Up From The Ground 2004 - Gemünden / Steinwiesen

28.09.2004 | 09:24

27.08.2004,

Samstag, 28. August

LUNATIC DICTATOR
Es ist Samstag Vormittag halb 11, der Regen fällt senkrecht, die Bühne schaut in freudiger Erwartung auf die leere Grünfläche vor ihren Augen und kaum jemand glaubt daran, dass in wenigen Minuten an dieser Stelle auch nur irgendeine Band auftreten wird. Die einfache Gleichung "keine Zuschauer = kein Auftritt" macht gerade zwischen den wenigen, müde aus den Zelten blickenden Augenpaaren die Runde, als auch schon der schlafende Riese erwacht. Wie durch ein Wunder pellen sich mehr und mehr wettertrotzende Neugierige aus ihren Zelten und bewegen sich zombiehaft aufs Festivalgelände. Egal, ob nun durch einen unterschwelligen Instinkt oder durch die eingebaute deutsche Pünktlichkeit, auf jeden Fall finden sich unerwartet viele Metaller vor der Bühne ein, so dass die Jungs von LUNATIC DICTATOR nicht ganz für sich alleine auftreten müssen. Und ich muss schon sagen, die Band ist gar nicht mal so schlecht. Ihr saftiger Death/Thrash mit einer ordentlichen Portion Groove und Melodie eignet sich auch ohne Vorhandensein eines physischen Drummers hervorragend zum wach werden. Allerdings wollen die Anfeuerungsversuche des Sängers dennoch nicht wirklich fruchten, so dass er es gegen Ende ein wenig frustriert einfach aufgibt. Nun, viel mehr als ein paar nickende Köpfe kann man um diese Uhrzeit wohl auch nicht erwarten.
(Christian Rosenau)

Der nächste Morgen. Trübsal im regnerischen Wetter, gute Laune auf dem Platz. Zum Beispiel mit den Frühaufstehern von LUNATIC DICTATOR, die ab um 11 Uhr das gewohnte Guten-Morgen-Bier akustisch untermalen. Am liebsten möchte man mit dem leicht bierbäuchigen Sänger anstoßen, denn der Typ klingt unerhört nach OBITUARYs John Tardy und hört auf den lustigen Namen Tommel. Nur der Drumcomputer stört ein wenig, dafür klingt der gebotene Todesblei auch so zeitig schon recht flott.
(Henri Kramer)

GORILLA MONSOON
Direkt im Anschluss gibt es dankenswerterweise Mal ein wenig Abwechslung im Programm. GORILLA MONSOON begeistern mit einem trockenen und rotzigen Mix aus Doom und Stoner Rock. Obwohl das normalerweise nicht wirklich meine Baustelle ist, zieht mich der sympathische Frontmann mit seinem optisch aufgemotzten Geweihmikro und seiner fesselnden Stimme in den Bann. Schleppend, heavy und mit jeder Menge Groove zeigt man den Fans, dass man auch mit gedrosselter Geschwindigkeit ordentlich auf die Kacke hauen kann. Durch den Ausfall der nachfolgenden DEATH REALITY bleibt sogar noch Platz für eine Zugabe.
(Christian Rosenau)

Nur a bisserl wenig Zuschauermasse steht im Schlamm vor der Bühne. Das wird auch bei GORILLA MONSOON nicht besser - da liegt es vielleicht auch an dem für die Uhrzeit etwas einschläfernd wirkenden Doom-Metalcore. In einem kleinen Club kommen GORILLA MONSOON jedenfalls wesentlich besser zur Geltung als auf diesem Festival. Der Zeuge für diese Behauptung heißt Jagger, kommt von DISBELIEF und trägt während des gesamten Up From The Ground ein T-Shirt der Dresdner Band... Doch nun: Essen fassen. Dabei gilt auf dem Up From The Ground die Devise: "Weniger Auswahl ist mehr." Ein Stand, ungefähr fünf Gerichte plus/minus eins zum Genuss. Wenn dieses Festival länger gehen würde, könnte Kumpel Skorbut schon mal "Hallo" sagen. So aber fallen keine Zähne aus, sondern nur DEATH REALITY. Pause.
(Henri Kramer)

