Wacken Open Air 2011 - Wacken

29.08.2011 | 17:30

03.08.2011, Festivalgelände

Wieder einmal geben sich Legenden und Newcomer die Klinke in die Hand - lasst die Kirmes starten!

SAMSTAG - 06. August 2011

Gestern bei der letzten Band und heute Morgen schon um 12 Uhr bei MOONSORROW vor der Bühne fotografieren. Und da MOONSORROW recht lange Songs spielen, kann ich im Fotograben ohne Stress ein paar Bilder knipsen. Vor der Bühne sind zwar nicht so viele Fans wie am Vortag, aber das liegt wohl eher an den Tagen des Dauerfeierns in Wacken. Doch leer ist was Anderes. Die Fans sind Feuer und Flamme für MOONSORROW, die zu Recht zu den Größen des skandinavischen Metals gehören. Das Bühnenoutfit ist dieses Mal noch blutiger als sonst. Trotz des guten Wetters macht auch der Lichttechniker einen guten Job. Wie schon bei der Clubtour überzeugen die Finnen auch auf der großen Black Stage voll und ganz. Dieser Gig wird mir noch lange im Gedächtnis bleiben.

Nach finnischer Schwermütigkeit gibt es jetzt köstlichen schwedischen Hair Metal auf die Ohren. Rotzfrech reißen CRASH DIET den Frühstückskakao aus der Hand, verteilen ihn auf der ganzen Bühne und schlittern mit packendem Sleaze Metal über die Bretter. Während das Publikum zu Beginn noch dem Liege-Pogo fröhnt, erwacht es ziemlich schnell, als Sänger Simon Cruz - funkel funkel - seine weiberraubenden Wikingergeschichten ablässt. Während mit Mundharmonika Pluspunkte gesammelt werden, kann mit Pyros und heißer Ausstrahlung der aufziehende Nieselregen vertrieben werden. Überflieger und Nackenroutierer wie 'Riot in Everyone', 'Breaking the Chainz' oder 'Generation Wild' krachen aus den Boxen und verwandeln den Samstagmorgen in ein kunterbuntes auftoupiertes Haarknäuel - ein absolutes Wunschkonzert!

Die verrückten Death Metaller aus Kanada, KATAKLYSM, locken viele Metalheads vor die Bühne und laden zur Frühgymnastik ein. Mit 'As I Slither' fordert Maurizio zum "Security-Stresstest" auf, denn die Herren würden ja entsprechend geschult und bezahlt werden.

Was folgt, dürfte wohl der Crowdsurf-Rekord des Festivals gewesen sein. Wahnsinn! Auch 'Illuminati' knallt erwartungsgemäß derbe, 'Shadows And Dust' und 'Crippled And Broken' machen auch keine Gefangenen und locken alle Reserven aus den Fans.

Die Schweden THE HAUNTED haben es sich zum Ziel gemacht, die letzten müden Besucher aufzuwecken, und probieren das gleich mal mit dem Opener 'Never Better' ihres aktuellen Albums "Unseen". Heute greifen die Jungs aber hauptsächlich auf älteres Material zurück und spielen an neuen Stücken nur noch 'Unseen' und 'No Ghost'. Sänger Peter Dolving macht zwischen den Liedern immer wieder ein paar Witze. Zum Beispiel behauptet er, die Veranstalter hätten eine Kleiderordnung eingeführt und jeder mit einem schwarzen Shirt müsse dieses am Einlass gegen ein fliederfarbenes eintauschen. THE HAUNTED legen sich mächtig ins Zeug und stecken damit auch ihre Fans an, die headbangen, die Hände in die Luft recken und ein bisschen Frühsport betreiben. Mit 'Bury Your Dead' verabschiedet sich das Quintett.

