Whitesnake - Neu Isenburg

09.08.2006 | 15:18

03.08.2006, Hugenottenhalle

Perfekter hätten WHITESNAKE das Konzert nicht legen können: Nach der ersten Hitzewelle über Deutschland (die zweite steht angeblich bevor) sorgen Frühlingshafte Temperaturen vor der Neu Isenburger Hugenottenhalle für eine entspannte Stimmung bei den Fans. Dabei ist die Anzahl der WHITESNAKE-Jünger (!) schon beträchtlich, wenn man bedenkt, dass bis auf die aktuelle DVD "In The Still Of The Night" keine neue Scheibe im klassischen Sinne promotet wird. Genau dasselbe scheint auch einem Altfan durch den Kopf gegangen sein, als er mich danach fragte, ob WHITESNAKE in der Originalbesetzung spielen werden. Gerade als ich damit beginnen wollte, alle möglichen Besetzungsvarianten aufzuzählen, folgt daraufhin die lapidare Frage, ob David Coverdale hinter dem Mikro steht. Miteinem kurzen und knackigen "Ja" war damit sein Ansinnen befriedigt und er folgte schnurstracks in Richtung Haupteingang.
Doch bevor WHITESNAKE die Hugenottenhalle im Sturm einnahmen, galt es noch eine Vorband zu ertragen: EISKALT. Dabei war der Name Programm, denn die musikalische Untermalung ließ die meisten Besucher kalt. So schlecht waren sie dann aber doch nicht. Irgendwo zwischen U2 und EXTREME angesiedelt, haben sie ihre Sache schon gut gemacht. Auch vom optischen her konnten sie zumindest der Damenwelt etwas bieten, war der Sänger doch ein ganz knackiger Jüngling, der mehr als einmal die Woche ein Fitnessstudio von innen gesehen hat. Der Bassist auf der anderen Seite, hätte glatt einem Ralf König-Comic entsprungen sein können. Mit seiner ledernen Baseballcap und der dazugehörigen Lederweste kam er dem einen oder anderen Protagonisten der Comics sehr nahe. Der Gitarrist wiederrum haute eher wenige Riffs aus seiner Klampfe, konnte aber bei den Gitarrensoli dafür wiederum Punkte sammeln. Die meisten Songs wirkten dabei eher wie langgezogen Intros. An und für sich nicht schlecht, aber für die ältere Hardrock-Fraktion doch ein bisschen zu langatmig. Und während der Sänger was von "Ich lauf" sang, verschlug es die meisten Konzertbesucher (mich eingeschlossen) an den Getränkestand.
Nach 35 Minuten war dann endlich Schicht im Schacht. Mehr als der obligatorische Höflichkeitsapplaus war leider nicht drin.