GUERILLA
Daran, dass GUERRILLA große, selbsterklärte Spaßvögel sind, lässt der Sänger mit seinem plakativ komischen T-Shirt-Aufdruck "Sperma enthält Vitamin C" keinen Zweifel. Musikalisch taugt der melodische Death Metal zum spätestmöglichen Wachwerden an diesem Tag, ruft bei einer Frau im Publikum sogar epilepsieartige Anwandlungen hervor. Die insgesamt sehr energiegeladene Show wird vom Sänger dominiert, der sich mit seinen aggressiv rausgerotzten Vocals stimmlich nahezu ausschließlich in einer Tonlage bewegt. Die melodischen, aber doch treibenden Gitarren bieten Eingängiges und Gitarrensoli dar, doch wenn der Sänger einsetzt, übernimmt er wieder die Führung, was ihm auch vom Backgroundgrunzen der Gitarristen nicht streitig gemacht wird, während die Gitarren wieder Melodien sägen. Wie der Sänger scheint auch der Bassist der Post-Pubertät noch nicht völlig entwachsen, denn er macht komische Sachen mit seiner Zunge, die möglicherweise eine KISS-Reminiszenz darstellen sollen, und zeigt dem Publikum seinen entzückenden, wackelnden Popo. Großen Spaß haben die beiden auch beim hasenartigen Hakenschlagen durch das für die frühnachmittägliche Zeit relativ dicht stehende Publikum. Ach so, wer jetzt unbedingt zu hochtrabende Referenzwerte lesen will, dem sei gesagt, dass GUERRILLA melodisch wie HYPOCRISY und schnell wie AT THE GATES sind. Einen schönen akustischen Effekt bei den schnellen Growls ergibt ein Song mit spanischem Text. Schließlich kommt noch der JACK SLATER-Sänger auf die Bühne und wirkt mit seinem kranken Kreischen und Grunzen bei 'This Time It's War' mit. Dass die Jungs offenbar großen Spaß an ihrem Auftritt beim UFTG hatten, könnte daraus geschlussfolgert werden, dass sie den Nachmittagspreis für das albernste Backstage-Gehabe inklusive Bierzelt-Chor-Gegröhle verdient hätten. (Den Preis können sie auch für die Nacht bekommen, wie am Ende des Berichts zu lesen ist. – grinsend, C.P.)
(Gretha Breuer)

BLO.TORCH
Die Holländer von BLO.TORCH haben nicht gerade einen guten Start. Bei ihren ersten Tönen verwandelt sich das stetige Nieseln in einen heimtückischen Platzregen, der vielen Leuten angesichts des stets größer werdenden Matschpits den Spaß nehmen dürfte. Einige unerschrockene Fans zeigen dem Wettergott allerdings den ausgestreckten Mittelfinger und ignorieren beim Headbangen in der ersten Reihe einfach den herunterklatschenden Regen. Andere wiederum stellen sich total untrue mit Regenschirmen oder -jacken in sicherer Entfernung auf. (Ist damit auch Tolgas rosa Regenschirm gemeint, der zum Abschluss beerdigt wurde? - grinsend, C.P.) Aber dennoch bleibt es vor der Bühne sehr gemäßigt. Auch bei mir regt sich nicht allzu viel, aber das liegt nicht unbedingt am Können der Band. Die legen sich ordentlich ins Zeug, aber mir ist das mittlerweile ein wenig zu viel Death/Thrash auf einem Haufen. Irgendwann ist man da auch mal übersättigt, so dass man gezwungenermaßen abschaltet und auf ein wenig Abwechslung wartet.
(Christian Rosenau)

UNDERTOW
Zur allgemein seltsam niedergeschlagenen Stimmung während des verregneten Sonnabendnachmittags passen UNDERTOW, die sich dem Doom verschrieben haben und einen schlechten Zeitpunkt für ihren Auftritt erwischt haben. In Ansätzen scheinen sie mit einigen schönen Riffs CROWBAR nachzueifern, haben dabei aber dummer- und absurderweise einen Hang zum Schweinerock. Was das Kampfschwein-Aussehen des kahl geschorenen Sängers verspricht, kann seine Stimme nicht halten; Umstehende vergleichen sie mit Hundegejaul. Immerhin wird der Regen weniger, aber für richtig guten Doom genügen Rumleiden auf der Bühne und ein blechernes Schlagzeug nicht. So springen denn auch nur einige betrunkene Kuttenträger im Schlamm herum, der sich zu diesem Zeitpunkt noch auf den Bereich vor der Bühne beschränkt.
(Gretha Breuer)

