Party.San Open Air 2013 - Schlotheim

09.09.2013 | 20:46

08.08.2013, Flugplatz Obermehler

Das vielleicht härteste Festival Deutschlands setzt seinen Triumphzug fort: Diesmal mit Szenegrößen wie HYPOCRISY oder den Urgesteinen VENOM, aber auch HEAVEN SHALL BURN.

Newcomer im Zelt

Freitag, 9.8.2013

"Pünktlich" um kurz vor 17.30 Uhr schlendere ich Richtung Tentstage, um mir die Lauscher von meinen Baden-Württembergischen Landsleuten BLEEDING RED ordentlich durchpusten zu lassen. Kurz bin ich irritiert, da schon eine Band auf der Bühne steht und kräftig reinhaut. Innerlich wettere ich schon gegen die ewigen Running Order Veränderungen und spurte vor die Bühne, um gerade noch das letzte Lied 'Calling For Your Downfall' mitzuerleben. Richtig guter melodischer Death Metal weht mir da um die Ohren. Tolle Gitarren, öfters zweistimmig, und das kraftvolle Organ Timo Joos' lassen mich wünschen, die Running Order etwas genauer angeschaut zu haben. Nach dem Auftritt und innerlich immer noch mit der Festivalleitung hadernd sehe ich nämlich, dass da ganz klar steht: Bleeding Red von 17.10 - 17.35 Uhr. Ein klarer Fall von dumm gelaufen. Hm, vielleicht einfach nicht mehr so viel saufen?!
[Thorsten Seyfried]

Mein persönliches Highlight der Tentstage heißt WOUND. Die Jungs aus Wiesbaden sind einer der Senkrechtstarter des deutschen Death-Metal-Nachwuchses und haben mit "Confess To Filth" mein Demo des Jahres 2012 auf den Markt geworfen. Inzwischen haben sie mit "Inhale The Void" sogar ein bärenstarkes Album in petto, mit dem sie das Party.San im Sturm erobern. Das Zelt ist nämlich ziemlich voll, als die Hessen mit dem Opener 'Confess To Filth' den Reigen eröffnen. Danach folgen mit 'Codex Arcanum' und 'Echoes' gleich zwei weitere Tracks vom Debüt-Longplayer, die auch gnadenlos reinhauen. Die erste Reihe ist gut am Schädelschütteln und auch weiter hinten sieht man viele zufriedene Gesichter. Kein Wunder, die Screams sind perfekt platziert und vor allem die rockigen Gitarrensoli machen so viel Spaß, dass selbst der bewegungsfaulste Metalhead mitwippen muss. Mit dem ebenfalls neuen 'The Price Of Tyranny' endet dieser Gig leider schon und am Ende kann keiner unzufrieden sein. In Zukunft gehört diese Band definitiv auf die Hauptbühne.

Und es geht weiter mit Death-Metal-Nachwuchs im Zelt. DESERTED FEAR scheint im Heimatbundesland eine Menge Anhänger zu haben, denn man sieht überall auf dem Gelände Leute in DESERTED-FEAR-Klamotten herumlaufen. Da überrascht es nicht, dass beim Auftritt der Jungspunde das Zelt dementsprechend gut besucht ist. Die Ostdeutschen haben ordentlich Spaß auf der Bühne und freuen sich über den massiven Zuspruch. Man kann den vier Musikern zwar "vorwerfen", dass ihr Todesblei massentauglicher und mehr zum Mitmachen einlädt als die räudigere und unzugänglichere Musik des übrigen Death-Metal-Undergrounds und man kann auch meckern, dass manche Textzeilen wie "Bury your Dead, when I see red", irgendwie sinnbefreit wirken. Allerdings schaffen sie es mit Songs wie beispielsweise 'Fields Of Death', 'Black Incantation' oder auch 'My Empire' den Zuschauern eine Menge Spaß zu machen und das ist es ja, was am Ende des Tages zählt.
[Adrian Wagner]

Ich gebe es von vornherein zu. Ich bin bisher nicht so richtig mit ALCHEMYST warm geworden und fand auch den einzigen Longplayer der Band mehr als zäh. Dementsprechend habe ich auch nichts von der Band erwartet und bin dennoch enttäuscht worden. Denn die Okkultisten verstehen es vor allem mit Nebel Atmosphäre aufzubauen, jedoch täuscht das nicht darüber hinweg, dass der geschminkte Frontmann beziehungsweise Mainman und seine Mitmusiker überhaupt nicht genug darbietungs-würdiges Material haben, um ihr 30 Minuten Set zu füllen. Stattdessen verwendet man sehr viel Zeit, um Riffs ins Unendliche zu ziehen und Rückkopplungen für sich arbeiten zu lassen. Kein Wunder, dass sich hier der Andrang im Vergleich zu anderen Zeltbands deutlich in Grenzen hält und viele sich lieber etwas zu essen oder trinken holen. Denn die meiste Zeit gibt es auch nicht mal viel zu sehen. Die Band verschwindet so sehr im Nebel, dass man denken könnte, eine Horde Die-Hard-Kiffer würde unter der Bühne hocken. Was die Faszination der Band für viele ausmacht, werde ich derweil nicht verstehen.[Adrian Wagner]

