The Return Of NOCTE OBDUCTA - Mühltal

25.06.2012 | 12:22

01.01.1970, Steinbruch-Theater

Die Kult-Avantgarde-Schwarzmetaller NOCTE OBDUCTA stiefeln erstmals seit sechs Jahren wieder auf eine Bühne – und meistern ihren ersten Warm-Up-Gig mit Bravour.

sterbeklangKinners, wie die Zeit vergeht. Kommt einem gar nicht so lange vor, die Rheinhessen das letzte Mal live gesehen zu haben. Wobei gerade Sänger Torsten die Wartezeit ja recht adäquat mit seiner Band AGRYPNIE zu überbrücken wusste. Doch ehe NOCTE OBDUCTA erstmals live für anstehende Aufgaben, wie etwa das bald erscheinende "Umbriel"-Album oder das Party.San vorbereiten können, dürfen erst einmal zwei Vorbands ran. Während sich vor dem Steinbruch noch eine Schlange bis zum Parkplatz bildet – zwischen 300 und 400 Leute sollen es am Ende gewesen sein – latschen schon STERBEKLANG auf die Bühne. Wohlgemerkt nicht SterEbeklang, wie sie sowohl auf der Club-Homepage als auch auf den Eintrittskarten ausgewiesen werden. Mit Teufelsgitarre und den Laschen aus den Springern hängend holzt das hessische Quartett los, zunächst mit leichtem ENDSTILLE-Einschlag. Wenn auch im weiteren Verlauf durchaus abwechslungsreicher Black Metal mit Melo- und Midtempo-Parts geboten wird, erstrecken sich die nur vier Titel doch teils auf über elf Minuten. Die Tanzfläche vor der kleinen Bühne ist schon recht gut gefüllt, wenn auch noch etwas regungslos. Nach etwas mehr als einer halben Stunde gibt's ein kurzes, verschmitztes "Danke", dann verschwindet der Hessenvierer von der Bühne.

Setlist: Rufe aus dem Jenseits 2, Naturspiegelung, Finsternis 2, Finsternis 4

Nach einer kurzen Verschnaufpause und EM-Gucken im schnuckligen Biergarten geht's mit VEHEMENZ weiter. Natürlich wieder düsteres Gebolze: Militärhosen, Patronengurte, Ketten und verdreckte Stiefel gehören bei dieser Band zur Grundausstattung. Während eines Blastparts gönnt sich der Sänger einen Schluck Bier – wobei sich die Band auf der Bühne lustiger Weise mit dem guten Stöffchen aus Plastikflaschen begnügen muss, während sich am Bühnenrand die Biergläser der ersten Reihe stapeln. Dort bangt zwischendurch immerhin schon der eine oder andere. Auch bei der zweiten Band des Abends gibt es nur vier Songs zu hören, während die Gitarrenfraktion noch die letzten Noten runterhackt, hat der Sänger ganz düster bereits die Bühne verlassen.vehemenz

Setlist: Bote des Nichts, Leben gleich Nebel, Fragment 1, Der Traum... mit Chaos vereint

Auf der großen Leinwand im Biergarten hat der Engländer Danny Welbeck gerade mit der Hacke das 3:2 gegen Schweden erzielt, da tönen aus dem Inneren die ersten Intro-Takte: 'Leere II', ein ruhiger Ausschnitt aus einem neuen NOCTE-Song. Dann wird's richtig heftig, wie aus dem Nichts brüllen Frontman Torsten und Keyboarder Flange das brutale 'Es fließe Blut' um die Wette. Was für ein Einstieg! "Habt ihr uns vermisst?" ruft Torsten in die Menge, um unter Jubel gleich grinsend hinterher zu schieben: "Also ich find uns immer noch geil!" Dem schwerstens tätowierten und gepiercten Hünen gefällt es ganz offensichtlich, endlich wieder alte NOCTE-Werke zu schmettern: Immer wieder stellt er sich auf den erhöhten Bühnerand, keift mit Inbrunst die Textzeilen runter, nimmt Flange noch einmal bei 'Niemals gelebt' als Co-Sänger hinzu oder verschränkt bei einem Zwischenpart mit geschlossenen Augen die Hände hinterm Kopf. Schade nur, dass er bei manchen Songs so gut wie gar nicht zu hören ist. Man sollte eben keinen Russen ans Mischpult lassen (Witali weiß, wie's gemeint ist ;-) ) Auch wenn der Ex-DISBELIEF-Gitarrist hinterher beteuert, er habe Torsten voll aufgedreht.

Der Stimmung tut's keinen Abbruch, immer mehr in den ersten Reihen lassen die Haare fliegen. Auch wenn Gitarrist und Bandkopf Marcel das ganze augenzwinkernd als "Live-Probe" bezeichnet und etwaigen Fehlern vorweg greifen will: "Wir sind alle krank und unser Schlagzeuger hatte schon lange keinen Sex mehr." Matzes Liebesleben ist offiziell nicht überliefert, am Kranksein ist aber durchaus was dran. So muss sich Marcel mitten während seiner Gesangseinlage zum neuen Song 'Ein Nachmittag mit Edgar' niesend umdrehen, trällert aber nach einem kurzen "Tschuldigung" souverän weiter. Neben vielen alten Stücken und einem Song vom Sideproject DINNER AUF URANOS sind es eben vor allem die Ansagen, die für Stimmung sorgen: Zunächst nocteplaudert Torsten aus dem Nähkästchen, Marcel habe ihn früher immer dazu vorgeschickt, wenn er gerade zufällig seine Gitarre stimmen musste. Dann fordert er vor 'Fick die Muse' die Damen in den ersten fünf Reihen auf, sich schonmal auszuziehen. "Einen haben wir noch, der übernächste heißt 'Zugabe'", kündigt Marcel eine weitere Version von 'Gemälde derer, die schieden' an – dann zaubern er und sein Gitarrenkollege minutenlang die irrsten Klänge aus ihren Effektgeräten. Das ohrenbetäubende Quietschen hält noch eine Weile an, nachdem das Sextett schon die Bühne verlassen hat. Gefolgt von den obligatorischen "Flughafen"-Rufen, einem weiteren Song aus der ganz alten Schublade und artigen Danksagungen ans Darmstädter Publikum. Man darf sich jetzt schon auf anstehende Aufgaben freuen. Topp!

Setlist: Leere II, Es fließe Blut, Prinzessin der Nachtschatten, Der erste Frost, Niemals gelebt, Texas della morte, Eine Teichoskopie, Ein Nachmittag mit Edgar, Fick die Muse, Gemälde III (Gemälde derer, die schieden); Zugabe: Solange euer Fleisch noch warm ist

Redakteur:
Carsten Praeg

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