BURDEN OF GRIEF
Dann wird der Matsch schlagartig mit mehr Zuschauern bedeckt und die Stimmung steigt ebenso schlagartig. Kein Wunder, denn die Kasseler BURDEN OF GRIEF jagen ihre genialen Melodien mit einer zugleich absolut sympathischen Art unters Volk. Da schmunzelt man auch über einen Aussetzer, wenn Sänger Mike grinsend erklärt: "Unser Schlagzeuger hat mal wieder alles kaputt gemacht." Dann feuert er das Publikum an, während seine Gitarristen die Haare fliegen lassen. Das Gleiche machen die Spaßköpfe von GUERILLA am Bühnenrand. Als BURDEN-Drummer Carsten einer seiner Stöcke davon fliegt, schnappt sich einer der Kölner Guerilleros kurzerhand diesen und unterstütz das Schlagzeug – ohne dafür von der Bühne geschmissen zu werden. GUERILLA-Gitarrist Martin schnappt sich stattdessen einen am Bühnenrand stehenden Besen und spielt eifrig Luftgitarre. Das lässt auch bei den Nordhessen die Stimmung steigen und Mike singt gemeinsam mit den Guerilleros ein IRON MAIDEN-Cover. "Gebt euch doch mit 'Aces High' zufrieden", meint Mike anschließend grinsend, als GUERILLA lautstark das METALLICA-Cover 'Master Of Puppets' fordern. Stattdessen gibt's zum Abschluss noch was von ihrem genialen Album "Fields Of Salvation". Dieser Gig macht echt Spaß und bietet zugleich Anspruchvolles für's Ohr. Erbarme', zu spät, die Hesse' komme! Und diesmal hab ich die Setlist noch ...
(Carsten Praeg)

Setlist BURDEN OF GRIEF:
Silent Killing
Desaster & Decay
Cold Fire
Nightmare Within
Smashed…
Aces High
Reborn
Frozen Pain
Don't Fear The Creeper (Zugabe)

VENDETTA
Das Schweinfurter Quintett hat's nach BURDEN OF GRIEF nicht leicht das Stimmungsniveau zu halten, doch an ihnen liegt's nicht. Eher daran, dass der anspruchsvolle Old School Thrash für den geneigten UFTG-Besucher eine leichte Überforderung darstellt. Nach dem ersten Song wird vom Sänger der Aushilfsgitarrist vorgestellt, dessen Namen ich akustisch nicht verstanden habe, jedoch spielt er für Herrn Dachs, der krankheitsbedingt ausgefallen ist. Zu Beginn des Sets gehen zwei beinharte Fans richtig gut ab und verschütten sogar ihr Bier (welch Sakrileg!). Das auch Kleinkinder mit Thrash was anfangen, beweist eine Mutter mit ihrer etwa sieben Jahre alten Tochter, die fröhlich im Takt mitschunkeln. Der Leadgitarrist ist für mich der "Jimi Hendrix des Speed Metal" - bei den Soli, die er zaubert. Neben Songs vom "Brain Damage"-Album wie 'War' kommen auch aktuelle Titel wie 'Hannibal' und der Klassiker 'On The Road', was vom Gitarrenriff her an 'Metal Militia' von METALLICA erinnert und vom Publikum auch mitgesungen wird. Am Ende werden die obligatorischen Zugaberufe laut, nur ein Fan empört sich darüber, dass 'Brain Damage' nicht gespielt wurde.
(Tolga Karabagli)

Nicht empört ist natürlich der Fan, der gar nicht da ist... Denn jetzt gibt's Kultur! Die regelt in Gemünden nämlich auch, dort steht auf einem Felsvorsprung das Schloss der Freiherren von Salis-Soglio, zu Beginn des 18. Jahrhunderts neu erbaut und seit Jahrhunderten vorher von den Adelsgeschlechtern der Sponheimer, der Schmittburger und der von Salis bewohnt. Geil, ne?! Das Panorama vom Schlossberg aus ist wirklich zu schön, zumal gerade die Sonne beschließt, sich kurz zu erbarmen und die frierende Metalschar mit ihren warmen Strahlen zu kitzeln. Wer will sich da noch über eine fehlende 'Brain Damage' beschweren?!