Bei DIR EN GREY handelt es sich um einen wahrhaften Kinderschreck aus Japan. Erschrockene Gesichter blicken auf die True Metal Stage, auf der Sänger Kyo, welcher auf einer roten Einkaufsbox steht, stimmlich Hühner schlachtet und sie zu Gulasch verarbeitet. Bei keiner anderen Band ist der Platz vor der Bühne heute so leer, bei keiner anderen Formation der Lautstärkepegel beim Applaus so erbärmlich leise. Nicht mal ein Besuch auf dem Jägermeisterhochsitz kann jetzt noch helfen. Der Opener, welcher zugleich die Premiere von 'Tsumi To Kisei' darstellt, entpuppt sich als unerträglich. Die musikalische Darbietung wandelt sich weiterhin mit Stücken wie 'Obscure' zu absolut belanglos und später wieder zu unzumutbar. Nerviges Gekreische und absolut bedeutungsloses Instrumentengedresche. Visual-Kei, Very Experimental Metal oder J-Rock - wie auch immer man es nennen mag. Sorry, aber auf dem Wacken Open Air ist diese Kombo aus Osaka leider völlig fehl am Platze.

MAYHEM stehen heute auf der Black Stage erstmals mit Attila Csihar am Mikro, der die legendäre "De Mysteriis Dom Sathanas" (1994) einsang. Black Metal am helligten Nachmittag auf einer Festivalbühne weckt selten große Erwartungen. Der erste WOA-Gig 1999 blieb vor allem durch knallende Sonne, Unmengen an Staub und miesen Sound in Erinnerung. 2004 konnte man dann immerhin ab und zu erkennen, was gespielt wird. MAYHEM können nun beim dritten Anlauf aber endlich überzeugen, zumal sich der Himmel plötzlich respektvoll verdunkelt. Mit 'Pagan Fears', 'Freezing Moon' (bei dem das müde wirkende Publikum etwas in Fahrt kommt), 'Buried By Time And Dust', 'Cursed In Eternity' und dem Titeltrack werden fünf Songs der "Mysteriis..." gespielt, und das in mehr als ordentlicher Qualität. Attila singt streckenweise besser als auf dem Album, auf dem einige Sequenzen doch arg schräg gerieten. Im Vergleich zu Maniac (Frontman bis 2004) ist von ihm kaum Stageacting zu sehen, dieses ist bei echtem Black Metal aber auch unnötig. Ergänzend gibt es einige neuere Tracks wie 'Illuminate Eliminateund' und A Time to Die'. Nicht fehlen dürfen natürlich die Klassiker 'Silvester Anfang' und 'Deathcrush'.

Wacken 2011 ist in vielen Hinsichten ein geschichtsträchtiges Ereignis. Einige Bands haben ihre letzte Show gespielt, andere haben sich wiedergefunden. So auch KNORKATOR. Sobald Stumpen im lila-farbigen Ganzkörperkondom wie ein lebendiger Flummi über die Bühne hüpft, Alf Ator in einer seltsamen, metallenen Kreiskonstruktionen seine Synthies spielt, Buzz wie immer scheinbar anteilnahmslos seine Riffs runter zockt und die ersten Töne von 'Buchstabe' erklingen, kann sich keiner mehr halten. Der Funke springt sofort über, der Platz vor der Party Stage gleicht einer einzig großen Tanzfläche. "Die meiste Band der Welt" bestand schon immer aus großartigen Entertainern, da darf ein Huckepack-Pogo genauso wenig fehlen wie die Aufforderung zum kollektiven Handstand. Stumpen, mittlerweile im blauen Bodysuit, kündigt für den September ein neues Album der "Boygroup KNORKATOR" an, worauf ein neuer Song namens "Refräng" zum Besten gegeben wird, der sogleich lauthals mitgesungen werden kann. 'Ding inne Schnauze' geht voll in die Selbige, 'Wir werden' macht zum Abschluss Hunger auf mehr. Willkommen zurück!

