problemen und so war sich niemand ganz sicher, ob die Band vielleicht doch noch, wie im vergangenen Jahr, den Auftritt im letzten Moment absagen muss. Aber diesmal ist alles gut. Die drei Rock'n'Roller betreten pünktlich die Bühne und legen los. Wenn auch sehr zurückhaltend. Die Songauswahl beschränkt sich ausschließlich auf langsameres Material und auch bei Songs wie 'Killed By Death' oder 'Going To Brazil' wird deutlich auf die Bremse gedrückt. Selbst auf die Entfernung sieht man Lemmy an, dass er im Moment einfach nicht mehr der Alte ist. Er bewegt sich kaum und verschwindet zwischen den Songs auch für längere Zeit hinter der Bühne. Das Set wird zudem von Phils und Mickeys Instrumental-Solos überbrückt. Den beiden merkt man auch an, dass sie wohl wissen, dass es mit MOTÖRHEAD nicht bis in alle Ewigkeiten weiter gehen wird und beide geben nochmal alles. Besonders Mickey Dees Drum-Solo ist mal wieder ein Highlight. Das Set wird mit 'Ace Of Spaces' und 'Overkill', bei dem SEPULTURA Gitarrist Andreas Kisser für ausgeglichene Verhältnisse sorgt und mit seiner Axt die Bühne stürmt, abgeschlossen. Hier kommt nochmal eine gute Portion Geschwindigkeit dazu und man erinnert sich wieder an die Shows aus der Vergangenheit. Auch wenn dem Auftritt an Power und vielleicht auch ein bisschen an Leidenschaft fehlt, so kann man ihn dennoch nicht als Enttäuschung sehen. Im Gegenteil, unter diesen Umständen muss man einfach den Hut ziehen, dass Lemmy sich trotzdem noch weiter für uns ins Zeug legt und auf der Bühne versucht, sein Bestes zu geben! In diesem Sinne: "They are MOTÖRHEAD and they STILL play Rock'n'Roll!"
[Tobi Schneider]

FINNTROLL hat es heute nicht schwer, denn natürlich ist nach einer MOTÖRHEAD Show noch ordentlich was los. So ist im Zelt praktisch kein Platz mehr und die Finnen schaffen es mit 'Nattfödd' und 'Tollhammaren' auch nach vier Tagen, die Braustolz-Plörre noch irgendwie genießbar zu machen. Klar, die Musik ist partytauglich und so konnte man erwarten, dass die unverwüstlichen Festivalbesucher heute Nacht nochmal steil gehen. Dennoch bin ich angenehm überrascht, wie groß die Begeisterung ist. Ein würdiges Finale für ein insgesamt sehr geiles Festival.

Bei MOONSPELL ist bei mir Schluss. Es geht nach vier Tagen Schlafmangel einfach nix mehr. Das tut mir ein bisschen leid, denn MOONSPELL war schon immer eine sehr gute Band. Auch heute Nacht überzeugt die Setlist mit einer superben Mischung aus neuem und altem Material. Der Schwerpunkt liegt natürlich auf dem Meilenstein Album ''Irreligious''. Aber auch das aktuelle Werk wird mit 'Axis Mundi', 'Alpha Noir' und 'Em Nome Do Medo' ausgiebig berücksichtigt. Mir bleib nur eine Empfehlung auszusprechen: Album kaufen und wenn die Chance da ist, live anschauen. Superauftritt!

So, auch meine Nr. 13 des Festivals auf dem "härtesten Acker Deutschlands" ist damit überstanden. Und ich muss bestätigen, dass es wieder verdammt viel Spaß gemacht hat. Drei Wünsche hätte ich allerdings: Reduktion der Präsenz von Impericon, ASPHYX bei der Knüppelnacht und einen anderen Bierbrauer.
Werden wir im nächsten Jahr wiederkommen? Auf jeden Fall zu einhundert Prozent!!!  
[Chris Gaum]

Redakteur:
Carsten Praeg

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