Wave Gotik Treffen (Met-Perspektive) - Leipzig

06.06.2007 | 07:41

25.05.2007, Agra-Messegelände

Met. Der klassische Honigwein der alte Germanen, für viele schwarze Szenegänger das Kultgetränk auf dem Wave Gotik Treffen in Leipzig. Auch in diesem Jahr. Trotz der vorherrschenden Hitze, die allerdings dennoch die Verkäufe leicht vermindert. Und was sich mit so einer Acht-Euro-Flasche in den Sorten "lieblich, klassich, feinherb oder Wikingerblut" alles erleben lässt: So erzählt am zentralen Met-Stand auf dem Agra-Gelände gleich am Donnerstag - da hat das Festival noch nicht einmal richtig angefangen - ein Typ von seinem eigenen Privatdämon, den er nach einem obskuren Spiegel-Ritual an sich binden konnte. Wow, so was hört der Metverkäufer mit trunkenem Erstaunen. Denn das bin ich an diesen vier Tagen: Händler in Honig-Mission, Verkünder des latent klebrigen Alkoholismus in seiner süßen Form.

Neben dem Platz zum Philosophieren über Sätze wie "Met macht albern" ist der Stand aber auch ein trefflicher Ort, um über die gesehenen Bands zu diskutieren. Unter anderem treten beim WGT an diesem Pfingsten solche Bands wie MOONSPELL, PRIMORDIAL oder SUBWAY TO SALLY auf, und natürlich die Größen aus der breit gefächerten schwarzen Szene, etwa FRONT 242, VNV NATION oder CRÜXSHADOWS. Solche Künstler sind auf vielen Bühnen zu Hause: Das Festival erstreckt sich quer über die gesamte Stadt, rund ein Dutzend Lokalitäten warten auf die insgesamt 20.000 bis 30.000 Besucher. Wirklich zählen kann sie niemand, ihre Erlebnisse erst recht nicht. Viele erzählen von der Monumentum-Show am Pfingstfreitag, bei der das Leipziger Völkerschlachtdenkmal zur Musik von IN THE NURSERY in verschiedensten Farben angeleuchtet wurde - und dabei der Himmel hemmungslos seine Schleusen öffnete.

Krasse Sonne und derber Regen, all diese Wetterextreme lassen sich während der vier anstrengenden Tage vom Metstand aus beobachten. Und natürlich brennen sich irre Outfits ins Hirn: Etwa ein spindeldürrer Mann, nur mit einem Ledermini bekleidet. Anderswo würde er dafür wohl blöd angemacht oder gar verkloppt, doch auf dem WGT kann er sich so wie er ist ausleben. Zumindest aus der Met-Persepektive lässt sich kaum sehen, dass auch die schwarze Szene wohl von Nazis unterwandert wird - bis auf einzelne suspekte Kunden erscheint der größte Teil der anwesenden Szeneschar tolerant und weltoffen. Und eben ausgeflippt in Modefragen, wie die hier zugehörige Bildergalerie deutlich zeigt: Barocke Kleider treffen auf gestylte Goth-Punks, ein schwarzes Schaulaufen für die vielen umhereilenden Fotografen. So bleiben nach vielen Nächten ohne echten Schlaf - das Festival dauert immerhin von Freitag bis Montag und der Met-Stand hat immer von 11 Uhr bis mindestens um 3 Uhr geöffnet - mehrere Erkenntnisse: Im Gegensatz zu Metal-Open-Airs stellen sich Gothic-Fans gern auch in einer Reihe an und sagen häufig Worte wie "bitte" und "danke". Außerdem lebt jeder Stammgast in seiner eigenen Welt und kann nicht ermessen, was es heißt, wenn auch er mit dem Met-Dealer seines Vertrauens zur Feier des Tages einen Honig-Schnaps trinken möchte, der sich so wunderbar langsam ins Mageninnere vortastet: Viele Stammgäste vor ihm hatten denselben Wunsch. So wirken des Metverkäufers Schritte manchmal unbeholfen. Zum Glück kann er noch Geld zählen. Übrigens, Nachschub gibt es unter http://www.metmachtalbern.de - Prost!

Redakteur:
Henri Kramer

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