Sziget 2007 - Festivaltagebuch - Budapest

06.08.2007 | 22:51

08.08.2007, Hajógyári-Sziget

Tag 0

Einen sonnigen Gruß vom Sziget Festival. Tag 0 ist überstanden, wobei tagsüber noch nicht allzu viel los war, wenn man mal davon absieht, dass sich vor dem Einlass einige Leute niedergelassen hatten, die ihre Biervorräte aufbrauchen bzw. verschenken mussten, da man keinen Alkohol mit auf die Insel bringen darf. Die Betroffenen nahmen es allerdings mit Humor, und so wurde schon vor den Toren des Sziget die erste Party gefeiert. Am Abend spielte mit LOCOMOTIV GT eine ungarische Rock-Legende, die schon seit 1971 am Start ist und recht viele Leute mit Tagestickets auf die Insel lockte. Dabei war das Publikum bunt gemischt und bei einigen Songs, offenbar die Klassiker der Band, wurde dann auch ausgelassen von zahlreichen Kehlen mitgesungen. Bereits am Montagabend (also quasi Tag -1) hatte die Band für die frühzeitig Angereisten eine Art öffentliche Generalprobe abgehalten. Musikalisch hatte das vor allem im Gitarren- und Keyboard-Bereich was von DEEP PURPLE, während der Sänger sich etwas nach Mick Jagger anhörte. Hinzu gesellte sich vor allem bei den häufigen Zwischenspielchen eine angenehme Jazz-Note. Konnte man sich definitiv anhören, und mit drei Stunden Länge wurde auch quantitativ ordentlich was geboten. Danach konnte an den vielen Bars noch weitergefeiert werden, daneben erfreute sich vor allem der Bungee-Kran einer hohen Beliebtheit. Am heutigen Mittwoch startet das Festival nun richtig durch, und wir werden euch natürlich auf dem Laufenden halten, was auf und abseits der Bühnen so alles passiert. [Stephan Voigtländer] Der gestrige Abend war für LOCOMOTIV GT, das ungarische Rock-Urgestein, ein voller Erfolg. Was die Herren dort ablieferten, lässt sich am ehesten als grenzübergreifend einstufen. Altersgrenzen, Genredefinitionen und Sprachbarrieren wurden grazil umschifft. Musikalisch erinnerte einiges an DEEP PURPLE und die ROLLING STONES, während auch viele Jazz-Elemente ihren Weg in die Mischung fanden. Alles in allem pflegen LOCOMOTIV GT jedoch trotzdem einen sehr eigenständigen Stil. Mit weit über 50.000 Besuchern war gute Stimmung garantiert. Erst nach knapp drei Stunden Spielzeit und unzähligen Zugaben, die enthusiastisch vom Publikum mitgesungen wurden, durfte die Band nach Hause fahren. Und das, obwohl der Soundcheck am Tag -1 sich schon zu einem Spontan-Konzert gemausert hatte, das sehr viel Anklang fand. Nun geht es wieder ins heiße Festivalgeschehen, von dem ihr bald mehr hören werdet. Mit MANDO DIAO auf der Hauptbühne und vielen anderen sehenswerten Bands auf der ganzen Insel steht uns hier einiges bevor am Tag 1.
[Maria Voigtländer]


