Wave-Gotik-Treffen 2016 - Leipzig

09.08.2016 | 20:45

12.05.2016,

Ist man noch Teil einer Jugendbewegung, wenn diese selbst schon 25 Jahre alt ist?

Der erste Tag mit Konzerten steht an und wie immer ist es recht hilfreich, einen groben Plan zu haben, der dann meist über den Haufen geworfen wird. Dass neben den Konzerten das sogenannte Rahmenprogramm immer größer und vielfältiger wird, ist sicher auch dem Alter der Zuschauer geschuldet, die sich eben auch für andere Dinge interessieren. So gibt es in diesem Jahr gleich zwei Festival-Pläne, aus denen jeder sein persönliches Programm zusammenstellen kann.

Der Auftakt ist im Felsenkeller, wo die Gothic-Rock-Band GOLDEN APES den Abend eröffnet. 'Cedares Of Salt' ist der erste Song, den die Berliner präsentieren. Gewohnt melancholisch und ruhig geht es auf der Bühne zu. Der Felsenkeller ist durchaus schon gut gefüllt. In Laufe des Konzertes merkt man dennoch, dass der Sänger heute nicht in seiner gewohnten Form ist. So sind hier und da ein paar schiefe Töne zu vernehmen, was sonst eher bei einem Gig der GOLDEN APES nicht der Fall ist. Dennoch freuen sich die Fans über 'Shadowplay' oder 'Jump', ehe 'Riot' den Auftritt beendet.

Da es für den Volkspalast und TRIARII knapp wird, geht es kurzerhand in das Stadtbad. Dort eröffnet die Band XTR HUMAN den Konzertreigen. Kurz vor dem Konzert ist nicht wirklich viel los, als die Formation aus Berlin auf die Bühne kommt. "Ach das sind die Jungs, die gerade noch im Publikum mit einem Getränk standen. So sieht man sich wieder!" 'Monitor' heißt das erste Stück der Band, dessen Sound sich gar nicht so schlecht anhört. Doch was ist das? Die hallende Stimme von Sänger Johannes Stabel klingt erschreckend (im positiven Sinne) nach Ian Curtis. Schließt man die Augen, könnte man meinen, dass der JOY DIVISION-Sänger heute Abend zu Gast ist. Aber nein, es ist ein anderer. Der generell atmosphärisch-hallende Sound des Trios wird visuell von schwarz-weißen Filmen über das Berlin der dreißiger Jahre verstärkt. Während die Band unter anderem 'Dysfunction' oder 'Atavism' vorträgt, rollen Straßenbahnen oder Schmiedehämmer über die Leinwand. 'Monospace' beendet den kleinen, aber feinen Gig, zu dem sich im Verlauf doch noch zahlreiche Hörer eingefunden haben. So bekommt die Band am Ende viel Applaus und vor und auf der Bühne sind zufriedene Gesichter zu vermelden. Und selbstverständlich die erste positive Neuentdeckung des WGT 2016.

Weiter geht es zum Volkspalast. DERNIÈRE VOLONTÉ steht auf dem Programm. Beim Eintreffen ist das französische Duo schon im vollen Gange. Die große Kuppelhalle ist brechend voll. Es gibt kaum ein durchkommen, was einfach nur nervt. Nach ein, zwei Stücken stellt man aber auch fest, dass die beiden Herrschaften heute nicht gerade in Hochform sind. Klang schon mal besser. Also geht es kurzerhand in den benachbarten Kohlrabizirkus. Dort steht Daniel Myer mit seiner Band HAUJOBB auf der Bühne. Die Halle ist bereits gut gefüllt mit Anhängern der elektronischen Fraktion. Die Stimmung ist gut, was will man mehr!? Jean-Luc De Meyer (FRONT 242) vielleicht? Denn der ist beim gemeinsamen Song 'We Must Wait' heute live mit dabei. Die Fans danken es mit viel Applaus, als sie die Band verabschieden.

Während danach PROJECT PITCHFORK für einen vorübergehenden Einlasstop sorgt, geht es erst einmal in Richtung Heidnisches Dorf. Schließlich will die neue Sängerin von LEAVES EYES in Augenschein genommen werden. Zudem knurrt der Magen und lecker Essen ist dort garantiert. Mit spezieller Wikinger-Show wurde dieser Gig angepriesen. Diese kommen oder vielmehr entern die Bühne und klopfen auf Holz. Also auf ihre Holzschilde, um genau zu sein - und schreien. Vielmehr passiert dann auch nicht. Schon bald verlassen sie die Bühne und los geht es für die "Neue" Elina Siirala. Mit 'Halvdan The Black' beginnt der Auftritt. Die Sängerin legt auch gleich zünftig los - von Unsicherheit keine Spur. Gesanglich gibt es nichts zu meckern, es klingt halt eben anders. Daran muss sich der Fan eben erst gewöhnen. Doch das dauert auch nicht allzu lang. Schnell ist das Eis gebrochen und die Besucher sind erfreut. 'Take The Devil In Me' oder 'My Destiny' begeistern nach wie vor das Publikum. Nur die Ansagen zwischen den Stücken des Herrn Krull gehen einem ziemlich auf die Nerven. Das Thema um den Personalwechsel umschifft er charmant. Aber diese permanenten Animationsversuche hat die Band zum einen gar nicht nötig und zum anderen erinnert das mehr an den Ballerman. Einfach mal ein paar Lieder zu spielen ohne dazwischen sinnfrei zu labern, das geht wohl bei ihm nicht. Lässt man das aber mal weg, kann LEAVES EYES ein musikalisch gelungener Auftritt bescheinigt werden, der mit 'To France' und 'Mot Fjerne Land' sein Ende findet.

Es ist ganz schön frisch geworden in den Auen des Heidnischen Dorfes. So heiß es langsam, aber sicher in Richtung Agra aufbrechen. Schließlich ist da heute noch das Konzert eines gewissen PETER MURPHY (ex-BAUHAUS) zu erleben. Alter Sack trifft auf alte Säcke, klingt nicht gerade nett, trifft aber nun mal den Nagel auf den Kopf. Was aber nicht heißt, dass hier nun beschauliche Ruhe herrscht. Im Gegenteil. In den ersten Reihen bricht frenetischer Jubel aus, als der Meister auf der Bühne erscheint. Bedächtig nimmt er für den ersten Song 'King Volcano' erst einmal Platz. Adrett ist er gekleidet, der Herr Murphy. Dekoriert mit einer Rose am rechten Arm, schreitet er anmutig wie ein stolzer Pfau über die Bühne. "Wer hat, der kann.", scheint sein Motto zu sein. Aber da er es ja kann, sei es ihm gegönnt. Schließlich erfreut er seine Fans mit Stücken, wie 'A Strange Kind Of Love', 'The Passion Of Lovers' oder mit dem ruhigen 'Hollow Hills'. Selbstredend darf an diesem Abend 'She's In Parties' nicht fehlen. Die Fans singen lauthals mit und hängen an den Lippen des Sängers. Der gedenkt in seiner Zugabe dem verstorbenen DAVID BOWIE mit 'Ziggy Stardust'. Lange hält der Applaus an, ehe sich nach und nach die Reihen lichten und durchweg zufriedene Gesichter zu sehen sind.

Um den Abend nun angemessen ausklingen zu lassen, geht es ins "Noels Ballroom" zu den "Pagan Love Songs".

Redakteur:
Swen Reuter

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