Wer nun befürchtet hat, wie auf dem Bang Your Head!!!-Festival (kurz BYH) über eine Stunde auf die Hauptband ausharren zu müssen, durfte sich zum Glück eines besseren belehren lassen. Um genau 21.02 Uhr entern David Coverdale und seine All-Star-Truppe die Bretter der Hugenottenhalle. Gleich zu Beginn werden beim DEEP PURPLE-Klassiker 'Burn' keine Gefangenen gemacht, und die Band wirkt um einiges spielfreudiger als auf dem BYH. Am wichtigsten ist jedoch das werte Befinden von Mr. Coverdale, der - im Vergleich zum BYH - nicht mit Entschuldigungen á la "Ich bin kein Axl Rose" daherkommt, sondern sehr gut bei Stimme ist. Im Nachhinein kaufe ich es ihm auch ab, dass er vor knapp sechs Wochen Probleme mit der Stimme hatte. Von meiner Seite ist die Entschuldigung akzeptiert. Und was soll ich schreiben: Verzeihen kann so schön und vor allem laut sein. Den meisten Besuchern fällt die Kinnlade auf den Boden, so laut agieren die Herrschaften auf der Bühne. Da hilft Ohren zuhalten auch nichts!
Was die Setlist angeht, so bleiben an diesem Abend nur sehr wenige Wünsche offen. Mr. Coverdale ist dabei der Gentelman in Person und kann mit seinen sympathischen Ansagen nicht nur bei den weiblichen Besuchern punkten. Nach dem dritten Song folgt die erste Überraschung des Abends, denn die Band stellt einen neuen Song namens 'Ready To Rock' vor, der auf der kommenden "Live In The Shadows Of The Blues"-Scheibe vertreten sein wird. Der Song weist eine sehr starke 'Burn'-Schlagseite auf und lässt hoffen, dass das zukünftige Material an die Klassiker der Achtziger heranreicht. Das Publikum ist bestens drauf und schmettert die Klassiker mit, als gäbe es kein Morgen. Selbst der neue Song wird bei der Ansage euphorisch beklatscht, was Mr. Coverdale dazu veranlasst mit einem trockenen "Don't be to enthusiastic"-Kommentar die Erwartungen zu dämpfen. Nach 'Ready To Rock' ist ein bisschen Verschnaufpause angesagt, und was bietet sich da besser an als der Ohrläppchenstreichler 'Is This Love'? Bei 'Ready An' Willing' ist die Gruppe mit den Reaktionen der Zuschauer nicht so zufrieden, was sie dazu veranlasst, mehrere Male den Song von neuem zu starten. Nach den obligatorischen Gitarrensoli von Doug Aldrich und Reb Beach ist erstmal 'Crying In The Rain' angesagt. Und wie schon auf der DVD bekannt, bekommt Tommy "Cat Wiesel" Aldridge hier die Gelegenheit, sein uriges Drumsolo zu zocken. Schon amüsant, denn bis auf die Lockenpracht von Mr. Aldridge ist ansonsten von ihm selbst nichts zu sehen, nur zu hören. Hauptsache das Resultat stimmt, und so wie Tommy trommelt könnte sich manch ein Jungdrummer eine Portion davon abschneiden. Bei 'Ain't No Love In The Heart Of The City' ist Gänsehaut pur angesagt. Mein persönliches Highlight im Set, das dann auch gebührend gefeiert und von der Menge zelebriert wird. Allen voran das "Baby, Baby"-Geschreie von Coverdale ist unnachahmlich. Obwohl, nicht ganz, denn das hat das Original Robert Plant (LED ZEPPELIN) zu seinen besten Zeiten auch hinbekommen. Ob Mr. Plant stimmlich mir Monsieur Coverdale heutzutage mithalten kann, sei mal dahingestellt. Nach den beiden "1987"-Klassikern 'Give Me All Your Love' und 'Here I Go Again' geht das Sextett von der Bühne, um kurze Zeit später der noch rockhungrigen Meute 'Take Me With You' vom "Trouble"-Album vor den Latz zu knallen. Nach einer genialen Version von 'Still Of The Night' ist Schluss, dachten die Meisten. Einzig und allein David Coverdale ist auf der Bühne, und hält sein Versprechen, was er zu Beginn des Konzerts gemacht hat: Er schmettert a capella den DEEP PURPLE-Klassiker 'Soldiers Of Fortune'. Lediglich umhüllt von einem blauen Lichtkegel standen wohl nicht nur mir die Nackenhaare meterweit ab. Oder anders ausgedrückt: Selten hab ich so eine Gänsehaut verspürt wie in diesem Moment.
Nach knapp 95 Minuten verlässt auch Mr. Coverdale die Bühne und in einem Punkt bin ich mir ganz sicher: Die Band befindet sich in ihrem x-ten Frühling und wenn sie im Studio nur ansatzweise an die Klassiker der Achtziger ranreichen können, dann stehen weiteren Touren nichts mehr im Weg. In dieser Form komme ich jederzeit gerne wieder. Versprochen.

Setlist:
Burn
Fool For Your Loving
Love Ain't No Stranger
Ready To Rock
Is This Love
Ready An' Willing
Solo Doug
Solo Reb
Snake Dance
Crying In The Rain Pt. 1
Drum Solo
Crying In The Rain Pt. 2
Ain't No Love In The Heart Of The City
Give Me All Your Love
Here I Go Again
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Take Me With You
Still Of The Night
Soldiers Of Forune (a capella)

Redakteur:
Tolga Karabagli

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