Tag 1

Bei allerbestem Wetter startete das Sziget Festival in seinen ersten richtigen Tag. Rundum-Beschallung inklusive, da nicht nur auf den Dutzenden Bühnen Mucke zum Besten gegeben wird, sondern auch fast alle Bars mit eigener Beschallung am Start sind. Musikalisch gab es dann auch gleich mal eine angenehme Überraschung, da wir uns zum Auftakt eine japanische Truppe auf der Weltmusikbühne mit dem mir bislang unbekannten Namen GOCOO ausgesucht hatten. Das Ganze entpuppte sich als ein Haufen durchgeknallter Trommel-Derwische (überwiegend Frauen), die unterstützt von einem Didgeridoo ein dynamisches Feuerwerk allererster Güte abzogen. Alles ausschließlich akustisch, aber aber richtig gut gemacht mit viel Groove, treffsicheren Rhythmen und ganz viel Power. Wer dabei still steht, dem ist wohl nicht mehr zu helfen. Danach schauten wir noch kurz auf der Hammerworld-Stage bei der britisch-ungarischen Power-Metal-Kapelle TO-MERA vorbei, aber deren symphonisch angehauchte Songs mit Frauenstimme entpuppten sich schnell als langweilig, so dass wir uns ruckzuck vor der Main Stage wiederfanden, bei der mittlerweile die zweite Band des Tages, MANDO DIAO, ihre Aufwartung machte und ihren Gute-Laune-Rock zum Besten gab. Das lief richtig gut ein, die Band war bestens drauf, die Zuschauer nahezu enthusiatisch in ihren Reaktionen und so flogen auch jede Menge Crowdsurfer durch die Kante, was laut Programmheft eigentlich strengsten verboten sein soll und im Wiederholungsfall sogar mit Verweis vom Festivalgelände geahndet werden kann (allerdings ließ sich kein Security in der heißen Zone vor der Bühne blicken). Wer sich diesem Risiko nicht aussetzen wollte, konnte sich immerhin im Pogo-Pit vergnügen. Die Folge davon war, dass riesige Staubschwaden vor der Bühne aufstiegen, wie man es eigentlich nicht unbedingt bei einer Band dieser Coleur erwarten würde. Nach einem kurzen Zwischenstopp bei einer französischen Hip-Hop-Truppe mit Geige und Schifferklavier (man ist ja musikalisch aufgeschlossen), gab es zum Abschluss noch WITHIN TEMPTATION auf die Lauscher. Die Niederländer zogen ebenfalls sehr viele Leute an und präsentierten sich in guter Form, wenngleich der Sound nicht immer topp war. Hier war auffällig, dass gerade die Songs vom Album "Mother Earth", mit dem der Band der Durchbruch gelang, mit Abstand am meisten abräumten, sei es nun der Titeltrack oder das Abschlussdoppel aus 'Ice Queen' und 'Deceiver Of Fools'. Nachdem damit das musikalische Pflichtprogramm für diesen ersten Tag abgehakt war, konnte man sich bis in die frühen Morgenstunden hinein weiter vergnügen, wobei mir vor allem die Karaokebar mit einer herzerweichenden Version von QUEENs 'Bohemian Rhapsody' (merke: es ist noch kein Freddie Mercury vom Himmel gefallen) und einer coolen Growl-Nummer zu 'Zombie' von den CRANBERRIES in Erinnerung geblieben ist. Als es schon fast wieder hell wurde, trafen wir noch den selbst ernannten Sohn von Neil Armstrong (erst als er immer wieder Richtung Mond zeigte, bemerkten wir, dass er nicht Lance Armstrong meinte), der uns auch gleich ein Papierflugzeug bastelte, über dessen Flugeigenschaften wir aber mal besser den Mantel des Schweigens decken. [Stephan Voigtländer] Die Main-Stage wurde am Tag 1 von den Briten NITZER EBB eroeffnet. Mit einem Soundgemisch von Elektroelementen à la RAMMSTEIN und DIE KRUPPS wurde ordentlich losgerockt. Der Sänger bewegte sich raumgegreifend über die ganze Bühne, während er weiterhin das Mikro anbrüllte. Die recht überschaubare Zuschauermenge hat dennoch gut mitgemacht, so dass die Stimmung für MANDO DIAO schon mal vorgeheizt wurde. Um 18.00 enterten die Schweden dann die Bühne. Nach erstaunlichen 10 Sekunden des Openers war schon die erste Pogorunde in vollem Gange, gefolgt vom ersten Crowdsurfer im zweiten Lied. Soll heißen, das Publikum war von Anfang an nicht mehr zu stoppen. Das zweite Album war u. a. mit 'White Wall', 'Clean Town' und dem Durchbruch-Titel 'Down In The Past' vertreten. Vom dritten Silberling waren Tanznummern wie 'Welcome Home, Luc Robitaille', 'TV And Me' und 'Long Before Rock'N'Roll' zu hören. Mit Balladen wie 'Ochrasy' wurde jedoch für eine ausgeglichene Atmosphäre gesorgt. Leider war schon nach etwa anderthalb Stunden das Ende erreicht, aber das Publikum konnte noch eine Zugabe erringen. Immer noch euphorisch verließen wir die Main-Stage Richtung Hammerworld Stage, wo uns WITHIN TEMPTATION erwarteten. Neben Klassikern wie 'Ice Queen' und 'Mother Earth' wurden vor allem Titel des aktuellen Albums "The Silent Force" gespielt. Die Zuschauer waren sichtlich und hörbar begeistert. Fast zwei Stunden lang betörte die Stimme von Sharon Janny den Adel, krachten die Gitarren und donnerte das Schlagzeug, bis beim Publikum die Ohren bluteten. Konzertversierte werden wissen, dass es demnach großartig war.
[Bianca Baum & Maria Voigtländer]

