Tuska Open Air - Helsinki (FIN)

26.07.2006 | 23:55

30.06.2006, Kaisaniemi Park

MENDEED
Sie gelten als eine der positiven Ausnahmen des Metalcore-Hypes, wobei sowohl Presse als auch die Band selbst nicht müde werden zu betonen, dass sie eigentlich gar nicht wirklich Metalcore sind. Kollege Björn bezeichnet MENDEEDs Nuclear Blast-Debüt sogar als das vermutlich bestes "einfach nur Metal"-Album des Jahres. Diese Begeisterung vermag ich zwar nicht zu teilen, aber eines steht fest: Die Schotten sind eine echte Liveband! Angefangen von Schreihals David Proctor über die sehr rührigen Gitaristen Steven Nixen und Steph Gildea bis hin zum Hummeln-im-Hintern Tieftöner und für den klaren Gesang zuständigen Background-Sänger Chris Lavery lieferten die allesamt blutjungen Musiker eine fulminante Show. Alle Gitarrenhälse in die Luft! Hopp, rauf auf das Schlagzeugpodest! Schön anzusehen!
[Elke Huber]

Setlist:
Beneath A Burning Sky
Ignite The Flames
Resurrecting Hope
Stand As One And Fight For Glory
Poisoned Hearts
Divided We Fall
Withered And Torn
Glory Be Thy Name
The Reaper Waits

SODOM
Sonntag, 15:30 Uhr Ortszeit, Helsinki Mitte, Radio City Stage. Die Thrasher waren für viele das Highlight des Tages, und somit war nicht nur ich überrascht, dass die Urgesteine schon so früh auf dem Programm standen. Wer nach ausgiebiger Feierei jetzt erst ankam und die ersten Bands MENDEED und VERJNUARMU ausgelassen hatte, bekam hier nach dem Intro mit 'Blood On Your Lips' vom neuen Album "Sodom" einen amtlichen Weckruf. Das war dann auch der einzige Song des neuen Albums, den die Band zum Besten gab. Es mag auch daran gelegen haben, dass die Band an einer neuen DVD arbeitet und das Konzert live mitschnitt, aber auch die Fans selbst haben dazu beigetragen, dass hautsächlich alte "Lieblingslieder", wie 'Napalm In The Morning', ihr MOTÖRHEAD-Cover, 'Aces Of Spades', 'Ausgebombt' etc. gespielt wurden, denn vorher von Fans geäußerte Wünsche wurden mitberücksichtigt. Ich kann über den Sound nicht allzu viel sagen, da ich vom Bühnenrand aus fotografiert habe, aber hier zitiere ich meine Kollegin Klaudia Weber: "Der Sound war satt!". In der Mitte des Sets wurde mir doch glatt ein kleiner Herzinfarkt verpasst, als Tom mich bat, von der Bühne aus das Publikum zu fotografieren. Soviel Traute hab ich nicht, daher drückte ich ihm die Kamera in die Hand und er hat machte selbst ein paar Aufnahmen - was beim Publikum natürlich noch besser ankam. Dass die Band teilweise völlig im Nebel verschwand, nahm sie gelassen, nur Drummer Bobby hatte ab und an ein wenig zu viel des schwülen Nebels. Die Band hat ihren Auftritt zwar sichtlich genossen, darüber wohl die Zeit vergessen und fast unbemerkt 10 Minuten eher Schluss gemacht. Die Fans hat es nicht gestört, obwohl die Zugaberufe noch ein Weilchen hallten. Trotz der eingekürzten Spielzeit: tolles Konzert!
[Samira Alinto]

Setlist:
Blood On Your Lips
Outbreak Of Evil
Napalm In The Morning
Silence Is Consent
Sodomized
Among The Weirdcong
Remember The Fallen
Ausgebombt
Ace Of Spades
Der Wachtturm
The Saw Is The Law
Eat Me
Bombenhagel

