RAGE, TRI STATE CORNER, Burgrieden - Burgrieden

08.10.2014 | 01:18

04.10.2014, Riffelhof

RAGE, TRI STATE CORNER und LION TWIN beehren Oberschwaben und den Riffelhof zu Burgrieden

Vor einigen Wochen hat euch Kollege Oliver Kast in seinem Interview begeistert vom Riffelhof in Burgrieden berichtet, der sich anschickt, eine feine Adresse für süddeutsche Rock- und Metalfans zu werden. So haben es die Macher der rustikal eingerichteten Location mit Event-Gastronomie und Hotel geschafft, zum langen Wochenende um den Nationalfeiertag die deutsche Metal-Legende RAGE nach Oberschwaben zu locken, und Peavy Wagner und seine Mannen haben für ihre Fans zum 30. Bandjubiläum ein feines Paket geschnürt, das in jeder Hinsicht einen tollen Abend verspricht.

Daher finden sich in der 3.623-Seelen-Gemeinde Burgrieden, ganz in der Nähe von Laupheim gelegen, dann auch schon zum Opener LION TWIN ordentlich viele Gäste ein, welche der Band aus Wuppertal, die im vergangenen Jahr ihr Debütalbum "Nashville" veröffentlicht hat, sehr offen gegenüber treten. Zwar ist Bandgründer und Gitarrist Jan Kömmet krankheitsbedingt nicht am Start, doch er wird von einem niederländischen Kollegen sehr würdig vertreten. Frontlady Liane Vollmer versteht es, das Publikum dynamisch und charmant anzuheizen, und so werden eingängige bis poppige, dabei aber stets heavy nach vorne los rockende Stücke der Marke 'Ready To Rock', 'Far Away' oder 'Wings Of Love' sogar mitgesungen und ausgiebig beklatscht. Die Leute scheuen sich nicht, die Band auch direkt vom Bühnenrand aus anzufeuern, was ja wahrlich keine Selbstverständlichkeit ist in deutschen Clubs. Doch es stimmt heute auch nicht nur die Performance der sympathischen Band aus NRW, sondern eben auch der Rahmen, denn der Soundmann und sein Kollege am Illuminationspult haben die Sache dermaßen perfekt im Griff, dass es eine wahre Freude ist, dabei zu sein. Wenn bereits der Opener einen perfekten Sound und volle Lichtshow bekommt, dann ist einfach offensichtlich, dass die Organisation passt, und vor allem auch dass die Chemie zwischen Headliner und Openern stimmt. So funkt es dann auch zwischen dem Publikum und der Band, der berüchtigte Fünf-Meter-Sicherheitsabstand zur Bühne wird nicht eingehalten, und die Leute stehen eben auch nicht mit verschränkten Armen herum und warten nur auf den Headliner. So darf es gerne weiter gehen!