Im Vorfeld war klar, dass den Amis von ICED EARTH ein wohl sehr emotionaler Auftritt gutgeschrieben werden kann. Für deutsche Fans ist die folgende Stunde die letzte Gelegenheit, Ausnahmesänger Matt Barlow im Kreise seiner Musikerfreunde zu sehen. Mit '1776', 'Burning Times', 'Declaration Day' und 'I Died For You' ist die Setliste der Power-Metaller um Bandchef Jon Schaffer mit Klassikern bespickt, die von der mehr als gut repräsentierten Fanschar dankbar angenommen wird. Barlow treibt das bunte Abschiedstreiben weiter mit 'Jack', 'The Hunter' und der "Something Wicked"-Trilogie an, ehe es am Ende äußerst gefühlsbetont wird.

Als Jon seinem besten Freund für die wundervolle Zeit dankt, müssen auch einige im Publikum schlucken. Spätestens nachdem der den Tränen nahe Barlow mit lautstarken Sprechchören verabschiedet wird und sich bei allen Anwesenden bedankt, stellt sich eine dicke Gänsehaut auf. Diese wird zwar durch das abschließende 'Iced Earth' etwas beruhigt, dennoch hätte beispielsweise das sträflich vermisste 'Melancholy (Holy Martyr)' dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Sei’s drum, dieser Auftritt gehörte voll und ganz dem Rotschopf.

Bei SEPULTURA sorgt das Line-Up immer wieder für Gesprächsstoff. Bereits 1997 ging Frontman Max Cavalera, 2006 mit Igor Cavalera dann auch das zweite Gründungsmitglied. Das neuere Material geht zudem in eine deutlich andere Richtung als die Alben, die die Band zu einer Thrash-Ikone gemacht haben. Befürchtungen, dass an diesem Abend alte Fans gänzlich zu kurz kommen könnten, werden aber schnell zerstreut. Nach dem Live-Intro donnert 'Arise' der Menge mit einer Gewalt um die Ohren, dass es nur so eine Freude ist. Dabei ist der Sound weit besser, als es die veröffentlichen Videoaufnahmen vermuten lassen. Sänger Derrick Green geht mit enormer Energie zu Werke, aber auch die anderen Musiker wirken nicht gerade lethargisch. Die Stimmung springt sofort auf die Menge über, die zu alten Songs wie 'Inner Self' oder 'Troops of Doom' genauso feiert wie zu den neueren Titeln. Der Platz vor der Bühne gleicht über weite Strecken einem Hexenkessel. Vom neuen Album "Kairos" wird außer dem Titelsong nur 'Relentless' und 'Just One Fix' gespielt, so dass Zeit ist für einen Überblick über alle Schaffensperioden der Band. Mit jeweils einem Song sind "Dante XXI" ('Convicted in Life'), "Against" ('Choke') und "A-Lex" ('What I Do!') vertreten, "Chaos A.D." mit zwei ('Refuse/Resist', 'Territory'). 'Ratamahatta' und 'Roots Bloody Roots' beschließen den einstündigen Gig, der mit seiner Wucht durchaus beeindruckt hat.

Die Metal-Oper AVANTASIA um EDGUY-Fronter Tobias Sammet bestreitet in Wacken ihren vorerst letzten Auftritt. Ob es ein Wiedersehen geben wird, ist ungewiss, die Zuschauer vor der Bühne daher umso zahlreicher. Zu 'Twisted Mind' kommt Sammet auf die Bühne, doch lange bleiben er und seine Musiker nicht allein: Jorn Lande von MASTERPLAN kommt für 'The Scarecrow', den Titeltrack des dritten Albums, und 'Promised Land' hinzu und unterstützt Tobi und die schöne Amanda Somerville am Gesang. Die gesamte Combo ist gut aufgelegt, lächelt immer wieder in die Kamera und beackert die gesamte Bühne und die kleine Brücke hinter dem Schlagzeug. So sind alle Akteure bestens zu sehen und können von überall rocken und die Fans anstacheln. Zu 'The Story Ain't Over' ersetzt Bob Catley (MAGNUM) Jorn Lande, bei  'Reach Out For The Light' und 'Dying For An Angel' übernimmt Michael Kiske(ex-HELLOWEEN) den Part des zweiten Sängers. Zu 'Death Is Just A Feeling' schwingt GAMMA RAY-Sänger Kai Hansen das Mikro. Alle Gastsänger sind in bester Stimmung und posen wie die Weltmeister mit Sammet und den übrigen Musikern auf der Bühne.

