Sieges Even/Dead Soul Tribe - Karlsruhe

30.04.2006 | 19:57

13.01.2006, Substage

Eine extrem leckere Tour haben InsideOut da auf Reisen geschickt: Die reformierten Frickel-Proggies von SIEGES EVEN zusammen mit DEAD SOUL TRIBE auf einer Bühne, angekündigt wurde das Ganze gar als Co-Headliner-Tour und die Vorfreude auf lange Spielzeiten der beiden Truppen war groß. Insbesondere auf SIEGES EVEN, die mit "The Art Of Navigating By The Stars" ein famoses Comeback-Album abgeliefert haben. Wie würde sich der neue Sänger Arno Menses schlagen?
Im gemütlichen Substage zu Karlsruhe fanden sich zunächst recht wenige Prog-Nasen ein, doch bis kurz vor Beginn füllte sich der Club noch deutlich und dürfte so beiden Bands einen schönen Tourabschluss beschert haben.

SIEGES EVEN

Dem Andrang vor der Bühne nach zu schätzen, waren wir nicht die einzigen, die sehr gespannt darauf waren, wie SIEGES EVEN sich nach acht Langen Jahren der Abwesenheit präsentieren würden. Scheinbar war den Münchnern das Babygelache vom Intro zum neuen Album live etwas zu albern, denn stattdessen gab es den Einstieg vom 1991er-Werk "A Sense Of Change". Und siehe da, der gute Arno singt live mindestens so gut wie auf Platte. Staun! Auch zu den alten, deutlich technischeren Sachen passt seine warme, emotionale Stimme wunderbar. Richtig herrlich wird es dann mit 'The Weight', das über zehn Minuten hinweg das Publikum verzaubert. Es liegen fast Welten zwischen den neuen und den alten Songs, das neue Material wirkt ungleich reifer, aber auch deutlich gefühlvoller. Das Schönste ist, dass der Auftritt zu keiner Sekunde langweilig wird, selbst bei den überlangen Songs mitsamt Instrumentalparts weiß die Band zu überzeugen. Arno kaspert mit Basser Oliver rum, der ganz nebenbei mal die wahnwitzigsten Kabinettstückchen auf fünf Saiten aufführt. Schön posen kann er dann auch noch - ganz im Gegensatz zu Kollege Markus Steffen, der lieber ruhig auf seiner Seite der Bühne steht und verträumt Skalen zockt. Drummer Alex ist bei 'Unbreakable' dann so cool, dass er während des Songs beim Felldreschen noch 'ne Kippe raucht. Sieht sogar noch lässiger aus als Weiki, Respekt. Neben den schönsten Songs vom neuen Album (Wahnsinn: 'The Lonely Views Of Condors') gibt es sonst nur Stücke von "A Sense Of Change" zu hören, schön im Wechsel mit den neuen Kompositionen. Als Zugabe meine ich noch 'Life Cycle' auf der Setlist erspähen zu können, welches aber trotz Zugabe-Rufen leider nicht mehr zum Zuge kommt. Schade, hätte ich gerne mal mit Arno gehört. Ansonsten fällt wirklich auf, wie großartig "The Art Of Navigating By The Stars" ist: Im direkten Vergleich zu den alten Sachen ist das Ganze spannender, mitreißender und einfach ... schöner als das teils sehr kopflastige Material der frühen Jahre. Spaß macht allerdings beides, was der Rest des Publikums ebenso sieht und das Quartett ordentlich abfeiert. Nach 75 Minuten ist dann schon Schluss - schade. Das hätte man sich auch ohen Probleme zwei Stunden anhören wollen, insbesondere von der Stimme Arnos kann man nicht genug bekommen. Ganz große Klasse, was der Holländer auf der Bühne am Mikro abliefert!
In der Umbaupause dann nach einem freudigen Ereignis gleich das nächste: Die DEAD SOUL TRIBE-Setliste wird ausgelegt und gleicht aus der Entfernung dem Ausdruck eines Songtextes. 21 Songs haben die Wiener mit Cheffe Devon eingeplant - das versprach doch, etwas ganz Besonderes zu werden...

Setliste:
Ode To Sisyphus (Intro)
The Waking Hours
The Weight
These Empty Places
Unbreakable
To The Ones Who Have Failed
Prime
Stigmata
The Lonely Views Of Condors
(Life Cycle)
[Rouven Dorn]