Tag 2

Der Tag, an dem der Regen kam. Hatten wir bislang mit dem Wetter ausgesprochen Glück gehabt, so schlug es nun um so heftiger zu. Strömender Regen, der auch einige Zelte unter Wasser setzte (zum Glück nicht unsere), sorgte zumindest am Nachmittag für wenig Belustigung. Da die Hammer Stage aber überdacht ist, konnten wir uns zumindest dorthin wagen, um uns NEGATIVE anzuschauen. Die Finnen mit ihrem punkigen Gothic Rock scheinen ja sowas wie ein neuer Frauenschwarm zu sein, zumindest erinnerte das Gekreische stellenweise echt an irgendwelche Teenie-Bands. Trotzdem muss man den Jungs zu Gute halten, dass ihre Mucke gar nicht so schlecht ist, da sie ihre rotzige Attitüde gekonnt mit einprägsamen Melodien mischen. Lediglich das Gepose des Sängers war dann doch etwas übertrieben. Das Highlight des Abends war dann aber doch der Auftritt von SOULFLY. Das Gedränge im Zelt war noch eine ganze Ecke dichter als den Abend zuvor bei WITHIN TEMPTATION, und auch die Stimmung war deutlich enthusiastischer. Max Cavalera und seine Mannen hatten somit leichtes Spiel bei ihrem Tourauftakt, der die Band im kompletten August durch Europa führen wird. Dennoch übertrieb man es für meinen Geschmack besonders in der ersten Hälfte des Auftritts mit langgezogenen Zwischenspielen und Soli, erst gegen Ende wurde dann ein ohrenbetäubendes Gewitter mit Songs wie 'Back To The Primitive', 'Eye For An Eye' und natürlich den SEPULTURA-Klassikern 'Troops Of Doom', 'Territory' und 'Roots' geboten, bei dem dann die Menge komplett freidrehte. Fazit: Das war sicherlich nicht SOULFLYs beste Show, aber trotzdem eine schöne Sache für Anhänger von härteren Klängen im Allgemeinen und von Max Cavalera im Speziellen. Danach spielten dann noch EKTOMORF in der Hammer Stage, aber da das den SOULFLY-Auftritt kaum hätte toppen können, ließen wir die Ungarn sausen.
[Stephan Voigtländer]