SWALLOW THE SUN
Ich hatte ein wenig Angst vor dem Auftritt der finnischen Doom-Deather. Ihre Alben nahmen mich mit ihrer Mischung aus kellertiefen Growls und gar lieblichen Melodien richtiggehend gefangen, allerdings sollen sie bisher nicht unbedingt durch Live-Qualitäten geglänzt haben. Und dann spielten sie auch noch unter dem fröhlichen Sternenhimmel-Dach der Inferno-Stage...
Doch bereits zu den ersten Klängen des 12-Minuten-Meisterwerkes 'The Giant' waren alle Befürchtungen vom Tisch: Dank einer fünfzehnminütigen Zeitverschiebung zugunsten der Trauerklöße gab es eine Stunde lang wohliges Magenkribbeln, seliges Augenschließen, gänsehautmäßiges Fürchten und freudiges Berauschtsein von so viel schrecklich-schauriger Schönheit! SWALLOW THE SUN sind ein Ganzkörpererlebnis von den inneren Organen über das Gehör und ja, sogar bis hin zum Auge! Der cowboy-behütete Sänger Mikko Kotamäki umklammert mit seinen in schwarzen Handschuhen steckenden Fingern zwar weitestgehend den Mikroständer (war da nicht zwischendurch ein zaghaftes Kopfschütteln?), aber Keyboarder Aleksi Munter (der kleine Bruder von Devin Townsend?) sowie die beiden anderen langhaarigen Bandmitglieder, Matti Honkonen (Bass) und Juha Raivio (Gitarre) gaben in den härteren Passagen schon ordentlich Gas. Wobei es mir im Prinzip auch egal war, weil die Musik der Finnen eigentlich keine Showeffekte braucht. Hauptsache der Bass kitzelt im Bauch und die Gitarre beflügelt die Seele. Intensiv!
[Elke Huber]

Setlist:
The Giant
Descending Winters
Out Of This Gloomy Light
No Light, No Hope
Deadly Nightshade
The Ship
Swallow

TAROT
Die finnischen Hard-Rocker von TAROT gehören in Finnland schon zum alten Eisen, in Deutschland sind sie weniger bekannt. Dort wird Sänger und Bassist Marco Hietala hauptsächlich mit NIGHTWISH in Verbindung gebracht. TAROT sind bei weitem nicht so bombastisch, aber verstehen es, gradlinige Metal-Melodien durch Elan und Spielfreude kombiniert mit Marcos Ausnahmestimme (live unterstützt von einen zweiten Sänger, der ihm in nichts nachsteht) zu einem echten Live-Erlebnis zu machen. Mit von der Partie sind außerdem Marcos großer Bruder Zachary Hietala (Gitarre), Janne Tolsa (Keyboard) und Drummer Pecu Cinnari. Seit den 80ern können die Finnen auf eine treue Fangemeinde aus ihrem Heimatland zählen. So treu sogar, dass die neue Single 'You' direkt an die Poleposition der finnischen Charts katapultiert wurde und sich dort mehr als nur eine Woche hielt. Als Dank bekam das Publikum ein sehr gelungenes Set geboten, das nicht nur auf musikalische Qualität, sondern auch auf Nähe zum Publikum setze. Eröffnet wurde mit 'Crawlspace', ein Titel des Albums "For The Glory Of Nothing", und sofort folgte ein wahrer Klassiker: 'Wings Of Darkness' von dem Debüt "The Spell Of Iron". Auch 'Do You Wanna Live Forever' und 'Angels Of Pain' durften natürlich nicht fehlen. Songs von letzten Longplayer "Suffer Our Pleasures" kamen ebenfalls nicht zu kurz, und so wurde bei 'I Rule' und vor allem auch bei 'Pyre Of Gods' (ein Song mit echtem Ohrwurm-Charakter) gut abgefeiert. Die Show der sympathischen Nordlichter ließ keine Wünsche offen und war definitiv mein persönliches Highlight des TUSKA-Festivals 2006.
[Ricarda Schwoebel]