DESASTER
Erst ab DESASTER wird's wieder ernst, und wie. Am Anfang stehen die Musiker mit dem Rücken zum Publikum, Leder und Nieten überall. Dann wird auch schon losgedroschen, DESASTER sind mit ihrem Thrash-Metal-Sound wohl eine der beständigsten Bands Deutschlands. Der Gesang kommt ziemlich laut aus den Boxen und übertönt anfangs fast die Gitarren. Erst nach zwei bis drei Nummern klingt das DESASTER-Programm wirklich druckvoll, kann Vokalist Sataniac voller Inbrunst seine Faust heben und die Fans motivieren. Dazu keift er wie ein bellender Hund, zwischendurch gibt's auch ein neues Stück, welches das Wörtchen "Strike" im Titel stehen hat. Nichts Innovatives also aus dem Hause DESASTER, aber ein cooler Gig für alle Fans, die in den 80ern ihre musikalische Erfüllung sehen. Bei soviel Energie, die da von der Bühne zischt, heißt es dann auch schon für die ersten Fans: Total Schlammkrusten-Alarm!
(Henri Kramer)

SUIDAKRA
SUIDAKRA sind quasi in letzter Minute für MNEMIC, die abgesagt hatten, eingesprungen und sind nicht nur in meinen Augen und Ohren mehr als nur ein "Lückenfüller". Los geht's mit der Filmmelodie zum John-Carpenter-Kultfilm "Halloween". Vom ersten Ton an sind die Jungs einfach nur genial! Von Synchronbangen bis hin zur Publikumsanimation haben sie die gesamte Palette von dem drauf, was man gemeinhin eine perfekte Show nennt. Sowohl der Sänger und Gitarrist, der passend zu seinem Flammenshirt auch die Haare schwarz-rot gefärbt hat, als auch der zweiten Sänger und Gitarrist, der optisch Oli P. ähnelt, sind die Antreiber dieser genialen Show. Zwischendurch wird das Publikum immer wieder mit Singspielchen animiert, mitzumachen, was zum Ende hin auch die hinteren Reihen erfasst. Von POGUES-Anleihen ('Gates Of Nevermore') bis hin zu genialen Melodien ('Crown The Lost') haben die Jungs die gesamten Palette des melodischen Death Metal auf dem Kasten. Des Weiteren werden mit 'Read This Song' und 'Dissible Dance' zwei neue Stücke vom demnächst erscheinenden Album gespielt. Auch für Unterhaltung wird gesorgt, wie dieser kurze Dialog beweist:
Oli P: Fatzke, die meinen dich mit "geil"!
Oli P: Haste dir auch die Rosette eingecremt?
Sänger: Nimm mal den Teppich aus dem Mund.
Oli P: Gib mir mal ein hohes C.
Sänger spielt auf der Gitarre ein C.
Oli P: Ist gestimmt, dann können wir ja weiterspielen.
Des Weiteren grüßt Oli P. alle Mannheimer und will bei dem letzten Song "alle Penner" moshen sehen. Die "Einer geht noch rein"- und Zugaberufe sind mehr als berechtigt und mit AC/DCs 'For Those About To Rock (We Salute You)' könnte die Pausenmusik nicht passender sein. Geile Musiker, geile Stimmung, coole Party! Metal-Herz, was willste mehr?!!
(Tolga Karabagli)

FINAL BREATH
Noch aufregender sind freilich FINAL BREATH, also die Festival-Organisierer selbst. Im infernalischen Stil von KREATOR dreschen sie los, angetrieben durch einen tödliches Death-Metal-Schlagzeuger namens Heiko. (Fast schon unglaublich, dass dieser nach all dem Organisationsstress noch seine Stöcke halten kann. - respektzollend, C.P.) Die Riffs sind catchy, die Melodien geil, der Gig wird zum Triumphzug. Nur mit einem Wunsch von Sänger Jürgen klappt es nicht: “Ich will eine Staubwolke sehen.” Nach dem verregneten Wochenende und mehreren tausend Besuchern dürfen die Veranstalter froh sein, wenn auf dem Gelände überhaupt noch etwas wächst außer neuem Schlamm. Das Stichwort Wachstum bringt uns zurück zum FINAL BREATH-Gig. Denn auch die Franken werden größer, die neuen Stücke versprechen schon jetzt, dass das kommende Album "Let Me Be Your Tank" der Hammer wird.
(Henri Kramer)

