Volbeat - Hamburg

20.09.2007 | 12:36

12.09.2007, Markthalle

Start der Deutschlandtour

Es gibt kaum eine Band, die derzeit mit der Geschwindigkeit von VOLBEAT wächst. Während die schwachen Besucherzahlen selbst größeren Acts seit längerem zu schaffen machen, verkaufen die dänischen Elvis-Jünger auf ihrer ersten Headlinertour in Deutschland mühelos Clubs aus, so dass teilweise gar auf größere Locations umgesattelt werden musste. Vor dem draußen aufgebauten Stand mit den Tourshirts türmen sich Textilienberge wie im Kaufhaus, und man muss bereits vor der Show am Merchandisestand anstehen. Wo gibt es sowas heute noch?
Deshalb können sich auch die Supportbands FIRE und WAXY ganz besonders freuen, heute Abend dabei zu sein - und beide haben sogar eine stattliche Spielzeit von jeweils 45 Minuten bekommen.

Bei FIRE handelt es sich um eine deutsche Kappelle, die mit jeder Note den Göttern der NWoBHM huldigt. Spielfreudig, präzise und mit einem zeitgemäßen Schuss Extra-Härte stimmt das Quintett die Menge ein und hat sichtlich Spaß am Auftritt. Hatte ich mir anfangs noch angesichts der nur in Unterzahl vertretenen Kutten- und Lederhosenfraktion ernsthafte Sorgen gemacht, ob die engagiert spielenden Herren wohl den verdienten Zuspruch bekommen würden, muss ich recht bald feststellen, dass doch mehr Matten fliegen und Fäuste gereckt werden als ich erwartet hatte. Dass der Bekanntheitsgrad, den die großen Vorbilder mit dieser Musik erreicht haben von ihnen wohl nicht mehr erreicht werden wird, dürfte auch den Jungs auf der Bühne klar sein. Mit welcher Hingabe diese Typen dennoch hervorragende Live-Songs geschrieben haben, sollte einen eigentlich um so mehr begeistern. Dieselbe Beachtung wie z. B. METAL INQIUISITOR hätten sie jedenfalls allemal verdient.

WAXY haben danach einen unerwartet schweren Stand. Die drei Amis aus Palm Desert in Kalifornien, insbesondere Fronter und Gitarrist Robert, legen sich zwar sehr ins Zeug, kommen aber mit ihrem langatmigen, sperrigen und teils progressiven Rocksongs mit überhaupt nicht beim ohrwurmverwöhnten VOLBEAT-Publikum an. Ausgedehnte ruhige Instrumentalparts, wenig Gesang, durchbrochen von einigen rockenden Vollgas-Passagen kennzeichnen den Sound der LED ZEPPELIN und JIMI HENDRIX verehrenden Truppe. Leider wirkt die Szene heute wie eine Balettaufführung in einem Fußballstadion und das Fehlen von Massenkompatibilität und Eingängikeit wird gnadenlos bestraft. Was mit mangelndem Beifall und Abwanderung beginnt steigert sich über "Volbeat"-Sprechchöre bis zu einem Pfeifkonzert begleitet von "Hört auf jetzt!"-Rufen. Dafür, dass die Band äußerlich unbeeindruckt ihr Ding durchzieht und nicht beleidigt die Flinte ins Korn wirft, muss man sie wirklich loben. Ein bisschen mehr Respekt und Toleranz von Seiten des Publikums wäre hier sehr angebracht gewesen.
Ihr Ding durchziehen, das tun zur selben Zeit auch eine Handvoll Typen im Publikum, die allesamt in weißen Unterhemden aufgelaufen sind und sich diese bereits zu den ersten Klängen des Abends gegenseitig vom Leib reißen und unablässig (auch während des Pfeifkonzerts und der Umbaupausen) moshen und bangen wie Duracel-Hässchen mit frischen Batterien im Hintern. Rock 'n' Roll!