Tag 3

19:45 Uhr, Superstar PINK stürmt die Bühne. Sie war am heutigen Tag einer der Haupt-Acts auf der Main-Stage. Mit Liedern wie 'Just Like A Pill' , 'Trouble' und 'Leave Me Alone (I'm Lonely)' brachte sie nicht nur das Durchschnittspublikum zum Rocken. Auch die Ruhigen unter uns kamen nicht zu kurz: dafür sorgten u.a. 'Family Portrait', 'Who Knew' und der Eisbrecher überhaupt, 'Dear Mr. President', bei dem wirklich jeder mitsang (oder es versuchte). So geschehen auch bei der Cover-Version von den 4 NON BLONDES, 'What's Going On', mit der PINK Linda Perry, der Frau, der sie ihren Erfolg verdankt, ihren Tribut zollte. Sie spielte also eher bekannte Lieder, was wohl besser war, da wahrscheinlich nicht viele eingeschworene PINK-Fans in der Menge zu finden waren. Dies wiederum tat der Stimmung trotzdem keinen Abbruch. Exakt 20:50 Uhr sollte das Konzert schon vorbei sein, doch nach unendlichen "Pink!"-Rufen bekamen die Zuschauer doch noch was sie wollten. Mit den Zugaben 'U & Ur Hand' und 'Get The Party Started' (in Kombination mit EURYTHMICS' 'Sweet Dreams') wurde ein tolles Konzert beendet. Und so war es alles in allem ein gelungener Gig! Mal sehen, was uns an diesem Tag (dieser Nacht) noch so erwartet ... [Bianca Baum] Nun kommt's richtig dicke. Die Regenschauer am zweiten Tag entpuppten sich offenbar nur als Vorhut dessen, was uns an den darauffolgenden Tagen ereilt(e). Von Gewitter begleitete Regengüsse, die an vielen Stellen für erhebliche Schlammbildung sorgten, trübten die Partystimmung am Abend des dritten Tages sowie dem Nachmittag des vierten Tages allerdings nur unwesentlich. Wenngleich es schon ein amüsanter Anblick war, dass sich die Leute überall dort, wo es eine Überdachung gab, förmlich stapelten. Wir retteten uns nach den Auftritten von PINK und MADNESS zur überdachten Jazz Stage, wo die HOT JAZZ BAND auch gleich voll überzeugte. Warum die Truppe allerdings am "Horns Day" (die Tage auf der Jazz-Bühne sind stilistisch unterteilt, z.B. noch in Guitar Day oder Acid Jazz Day) ihre Aufwartung machte, blieb schleierhaft. Mit Klarinette, Saxophon und Tuba gab man aber eine sehr tanzbare Jazz-Variante zum Besten, bei der zudem ein bisschen im Swing gegrast wurde, stellenweise klang man auch nach den COMEDIAN HARMONISTS. Vorher hatten PINK und MADNESS die Hauptbühne gerockt, wobei erstere all ihre Hits und zusätzlich noch ein paar Coverversionen zur Auflockerung (die auch allesamt sehr gut ankamen) zum Besten gab, darunter JANIS JOPLIN und 'What's Going On' von den 4 NON BLONDES, das irgendwie immer geht und für Stimmung sorgt. Besonders bei Letzterem fiel aber auch auf, dass PINK mit höheren Tönen schon so ihre Probleme hat und diese dann auch gerne Mal vom Publikum intonieren lässt. Trotzdem war es eine ordentliche Show mit einem überraschend hohen Anteil an ruhigeren Stücken wie 'Dear Mr. President', wodurch PINK so gar nicht als die Rebellin durchgehen wollte, die sie manchmal darzustellen versucht. Mit MADNESS kamen dann alte Haudegen aus Großbritannien an die Reihe (immerhin schon seit Mitte der Siebziger dabei), die schön griffigen Pop-Punk mit Saxophon-Begleitung am Start hatten - immer eingängig und tanzbar. Die Band verbreitete von Anfang an sehr gute Laune und verzichtete natürlich auch nicht auf ihre beiden großen Hits 'Our House' und 'It Must Be Love'. Die Stimmung war ausgelassen, Sänger Graham "Suggs" offenbarte echte Entertainer-Qualitäten, war zu allerlei Späßen aufgelegt und die Mucke lief vorzüglich rein. Cool, wenn eine Truppe auch nach dreißig Jahren immer noch so viel Spaß an der eigenen Musik hat und so abgeht wie MADNESS an diesem Abend. Insgesamt also eine mehr als runde Sache.
[Stephan Voigtländer]


