Rock am Ring 2011 - Nürburgring

26.06.2011 | 23:02

03.06.2011,

Regeninferno auf der Rennstrecke - hart, nass und hochprozentig!

SONNTAG, 05. Juni 2011

Letztes Mal noch auf der kleinen Bühne, hat sich Duff McKagan hochgearbeitet und strahlt heute mit DUFF McKAGAN's LOADED von der Alternastage. Gut gemacht! Mit 'Indian Summer' und 'Lords of Abbadon' beweist er, dass es wohl die richtige Entscheidung war - da mischen sich sogar schon mal die Jungs von BLACK SPIDERS unters Publikum. Wirklich textsicher sind hier zwar die Wenigsten, dennoch betont Duff, dass alle fleißig den Geist seiner Musik aufgesogen haben und es sowieso nur darauf ankomme. Oberkörperfrei stimmt der ehemalige GUNS N’ ROSES-Basser das endgeile 'It's So Easy' an und löst damit die erste große Party des heutigen Tages aus. Fein gemacht.

Jetzt heißt es: Bereit machen für die unbekanntesten Megastars des Festivals. In den USA kennt AVENGED SEVENFOLD jede Sau und sie sind längst im Mainstream angekommen. In Deutschland muss man den Leuten den Namen immer zweimal sagen, bevor sie nicht wissen, wer gemeint ist. Mit 'Nightmare' geht es feurig los, denn zum ersten Mal werden an diesem Tag die Pyros auf der Mainstage ausgepackt. Noch ist der Sound eine Katastrophe, während die Daheimgebliebenen via Live-Übertragung die hervorragende Mikrofonarbeit von Frontmann M. Shadows bewundern. Mit dem protzigen 'Critical Acclaim' geht es munter weiter – der Sound bessert sich, die Stimmung ebenfalls. Es wird weniger gepost als vermutet – vielleicht ist die riesige Kulisse auch für die verwöhnten Amis kein Alltagsgeschäft.

Trotzdem - die Riffs sitzen, das Zusammenspiel mit dem vorläufigen Drummer Arin Ilejay auch. Und die Ansagen sowieso. So wird an den Rock-am-Ring-Auftritt von vor wenigen Jahren gedacht, bei dem der verstorbene Drummer Rev noch an der Schießbude saß. Für ihn knallt 'Afterlife' aus den Boxen. Großartig. Zum Abschluss wird noch einmal die alte Keule rausgeholt, sodass sich bei 'Unholy Confession' mehrere Circle Pits vor der Hauptbühne öffnen. Stark – und vielleicht der Startschuss, dass es in Deutschland auch bald besser läuft und wir die Jungs öfter sehen.

So wie die Dänen von VOLBEAT, die in den vergangenen Jahren wirklich an jeder Straßenecke gespielt haben – aber der Erfolg gibt ihnen Recht und so dürfen sie nun erneut auf der Hauptbühne ihr Unwesen treiben. Im Gegensatz zum letztjährigen Gig auf der Alternastage hat sich jedoch nicht viel verändert. Ja, man kann sagen, es hat sich sogar zum Auftritt bei Oma Ernas Hinterhofparty vor vier Jahren nicht viel verändert. Noch immer bleiben Showelemente der Konkurrenz überlassen und auch die große Rampe wird nur selten benutzt. Dafür gibt es grundehrlichen Elvis-Metal wie den Opener 'The Human Instrument' oder Klassiker der Marke 'The Garden’s Tale'. Alles prima, alles sauber. Nur so langsam sollten sich die Jungs mal eine Pause gönnen. Der Körper wird es danken und auch die Fans scheinen langsam übersättigt, auch wenn das Abitur-Publikum mit Spaß an die Sache herangeht. Nach 'Pool Of Booze, Booze, Booza' (natürlich mit 'Reign In Blood'-Zitat) ist mal wieder eine routinierte VOLBEAT-Show vorbei.