TIMO RAUTIAINEN
Als sich der letzte Festival-Tag langsam dem Ende entgegen neigte, trat auf der Sue-Stage ein wahres finnisches Urgestein der Metalszene an. TIMO RAUTIAINEN dürfte in Deutschland hauptsächlich durch seine alte Band TIMO RAUTIAINEN & TRIO NISKALAUKUS als Support von HIM oder NIGHTWISH bekannt sein, in Finnland aber hat er eine eigene große Fangemeinde. Diesmal allerdings kam Timo ohne das Trio, sondern mit seinem neuen Soloprojekt für das er sich einige weitere sehr talentierte und nicht unbekannte Musiker an Bord holte. Zum einen wäre da Tuomas Holopainen, Bandleader von NIGHTWISH, der zwar diesmal nicht mit auf der Bühne stand (nach eigener Aussage hatte er zu wenig geübt), das Geschehen aber vom Rand aus mitverfolgte. Mehr geübt hatten neben Timo Gitarrist Peter Engberg, Gitarrist Alexander Kuoppola (CHILDREN OF BODOM) und Bassist Nils Ursin, der bereits bei TRIO NISKALAUKUS spielte. Der besondere Publikumsliebling war wieder einmal Schlagzeuger Jussi Lampi, der in Finnland vor allem einen Namen als Schauspieler hat. Das Live-Quintett präsentierte neben den B-Sides der Singles ebenfalls alle Stücke des Debüt-Albums "Sarvivuori", benannt nach einen Stadtteil von Jyväskylä, Timos Wohnort. Obwohl die Songs nicht wirklich in den Metal-Bereich fielen, sondern eher mit Rock-Melodien und teilweise sogar mit einigen Folk-Elementen aufwarteten, kam die Performance erstaunlich gut beim Publikum an. Eine eingeschworene Fangemeinde ist und bleibt eben eine eingeschworene Fangemeinde. Besonderen Anklang fanden die erste Single-Auskopplung 'Punainen Viiva', das rockige 'Uskonnenpastori' und die B-Side 'Pohjoisen Taivaan Alla'. Auch das Schlusslicht des Sets, 'Hiljaisen Talven Lapsi' wurde mit großer Begeisterung aufgenommen. Die fünf Mannen auf der Bühne genossen ihren Auftritt sichtlich und zeigten Spaß beim Spielen. Zwischen den Songs wurde viel Wert auf die Interaktion mit dem Publikum gelegt, so dass trotz der beachtlichen Anzahl an Zuschauer doch eine recht familiäre Atmosphäre entstand. Auch wenn TIMO RAUTIAINEN musikalisch vielleicht etwas aus dem restlichen Festival-Line-Up herausstachen, so war gerade das für viele eine willkommene Abwechslung.
[Ricarda Schwoebel]

BURST
Recht unspektakulär latschten die Schweden BURST auf die Inferno-Bühne, legten dann aber gleich kräftig los. Genre, es darf geraten werden, natürlich melodischer Death Metal, allerdings mit deftigen Hardcore-Thrash-Anleihen; straighten Death Metal gab es bei den ältere Songs. Das komplexe Songmaterial von der aktuellen "Origo"-CD läßt sich eher mit OPETH als mit IN FLAMES verlgeichen.
[Klaudia Weeber]

CELTIC FROST
Das Tuska hatte dieses Jahr einige große Namen, die man schon in den 80ern kannte, auf dem Programm. Der Headliner des letzten Tages waren die Schweizer Avantgarde-Thrash-Metaller von CELTIC FROST. Die ersten drei Songs habe ich leider aufgrund eines Shootings versäumt und daher nachträglich eine kleines Interview mit einigen Fans geführt, die mir versicherten, dass ich bis zum dritten Song echt was verpasst hatte, denn Tom Gabriel Fischer und Martin Eric Ain beim Intro wieder zusammen auf der Bühne zu sehen, soll einmalig gewesen sein. Als ich dazu stieß, waren die Herren, verstärkt durch ihren neuen Drummer Franco Sesa und Tour-Gitarristen Anders Odden, schon heftig dabei und sahen aus wie eh und je, nur etwas älter. Der Sound war schon den ganzen Tag auf der Radio City Stage klasse gewesen und hielt auch bei der letzten Band ein hohes Level. Einige alte Songs wurden in neuen Kleidern der Zeit etwas angepasst gespielt und kamen mir druckvoller und satter vor als früher. Ähnlich wie bei SODOM wurde hier auf alte Klassiker gesetzt, und es wurden nur zwei Songs aus dem aktuellen Album "Monotheist" gespielt. Als die Band zu guter Letzt noch Hits wie 'Inner Sanctum' und 'Synagoga Satanae' zum besten gaben, war dann auch nach anderthalb Stunden Feierabend und das TUSKA für dieses Jahr zu Ende. Bleibt zu hoffen, dass diese Reunion (ich kann das Wort schon nicht mehr sehen) eine Weile hält und sich auch im nächsten Jahr die Erwartungen der Fans an CELTIC FROST erfüllen.
[Samira Alinto]

Redakteur:
Elke Huber

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