Wer TRI STATE CORNER schon einmal live gesehen hat, der weiß bereits, dass es bei deren Auftritt sicher nicht schlechter werden wird. Für mich ist die paneuropäische Formation aus dem Rheinisch-Bergischen Kreis ein echter Geheimtipp, und zwar seit ich sie vor sieben Jahren erstmals live im Vorprogramm von DEMON sehen durfte. Die fünf Musiker der sehr sympathischen Truppe haben zu drei Fünfteln griechische, und zu je einem Fünfte deutsche und polnische Wurzeln, und diese europäische, völkerverbindende Attitüde bringt die Band auch sehr überzeugend herüber, ohne dabei missionierend oder gewollt politisch zu wirken. Vielmehr verbindet das Quintett ganz selbstverständlich das von Ioannis "Janni" Maniatopoulos gespielte griechische Saiteninstrument Bouzouki und das Vassilios "Lucky" Maniatopoulos getrommelte orientalische Perkussionsinstrument Darbuka mit zeitgemäßem Hard Rock, und auch auf gesanglicher Ebene gibt es eine stimmige Mischung aus den dominierenden englischen Vocals von Lucky und den in zahlreichen Refrains auftauchenden griechischen Passagen, die von Janni übernommen werden. Der dritte Grieche im Bunde - und das wird natürlich vor allem für die RAGE-Fans interessant sein - ist im Übrigen niemand Geringerer als Drummer Christos Efthimiadis, der bekanntlich von 1987 bis 1999 für den heutigen Headliner die Felle gerbte. Dass er heute auf der kleinen Bühne des Riffelhofs wieder hinter einem Drumkit Platz nahm, dessen Bassdrums das RAGE-Logo zierte, vermag da durchaus ein paar nostalgische Gefühle zu erzeugen. Doch das ist nur eine Randnotiz, denn TRI STATE CORNER braucht diese Reminiszenz überhaupt nicht, kann die Band das Publikum doch allein durch ihre tolle Bühnenpräsenz, durch Luckys freundliche Kommunikation mit dem Publikum und durch seine spaßigen Ansagen locker um den Finger wickeln. Vor allem aber natürlich durch ihre tollen Songs, die bei aller wild rockenden Dynamik und perkussiven Power unglaublich schön, einfühlsam und emotional sind. Das scheint sich durchaus bereits herum gesprochen zu haben, denn in der ersten Reihe tummeln sich etliche sehr junge, mit Metalkutten bewehrte Fans, die nahezu jede Silbe mitsingen und die Band mit großer Leidenschaft unterstützen. Wenn eine im Grunde genommen doch wenig metallisch orientierte Band junge Kuttenträger in dem Maße begeistern kann, dann hat sie offensichtlich Etwas, das sie über jedes Genredünkel hinaus attraktiv macht, und dieses Etwas ist bei TRI STATE CORNER eben in aller erster Linie im großartigen Songmaterial zu sehen, das die Band herrlich mitreißend zum Besten gibt. Dabei ist es auch ganz egal, ob die Band ihre frühen Hits wie etwa 'My Saviour' und meinen persönlichen Lieblingssong 'Ela Na This' spielt, oder ob sie ausführlich ihr neues Album "Home" vorstellt, das mit Hymnen wie 'The History Goes On', 'Free Prison', 'Kapia Stigmi' oder 'My Own World' gespickt ist. Das filigrane Spiel auf Jannis Bouzouki und die fröhliche Energie, die Luckys Darbuka-Perkussion versprüht, sind einfach ansteckend, und so hat die Band wirklich das komplette Auditorium fest an seiner Seite, so dass der Abend für das "Dreiländereck" ein echter Erfolg wird.

Dass altgediente Veteranen wie Peavy und seine Mannen es auch nach einem solch begeisternden Vorprogramm noch schaffen würden, die Stimmung noch mehr anzuheizen, versteht sich fast von selbst, denn schließlich ist das Trio aus Herne der Grund, warum sich so viele Leute nach Burgrieden begeben haben. Inzwischen ist der Riffelhof nämlich vielleicht nicht ganz ausverkauft, aber durchaus ansehnlich gefüllt und gemütlich eng geworden. Wer vor dem Gig von RAGE noch keine Tourberichte gelesen hat, der ist vielleicht ein wenig überrascht, als die Roadies erst einmal einen Hocker auf die Bühne schleppen, und Luckys Darbuka auf der Bühne stehen bleibt. Denn als Peavy Wagner, Viktor Smolski und André Hilgers die Bretter betreten folgt erst einmal eine ungewöhliche Maßnahme, denn die einstigen Speed Metaller mit dem Faible für opulente Orchestrierungen geben sich zum Einstieg des Konzertabends erst einmal reduziert und bodenständig. André schlendert gemächlich hinters Drumkit, Viktor setzt sich auf den bereit gestellten Barhocker und fängt an, seine rote Yamaha-Gitarre zu stimmen, während es sich Peavy auf dem Drumriser bequem macht.

Es gibt zur Einstimmung einen kleinen, aus vier Songs bestehenden Akustik-Set, den der flugs herbei gerufene Lucky, Frontmann von TRI STATE CORNER, auf seiner Darbuka perkussiv begleiten darf. Auch hier merkt man sofort, dass die Bands ein blendendes Verhältnis zueinander haben, und in diesem heimeligen Ambiente springt der Funke natürlich sofort auf das Publikum über, ganz gleich ob es sich um den eher gemütlichen Altrocker, den LINGUA MORTIS-Bombast-Fan oder um die Anhänger der Speed-Metal-Keule handelt. Gerade bei 'Turn The Page' ist die Mitsingquote sehr hoch, und nach 'Empty Hollow' verabschieden sich die Herren RAGE kurz und kündigen an, dass es gleich richtig zur Sache gehen würde. Natürlich halten die Drei ihr Wort und steigen mit 'Carved In Stone', 'Sent By The Devil' und 'War Of Worlds' gleich mächtig zornig und rabiat in ihr Set ein, bevor Peavy eine kleine Klassiker-Runde einläutet und die Band mit der Lovecraft-Huldigung 'Great Old Ones' gleich einen richtigen Fan-Favoriten erwischt. In der Tour geht es dann weiter, denn es soll nun den Achtzigern und Neunzigern gehuldigt werden, was von den zahlreichen Fans sehr dankbar angenommen wird.