Tag 4

Dass NINE INCH NAILS wissen, was sie tun, wenn sie auf einer Bühne stehen, merkte man schon nach den ersten paar Minuten. Die Lightshow nahm die für NIN typische hohe Geschwindigkeit direkt auf. Vollkommen gnadenlos bearbeiteten die Live-Musiker um Trent Reznor ihre Instrumente (u. a. mit den Mikroständern), bevor der Mastermind himself zur Klampfe griff und die Band richtig abdrehte, auf eine gute Art und Weise. Die Bühnen-Crew hatte alle Hände voll zu tun. Leider brauchten die Zuschauer etwas länger, um das vorgelegte Tempo aufzunehmen, aber danach war kein Halten mehr. Nach etwa der Hälfte des Konzerts gab es (abgesehen von den zwei ruhigeren Parts bei 'March Of The Pigs') mit einem 10-minütigen Instrumental die erste Atempause. Auf einer LED-Leinwand, die von der Bühnenkonstruktion heruntergefahren wurde, waren Visualisierungen zu den stark verfremdeten, basslastigen Synthesizer-Klängen zu sehen. Das Ganze ähnelte einer vertonten Lichtinstallation, die mit ihren ständig wechselnden Farben und Formen ein bisschen das Feeling eines Drogentrips vermittelte. Danach ging es brachial weiter mit dem gewohnten Industrial-Rock-Sound der NIN. Mittlerweile war auch das Publikum aufgetaut und voll bei der Sache. Schade nur, dass schon bald mit 'Head Like A Hole' der letzte reguläre Song gespielt wurde. Da hierbei die Gitarren in alter Rockstar-Manier zerlegt wurden, war es kein Wunder, dass Herr Reznor die Zugabe nur mit Gesang und Synthesizer bestritt. Mit dem sogar von JOHNNY CASH gecoverten 'Hurt' bewies er nicht nur, dass er mit seiner Stimme mehr kann als schreien, sondern ließ auch bei projiziertem Sternenregen den Auftritt schön beschaulich ausklingen.
[Maria Voigtländer]


Tag 5

Der fünfte Tag war der Black-Metal-Tag (SATYRICON und SEAR BLISS) auf der Hammerworld-Stage, aber da keiner der anwesenden Schreiberlinge eine allzu große Black-Metal-Affinität hat, war die Main Stage einmal mehr das Objekt der Begierde. Dort konnten wir zunächst ein paar Klänge der Briten von RAZORLIGHT vernehmen, aber da der Sänger fast so herzerweichend wie ein Welpe durch die Gegend jaulte, wurden wir alsbald wieder von selbiger vertrieben. Am Abend war dann zunächst SINEAD O'CONNOR an der Reihe, die mit ihren ruhigen und melodischen Stücken perfekt in die einsetzende Dämmerung passte. Natürlich durfte auch ihr großer Hit 'Nothing Compares To You' nicht fehlen, für viele vermutlich das einzige Stück, das sie von der Irin kennen, aber auch die restlichen, folkig angehauchten Songs liefen gut rein. Zum Abschluss gab es dann mit FAITHLESS noch eine Vollbedienung an elektronischer Musik, zu der das Publikum ordentlich abging. Erkannt habe ich die beiden bekanntesten FAITHLESS-Songs 'Insomnia' und 'God Is A DJ', doch auch der Rest wurde von den Electro-Maniacs begeistert abgefeiert.
[Stephan Voigtländer]


