ROCK HARD FESTIVAL 2019 - Gelsenkirchen

01.09.2019 | 23:53

07.06.2019, Amphitheater

Das Rock Hard Festival geht in die nächste Runde!

THE SPIRIT (12:40 - 12:40 Uhr)

Viele Bands haben sich bereits am Erbe DISSECTIONs versucht, niemandem ist es aber bisher gelungen, den Geist dieser einstmals so großartigen Band einzufangen. Nun denn, das Warten hat ein Ende, schließlich gibt es seit einiger Zeit eine saarländische Band, die es auf lange Sicht schaffen dürfte, das Erbe Jon Nödveidts zu verwalten und schwedischen Melo-Death im Stile von DISSECTION (natürlich) oder UNANIMATED wieder salonfähig zu machen. Mit einer Killer-Platte wie dem Debüt "Sounds From The Vortex" und neuerdings einem Label wie Nuclear Blast im Rücken sollte dieses Unterfangen eigentlich ein leichtes sein. Dass gleißendes Sonnenlicht für diese Art von Musik vielleicht nicht gerade die beste Rahmenbedingung ist, ist klar, aber die Saarländer lassen sich vom strahlenden Planeten (Planet? - Frage des Lektorats) nicht aus der Ruhe bringen und ziehen professionell ihre Show durch. Man hält sich nicht lange mit Ansagen auf, verzichtet auf ein Anheizen des Publikums und lässt die Musik für sich sprechen. Dabei fällt einmal mehr auf, welch grandiose Musiker hier ihrem Handwerk nachgehen. Dafür spricht auch ihr Händchen, in den Songs die Einflüsse durchscheinen zu lassen, ohne aber als bloße Kopie durchzugehen. Hätte man neben Großartigkeiten der Marke 'Cosmic Fear', 'The Great Mortality' oder 'Illuminate The Nightsky' (DER Hit schlechthin!) noch einen neuen Song gespielt, wäre zumindest der Schreiber dieser Zeilen in pure Euphorie verfallen. Ich bin mir sicher, dass an diesem Sonntag die Band so einige neue Fans hinzugewonnen haben dürfte!
[Michael Meyer]

ZODIAC (13;00 Uhr - 13:45 Uhr)

Es ist immer blöd, als Band "nur" als Ersatz spielen zu müssen, doch manchmal erweist sich so eine Situation dann doch als Glücksgriff. So im Falle der münsteraner ZODIAC, die heuer als Ersatz für THE OBSESSED kurzfristig ins Amphitheater gekommen sind und bei strahlendem Sonnenschein ihren coolen Bluesrock als Alternative zum Doom anbieten. Aber Neulinge auf diesem Festival sind die Jungs natürlich nicht und so erinnern sich noch einige an ihren grandiosen Auftritt vor ein paar Jahren und das erleichtert den Musikern sicher das Spiel. Jedenfalls legt ZODIAC, wenig unerwartet einen starken Auftritt hin, so als hätte es die längere Bandpause nie gegeben. Tight, mit tollem Gesang und einmal mehr perfekte Open-Air-Musik. Ja, ich hätte natürlich gerne die legendären Amis mal live gesehen, aber bereits nach wenigen Minuten habe ich meine Enttäuschung über deren Absage vergessen und bin einfach sehr froh, diese tolle Band wieder live erleben zu können und ein Blick in die Runde und auch Gespräche im Laufe des Tages zeigen, dass ich mit dieser Einschätzung nicht alleine bin. ZODIAC kam, blueste und siegte, so einfach ist das manchmal.
[Raphael Päbst]

VISIGOTH (14:10 Uhr - 15:00 Uhr)

Keine andere Band hat in den letzten Jahren so eindrucksvoll bewiesen, dass man mit viel Herzblut und starken Songs auch heutzutage noch mit äußerst traditionellem Epic Metal kommerziell erfolgreich aus dem Underground herauskriechen kann wie VISIGOTH. Die Jungs aus Salt Lake City sprühen live und auf Platte vor Begeisterung über die Musik, die sie spielen und haben es so nicht nur zu einem Deal bei Metal Blade, sondern eben auch bis auf die Bühne des RHF geschafft, wo sie nun dank der Absage von THE OBSESSED eine längere Spielzeit als geplant bekommen. Und die nutzen sie dann vor einem bereits gut gefüllten und singfreudigen Amphitheater weidlich aus. Dass man genug Hits im Gepäck hat, um so eine Show auch vor Publikum zu bestreiten, das mit dem Material nicht vertraut ist, wissen Kenner bereits und diese haben sich direkt vor der Bühne versammelt. Und so gibt es dann halt Epic Metal, von Sänger Jake eindrucksvoll intoniert und vom Publikum begeistert abgefeiert. Mit 'Dungeon Master' vom Debütalbum geht es schwungvoll los, 'Warrior Queen' von "Conqueror's Oath" schließt sich an und auch die neuen Songs der jüngst veröffentlichten Single passen gut in den Set, bevor wir 'Steel And Silver' um die Ohren gehauen bekommen und uns in Richtung 'The Revenant King' und 'Traitor's Gate' und dem Ende eines triumphalen Auftritts bewegen. Wenn die Band es schafft, das Qualitätslevel auf Bühne und Tonträger zu halten, sollte hier in Zukunft noch deutlich mehr drin sein, so bleibt erst mal einer der stärksten Auftritte auf dem diesjährigen Rock Hard Festival und ein glückliches Amphitheater.
[Raphael Päbst]