Natürlich wollte ich mir FINAL BREATH als inoffizielle Headliner nicht entgehen lassen. Aber die Pizza in der Gemünder Altstadt schmeckt leider zu gut um pünktlich zum Gig zu erscheinen. Stattdessen versuchen Nuclear Blast-Gimli Dirk und ich uns gegenseitig bei seiner Pizza tragenden und grinsenden Kollegin Desy mit billigen Anbaggersprüchen zu unterbieten. "Hey Pizzababe, darf ich zuerst an deiner Pizza knabbern und dann an dir?" "Ich mag Pilze: Auf der Pizza, nicht auf der Frau." Mahlzeit!
(Carsten Praeg)

GRAVEWORM
Die Meister der pathetischen Auftritte schlagen in gewohnter Manier zu. Beim von Keyboards getragenen GRAVEWORM-Intro ist die Bühne in grünes und rotes Licht getaucht um kurz danach von kurgepflegten, konzentrisch kreisenden Haaren verdunkelt zu werden. Die Südtiroler haben in Franken leichtes Spiel die Menge vor der Bühne zu begeistern, animiert ihr Disco Black Metal (Der Begriff ist mir immer noch nicht geläufig. Was sind dann erst DIMMU BORGIR? Disco Glam Gothic Nu Black Metal? - stirnrunzelnd, C.P.) (Das war selbstreferentielle Ironie – diesmal in Sachen Genre-Schubladen-Erfindungen – erklärt G.B.) doch dazu es ihnen gleichzutun, und den mittlerweile ordentlich trunkenen Kopf heftig im Kreis zu bewegen. 'Legions Unleashed' von der aktuellen Platte "Engraved In Black" lässt mit den GRAVEWORM-typischen Wechseln zwischen Grunzen und Kreischen, die den Keyboard- und Gitarrenteppich durchbrechen, auch in sicherer Entfernung von der Bühne kaum einen Dreckklumpen - formerly known as Stiefel - stillstehen. Die in diesem Fall angenehm berechenbaren Tempowechsel stellen dabei auch am zweiten Festivaltag noch keine unüberwindbare Herausforderung dar. Die Grabwürmer stellen eine gelungene Show mit glasklarem Sound auf die Beine, die die Bühne gut ausfüllt, wenn sie auch bisweilen etwas zu bemüht-routiniert wirkt. Mit 'Dreaming Into Reality' kommt der nächste Evil Disco-Kracher: Die zunächst schleppenden Gitarren werden vom diesmal leichtfüßigen Schlagzeug entführt, um dann Stefan Fioris Gekreische zu untermalen. Auch der Song von 'As The Angels Reach The Beauty' wird vom Publikum begeistert gefeiert. Aus ihrer viel diskutierten und doch lustigen Cover-Versionen-Kiste packen GRAVEWORM schließlich das R.E.M.-Cover 'Losing My Religion' aus, wobei sie doch auch 'Fear of The Dark' zur Auswahl gehabt hätten. Aber Schwund ist bekanntlich immer.
(Gretha Breuer)

ILLDISPOSED
Fürwahr, 'Losing My Religion' ist als Coverversion der Zehennägelaufroller überhaupt. Gruselig. Zum Glück sind die neuen Roadrunnerlinge von ILLDISPOSED zu diesem Zeitpunkt schon betrunken genug nicht auf solche dummen Ideen zu kommen. Dafür versucht Sänger Bo Summer deutsch zu sprechen. Das ist cool und klingt so: "Liebe deutschen Leuten..." Oder so: "Wir sind nichts besseres als euch. We suck!" Dazwischen schlagen Cover-Versionen von DEPECHE MODE und SLAYER wie Granaten in die Tanzbeine der Fanschar, die Menge pogt umher und spritzt Schlamm in alle Richtungen. Selbst MEGADETH müssen dran glauben. Aber obwohl die Dänen so besoffen sind wie ein Trupp russischer Bergarbeiter spielen sie immer noch ultratight und präzise. Fetzig. Außerdem bekommt der noch relativ neue ILLDISPOSED-Gitarrist vom Sänger höchstpersönlich vorgeführt, in was für eine Chaostruppe der arme Klampfer da reingerutscht ist: "Der Meier, der Meier, der hat keine Eier", singen der Sänger und das Publikum und grinsen Lasse Bak respektive Meier kollektiv an. Der Weg zum Wahnsinn ist nicht mehr weit, mit diesem Gig ist ein ganz schön langes Zwischenstück zurückgelegt. Sehr, sehr geil!
(Henri Kramer)