Bei den FRAGMENTS OF UNBECOMING habe ich mich stets gefragt, wieso der große Durchbruch in der Szene ausgeblieben ist. "A Sylphe's Ascension" aus dem Jahre 2004 war genau das richtige Album zum richtigen Zeitpunkt, aber irgendwie sind die Süddeutschen wohl im Meer der damals existenten Melo-Deather untergegangen. Das jedoch zu Unrecht: Der zumeist pfeilschnelle, melodische Schwedentod des Fünfers pendelt irgendwo zwischen der räudigen Gangart von AT THE GATES und dem, was man heutzutage wohl als “Melo-Death aus deutscher Schule“ bezeichnen würde. FRAGMENTS hinterlassen nachmittags bei der Autogrammstunde an unserem Stand schon einen recht sympathischen Eindruck. Für eine vermeintliche Newcomer-Band ziemlich abgeklärt, aber immerhin gibt es die Band schon seit dem Jahre 2000. Alte Hasen also. Da gehören Autogramme auf blank gezogenen Möpsen schon zum Inventar. Erstaunlich leer erscheint da das Zelt kurz vor dem Auftritt, doch spätestens mit dem ersten Riffanschlag füllt sich die Szenerie standesgemäß. Ebenso standesgemäß ist die schwedisch angehauchte Todeswalze inklusive doppelter Gitarrenläufe, mit der die fünf Laudenbächer als Headliner durch's Zelt walzen. Besonders als sie den Titeltrack ihres aktuellen Longplayers "The Art Of Coming Apart" auf die Meute loslassen. Der glatzköpfige Sänger Sam Anetzberger und Klampfer Stefan Weimar grunzen sich abwechselnd einen Wolf und heizen das Publikum an. "Jetzt wird's blutrot", kündigt Sam 'Bloodred Tales' von der ersten EP an. Und der Song hält, was die Ansage verspricht. Genau die richtigen Zeltrausschmeißer für diesen Tag, ehe hier später wieder discomäßig steil gegangen wird...
[Carsten Praeg / Simon Desjardins]

Samstag, 10.8.2013

ERAZOR werden seit einigen Jahren als eine der stärksten neuen Thrash-Bands der Republik gehandelt. Schon oft ist mir die Truppe namentlich unterkommen, obgleich ich peinlich berührt zugeben muss, dass der Auftritt auf der Party.San-Zeltbühne mein Erstkontakt mit ERAZOR ist. Dabei passt die Band musikalisch geradezu perfekt in mein Beuteschema. Von Beginn an legen die Westfalen mit einer Berserker-Wut los, die so manchem die Segelohren anlegt. Wutschnaubende Thrash-Songs mit deutlicher Schwarzwurzel-Färbung (giftige Vox von Sänger Black Demon, unerbittliches Tempo an den Drums) prasseln auf das Publikum ein. Die Vehemenz, mit der ERAZOR loslegen, ist schlichtweg beeindruckend! Welche Songs ERAZOR genau gezockt haben, entzieht sich leider meiner Kenntnis, da der gesamte Auftritt mit maximaler Schlagfrequenz durchgezogen wird und keine einzige Ansage erfolgt. Angesichts der beachlichen Zahl von Fans, die den Auftritt der Blackthrasher verfolgen und der makellosen Tightness des Auftritts zeigt mein Daumen hier ganz steil nach oben. Eine blitzsaubere und markerschütternde Performance.
[Martin Loga]

Es freut mich, dass es DEATHRONATION auf die Zeltbühne geschafft haben. Denn die Franken sind echt sympathische Zeitgenossen. Auch wenn man das hinter den blutgetränkten Bühnenoutfits kaum für möglich halten mag. Ein wenig an WATAIN erinnernd treten die Nürnberger auf (allein schon wegen der stimmungsvollen Bühnendeko) und zocken ihren dreckigen Death Metal herunter, der Anleihen aus Black und Thrash Metal aufweist. Dabei rumpelt es ganz schön und ab und zu sind die Jungs auch leider etwas neben dem Takt. Allerdings weiß ich nicht, ob das am Sound auf der Bühne liegt oder es spielerische Fehler sind. Nichtsdestotrotz haut die Band aus Bayern ordentlich auf die Kacke und zeigt mit Songs wie 'Once One Forsaken' wie verrottet Todesblei auch im Jahre 2013 noch sein kann. Eine unterhaltsame Angelegenheit für Freunde von Bands wie BLASPHEMY oder auch DEGIAL.
[Adrian Wagner]