Zum von Tobi als Wattebauschballade bezeichneten 'Farewell' tritt Amanda Somerville aus ihrem Schatten heraus und kommt nach vorne. Das Publikum jubelt bei jedem angekündigten Lied und feiert jeden Song. Während der Lieder singen viele mit oder versuchen, dem bunten Treiben auf der Bühne zu folgen. Sammet bedankt sich für die tolle Zeit und die großartigen Auftritte und kredenzt das Lied, mit dem alles angefangen hat: 'Avantasia'. Danach kommen alle Gäste zum Doppelschlag 'Sign Of The Cross' / 'The Seven Angels' auf die Bühne. Tobi bittet noch einmal alle Fans, die Hände für das abschließende Foto in die Luft zu heben. Tschüss, AVANTASIA! Hoffentlich bis bald!

Anders als bei den Kollegen von SODOM einen Tag zuvor, stehen die Sterne der Haudegen und Kollegen von KREATOR mehr als günstig. Zur besten Zeit und mit einem drückend kräftigen Sound ausgestattet starten Mille und Co. auf einer blutrot beleuchteten Black Stage pünktlich um 21:45 Uhr ihr einstündiges Feuerwerk mit dem Doppelschlag 'Hordes Of Chaos' und 'Warcurse'. "Kreator has return" schallt es derweil vom Essener Frontmann, ehe das Quartett mit 'Endless Pain', 'Pleasure To Kill' und dem Statement 'Destroy What Destroys You' zum Nackenmuskel-Overkill ausholt. Nach dem grandiosen 'Voices Of The Dead', erkundigt sich Mille, welche Nationen im Wacken-Publikum vertreten sind, und kündigt wenig später zu Freuden aller Anwesenden, für 2012 ein neues KREATOR-Album an. Diese mehr als guten Neuigkeiten werden durch den Headbanger 'Enemy Of God', sowie 'Phobia' mehr als gebührend unterstützt. Die Thrasher zeigen sich in einer exzellenten Verfassung und beenden ihren gewohnt guten, aber unspektakulären Auftritt mit dem obligatorischen 'Flag Of Hate', bei dem Mille eine beeindruckend große Hassflagge in den Wacken-Himmel hievt, sowie mit 'Tormentor', bei dem der Meute abschließend noch mal alles abverlangt wird. So kennen und mögen wir KREATOR, auch wenn es bezüglich der Setlist leider keinerlei Überraschungen gab.

"Fuck, KREATOR is fucking loud!" - am späten Abend hat der Kanadier DANKO JONES die ehrenvolle Aufgabe, gegen die parallel auf der True Metal Stage spielenden KREATOR anzurocken, und dies gelingt ihm außerordentlich gut. Danko und eine ganze Reihe treuer Fans sorgen dafür, dass dieser Auftritt laut und dreckig wird. Mit dem Opener 'The Rules' beweist er dann auch gleich, was wahrer Rock’n'Roll ist. Kracher wie 'First Date', 'Cadillac', 'Bad Thoughts' und 'Had Enough' dürfen nicht fehlen und werden laut vom Publikum mitgegrölt. Dankos Klöten schwingen mit, es wird gezüngelt und ausgiebig mit den weiblichen Fans geflirtet, denn "the Canadian girls always wear sandals and listen to folk music". Seine unkeuschen Texte und Gesten gehören dazu – schließlich geht es hier um ordinären Sex & Rock’n'Roll, mit dem das Trio heute Abend sicherlich den einen oder anderen zum Koitus animiert hat. Danke, Danko!