KATAKLYSM
Schon am späten Nachmittag sieht man Nuclear Blast-Zwölfe Kathy nervös übers Festivalgelände huschen. Wo bleiben KATAKLYSM? Die Autogrammstunde am Hammer-Stand wird immer weiter nach hinten verschoben, und als die Kanadier endlich auftauchen, plagen Drum-Tier Martin Maurais starke Kopfschmerzen. Während ILLDISPOSED kommt das Quartett endlich an den Hammer-Stand, der nun von den Fans fast eingedrückt wird. Als sich die Situtation beruhigt hat, dürfen die Kanadier auch die eine oder andere nackte Titte signieren. Kurze Zeit später steht Sänger Maurizio am Bühnenaufgang wie die Ruhe vor dem Sturm. Was dann folgt, gleicht eher einem ganzen Orkan: KATAKLYSM brettern mit 'Manipulator Of Souls' und einer solchen Brachialgewalt los, dass das UFTG Kopf steht. Sämtliche VIPs drängen sich in den Fotograben, bis die Security erstmal die Hälfte rausschmeißt. Ansonsten muss man den Jungs in den Bikerkutten aber mal ein Kompliment machen. Lässig ziehen sie einen Crowdsurfer nach dem anderen aus der Menge und begleiten sie anschließend grinsend zum Grabenausgang. Währenddessen könnten die Holzfäller auf der Bühne selbige auch locker zum Einstürzen bringen. Absolut unglaublich, dass KATAKLYSM vor ein paar Jahren live nicht überzeugt haben sollen. Maurizio, wie immer im Harley-Davidson-T-Shirt, gibt sich gewohnt fannah: "Your're fucking sick! Germany is the best country for Metal and you guys fucking rule!" Dann bedankt sich der bullige Frontman bei Heiko und widmet FINAL BREATH ein Stück von "Epic". Martin hat seine Kopfschmerzen dank Aspirin offensichtlich überwunden und legt eines seiner inzwischen legendären Drumsoli hin. Den rechten Arm in die Luft gestreckt, beweist er, dass er die Wahnsinns-Geschwindigkeit wirklich nur mit der linken Hand hält. Das Solo geht in 'As I Slither' über und das Publikum bangt kräftig weiter. Das wohl erstmals live gespielte 'For All Our Sins' beendet das reguläre Set, der Klassiker 'The Awakening' und ein Song von "The Prophecy" bilden die Zugabe. "To slow", meint Maurizio anschließend grinsend, was ich nun wirklich nicht bestätigen kann. Es hätte kaum einen besseren Headliner als KATAKLYSM geben können! O-Ton Henri: "Boah, what a great canadian bang."

Anschließend trommelt Martin im Backstage-Zelt zum Jubel der anderen Bands noch eifrig auf einem Mini-Schlagzeug rum. Ein VIP-Zelt weiter feiert die POWERMETAL.de/Nuclear Blast-Mannschaft noch stundenlang mit GUERILLA und DAVIDIAN. Welche Liedtexte Guerillero Martin und der Schwaben-Sänger mit steigendem Alkoholpegel dabei zum Besten geben, wird der Phantasie des Lesers überlassen. Während ihr Gegröle über das entgültig in einem Meer aus Matsch versinkende Festivalgelände schallt, torkelt um fünf Uhr auch noch Oli P. herein und stibitzt mir mein letztes Bier. Henri liegt bereits mit dem Kopf in einer Bierlache auf dem Tisch und muss von Tolga und mir in sein Auto getragen werden. Danach darf sich unser Türkennippel (siehe Summer Breeze-Bericht) freuen, dass ich die zweite Nacht in seinem Zelt und nicht in dem einer Kollegin verbringe. ;o)
(Carsten Praeg)

Auch der restliche Zeltplatz fetet im Ausnahmezustand, am letzten Abend des für die meisten wohl letzten Festival des Jahres. Die Erinnerung bleibt: Mit gut 3000 Besuchern ist das Up From The Ground eines der schönsten, gemütlichsten und von den Bands her gehaltvollsten Mini-Festivals der Republik, bei dem eine echte Dusche das Glück noch perfekt machen würde. Doch gerade deswegen sind Gedanken an alte Party.San-Zeiten hier gar nicht so abwegig - so ein geiles Feeling ohne Waschen kann auch das Open Air in Gemünden bieten. Weitermachen!!!
(Henri Kramer)

Redakteur:
Carsten Praeg

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