Zu den Klängen des Headliner-Intros füllt sich die Markthalle bis auf den letzten Platz, und man merkt erst jetzt, wie rappelvoll der Laden wirklich ist.
Die überwiegende Mehrheit ist von den Anheizern nicht mal lauwarm geworden und so sind VOLBEAT zu einem Kaltstart gezwungen. Michael Poulsen und seine Mannen scheinen sowas ständig zu machen, denn von der ersten Sekunde an tobt der Saal. Alte True-Metaller bangen mit Normalos und geschminkten Freaks um die Wette und die ersten Crowdsurfer lassen auch nicht lange auf sich warten. VOLBEAT reißen heute alle mit. Sowohl bei älteren Nummern, wie auch bei den Hits der akutellen Scheibe "Rock the Rebel/Metal the Devil" wie beispielsweise 'Devil Or The Blue Cats Soul', 'The Gardens Tale', 'The Human Instrument' oder dem Johnny Cash gewidmeten Country-Smasher 'From A Sad Man's Tongue' zeigt sich die Menge textsicher. Woran es liegt, dass grade diese Band schon nach dem zweiten Album eine genreübergreifende Massentauglichkeit vorweisen kann, ist schwer zu sagen. Aber Fakt ist: Heute Abend sind auch jede Menge Menschen im Saal, die andere Metalkombos zum Davonlaufen finden würden. Mit Sicherheit spielt die enorme Ohrwurmdichte eine Rolle, vielleicht aber auch die herrlich sympathische Art der Band. Welcher andere Metal-Fronter würde sich trauen, vor sein Publikum zu treten und zu verkünden, er wäre einfach nur glücklich heute und jetzt sollten alle mal so breit Grinsen wie er? Die Resonanz ist jedenfalls überwältigend. Spielerisch und gesanglich stellen die Dänen heute sehr frisch und tight unter Beweis, dass man nicht nur mit Wut im Bauch, sondern auch mit ordentlich "Spaß inne Backen" eine fantastische Show bieten kann. Auch der Sound ist (abgesehen von der traditionell übertrieben Lautstärke bei Indoor-Konzerten) auch mehr als ordentlich. Die Haltbarkeit von Michaels Haargel-Bollwerk beträgt deshalb wieder einmal nur anderthalb Songs, und am Ende sieht der gute mit den nassen Strähnen im Gesicht fast eher wie ein Emo-Schreihals als wie Elvis' kleiner Bruder aus. Seiner mordsmäßig guten Laune tut das aber keinen Abbruch, so dass er während 'I Only Wanna Be With You', das jetzt schon wie ein Klassiker bejubelt wird, immer wieder langegezogene "Ööööhhhrrr"-Growls einschiebt und sich dabei über sich selbst kaputtlacht.

Die Akustikgitarrenparts der neueren Songs übernimmt ein kahlköpfiger Knabe namens Christian. Auf dem Rücken seines VOLBEAT-Shirts prangt der Spruch "Metal that even your Mom would like". Bei diesem Motto trotzdem noch vorbehaltlos von den meisten Metalfans akzeptiert zu werden, gelingt nicht vielen Bands. Noch hat man auch keine Mühe mit der Songsauswahl, auch wenn ich auf das überirdische 'Danny & Lucy' (einmalig!) bis zum Zugabenblock warten muss. Letztlich dürfte heute aber fast jeder seinen Lieblingssong bekommen haben. Sollten die Herren regelmäßig gute neue Platten machen, stehen sie in Zukunft allerdings vor schwierigeren Entscheidungen.
In der Markthalle ist es mittlerweile brütend heiß und es geht gegen Mitternacht, als die Band mit 'The Gardens Tale' zum letzten Schlag ausholt. Die Vocals, die auf dem Album der Sänger einer befreundeten dänischen Band beisteuerte, kommen live von Neu-Klampfer Thomas Bredahl, der sowohl hierbei, als auch in seinem Hauptjob an der Axt zu überzeugen vermag und auch schon gradezu euphorisch mit dem Publikum kommuniziert. Obwohl der Konzerttermin mitten in der Woche liegt, warten viele Fans noch am Merchandisestand auf die Band, die sich noch für Fotos und Autogramme unter die Leute mischen will.
VOLBEAT haben heute auf ganzer Linie überzeugt und einen Tourstart nach Maß hingelegt, am dem es wirklich einmal gar nichts auszusetzen gibt. Wenn die Band diese Euphorie aufrechterhalten kann, sollte sich das Management für die nächsten Deutschland-Dates schonmal nach größeren Hallen umsehen!

Redakteur:
Thomas van der Laan

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