Kontinuität hat einen Namen: 1975 standen sie erstmals auf der Bühne, und schon zum sechsten Mal seit 1997 spielen die unermüdlichen MOTÖRHEAD heute auf dem WOA. Einmal mehr beginnt der Auftritt mit 'Iron Fist' und beinhaltet in erster Linie bekannte Hits wie 'Metropolis', 'Rock Out', 'Ace of Spades', 'Overkill' oder 'Just 'Cos You Got the Power'. Vom aktuellen Album "The Wörld Is Yours" gibt es nur 'Get Back In Line' und 'I Know How To Die' zu hören. Gitarrist Phil Campbell und Schlagzeuger Mikkey Dee steuern wie immer ihre technisch hervorragenden Soli bei. Leider ist der Ton ein wenig leise, dafür sorgt der 'Bomber'-Bühnenaufbau gegen Ende für eine nette Lichtshow. Lemmy röhrt wie gewohnt und weicht vom üblichen Ablauf nur ab, als er sich dafür entschuldigt, dass die Fans im langsam einsetzenden Regen stehen müssen. Alle Songs werden routiniert gespielt, es gibt keine Überraschungen. MOTÖRHEAD sind aber auch ohne Überraschungen mit ihren soliden Auftritten immer wieder sehenswert.

Mit Glitzerfeuerwerken und saftigen Pyros beginnt wieder einmal eine Show der beinharten Jungs von CHILDREN OF BODOM. Der Acker bebt wie eh und je. Mit melodiösem Death Metal und ausufernden Gitarren-Soli beeindrucken die Finnen auch mit ihrem siebten Longplayer "Relentless Reckless Forever".

Stücke daraus wie 'Not My Funeral' oder 'Roundtrip To Hell And Back' bringen die Köpfe wie gewohnt zum Kreisen. Heroisch thront Alexi mittig auf der Bühne, kratzt ins Mikro, lässt mit seinen Gitarrenkünsten die Mäuler offen stehen und mit seiner saucoolen Art die Höschen der Mädels feucht werden. Apropos feucht: Fast hätte Petrus es dieses Mal vergessen. Aber gerade noch zur rechten Zeit öffnet er die Himmelspforten und lässt es nun auch auf dem WOA 2011 aus allen Wolken schütten. Weicheier rennen weg, doch die waschechte Hate Crew bleibt. "Want some old school Children of Bodom???" Dicke Metaller schütteln ihre Bäuche sowie nassen Haare (auch in Kombination vorhanden) als zu 'Hate Me' und 'Follow the Reaper' ganz Wacken erzittert und Bauer Udo ganz schnell das Vieh in Sicherheit bringt. Beim traumhaften von Pyros untermalten 'Angels Don't Kill' dreht sogar die Jägermeister-Promo-Crew durch und wirft voller Karacho Mützen und Sonnenbrillen über das Schlachtfeld. Zum Wetter gibt es leider einen weiteren Wermutstropfen: Virtuose Alexi scheint heute völlig neben der Spur zu sein und verpatzt des Öfteren seine Einsätze. Wohl zu viel vom Lakritz-Schnaps genascht? Doch der aufmerksame Zuhörer erfährt schnell, dass er unter technischen Problemen zu leiden hat und seinen eigenen Monitor stellenweise nicht hört. Aber sei es drum. Der CHILDREN OF BODOM-Fan reißt sich zusammen und genießt das Konzert, während sich der Desinteressierte beim Einsetzen des Regens sowieso verkrümelt. Ein würdiger (fast) Abschied des Wacken Open Air 2011. Wir sagen Kiitos (finnisch für Danke) und bis zum nächsten Mal.