Was passiert denn hier? Zuckersüße kleine Fans, die schrecklich niedlich mit ihren Beinchen wippen und mit der tiefen Sehnsucht in ihren Augen so aussehen, als könnten sie keiner Fliege was zu Leide tun. Und sie alle sind hier für SILVERSTEIN - eine Emoband, die weder nervt, noch lächerlich wirkt. Der Himmel wird plötzlich rosarot - oder waren das nur die Hormone? Das Herz rutscht in die Hose, die Mundwinkel ziehen sich bis zu den Ohren. Wie schön kann traurige Romantik sein? Bei 'My Heroine' brechen die Jungs in Jubelschreie aus, die Mädchen in Tränen. Wer etwas riskieren möchte, wirft all die Vorurteile über das entsprechende Genre über Bord und widmet sich einer Kostprobe. Gänsehaut versprochen!   

Endlich Headliner! Nachdem sich im vergangenen Jahr mit KISS, RAMMSTEIN und RAGE AGAINST THE MACHINE gleich drei Hartwurstbands (na, ja) die Ehre gaben, müssen wir bis zum letzten Tag warten. Aber SYSTEM OF A DOWN ist dafür ein Knaller. Seit Jahren auf Eis, scheint ein neues Album so nah wie schon lange nicht mehr. Aber natürlich hat sich das Gewitter zurückgemeldet und will auch ganz nah dabei sein. Als Serj 'Prison' anstimmt, kocht das gesamte Rock am Ring. Und auch die folgenden 75 Minuten sind ein wahres Fest. Auf die unten angehangene Setlist muss man gar nicht eingehen – neues Material gibt es natürlich nicht. Auch keine überragende Bühnenshow. Hier wird einfach nur gekloppt, getanzt und ziemlich viel geiler Unsinn besungen.

Um doch mal ein Highlight zu nennen: 'Lonely Day'. Echt, ey! Was für eine Stimmung. Geschätzte 80.000 Menschen singen zusammen mit Daron diese wunderbare Ballade. Gänsehaut. Aber es sind vor allem die harten Songs, die dutzende Circle Pits entstehen lassen und für bengalische Feuer sorgen. Und ja – es werden auch Violent Dancer auf der Tribüne gesichtet. Groß!

Setlist SYSTEM OF A DOWN:
Prison Song
Soldier Side
B.Y.O.B.
I-E-A-I-A-I-O
Needles
Deer Dance
Radio/Video
Hypnotize
Question!
Suggestion
Psycho
Chop Suey!
Lonely Day
Bounce
Kill Rock n’ Roll
Lost In Hollywood
Forest
Science
Darts
Aerials
Tentative
Cigaro
Suite-Pee
War?
Toxicity
Sugar

Wir alle kennen diese Gedanken: Warum hat man ständig das Gefühl, dass ein jedes Festival mit einem Mittelalter-Act abgeschlossen wird? Gewöhnlich kann einem das aus Langeweile schon das eine oder andere Bier zusätzlich runterspülen lassen. Nicht jedoch heute! Nach den vergangenen Tagen ist die "Rumtreiber"-Musik von IN EXTREMO so angenehm wie für viele hier das Frühstücksbier (und für andere die morgendliche Bananenmilch). Das Gehirn schon lange abgeschaltet, tanzt es sich ausgelassen zu 'Zigeunerskat' und 'Vollmond' und zu Werken des aktuellen Albums "Sterneneisen". Die menschlichen Überbleibsel schunkeln angeheitert zu einer gefühlten Jahrmarktstimmung. Die Pappbecher werden erhoben und fröhlich die letzten Minuten des Festivals genossen. Noch nie sind Marktsackpfeife und Hackbrett schöner gewesen. Trinkt aus die Tassen!!!

Der Kopf brummt, die Leber brüllt und die Klamotten sind eh alle nass. Rock am Ring und Regen – ja, das passt! Bis zum nächsten Jahr!

 

(Nadine Ahlig)

Redakteur:
Enrico Ahlig

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