DEAD SOUL TRIBE
Im Land der toten Seelen ist alles in bester Ordnung, und der bunte Haufen rund um Mastermind Devon "Buddy Lackey" Graves startet vor einem begeisterten Publikum einen fast zweistündige Konzertwahnsinn. Devon in Flower-Power-Klamotten agiert eher dezent im Hintergrund und erinnert immer wieder an einen Magier, der seine Zaubersprüche in Noten verpackt hinaus in die weite Welt schickt. Mit 'Wings Of Faith' wählt man einen rockigen Opener, Devon tobt sich mit einem Megaphon aus, um die spacigen Vocal-Effekte auch live so darzubieten, und Band wie Fans werden vom Groove des Songs sofort mitgerissen. Auch wenn es während der ersten Nummern einige Soundprobleme gibt und Devon den Hall mal leiser und mal lauter will, die Gitarren mal hier oder mal dort schlecht hört und generell heute mit seinem Mischer nicht ganz einer Meinung zu sein scheint, so tut das der einmaligen Stimmung keinen Abbruch. Bassist Roland wirbelt mit seiner Rastamähne über die kleine Bühne und auch Devon geht gerne auf seine Fans zu, wenn er nicht gerade am Mikro beschäftigt ist. Dabei bieten der Meister und seine österreichische Musikergefolgschaft einen guten Querschnitt aus sämtlichen DEAD SOUL TRIBE-Schaffensphasen und bringen auch schnell einen neuen Song: 'A Flight On An Angels Wing'. Und der "January Tree"-Hit 'The Love Of Hate' ist nicht nur ein klasse Song, der live fast noch besser als auf Platte funktioniert, sondern bringt mit Textzeilen wie "Hate can only create more hate" eine schöne Message rüber. Das musikalische Repertoire der Band zeigt sich auch darin, dass Devon immer wieder auf andere Instrumente wie seine geliebte Querflöte oder die Akustikgitarre zurückgreift, um alle seine Klangvisionen zu realisieren. Und als dann die ersten Noten zur PSYCHOTIC WALTZ -Traumballade 'I Remember' erklingen, gibt es im Publikum erstmal Begeisterungsstürme, bevor man in bewunderndem Schweigen den Song genießt. Devons zuerst etwas kurze Ansagen verwandeln sich bald in Lobeshymnen an die anwesenden Fans und je länger die Band auf der Bühne steht, desto mehr scheint sie in ihrem Element zu sein. Mit 'Some Sane Advice' und 'Let The Hammer Fall' gibt es etwas neuere Kost, man schüttelt sogar noch das geniale 'Feed' aus dem Ärmel und verabschiedet sich schließlich mit '...Into The Spiral Cathedral' vom ersten DEAD SOUL TRIBE-Werk beim Publikum. Doch die Zugabe-Rufe bringen die Jungs schnell wieder zurück auf die Bühne, und als dann nach drei weiteren Songs mit 'You' Schluss ist, mag keiner so recht daran glauben, dass das Konzert und somit die kleine Tour nun wirklich zu Ende sind. Devon lässt sich unter Grummeln des Stagemanagers, der ihm dafür genau drei Minuten gibt, zu einem kleinen Akustikstückchen überreden, welches aber etwas unsaft durch Drummer Adel beendet wird, der mit Trillerpfeife und Megaphon bewaffnet auf die Bühne stürmt und gleich den kompletten Tourtross mitnimmt. Das finale Verbeugen, Abknuddeln und Dankesagen beweist, dass sowohl DEAD SOUL TRIBE als auch SIEGES EVEN nicht nur geniale Musiker, sondern auch extrem sympathische Zeitgenossen sind, die Musik für Herz und Seele machen und sich gerade in kleinen Clubs und einer familiären Stimmung besonders wohl fühlen.
[Caroline Traitler]

Das war mal traumhaft. Und lang. Fast zwei Stunden lang toben Devon und seine Mitstreiter über die Bühne und zelebrieren ihre Musik. Der Meister sieht aus wie aus den Siebzigern importiert, stakst hin und wieder quer über die Bühne und erinnert dabei an einen bekifften Pfau. Manchmal vielleicht etwas zu perfektionistisch veranlangt, aber dafür lebt und genießt er auch seine Musik in perfekter Art und Weise. 'I Remember' ist wie immer der absolute Höhepunkt des Gigs, auch wenn mit 'Skeleton' sogar noch ein weiterer WALTZ-Song gespielt wird.
Devon spielt sich im Verlauf des Gigs immer weiter in den Mittelpunkt, lässt seine Paula singen, jammern und leiden oder führt uns zusammen mit Klampfer Roland in wunderschöne Twin-Lead-Landschaften. Später huldigt er seinen persönlichen Gitarren-Göttern Hendrix und Page, bedankt sich bei Ian Anderson für die Inspiration mit der Querflöte - und wennn man ihm so beim Spielen zuschaut, so fühlt man sich manchmal versucht, den Mann so langsam mit in diese Riege einzuordnen. Weiter hinten. Noch.
[Rouven Dorn]

Setliste:
Wings Of Faith
A Flight On An Angels Wing
Spiders And Flies
The Love Of Hate
In A Garden Made Of Stone
One Bullet
The Messenger
To My Beloveth
Angels In Vertigo
Some Things You Can't Return
I Remember
Black Smoke And Mirrors
Some Sane Advice
Let The Hammer Fall
My Dying Wish
Feed
...Into The Spiral Cathedral
Coming Down
Powertrip
Skeleton
You

Redakteur:
Rouven Dorn

Login

Neu registrieren