Queens Of The Stone Age - Wiesbaden

20.11.2007 | 11:51

18.11.2007, Schlachthof

Wenn ich an den letzten Auftritt der QUEENS OF THE STONE AGE denke, dann wird's mir feucht-warm ums Herz. Das liegt zum einen an dem Umstand, dass die Jungs ein unvergessenes Konzert aufs Parkett gelegt haben, zum anderen aber auch daran, dass an diesem Tag im Wiesbadener "Schlachthof" annähernd 50 Grad erreicht wurden (damals ging der Gig am 31. August 2005 über die Bühne, und an dem Tag hätte man den Auftritt auch nach draußen verlegen können - Anm. d. Verf.). Allein aus dem Grund stehen die Vorzeichen für diesen Gig mehr als optimal, auch wenn's diesmal recht schnell mollig warm wurde, doch dazu später mehr.

Mit neuer Scheibe im Gepäck, "Era Vulgaris", und neuem Line-up präsentierten sich die Königinnen wieder an alter Wirkungsstätte. Doch vorher stand noch eine Vorband auf dem Programm.

Um Punkt acht betritt das Trio NAVEL die Bretter, und Sänger/Gitarrist Jari erinnert nicht nur von der Optik her an Kurt Cobain (NIRVANA), auch der Sound ist sehr stark an das Seattler Kult-Trio angelehnt. Zusammen mit Bassistin Eve und Drummer Steve Valentin wird das Line-up komplettiert. Allen voran bei Eve weiß ich zu Beginn nicht, ob sich's um ein Männ- oder Weiblein handelt, kaschiert sie mit ihrer Pudelmütze während der ersten beiden Songs ihre langen Haare. Ab und zu darf sie auch ans Mikro (bei einem Stück singt sie ausschließlich allein), wobei Erinnerungen an SLUNT wach werden. In erster Linie dominiert NIRVANA-lastiger Punk/Grunge, der zwar nicht gerade die euphorischsten Reaktionen auslöst, doch immerhin mit Höflichkeitsapplaus bedacht wird. Zum Teil geht die Truppe sehr noisig zu Werke, was einigen melodiverliebten QOTSA-Fans etwas zu disharmonisch erscheint, aber ein Großteil des Publikums hat sich schon in der Halle eingefunden, um einen strategisch günstigen Platz für seine Lieblinge zu ergattern. Nach dreißig kreischigen Minuten verabschiedet sich das Trio NIRVANA-like (inklusive Nachtreten auf die Gitarre) von der Bühne, um der Crew zwecks Umbau Zutritt zu gewähren.

Fast vierzig Minuten müssen die Fans auf den Hauptact warten. Mittlerweile hat sich auch der Innenraum gut aufgeheizt, weshalb ich den Pulli - trotz Erkältung - ruhigen Gewissens ablegen kann. Zu Beginn der QUEENS OF THE STONE AGE und während des kompletten Konzerts fühlt man sich wie eine Ölsardine in einer Weißblechdose, so eng ist's vor der Bühne. Nach ungefähr dreißig Minuten Drängeln und Schubsen entscheide ich mich, mich direkt am Mischpult zu platzieren. Der Sound dröhnt zwar etwas matschig aus den Boxen, was im Schlachthof nicht gerade ein Novum darstellt, doch ein anderer Umstand lässt mich stutzig den Auftritt des Quintetts beobachten. Die Lichtshow ist Klasse (allein das Backdrop mit den grünen und blauen Punkten, die bei kompletter Dunkelheit Erinnerungen an einen Nachthimmel erwecken, oder auch die einzelnen "Kronleuchter", die über den Köpfen der Musiker hängen), doch das Geschehen auf der Bühne kommt für meinen Geschmack zu routiniert rüber. Klar, Josh Homme ist ein guter Gitarrist, aber die Kommunikation mit dem Publikum gehört nicht unbedingt zu seinen Stärken. Überdies ist die Setlist sehr unglücklich ausgefallen, denn viele neuen Songs verfügen nicht ansatzweise über das selbe Hitpotential wie die alten Klassiker. Frei nach Schema F wird die Tracklist zwar professionell, aber schon fast lustlos runtergerotzt. Bezeichnend, dass das Publikum bei Singleauskopplungen wie 'Little Sister' und 'Sick, Sick, Sick' am meisten Stimmung macht und dementsprechend abgeht.

Mr. Homme lässt sich lediglich zu einer "Clap your hands!"- und "Scream for me louder!"-Animation hinreißen. Ansonsten herrscht zwischen ihm und dem Publikum - bis auf den Gesang - eisiges Schweigen. Einzig der Bassist Michael Shumann bangt wie ein Bekloppter und transportiert eine leicht verrückte Grundstimmung, die zu einem Rockkonzert gehört wie eine würzige Tomatensauce auf einen Pizzabelag.

Nach den obligatorischen Zugaben 'No One Knows' und 'Songs For The Deaf' verabschieden sich die Steinzeit-Rocker nach 95 Minuten von der Bühne und hinterlassen einen schalen Beigeschmack. Irgendwie schade, denn vor der Bühne war mehr Action als darauf. Wie hat's ein Besucher nach dem Konzert so schön auf den Punkt gebracht: "Seitdem der bekloppte Bassist (gemeint ist Nick Oliveri - Anm. d. Verf.) nicht mehr dabei ist, wirken die QUEENS OF THE STONE AGE nicht mehr wie eine Band. Lediglich Josh Homme ist die einzige Konstante, und hat sich ein paar Mietmusiker um sich gescharrt."

Mal schauen, wie lang sich dieses Line-up hält und was es noch für Wunderwerke in CD-Form bereit hält. Ein bisschen mehr Spontanität und Rock 'n' Roll könnte die Truppe schon bieten. Oder frei nach VAN HALEN: 'Where Have All The Good Times Gone'?

Setlist:
Regular John
Infinity
3's & 7's
The Bronze
Mexicola
Misfit Love
Burn The Witch
Suture Up
In The Fade
Turnin On The Screw
Little Sister
Battery Acid
Make It Wit Chu
Fun Machine
Plaid
Sick, Sick, Sick
Headache
---------------
No One Knows
Songs For The Deaf

Lustige Randnotiz: Nach dem Gig fragt mich ein Besucher ganz höflich in dem Glauben, dass ich zur Security gehöre, ob er sich eine Zigarette anzünden darf (seit dem Oktober dieses Jahres besteht in Gaststätten, Restaurants, aber auch Konzerthallen in Hessen ein striktes Rauchverbot - Anm. d. Verf.). Diese Bitte erwiedere ich mit einem strikten "Nein", woraufhin er nach einer kurzen Diskussion vor die Halle tritt, um sich seinen Glimmstengel anzuzünden. Keine Minute später kommt ein ehemaliger Arbeitskollege auf mich zu und fragt, ob ich neuerdings bei der Security arbeiten würde (dazu sei gesagt, dass ich mich nach dem Ende des Gigs immer noch am Mischpult aufhalte). Vielleicht sollte ich in naher Zukunft einen Jobwechsel ins Auge fassen ... ;-)

Redakteur:
Tolga Karabagli

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