Jetzt, wo die alten Klassikeralben leider sehr schwer zu bekommen sind, werden die Hits aus der goldenen Zeit noch viel mehr gefeiert als zu früheren Zeiten. Aber was soll man mit Speed-Metal-Hymnen wie 'Enough Is Enough' oder 'Invisible Horizons' auch falsch machen? Eben, gar nichts! Die Klassikerparade wird mit den frühen Hits der Smolski-Ära gewürzt, so dass eben auch der "Unity"-Kracher 'Down', das Titelstück des besagten Albums oder der Bully-Manitou-Schuh 'Straight To Hell' zu ihrem Recht kommen, dazwischen ein faszinierendes Solo von Gitarrenhexer Smolski. Richtig magisch wird indes die Show zum Ende hin, als wirklich ein Klassiker auf den anderen folgt, und uns Schlag auf Schlag das auf dieser Tour erstmals live gespielte 'The Missing Link' (Gänsehaut!), das von allen innbrünstig mitgesungene 'Don't Fear The Winter' und natürlich 'Higher Than The Sky' aufgetischt werden. Dass sich zu letzterer Bandhymne der Riffelhof kurzfristig in metallische Fischerchöre verwandelt und das Publikum viele Minuten lang unbeirrt den Refrain in Dauerschleife singt, ganz egal, ob die Band zwischendrin im ausgedehnten Jam-Part PINK FLOYD oder SURVIVORs 'Eye Of The Tiger' anreißt: Hier gerät niemand aus dem Takt, und wenn die Band dann spontan eine Generalpause einlegt, um nachzuhören, wo die Fans gerade sind, dann stimmt das tatsächlich passgenau!

Selten ist so offenbar, wie sehr die Fans an ihrer Lieblingsband hängen und wie schön hier alles harmoniert, und so ist es natürlich eine Ehrensache, dass die drei Musiker sich nicht lange zur Zugabe bitten lassen. Zurück auf den Brettern tauschen erst einmal Viktor und André die Rollen und es werden aus Spaß diverse Rock- und Metal-Klassiker von 'Highway To Hell' über 'We're Not Gonna Take It' und 'Run To The Hills' bis hin zu 'Breaking The Law' angerissen. Nachdem dann die beiden Vertauschten ein Einsehen haben, dass es vielleicht doch anders herum besser ist, gibt es als Abschiedsgeschenk noch 'Set This World On Fire' und eine brachiale Version von 'Soundchaser', bevor nach gut zwei Stunden dann endgültig Schluss ist und im Saal und auf der Bühne nur strahlende Gesichter zurück bleiben.

Ja, Leute, die Tour geht noch eine ganze Weile, von daher lasst euch die Chance nicht entgehen, denn eine bessere, familiärere und heimeligere Show bekommt ihr für diesen angemessenen Tarif von etwa 25 Euro nur sehr selten geboten. Außerdem wird an einem solchen Abend auch klar, wie vielseitig die Band ist, und wie brachial hart das Material sein kann, wenn es eben nicht auf der großen Bühne mit Orchester gespielt wird, sondern im kleinen, engen Club mit der klassichen Trio-Besetzung. Und die Headbanger aus dem Schwabenland mögen sich bitte unbedingt die Location merken, denn einen gemütlicheren Club mit besserer Akustik findet ihr bestimmt auch nur selten!

Setlist RAGE:
Akustik-Set: Into The Light, Feel My Pain, Turn The Page, Empty Hollow

Hauptset: Intro, Carved Into Stone, Sent By The Devil, War Of Worlds, Great Old Ones, Enough Is Enough, Invisible Horizons, Down, Gitarrensolo, Unity, Forever Dead, Straight To Hell, The Missing Link, Don’t Fear The Winter, Higher Than The Sky
Zugabe: Cover-Medley mit vertauschten Instrumenten, Set This World On Fire, Soundchaser


Livebilder mit freundlicher Genehmigung von: Matthias Bischof, www.mattbischof.de

Redakteur:
Rüdiger Stehle
1 Mitglied mag diesen Konzertbericht.

Login

Neu registrieren