Da die Jungs von SULPHUR AEON ihr Lager gleich neben unseren Zelten aufgeschlagen haben, gibt es zu erfahren, dass die Band selbst wohl am meisten über den großen Erfolg von "Swallowed By The Ocean's Tide" überrascht war. Dazu passt, dass Bandkopf T. bereits mittags am Auftrittstag ein einziges nervöses Nervenbündel ist. Beim Blick ins Zelt dann verständlich: Bis ganz hinten zum Getränkestand ist das Teil proppenvoll, und spätestens als das Publikum in die "Cthulu!"-Rufe mit einstimmt, ist der Gänsehautfaktor am absoluten Höhepunkt angelangt. Technisch einwandfrei dargebotener Death Metal der höchsten Güteklasse verwandelt das Partyzelt für eine viel zu kurze halbe Stunde in ein Tollhaus, wobei der Titeltrack und auch der Album-Opener 'Incantation' die Highlights darstellen. MORBID ANGEL schwächeln mittlerweile doch sehr, und auch, wenn SULPHUR AEON rein musikalisch gesehen vielleicht eher DISSECTIONs Erben sind – Jungs, der Thron ist frei, und eine bessere Lovecraft-Huldigung als "Swallowed By The Ocean's Tide" bekommt auch Mister Azagthoth persönlich nicht hin. Famos!
[Simon Desjardins]

Sir Luttinen von IMP NAZ keift noch auf der Hauptbühne, als ich mich absetzen muss, um die Performance DER Senkrechtstarter 2012 im Bereich des klassischen Metal zu verfolgen: ATTIC! Das Zelt ist zu circa zwei Dritteln gefüllt, als die Band in ein stimmiges, von Rot-Tönen getauchtes Licht druckvoll vom Leder zieht. Nach dem Intro lässt bereits 'Funeral In The Woods’ gefolgt von 'Join The Coven' aufhorchen. Meister Cagliostro, der Frontmann der Band, ist heute stimmlich in bester Verfassung. Auch der junge Kim Bendix Petersen alias King Diamond hätte hier keinen draufsetzen können. Besonders die vorderen Reihen des Zeltes sind einigermaßen aus dem Häuschen angesichts dieses (stimm-)gewaltigen Auftritts. Auch mit Blick auf die musikalische Darbietung überzeugt ATTIC wiederum auf ganzer Linie. Stücke wie 'Satan's Bride', der Titelsong des Debüts "The Invocation" sowie dem von zahlreichen Kehlen mitgesungenen 'The Headless Horseman’ treffen den Nerv der Zuhörer. Tja, was soll man sagen? ATTIC nutzt die Gunst der Stunde und dürfte mit dieser leidenschaftlichen Darbietung – inszeniert durch einen sehr guten Sound – sicherlich den ein oder anderen Fan hinzugewonnen haben. Fett, fett, und sicherlich ein Highlight des diesjährigen Party.San!
[Martin Loga]

Den Abschluss im Partyzelt bilden die eigentlich gar nicht so neuen PURGATORY (gegründet wurden sie bereits 1993). Nachdem sich bisher viele junge Musiker im Tent herumgetrieben haben, kommt mit der deutschen Death-Metal-Untergrundlegende eine etwas bekanntere Band auf die Bühne, die auch bereits einige Alben auf dem Markt geworfen hat. Entsprechend routiniert und abgebrüht bewegen sich die Männer aus Nossen auf der Bühne. Das aber soll nicht heißen, dass sie keinen Spaß daran haben, hier zu spielen. Man merkt der Band an, dass es ihnen gefällt, so viel Zuspruch zu erhalten und wie gut selbst die Songs vom neuen Album "Deathkvlt" aufgenommen werden (namentlich zu erwähnen sind 'Pandemonium Rising' und 'Unleash The Reaper'). Aber auch ältere Lieder wie 'Downwards Into Unlight' werden natürlich gerade von den vorderen Reihen heftig abgefeiert. Alles in allem hat die Kapelle so manche Gruppe von der Hauptbühne an die Wand gespielt.
[Adrian Wagner]

Redakteur:
Carsten Praeg

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