Tag 6

Am Nachmittag lag die Main Stage komplett in deutscher Hand: Die SPORTFREUNDE STILLER versetzten das auserwählte deutsch-bajuwarische Publikum in Ekstase. Da die Fans nur auf der einen Seite richtig abfeierten, teilte Peter, der Sänger der Band, die Menge in zwei Lager auf, bei denen von nun an die "FC-Bayern-Schweine" gegen "Rüdiger" ankämpfen mussten, wobei sich die "Rüdiger"-Seite klar durchsetzte. Spätestens nach dem WM-Hit "54-74-90-2010" glich die Atmosphäre einem Hexenkessel wie im Stadion. Alle bekannten Songs ('Ein Kompliment', '7 Tage, 7 Nächte', 'Ich Roque' u.v.m.) wurden gebracht und frenetisch gefeiert. Schon allein deshalb war es berechtigt, dass die SPORTFREUNDE STILLER diesmal auf der Main Stage, und nicht wie vor zwei Jahren im WAN2-Zelt auftreten durften, da die deutschen Fans nach den Ungarn die am zweitstärksten vertretene Nationalität auf dem Sziget Festival sind. [Bianca & Marco "Biernase" Baum] Kaum eine andere Band zog so viele Menschen mit Tagestickets an wie TOOL, die Tag 6 mit ihrem Auftritt auf der Hauptbühne ausklingen ließen. Und da hatten die Leute durchaus einen guten Riecher bewiesen, denn TOOL-Shows sind immer etwas Besonderes. Sänger Maynard James Keenan absolvierte dabei fast den kompletten Auftritt mit dem Rücken zum Publikum stehend, und seine Ansagen beschränkten sich auf ein kurzes "Thankyoungoodnight" vor dem letzten Song. Aber die Musik sprach eh für sich selbst, untermalt von einer spektakulären Lightshow wurde sowohl für die Augen als auch die Ohren einiges geboten. Insgesamt ein klasse Gig! Anschließend konnte man auf der Hammerstage noch ein wenig zu den Grindcore-Klängen von NAPALM DEATH herumtoben. Der Andrang war enorm und zum Schluss hin ('Scum', 'Nazi Punks Fuck Off') nahm der Moshpit echt bedrohliche Ausmaße an. Die Birminghamer rüpelten sich mit Vehemenz und Brachialität durch die Songs aus allen Perioden ihres Bestehens und hinterließen eine Menge verschwitzte Leiber von dennoch freudig dreinblickenden Menschen. Rumms!
[Stephan Voigtländer]


Tag 7

Nun also doch noch zwei Absagen zum Schluss des Sziget Festivals: CHRIS CORNELL, der auf der Hauptbühne rocken sollte, musste seinen Auftritt wegen Stimmbandproblemen und dem damit einhergehenden Gesangsverbot absagen, und die Deutschen ITCHY POOPZKIT konnten wegen eines Todesfalls in der Familie eines der Bandmitglieder nicht kommen. Damit bleibt mehr Zeit für andere Aktivitäten, so bietet sich zum Beispiel ein Besuch des Luminariums an. Nachdem wir über eine Stunde anstehen mussten, durften wir barfuß die 3D-Skulptur betreten. Drinnen fand man sich in einer Art kleinem Labyrinth wieder, das in den Farben rot, grün und blau gestaltet war und wo man zu einschmeichelnder Musik ein wenig Chillen konnte. Definitiv eine nette Abwechslung zu dem ständigen "bumm-bumm" auf dem Großteil des übrigen Festivalgeländes. Kurze Anekdote am Rande: Am letzten Tag waren für die Hammerstage u. a. OMEN angekündigt, doch zum Glück sorgte das Programmheft für Klarheit, dass es sich hierbei um eine ungarische Kapelle und nicht um die gleichnamige US-Metal-Legende handelt. Verwechslungsgefahr dennoch vorprogrammiert, da die ungarischen OMEN sogar einen recht prominenten Platz im Billing direkt vor HAMMERFALL inne hatten. Den Ausklang des Sziget Festivals übernahmen für uns dann jedoch THE KILLERS, die mit ihrem melodischen Indie-Rock vor der Mainstage für gute Laune und zahlreiche hochgereckte Feuerzeuge sorgten. Immerhin erst im Jahr 2002 gegründet, durften sie bereits auf der Headliner-Position des letzten Tages ran, und das nicht zu Unrecht. Eingängige Songs mit vielen mitsingbaren Refrains - so lässt man ein 7-Tage-Festival gediegen ausklingen. Durch die Absage des Gigs von CHRIS CORNELL bekamen THE KILLERS sogar ein paar zusätzliche Minuten zugesprochen - und hatten keine Probleme diese zu füllen und eine kurzweilige Show hinzulegen. Damit schließen sich die Pforten des Sziget Festivals wieder für ein Jahr - allerdings erst, nachdem auch die letzte Nacht noch durchgetanzt und -gefeiert wurde. Auch die Jubiläumsausgabe des Sziget zeichnete sich durch unzählige Events, Attraktionen und nicht zuletzt viel gute und unterschiedliche Musik aus. Auf der nächsten Seite gibt es nun noch einen kurzen Nachbericht mit den persönlichen Tops und Flops des Vor-Ort-Teams. Cheers und gute Nacht!
[Stephan Voigtländer]

Redakteur:
Stephan Voigtländer

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