Einen schlechteren Slot hätte es für ELÄKELÄISET wohl nicht geben können. Finnischen Humppa in allen Ehren - erfrischend, auflockernd, ermunternd und gute Laune verbreitend. Aber ist es ein Wunder, dass sich nur wenige Leute vor der Partystage versammeln, wenn exakt zur selben Zeit die Landsmannen und Virtuosen von CHILDREN OF BODOM spielen? Wohl ganz und gar nicht! Mit Gitarre und Hut geben die alten Herren ihre traditionellen Finnen-Folklore zum Besten - eingehüllt in Cover-Versionen moderner Pop- und Rock- Songs wie beispielsweise 'Das Modell'. Auch wenn das Publikum nur spärlich anwesend ist; diejenigen, die da sind, tanzen amüsiert Polka und finnischen Tango. Die Stimmung gleicht einem Volksfest - jedoch nur solange bis ein plötzlicher Platzregen einsetzt, worauf etwa ein Drittel der Anwesenden flüchtet. Die waschechten Finnen im Publikum kommentieren dies mit original finnischem Fikalienvokabular ("vittu", "perkele"). Schade, schade!!!

GHOST verwandeln das W.E.T.-Stage-Zelt zu ihrem Zeremonie-Saal. Mit schwarzen Kapuzen ohne Gucklöcher im Gesicht bestreiten die Instrumentalisten den Auftritt, während der Sänger im Priesterumhang und mit einer Art Totenkopfmaske den Beschwörer gibt. Doch die Musik ist nicht bedrohlich oder pechschwarz; der Doom/Psychedelic Rock ist durchaus tanzbar und extrem cool arrangiert, sodass GHOST ein bunt gemischtes Publikum anziehen. Der Auftritt lebt von der kreierten Atmosphäre, die dank perfekten Sounds und passender Beleuchtung bestens transportiert wird. Die Schweden pfeifen auf alle Klischees und liefern eine unvergessliche Show ab. Ganz, ganz stark!

Mag es dem einen oder anderen langsam zum Halse raushängen, den Abschied jedes zweiten Festivals mit SUBWAY TO SALLY feiern zu müssen. Abstreiten kann wohl kaum jemand, dass diese Truppe immer wieder aufs Neue das Blut zum Wallen, die Zunge zum Schwingen und das Beinchen zum Tänzeln bringt. Doch dieser Samstagabend steht - wie fast der gänzliche Festivalsommer - unter einem nassgrauen Fluch und so kommt es, dass es direkt vor der großen Abschiedssause mit den Folk-Metallern noch eimal heftig zu schütten beginnt.

Der Acker wirkt danach wie leer gefegt und so traurig sah es wohl seit Jahren um diese Zeit nicht mehr aus. Doch hier im Metal-Schlamm-Paradies halten es jetzt nur noch die Allerhärtesten aus. Belohnt werden diese mit einem Potpourri der besten SUBWAY TO SALLY Partyhits und einem Vorgeschmack auf die im September erscheinende neue Platte "Schwarz in Schwarz": 'Schwarzes Meer' wird man bald genauso textsicher mitsingen können wie 'Kleid aus Rosen' oder 'Henkersbraut'; daran hat Eric Fish überhaupt keine Zweifel. Bespaßt werden wir weiterhin mit mittelalterlichen Klängen, funkelnden Feuerwerken, 'kleine(n) Schwester(n)' und Folklore satt. Doch während man sich im weiteren Verlauf des Konzertes, welches sich dank der Kälte leider ganz schön in die Länge zieht, nur noch an Pyros und 'Veitsta(ä)nz(en)' aufwärmt, steigt eine deprimierende Stimmung auf. Schon wieder ist ein Wacken Open Air zu Ende und schon wieder gleicht in diesem Jahr ein Festival einer Schlammlandschaft. Doch nach dem Wacken ist bekanntlich vor dem Wacken. Also Regenwolken wegblasen, auf in die Schlacht und see you next year, Metalheads!

Redakteur:
Pia-Kim Schaper
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