Thanateros - Stuttgart

22.11.2002 | 13:15

14.11.2002, Röhre

Hallo?? Echo?? So oder so ähnlich könnte man wohl die Gedankengänge der Handvoll Leute beschreiben, die am Donnerstag Abend des 14.11. ihren Weg in die Röhre Stuttgart fanden, denn die gemütlichste stillgelegte Tunnelbaustelle der Spätzlestadt glänzte durch geradezu peinliche Leere. Etwas anderes wäre aber, ehrlich gesagt, auch kaum zu erwarten gewesen - so hatte zum einen die heimische Promo-Agentur es versäumt, rechtzeitig Plakate und Poster nach Stuttgart zu schicken, um für das Konzert zu werben, zum anderen gilt zu bedenken, dass THANATEROS trotz einiger „alter Hasen“ im Line-Up eine noch relativ junge/unbekannte Band sind und somit wohl noch etwas an Zeit brauchen werden, um ein breiteres Publikum anzuziehen. Nichtsdestotrotz legten sich die Berliner plus ihrer ebenfalls aus der Hauptstadt stammenden Vorgruppe KAMIKAZE 52 ordentlich ins Zeug, um der im Verlauf des Abends auf etwa 20 bis 30 Personen anwachsenden Zuschauerschar eine gute Show zu bieten.

Mit fetten Hardcore-Riffs und dazu passenden, psychedelischen Elektroelementen im Gepäck machten sich KAMIKAZE 52 ans Werk, um ihrem Job als Anheizer gerecht zu werden. Hauptaugenmerk des Auftritts lag dabei eindeutig auf der kleinen, zierlichen Sängerin Sui Yamamoto, die ein erstaunliches Gesangsvolumen an den Tag legte. Zappelnd wie eine wildgewordene Marionette und sich stets energetisch gebärdend brachte das kleine Energiebündel auch optisch das richtige Feeling und Power für den Gig ihrer Truppe mit – ihre Mitmusiker nahmen da, bis auf einige raue Gesangseinlagen des Gitarristen, eher Nebendarstellerfunktionen ein. Machte aber nichts, der Gesamteindruck stimmte im Großen und Ganzen trotzdem und KAMIKAZE 52 (die Tatsache, dass eine asiatische Frau den Job hinterm Mikro inne hat, lässt diesen Namen in leicht skurrilem Licht dastehen...) lieferten gut 45 Minuten lang eine zwar nicht spektakuläre dennoch gut gemachte Show mit ordentlich Druck. Warum allerdings die Fronterin ein Bühnenoutfit, das zu 80 % aus zerfetzten Müllbeuteln zu bestehen schien, für den Abend ausgewählt hatte, das ist mir bis heute ein Rätsel geblieben.

Ein überlanges Intro und viel Trockeneis bereiteten schließlich die mit Tierschädeln, keltischen Bannern und schwelenden Räucherschalen geschmückte Bühne auf THANATEROS vor – und die ließen mit „Immrama“ von der letztjährigen Debut-CD „The First Rite“ auch gleich so richtig den Schamanen-Metal los. Angetan in zottelige Krieger- und Medizinmanngewänder verliehen die Jungs um Sänger Ben Richter ihrem auf Platte eher kühl und wesentlich elektronischer wirkendem Material live eine entscheidend härtere und knackigere Note, vom mystischem Flair – der eigentlichen Quintessenz des THANATEROS’schen Konzepts – ganz zu schweigen. Und so profitierten auch weitere Vertreter des Erstlings wie „Benandanti“, „Initiation“, das geheimnisvoll-wuchtige „Fly (Like A Hatun Laika)“ oder der deftige Kracher „Chaos Rising“ vom klaren, kräftigen und schwermetallischen Sound der Röhre-PA. Nach und nach fanden sich auch etwas mehr Leute als noch zuvor bei KAMIKAZE 52 vor der Bühne ein und spendeten nach den jeweiligen Stücken nicht unerheblichen Applaus, unter einer kleinen Fangruppe brach gar kurzzeitig akute Bangstimmung aus.
Am interessantesten waren jedoch stets die Momente, in denen die Band neue Songs ihrer im Januar erscheinenden neuen Platte „Circle Of Life“ vorstellten – zu den stark mit keltischen Einflüssen angereicherten Werken wie „Falling Away“, „So High“ oder „Turn The Tide“ bekam man auch das neue Bandmitglied Christoph an der Irish Fiddle zu Gesicht, welcher sich als wahrer Flitzefinger und Bogenkünstler herausstellte.
Als mein persönliches Highlight des Abends kristallisierte sich „Gayatri“ – ebenfalls ein neues Werk – heraus, der hypnotische und charismatische Charakter dieses gesungenen indischen Mantras zauberte gleich eine ganz eigene magische Stimmung in den Saal, zusammen mit der passenden Lightshow einfach perfekt.
Mit fortschreitender Stunde hatte der an Erkältung leidende Ben leider immer mehr und mehr Mühe, seine Gesangsparts sauber rüberzubringen – was das vermehrte Wechseln in grunzigere Stimmlagen erklären dürfte – trotzdem zogen er und seine Mitstreiter tapfer den abgesteckten Set durch und gaben mit dem balladesken „Ocean Of Mind“ und dem abschließenden „Power Of Thoughts“ sogar noch zwei Zugaben zum Besten, bevor es endgültig ab hinter die Bühne ging.

Wirklich löblich, dass KAMIKAZE 52 und THANATEROS trotz einer solch geringen Besucherzahl ein derartig gutes Programm boten – vor allem letztere zeigten sich locker und spielfreudig und gaben sich Mühe, als würden sie vor vollem Hause spielen. Da sollten sich manche Kollegen mal ein Beispiel dran nehmen..., jetzt heißt es nur Daumen drücken, dass sich THANATEROS beim nächsten Stuttgart-Gig über mehr Zulauf freuen dürfen, mit dem gelungenen neuen Album im Gepäck dürfte das aber eigentlich kein Problem werden.

Setlist THANATEROS:

Intro
Immrama
Falling Away
Benandanti
Nemeton
Fly (Like A Hatun Laika)
Initiation
Turn The Tide
Gayatri
So High
Invoking The Power
Chaos Rising
--------------------------------
Ocean Of Mind
Power Of Thoughts

Redakteur:
Kathy Schütte

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