FIFTH ANGEL (15:25 Uhr - 16:20 Uhr)

"The Third Secret" war mit Abstand das überraschendste Comeback des letzten Jahres. Dass die US Metal-Legende FIFTH ANGEL nochmal mit einem solchen Hammer zurückschlagen würde, hatten wohl die Wenigsten erwartet. Dass die Band live noch einiges kann, hat sie hingegen bereits mehrfach auf dem Keep It True und zuletzt im Februar auf dem Metal Assault gezeigt. Insofern bin ich guten Mutes, als ich mich nun am Nachmittag in die vorderen Ränge, angenehm im Schatten und direkt vor der Bühne vorkämpfe, um eine Runde melodischen Heavy Metal der Spitzenklasse zu feiern. Und was soll ich sagen? Auch heute kann die Kultband aus den USA wieder vollkommen überzeugen. Starke Songs, stark gesungen und gespielt, da kann man einfach nichts falsch machen. Zudem zeigt sich, dass die Veröffentlichung des dritten Albums bei einem großen Label wie Nuclear Blast offensichtlich dafür gesorgt hat, dass deutlich mehr als nur die üblichen Verdächtigen "The Third Secret" und den Namen FIFTH ANGEL kennen, denn es ist bereits ordentlich voll im Amphitheater und grade auch die neuen Songs werden von einigen Leuten tapfer mitgesungen. So macht das einmal mehr sehr viel Spaß und wären zuvor VISIGOTH und anschließend POSSESSED nicht noch stärker, wäre FIFTH ANGEL ein guter Kandidat für den Tagessieger, so reicht es aber wenigstens bei mir noch für die Bronzemedaille am Sonntag.
[Raphael Päbst]

LONG DISTANCE CALLING (16:45 Uhr - 17:45 Uhr)

Die Sonne scheint prall ins Amphitheater, der Texter dieser Zeilen gönnt sich ein paar Minuten der Ruhe und verweilt in den oberen Rängen des Amphitheaters. In seiner linken Hand ein kaltes Calippo Cola, in seiner rechten ein kühles Blondes. Richtig, ich bin mit mir und der Welt für einen Augenblick im Reinen. Da passt die Instrumentalmusik der Jungs von LONG DISTANCE CALLING wie die Faust aufs Auge. Im Gegensatz zu der zuvor gefeierten Epic-Abrissbirne VISIGOTH müssen die Münsteraner zwar vor einem etwas überschaubareren Publikum spielen, lassen sich davon aber nicht beirren und rocken und riffen und hypnotisieren, was das Zeug hält. Vielleicht ist diese Verschnaufpause in Anbetracht der Taten, die da noch kommen, auch bitter nötig, um die Reserven wieder aufzufüllen. Und LONG DISTANCE CALLING sorgt für einen perfekten, verspielten und eben fast schon psychedelisch einlullenden Soundtrack zur persönlichen Regeneration. 'Into The Black Wide Open', 'Black Paper Planes' oder auch das mehr als passende 'Sundown Highway' sind tolle Songs, die gut zur aktuellen Stimmung im Amphitheater passen, die Band selbst freut sich selbst über jeden einzelnen Ton, den sie den Menschen vor der Bühne zum Fraß hinwirft und verlässt sehr zufrieden und mit dem Wissen, einige Fans heute dazugewonnen und den schon gewonnenen Fans einen tollen Auftritt geliefert zu haben, dann auch pünktlich nach einer Stunde die Bühne.
[Marcel Rapp]

 

MAGNUM (18:10 Uhr - 19:15 Uhr)

Stadiontauglicher Hardrock wird am Rock-Hard-Festival-Samstag vor den großen Brechern immer gern gespielt. Und so gibt sich diesmal MAGNUM mit dem charismatischen Bob Catley die Ehre, dem Amphitheater vor der besessenen Thrash-Metal-Bedienung ein paar schmucke und zeitlose Rockklassiker vor den Latz zu werfen. Und nachdem besagter MAGNUM-Fronter wirklich jeden mit seinem Finger anvisiert hat, geht der Rocker von Welt glücklich und zufrieden von dannen. Vorher spielen die Briten aber noch ein Best-Of-Set bei schönstem Sonnenschein. Während sich das Amphitheater also allmählich füllt und sich selbst die Sonne auf die Taten, die da noch folgen, freut, werden Klassiker wie 'Sacred Hour' oder 'Vigilante', aber auch Songs neueren Datums wie 'Lost On The Road To Eternity' und 'Crazy Old Mothers' sehr wohlwollend vom Publikum aufgenommen und anschließend mit noch mehr Applaus honoriert. Die Band selbst ist bei bester Laune und reflektiert das auch unwiderruflich aufs Publikum. Sommer, Sonne, MAGNUM, was willst du eigentlich mehr?
[Marcel Rapp]

POSSESSED (19:45 Uhr - 21:00 Uhr)

Die Urväter des Death Metals sind zugleich verantwortlich für das vorläufige Comeback des Jahres, denn mit "Revelations Of Oblivion" ist den Herrschaften um den charismatischen Jeff Becerra 33 Jahre nach dem letzten Schlachtfest ein unfassbar starkes Album gelungen. Kein Wunder also, dass POSSESSED mit sehr viel Tatendrang und Spielfreude das Amphitheater in Schutt und Asche legt. Die Sonne lacht über Gelsenkirchen und POSSESSED genau ins Gesicht. Die Todesblei-Veteranen reagieren auf ihre Art und Weise und sorgen locker und flockig für den besten Auftritt aller Bands an diesem Wochenende. Welches Granatenfeuerwerk POSSESSED heute abliefert, ist unfassbar geil. Die Stimmung vor der Bühne könnte nicht besser sein: Ein Circle-Pit reiht sich an den anderen, Jeff grinst sich die Backen wund, wenn er nicht gerade die dämonisch besessenen Lyrics zu 'Pentagram', 'Tribulation' oder 'The Heretic' ins Mikro keift. Der Sound ist eine absolute Wand und prallt mit voller Wucht gegen das Amphitheater, das mit offenem Mund dieser anbetungswürdigen Live-Darbietung der alten Schule Tribut zollt. POSSESSED-Sprechchöre hier, wilde Raserei zu 'Death Metal' oder selbst 'Eyes Of Horror' dort, das Publikum gleicht einem Irrenhaus. Und obwohl das Irrenhaus bzw. 'Madhouse' erst später noch kommen sollte, ist sich jeder der zahlreichen Anwesenden sicher: Besser kann man Death Metal old school as fuck einfach nicht zelebrieren. Chapeau, Jeff Becerra, Chapeau POSSESSED!
[Marcel Rapp]

ANTHRAX (21:30 Uhr - 23:00 Uhr)

Die Stimmung ist dank der POSSESSED-Göttergabe auf dem absoluten Höhepunkt, das Amphitheater aufgeheizt, die Zuschauer geil auf eine ordentliche Portion New Yorker Thrash Metal. Es wird der krönende Abschluss eines wie immer rundum gelungenen Festivals sein. Und wer sollte energischer, spritziger und effektiver den Deckel draufpacken als Scott Ian und ANTHRAX? Pünktlich um 21:30 Uhr, die Sonne schießt ein paar letzte Strahlen gen Amphitheater, dröhnt das 'Cowboys From Hell'-Intro aus den Boxen und voller Vorfreude ist die Festivalfläche nahezu komplett besetzt. Und mit wie viel Bock der Sonntagsheadliner auftritt, merkt man direkt am 'Caught In A Mosh'-Beginn, der nicht besser hätte gewählt werden können. Belladonna, Ian und Co. stürmen auf die Bühne, entzünden ein wahres Old-School-Hit-Feuerwerk und manifestieren ihre Rolle als Festival-Headliner. 'Got The Time', das lautstark intonierte 'Madhouse' oder auch das mächtige 'I Am The Law' halten das Stimmungsbarometer nah am Anschlag, sorgen für tosende und headbangende Massen und die Band selbst wirkt einmal mehr unheimlich hungrig, dem Publikum die Leviten zu lesen. Nach dem "Spreading The Disease"-Bollwerk 'Medusa' folgt mit 'Now It's Dark' eine bockstarke, aber sehr gut gewählte Überraschung, mit der wohl nicht viele in Gelsenkirchen gerechnet haben. Generell ist das Best-of-Set von ANTHRAX sehr gut gewählt und konzentriert sich selbstredend auf jene Smasher, die schon seit den 1980er Jahren bestens funktionieren: 'N.F.L.', 'A.I.R.' oder das TRUST-Cover 'Antisocial', bei dem das Publikum noch einmal in puncto Mitgrölen alles gibt, leiten das Ende dieses Gigs, das Ende des Festivalsonntags, das Ende der 2019er Version des Rock Hard Festivals ein: 'Indians' wird noch einmal ausgiebig zelebriert, es wird getanzt, gemosht, gesungen, geschunkelt und wohin man blickt, ANTHRAX sorgt für zufriedene Gesichter im Publikum, auf den Rängen und bei der RHF-Crew persönlich. Ein würdiger Headliner, der diesem superben Tag noch einmal die Krone aufsetzt. Schön!
[Marcel Rapp]

Und so verabschiedet sich auch die POWERMETAL.de-Crew vom diesjährigen Rock Hard Festival, welches einmal mehr in guter Erinnerung bleiben wird. Und voller Vorfreude schauen wir auf das Pfingstwochenende im kommenden Jahr, wenn das Rock Hard Festival erneut mit einem hochkarätigen Line-Up in wunderbarer Umgebung zum Tanz bittet!

Redakteur:
Marcel Rapp

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